Protokoll der Sitzung vom 28.02.2013

Der Ministerpräsident hat auf einer IHK-Versammlung Anfang dieses Jahres sinngemäß gesagt - das hat mir gut gefallen -: Wir müssen in Teilen des Landes vom regelnden Staat - das ist der, den wir kennen und den wir seit vielen Jahren aufgebaut und immer mehr verfeinert haben - hinkommen zu einem zulassenden Staat. Der Staat muss Bürger und Menschen und Initiativen auch machen lassen.

(Beifall SPD)

Das klingt ganz einfach, aber dazu müssen wir die Verantwortlichen in den Verwaltungen, den Behörden vor Ort - hier stelle ich mir Mitarbeiter in Kreisverwaltungen, Landesbehörden usw. vor - befähigen und ermutigen, damit sie bestimmte Vorgänge zulassen können und dürfen und nicht selbst in ein persönliches Risiko laufen. Denn für alles, was wir in unserem Staat machen, gibt es Regeln, Vorschriften, Gesetze, und wenn man davon abweichen will, muss man Möglichkeiten schaffen.

Ich sehe, ich bin am Schluss, und dann spare ich mir den Rest der Rede. Herr Prof. Schierack, ich schließe mich einer Sache an: Wir dürfen das nicht immer negativ diskutieren. Es ist zwar eine Schwierigkeit, aber es ist auch eine Chance, und die sollten wir optimistisch und positiv nutzen. - Danke schön.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Der Abgeordnete Büttner setzt für die FDP-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Richter, Sie wissen, dass ich Sie schätze, aber Sie ha

ben in Ihrem Redebeitrag nichts angesprochen, was am Ende zu der Vermutung führen könnte, dass diese Landesregierung einen Plan hat. Da hat Prof. Schierack völlig Recht.

(Beifall FDP und CDU - Heiterkeit bei der SPD - Frau Lehmann [SPD]: Das hat er ja völlig begründet!)

Vielleicht - beruhigen Sie sich einmal -, Herr Prof. Schierack, haben Sie an einer Stelle Unrecht: Die Landesregierung mag keinen Plan haben. Vielleicht ist es aber auch ganz gut, dass die Landesregierung keinen Plan hat, denn wenn sie Pläne hat, gehen die im Regelfall daneben.

(Beifall FDP und CDU)

Deswegen wollen wir das anhand einiger Beispiele festmachen. Damit die Sozialdemokraten nun nicht so einen hohen Blutdruck bekommen, zitiere ich den sozialdemokratischen Landrat der Uckermark Dietmar Schulze, der auch lange genug Mitglied der Landesregierung war.

(Frau Lehmann [SPD]: Auch ein sehr guter Landrat!)

- Ja, er ist auch ein sehr guter Landrat, keine Frage. Er verwaltet und regiert den Landkreis ja auch mit CDU und FDP, deswegen ist er auch so gut.

(Lachen bei der SPD - Beifall CDU)

Er hat zu dem Demografiebericht, den die Landesregierung vorgelegt hat, Folgendes gesagt:

„Der Bericht ist wenig innovativ. Es wird der Eindruck erweckt, dass das Land aktiv Projekte initiiert und begleitet und als Projektpartner auftritt. Bei etlichen aufgezählten Vorhaben haben Kommunen und Landkreise zusammen mit ministeriellen Strukturen des Bundes Projekte, Modellvorhaben und kleinteilige Problemlösungsversuche gestartet, in denen das Land Brandenburg bisher nur sehr zögerlich mitgearbeitet hat. Eingedenk der Tatsache, dass auch das Land Brandenburg einigermaßen finanzschwach ist, fehlt im Bericht ein wohlwollender Verweis, dass der Bund viele Vorhaben angeschoben, initiiert und ausgelobt hat. Die derzeitigen Maßnahmen der Landesregierung stellen erst den Anfang der Bewältigung dar.“

Dem habe ich im Prinzip nichts hinzuzufügen, was den Demografiebericht angeht.

(Beifall FDP und CDU)

Es ist die richtige Einschätzung des sozialdemokratischen Landrats der Uckermark über die sozialdemokratische Politik in Brandenburg, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP und CDU)

Ohne Frage ist der demografische Wandel eines der großen Themen für die Landespolitik in Brandenburg, und deswegen bin ich der CDU-Fraktion sehr dankbar, dass sie dieses Thema heute vorgelegt hat. Herr Prof. Schierack, ich glaube, in 90 % der Dinge, von denen Sie gesprochen haben, sind wir auch völlig einer Meinung. Sie haben die richtigen Projekte angesprochen; auch Herr Richter hat das KombiBus-Projekt in der Uckermark, den mobilen Verwaltungsservice in Wittstock, erwähnt.

Selbstverständlich erleben wir auch eine Zentralisierungspolitik der Landesregierung, und damit verstärkt sie den Wegzug aus den ländlichen Regionen, was man an einigen Beispielen festmachen kann, wie der vom Bildungsministerium initiierten Auflösung und Integration des Landesjugendamtes und damit dem Abzug des Landesjugendamtes aus Bernau.

(Beifall FDP und CDU)

Ohne Zweifel ist es doch völlig richtig, dass wir Veränderungen auch in der Bildungslandschaft brauchen, das bestreitet niemand. Aber dann machen Sie eine Schulamtsreform, in deren Zuge Sie aus einem Behördenzentrum in Eberswalde, in das Sie Millionen Euro investiert haben, das Schulamt abziehen, nach Frankfurt (Oder) verlegen und dafür gleichzeitig das Finanzamt aus Angermünde abziehen wollen, womit Sie wieder - im Übrigen in Ihrem Wahlkreis, Herr Ministerpräsident die ländlichen Regionen schwächen.

(Zuruf der Abgeordneten Große [DIE LINKE])

Diese Zentralisierungswut führt genau dazu, dass dieses Land immer weiter gespalten wird.

(Beifall FDP und CDU)

Das hat nichts damit zu tun, was Sie gestern gesagt haben, Herr Ministerpräsident, dass Sie ein gemeinsames Brandenburg für alle wollten. Sie spalten dieses Land mit Ihrer Politik und Ihrer Zentralisierungswut immer mehr!

(Beifall FDP und CDU)

Die Frage - die auch Prof. Schierack aufgegriffen hat - der Funktionalreform ist für unsere FDP-Fraktion von erheblicher und entscheidender Bedeutung. Es reicht nicht aus, Herr Kollege Richter, nur gemalte Karten vorzulegen und Großkreise schaffen zu wollen. Wir brauchen in diesem Land eine Funktionalreform, die diese Bezeichnung auch verdient. Die Aufgaben, die auf der Ebene der Städte und Gemeinden erledigt werden können, müssen auch auf die Städte- und Gemeindeebene übertragen werden.

(Beifall FDP und CDU)

Wir müssen die Kommunen stärken, indem wir eine substanzielle Funktionalreform durchführen, die dazu führt, dass alle Aufgaben möglichst bürgernah ausgeführt werden. Das mag auf den ersten Blick sogar Common Sense sein - ich habe den Zwischenruf in Bezug auf den Beschluss der Enquetekommission gehört -, aber wenn die Koalitionsfraktionen in der Enquetekommission von den kommunalen Aufträgern Augenmaß fordern und darauf hinweisen, dass mit übertriebenen finanziellen Forderungen anlässlich der Übertragung von Aufgaben kein angeschlagener Kommunalhaushalt zu sanieren ist, ist das eben die falsche Herangehensweise, die zum Scheitern verurteilt ist. Wir kennen das Problem: Das Konnexitätsprinzip hat Sie ja noch nie interessiert!

Statt verdeckter Schuldzuweisungen sind das offene Gespräch und eine objektive Feststellung des Bedarfs der Kommunen bei jeder einzelnen Aufgabe mithilfe des Statistischen Landesamtes Berlin-Brandenburg erforderlich. Dieses Thema verdient es, weiter in diesem Landtag diskutiert zu werden. Dieses The

ma ist eines der Zukunftsthemen, und ich wünsche mir von Ihnen bei SPD und Linken einfach mehr Mut, dieses Land zu entwickeln. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Der Abgeordnete Ludwig setzt für die Linksfraktion fort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Land zukunftsfest zu gestalten ist immer ein gutes Anliegen, darum dreht sich bekanntermaßen die gesamte Landespolitik. Wir sehen das als eine permanente Aufgabe an. In Zeiten starker Turbulenzen im gesamten europäischen Raum stellen viele Einwohnerinnen und Einwohner die Frage: Wird es möglich sein, meine Lebenssituation kontinuierlich zu gestalten und sie sogar zu verbessern?

Die dabei gesetzten bundespolitischen Rahmenbedingungen sind ausschlaggebend dafür, wie sich das Leben in der gesamten Bundesrepublik gestaltet. In der gesamten Bundesrepublik vollzieht sich ein demografischer Wandel: Unsere Gesellschaft wird immer älter. Dieser Trend geht darauf zurück, dass die Geburtenrate in ganz Deutschland sinkt, während die Lebenserwartung in ganz Deutschland beständig steigt.

Dennoch stellt sich die nächste Frage: Wie kam es zu diesem signifikanten, vielleicht auch dramatischen demografischen Wandel in Brandenburg und in ganz Ostdeutschland? Ein Grund liegt wohl in der nach 1990 gefahrenen Treuhandpolitik, die Entscheidendes zur fast vollständigen Deindustrialisierung beigetragen hat. Die Politik des Bundes, die tiefgreifende Verunsicherungen hervorbrachte, führte dazu, dass nach 1990 schlagartig …

(Lachen bei der CDU)

- da können Sie sich belustigen, aber schauen Sie sich doch die Diagramme an, liebe CDU!

... weniger Kinder geboren wurden und ein bis dato nicht gekannter Geburtenknick eintrat. Davon haben wir uns übrigens bis heute nicht erholt.

(Zurufe von der CDU)

Wir haben uns bis heute nicht davon erholt, weil nunmehr das demografische Echo folgt.

Meine Damen und Herren, bitte beachten Sie, dass gerade für Abgeordnete das uneingeschränkte Recht der Meinungsfreiheit gilt. Lassen Sie ihn reden!

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Die Kinder, die aufgrund dieser Verunsicherung nach 1990 nicht geboren wurden, können heute keinen Nachwuchs haben.

Sie können in Brandenburg und in ganz Ostdeutschland keinen Nachwuchs haben.

(Zurufe von der CDU)

Inzwischen werden auch die Generationszyklen länger, sodass noch weniger Kinder geboren werden. Aufgrund dieser Verunsicherung übrigens …