Protokoll der Sitzung vom 28.02.2013

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Danke möchte ich heute als Lausitzerin all denen sagen, die diesen Antrag mittragen. Unverständnis möchte ich äußern zu den Kommentaren der Grünen auf der einen Seite, die alles als einen Aufguss von Selbstverständlichkeiten diskreditieren, und Unverständnis möchte ich auch Herrn Lipsdorf aussprechen, der alles zu wischiwaschi findet.

Dass bei den Grünen, sobald das Wort Lausitz fällt, alle Lampen auf Rot springen, das kenne ich ja nun schon.

(Unruhe bei der Fraktion B90/GRÜNE)

Ob das ein antrainierter Reflex oder eine Synapsenschaltung ist, sei dahingestellt.

(Bischoff [SPD]: Beides!)

Ich sage Ihnen hier und heute nur eines: Die Lausitz ist mehr als Braunkohle.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Die Lausitz als Wirtschaftsregion hat viele historische, räumliche, infrastrukturelle, kulturelle und wirtschaftliche Verflechtungen. Sie ist räumlich und geografisch sehr breit gespreizt, sie reicht von Görlitz im Süden über den Landkreis Bautzen, die Landkreise Spree-Neiße, OSL, Elbe-Elster auf brandenburgischer Seite, umfasst auch die südlichen Kreise von OderSpree und Dahme-Spreewald. In ihr leben über 1 Million Menschen. Das ist eine Region - größer als das Saarland.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Und wir dürfen nicht vergessen: Wir haben unsere wunderschöne kreisfreie Stadt Cottbus mittendrin.

(Senftleben [CDU]: Ortrand!)

- Ortrand sowieso.

In der Lausitz haben wir über 80 000 Unternehmen, in denen rund 370 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jeden Tag ihr Brot verdienen. Die Lausitzer Wirtschaft ist vor allen Dingen durch Klein- und Kleinststrukturen geprägt, neun von zehn Unternehmen haben weniger als zehn Angestellte. Das ist die Wirtschaftsregion Lausitz.

In den vergangenen 20 Jahren haben natürlich erhebliche Veränderungen, Modernisierungen und Innovationen stattgefunden. In Zukunft wird es allerdings darauf ankommen, unsere Kräfte regional noch stärker zu bündeln; denn die Lausitz hat als Wirtschaftsregion deutlich bessere Chancen, wenn sie über die Grenze hinweg und branchenübergreifend ihre Stärken vermarktet. Daran sind wir interessiert, und das tun wir vor Ort auch.

Ein wesentlicher Träger dieser Aktivitäten zur Vermarktung der Lausitz über die sächsische und die brandenburgische Landesgrenze hinweg ist dabei die Wirtschaftsinitiative Lausitz als regionale Aktions- und Vernetzungsplattform. Sie unterstützt die 80 000 Unternehmen dies- und jenseits der Landesgrenze. Das beginnt beim Planspiel „Jugend denkt Zukunft“, geht über Demografie und Qualifizierungsberatung unserer KMUs bis hin zur Auslobung des Lausitzer Wissenschaftstransferpreises. Dieser soll herausragende und beispielhafte Projekte der Transformation von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Betriebe unterstützen. Er wird auch in diesem Jahr aktuell wieder ausgeschrieben. Wir werden in diesem Jahr auch zum zehnten Mal den Existenzgründerwettbewerb durchführen. Beide Preise sind mit je 10 000 Euro dotiert, die eingeworben werden von Sponsoren aus der Lausitz für die Lausitz. Das ist die Lausitz, und das ist der Wirtschaftsstandort Lausitz.

Die Lausitz stellt sich natürlich auch auf die Touristen ein. Wir wollen eine Tourismusregion sein, die über die Ländergrenzen hinweg frei von administrativen Grenzen agiert; denn der Tou

rist interessiert sich herzlich wenig dafür, in welchem Landesgebiet er sich befindet, sondern er will die Tourismusregion als Ganzes erleben. Dazu brauchen wir allerdings auch gelegentlich Unterstützung, denn eine einheitliche Schifffahrtsverordnung für die entstehenden Gewässer ist nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, weil ein Bootsführer keine unterschiedlichen Regelungen haben möchte. - Wenn wir uns schon über die Grenzen hinweg als Tourismusregion aufgestellt und die Marke „Zweckverband Lausitzer Seenland“ ins Leben gerufen haben, dann fragt man sich aus Lausitzer Sicht natürlich schon: Warum wird auf der Internetseite der TMB diese Region überhaupt nicht abgebildet? Das darf doch so nicht sein. An dieser Stelle fordern wir Unterstützung - und brauchen sie auch.

Wir brauchen Akzeptanz, Anerkennung und Unterstützung. Eine einheitliche Marke Lausitz braucht natürlich auch die Unterstützung der Landesregierungen sowohl in Brandenburg - in Potsdam - als auch auf sächsischer Seite in Dresden, um vor allen Dingen bürokratische Hürden abzubauen. Die gute Zusammenarbeit vor Ort in der Lausitz muss deshalb hier einen Widerhall finden.

Stärken stärken bedeutet für uns nichts anderes als die Lausitz stärken, denn auch wenn oft bedauert wird, dass der Süden Brandenburgs aus der Höchstförderung der EU herausgefallen ist, finde ich persönlich, dass dies ein Anlass zur Freude und zum Stolz ist, denn aus einer völlig deindustrialisierten Region hat sich etwas entwickelt und wir sind herausgefallen und haben Wirtschaftsstärke und -kraft entwickelt. Das haben wir mit Energie und durch Energie getan, konventionell und regenerativ, und wir haben länderübergreifend neue Kompetenzfelder entwickelt. Ich zähle dazu Chemie und Kunststoffe, den Fahrzeugbau, den Maschinenbau und Papier.

Voraussetzung für eine gute Entwicklung in der Lausitz ist eine gut ausgebaute und funktionierende Infrastruktur. Deshalb brauchen wir ein gemeinsames Mobilitätskonzept für Sachsen und Brandenburg, denn nur so werden wir Projekte gemeinsam auf Bundes- und EU-Ebene durchsetzen können. Diese gemeinsame Kraft müssen wir entwickeln, um die dringlichsten Projekte voranzutreiben, denn meiner Meinung nach - und das ist, denke ich, auch belegbar - ist die Lausitz ein sehr interessanter Logistikstandort sowohl für alle europäischen Nord-Süd- als auch Ost-West-Trassen. Daraus sollten wir etwas machen.

Wir Lausitzer sind kämpferische Optimisten und optimistische Kämpfer, und wir haben Gestaltungswillen. Wir versuchen, aus der administrativen Randlage Kraft zu schöpfen und gemeinsam unsere Stärken zu entwickeln. Da, wo sich bürokratische Hürden auftun, brauchen wir Ihre Unterstützung, und diese möchten wir heute gern einfordern. Da, wo sich voneinander lernen lässt, sollten wir dies tun; und da ich davon überzeugt bin, dass alle folgenden Lausitzer Abgeordneten noch ganz andere Aspekte unseres Antrages beleuchten werden, möchte ich hier enden.

Ich möchte allerdings noch eine Anmerkung zu Herrn Lipsdorf machen, denn das hat mich schon betroffen gemacht: Sie hatten den Antrag als wischiwaschi bezeichnet, doch dass Sie waschiwaschi daraus machen, finde ich nicht angemessen, und ich sagen Ihnen einen ganz wichtigen Punkt: Sie haben aus dem klaren Problemfeld, das es diesseits und jenseits der Landesgrenze gibt - Rechtsextremismus -, Extremismus gemacht. Eine solche Verharmlosung ist dem Problem nicht angemessen.

Fragen Sie den Kollegen Senftleben, was an seinem Büro passiert ist, dann wissen Sie, wo das Problem in der Lausitz liegt; und versuchen Sie es nicht zu verharmlosen. Glück auf! - Danke.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Gregor-Ness. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Senftleben, CDU-Fraktion, fort. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein Wunder geschehen in Brandenburg: Die Zeit der Schwangerschaft hat sich verdoppelt - von ehemals neun Monaten auf nun 18 Monate.

(Zuruf von der SPD: Wofür?)

- Ja, wofür? Für die Zeit zwischen dem heutigen Tag und dem 1. September 2011, als wir einen ähnlichen Antrag - damals natürlich nur von einer Fraktion - zur Zukunft der Lausitz behandelt haben. Das macht nichts. Am Ende: Das Kind ist geboren, mit dem heutigen Antrag von drei Fraktionen, und da es jetzt offensichtlich mehr Leuten gefällt, kann es heute auch mit einer Mehrheit vom Landtag verabschiedet werden. Es ist ein schönes Kind und mit Sicherheit nicht das, was manche heute beschrieben haben.

(Beifall CDU)

Die Geschlechterfrage möchte ich jetzt nicht klären. Das ist, denke ich, nebensächlich.

(Frau Melior [SPD]: Die Lausitz!)

- Die Lausitz. Aber Fakt ist natürlich, dass allein schon die Veränderung der Rednerinnen und Redner bei der Koalition einen Qualitätssprung bewirkt hat. Ich habe gerade die Debatte von vor anderthalb Jahren verfolgt. Damals haben andere gesprochen. Heute sprechen für die SPD und die Linke wieder andere. Das zeigt vielleicht auch, dass es einen guten Prozess gegeben hat. Und, liebe Martina Gregor-Ness, ich möchte Dir herzlich danken, weil ich weiß, dass Du sehr viel Energie in diesen Antrag gesteckt hast. Nicht nur bei Vattenfall und anderen steckt Energie drin, sondern auch in diesem Thema. Von daher herzlichen Dank, dass die Diskussion, die wir mit in Gang gebracht haben, so aufgegriffen worden ist.

Ich möchte den Antrag und auch die Lausitz jetzt nicht noch einmal im Einzelnen erklären; das ist gerade durch meine Vorrednerin ausführlich geschehen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir sehr viele Projekte darin haben. Der Hochwasserschutz und anderes sind Themen, und ich denke, dass die Dinge, wenn man sie gemeinsam anpackt, zum richtigen Ergebnis gebracht werden können.

Zur Wirtschaftsförderung: Es ist kein Einzelfall, sondern kommt mehrfach vor, dass in den letzten Jahren in Grenznähe bei gemeinsamen Investitionen eher die Konkurrenz zwischen Brandenburg und Sachsen eine Rolle gespielt hat als das gemeinsame

Werben für Ansiedlungen. Wenn wir das zukünftig in eine - vielleicht sogar gemeinsame - Wirtschaftsförderung umstellen können, weil immer weniger Geld vorhanden ist, kann man letztendlich erreichen, dass es den Menschen egal ist, denn es gibt heute bereits Pendler. 12 000 fahren jeden Morgen aus Brandenburg nach Sachsen und ungefähr 12 000 aus Sachsen nach Brandenburg, um zu ihrer Arbeit zu kommen. Deshalb ist es uns wichtig damit überhaupt Arbeitskräfte in der Region arbeiten können, dass es auch Investitionen gibt, und ich denke, dass es eine wichtige Angelegenheit ist, die Wirtschaftsförderung voranzubringen.

(Beifall CDU)

Zur Braunkohlesanierung: Ja, das wissen wir auch aus unseren Diskussionen, die wir selbst jeden Tag führen: Die Zeit vor der Braunkohle, die Zeit mit der Braunkohle, aber auch die Zeit nach der Braunkohle war und ist nie konfliktfrei und wird es auch nicht sein. Es gibt genügend Bergleute, ehemalige Kumpel, die heute als Rentner eine nicht so schlechte Bergbaurente erhalten, die aber persönlich Betroffene sind, unter anderem vom Grundwasseranstieg. Deshalb ist es auch ein gemeinsamer Erfolg, dass jetzt das neue Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern auf den Weg gebracht wurde. Die Beseitigung von Bergbaufolgeschäden als schöne Aufgabe steht im Vordergrund. Es geht zuallererst um die Beseitigung der Braunkohlenachfolgeschäden - und damit um den Grundwasseranstieg - als um andere Dinge, deshalb ist das Thema Braunkohlesanierung ein weiterer wichtiger Part.

Da wir schon Unternehmen haben, die längst dabei sind, grenzübergreifend zu denken, gibt es - das Beispiel wurde genannt die Wirtschaftsinitiative Lausitz, und wir wollen mit einer Lausitzkonferenz unter deren Leitung die Dinge zusammenfügen. Es gibt genügend Themen: Die Braunkohle habe ich bereits genannt, die Verockerung der Flüsse, wirtschaftliche Fragen, Infrastruktur, Bildungspolitik in einer gemeinsamen Region - all das kann in einer solchen Lausitzkonferenz besprochen werden. Deshalb, denke ich, ist dies auch ein wichtiger Punkt.

Am Ende weise ich darauf hin, dass es natürlich viele Gemeinsamkeiten gibt. Aber wir haben auch zur Kenntnis genommen, liebe Martina, dass ihr das Thema Wissenschaftslandschaft bewusst etwas reduziert ausformuliert habt, auch mit dem neuen Namen. Es bleibt dabei: Wir haben den Antrag mit eingebracht, weil wir ihn mehrheitlich für richtig halten und uns pragmatisch an diesen Dingen orientieren. Trotzdem sagen wir weiterhin: Eine Zwangsfusion der BTU in Cottbus und der Hochschule in Senftenberg ist nicht der richtige Weg zur Profilierung und für eine Wissenschaftslandschaft in der Lausitz. Wir hätten uns andere Wege gewünscht.

(Beifall CDU)

Trotzdem bleibt es dabei: Wir werden heute nicht nur den Antrag mit einbringen, sondern auch zustimmen. - Dafür herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Senftleben. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Frau Abgeordnete Wöllert hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir können bei dem versöhnlichen Ton bleiben. Ich sage es anders, Kollege Senftleben: Was lange währt, wird gut - man kann es auch so sehen -, und ich betrachte den Antrag unter diesem Gesichtspunkt.

Ich sage auch ganz deutlich: Ich bin nach wie vor durchaus skeptisch, für Regionen hier im Landtag eigene Beschlüsse zu fassen. Aber nach allem Abwägen denke ich, die Region Lausitz hat doch einige Besonderheiten, die das rechtfertigen, und ich möchte noch einmal daran erinnern, was Herr Vogel in der Sitzung 2011, als es um den Antrag der CDU ging, sagte:

„Die Braunkohle ist das Problem der Lausitz, nicht die Lösung ihrer Probleme.“

Diesen Satz habe ich mir aufgeschrieben. Er mag zu bestimmten Zeiten richtig sein, aber er ist nicht zu allen Zeiten richtig gewesen. Ich denke, auch dies gehört zur Wahrheit, denn man muss bestimmte Dinge immer in den Zusammenhang der Zeit stellen.

Wir haben heute andere Voraussetzungen, als wir sie damals hatten, und dies steht ebenfalls im Antrag. Wer will, kann es lesen. Auch hier sind erneuerbare Energien enthalten. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Umstrukturierung der Lausitz - auch von der traditionellen Braunkohleförderung hin zur Systemintegration erneuerbarer Energien, und das ist das Besondere: dass die Lausitz nicht nur die hohen Löhne zu tragen hat, die im Bergbau zu erzielen waren, sondern auch die Folgeschäden, die noch viele Generationen betreffen werden. Deshalb ist eine solche Behandlung hier im Landtag gerechtfertigt. - Das ist der erste Grund.

Der zweite Grund - wir haben noch eine Besonderheit in der Lausitz: das sorbisch-wendische Volk, eine Minderheit mit eigener Sprache, die durchaus deutschlandweit etwas ganz Besonderes ist, und auch das rechtfertigt die besondere Handhabe.

Ich gehe noch auf einen letzten Aspekt ein, den auch Martina Gregor-Ness nannte: Rechtsextremismus gibt es natürlich nicht nur in der Lausitz, aber er ist durchaus auch bei uns ein wichtiges Problem, das es gemeinsam anzugehen gilt, und zwar über die sächsische Grenze hinweg. Ich weiß, wovon ich rede, wenn ich von der Grenze zu Sachsen spreche. Wenn in Schwarze Pumpe die Rechten aus Sachsen kommen und dort gemeinsam Konzerte organisieren, dann kann man das auch nur länderübergreifend und gemeinsam verhindern, und das ist in unserem Antrag ebenfalls so enthalten. Deshalb - bei allen Mängeln und allem, was daran noch verbessert werden könnte - bitte ich darum, dass viele diesem Antrag zustimmen. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)