Inzwischen werden auch die Generationszyklen länger, sodass noch weniger Kinder geboren werden. Aufgrund dieser Verunsicherung übrigens …
- Gott sei Dank trugen Sie damals noch keine persönliche Verantwortung, Herr Bretz, für die Politik der Treuhand, aber politisch stehen Sie in dieser Tradition.
Viele junge Frauen zogen aufgrund dieser Politik der Arbeit hinterher. Diese jungen Frauen können jetzt in Brandenburg ebenfalls keinen Nachwuchs haben. Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Auf uns Männer kommt es in der demografischen Entwicklung nicht an; es kommt darauf an, ob sich junge Frauen den Kinderwunsch erfüllen oder nicht.
Zu unserem Glück haben wir in Brandenburg mit dem Berliner Umland eine Sondersituation im Osten. Im Berliner Umland profitieren wir von dem Prozess der Binnenmigration, der in ganz Deutschland stattfindet und uns als einziges ostdeutsches Bundesland in die Sondersituation bringt, eine komplette Region mit Bevölkerungswachstum zu haben - übrigens eine Region, in der die Geburtenrate leicht höher liegt als im übrigen Brandenburg.
Ich zähle das alles deshalb zu Beginn auf, liebe brandenburgische CDU, weil ich schon der Meinung bin, dass man Ursache und Wirkung benennen muss. Die schnell dahingeworfenen Sätze von der demografischen Entwicklung und den Herausforderungen sind für meinen Geschmack etwas zu dünn.
Deshalb sage ich: Politikversagen kann man im Nachgang nicht rückgängig machen, aber die Ansätze - besonders auf Bundesebene - müssen gehörig geändert werden. Dazu gehört für die brandenburgische Linke eine andere Familienpolitik, eine Politik, die vom Kind her denkt und von Anfang an unabhängig vom Geldbeutel mehr Chancengleichheit gewährleistet.
Zusätzlich bleibt zu sagen: Würde der Bund mehr in Richtung Kita-Plätze und Bildung, in Richtung Stadtentwicklung und ÖPNV-Infrastruktur umverteilen, bräuchten wir manches Problem heute nicht zu besprechen. Von der im Bundestag beschlossenen Herdprämie will ich jetzt gar nicht reden; sie wird dazu keinen Beitrag leisten.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben das Wort „zukunftsfest“ gewählt. Das Wort „zukunftsfest“ steht im Einsetzungsbeschluss der Enquetekommission 5/2. Diese wird noch in diesem Jahr ihre Untersuchungsergebnisse, ihre Vorschläge für mehr zukunftsfeste Verwaltungsstrukturen im Land Brandenburg vorlegen, und wir werden im Herbst dieses Jahres hier
einen gemeinsam beschlossenen Kommissionsbericht diskutieren, der erste Antworten - verwaltungsseitig, aber auch von der Aufgabenverlagerung her - geben wird. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich widerstehe der Versuchung, mich dem Thema, wie wir Brandenburg zukunftsfest machen und mit allen Landesteilen lebenswert erhalten können, in fünf Minuten umfassend zu nähern. Von der Neuausrichtung der Finanzbeziehungen auf allen Ebenen, dem Erhalt unserer Verkehrsinfrastruktur, der medizinischen Versorgung, der Funktional- und Gebietsreform, der Ineffektivität unserer Familienförderung bis zur Überlastung unserer sozialen Sicherungssysteme - jedes dicke Brett dieser Welt lässt sich dazu aufrufen. Ich beschränke mich auf das Thema der stärkeren Beteiligung Älterer am Arbeitsmarkt und der Umverteilung von Arbeit.
Der demografische Wandel wird hauptsächlich durch zwei Faktoren gekennzeichnet: konstant niedrige Geburtenraten und eine seit über 150 Jahren zu beobachtende rasante Steigerung der Lebenserwartung. Diese verläuft immer noch linear, ohne Abflachungstendenz, und beschert uns pro Geburtenjahrgang drei zusätzliche Lebensmonate. Im vergangenen Jahrhundert ist die Lebenserwartung in Deutschland um rund 30 Jahre gestiegen.
Bei der Einführung der Rentenversicherung im Deutschen Reich 1913 lag sie bei etwa 50 Jahren, gemittelt für beide Geschlechter. Das Renteneintrittsalter von 65 Jahren hat sich in diesen 100 Jahren nicht verändert.
Ein heute geborenes Kind hat eine gut 50%ige Wahrscheinlichkeit, 100 Jahre alt zu werden, 100 Jahre! Die niedrige Geburtenrate und die beschriebene Entwicklung der Lebenserwartung führt zu zwei Effekten: Ohne Zuwanderung wird die Bevölkerung pro Generation um etwa ein Drittel abnehmen, und die Alterszusammensetzung ändert sich gravierend in Richtung älterer Jahrgänge. Die Bertelsmann Stiftung hat in ihrer Länderprognose von Oktober 2011 das Medianalter in Brandenburg im Jahr 2030 mit 54,2 Jahren angegeben und fast eine Verdoppelung der Zahl der Hochbetagten prognostiziert.
Aus solchen statistischen Angaben speisen sich dann oft Visionen, die Gesellschaft würde überaltern, würde vergreisen, die Zukunft sei von Siechtum und explodierender Pflegebedürftigkeit überschattet. Diese negative Sicht auf die Zukunft verstellt den Blick dafür, dass wir nicht nur immer älter, sondern auch immer gesünder älter werden.
Ging die Steigerung der Lebenserwartung zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch auf das Konto der rapide sinkenden Säuglings- und Kindersterblichkeit, so ist sie heutzutage auf die sinkende Sterblichkeit der über 65-Jährigen zurückzuführen.
Der demografische Wandel, meine Damen und Herren, ist kein Schreckgespenst! Wir werden älter, und die gesunde Lebensspanne, die uns zur Verfügung steht, wird sich höchstwahrscheinlich im gleichen Umfang verlängern wie die Lebenserwartung selbst.
Wir werden also durchschnittlich im Alter immer aktiver sein, und Ältere können und wollen mehr Verantwortung in dieser Gesellschaft übernehmen. Das geht selbstverständlich auch mit einer längeren Beteiligung am Arbeitsleben einher. Bis die Rente mit 67 im Jahr 2029 umgesetzt sein wird, ist die Lebenserwartung erneut um weitere 3 Jahre gestiegen. Es geht mir jetzt aber gar nicht darum, hier die Rente mit 70 oder gar 72 zu propagieren; wir brauchen flexible Lösungen für die Beteiligung Älterer am Arbeitsmarkt und verstärkt Teilzeitmodelle.
Viele Vorurteile geraten langsam ins Wanken. Ältere Arbeitnehmer sind durchaus produktiv, und nachlassende körperliche Kraft oder partiell abnehmende kognitive Fähigkeiten werden durch hohes Erfahrungswissen und soziale Kompetenz kompensiert. Altersgemischte Teams sind häufig besser als homogen jüngere. Und, Herr Prof. Schierack, auch Altern und Innovation schließen einander nicht aus.
Es geht aber nicht nur um eine verlängerte Teilnahme am Arbeitsleben, es geht auch um grundsätzliche Umorganisation von Lebensarbeitszeit. Wenn wir künftig 90, 95 oder gar 100 Jahre alt werden, macht die klassische Aufteilung in Ausbildungszeit, Familiengründung, Arbeitszeit und Ruhestand keinen Sinn. Wir müssen aus der Rushhour des Lebens Druck herausnehmen. In der Zeit der beruflichen Konsolidierung und Familiengründung geraten immer mehr Frauen und Männer in den Burnout. Wir brauchen flexible Lebensarbeitszeiten mit Entlastung in der Familienphase, lebenslanges Lernen bis ins höhere Alter und längeren Verbleib in der Erwerbstätigkeit. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Frau Nonnemacher - danke vor allem deshalb, weil ich glaube, dass dieses Thema, das uns ja noch lange begleiten wird, möglichst ohne Polemik - wo es geht, ein bisschen Polemik muss ja immer dabei sein - diskutiert werden sollte.
Es berührt alle gesellschaftlichen Schichten, es wird uns über Jahrzehnte treu bleiben, und deshalb wäre es gut, wenn wir versuchten, lange Linien zu ziehen.
Prof. Schierack, ich bin Ihnen und Ihrer Fraktion dankbar, dass Sie das auf die Tagesordnung gesetzt haben. Meine herzliche Bitte ist aber: Wir sollten bei allen Argumenten - auch wenn es politisch dann ein Stückchen wettbewerblich und gegeneinan
der geht - doch in der Nähe der Wahrheit bleiben. Nicht die Landesregierung ist auf die Idee gekommen, einfach in den luftleeren Raum Zeichnungen von Kreisgrößen, Kreisgrenzen und Ähnlichem zu setzen, sondern der Innenminister hat ganz korrekt und konkret einen Auftrag der Enquetekommission ausgeführt; der war genau formuliert, und dem ist er nachgekommen - nicht mehr und nicht weniger. Das sollten wir hier nicht polemisch verwursten, meine Damen und Herren.
Und wenn wir einmal bei dem Thema sind - weil Sie sagen, flächendeckend seien Polizeidienststellen usw. geschlossen worden -: Es ist eine einzige Wache geschlossen worden, nämlich die in Potsdam-Babelsberg; für alle anderen Wachen sind Lösungen gefunden worden. Auch das gehört zur Wahrheit.
Meine Damen und Herren, wir haben in den Vorträgen von Herrn Schierack und Herrn Büttner eben eine der Schwierigkeiten schon gehört. Auf der einen Seite sagen beide - sie haben es sogar expressis verbis zum Ausdruck gebracht -: Lasst die kommunale Selbstverwaltung wirken und regiert denen nicht rein! - Dann kommt zwei Minuten später die Forderung: Macht jetzt einen Masterplan, und sagt denen, was sie machen sollen!
Herr Kollege Büttner, Sie haben hier eine Rede gehalten - Sie sind ja immer sehr engagiert, das ist auch völlig okay -, aber zum Thema Demografie klang es am Ende doch so: Wasch‘ mir den Pelz, aber mach‘ mich nicht nass. Also: Macht was, aber macht auch nichts. Geld darf es kosten, aber es ist keins da; also spart auch dabei.
Meine Damen und Herren, für mich steht wirklich fest: Wenn wir jemals die Eurokrise bewältigt haben, wenn die Energiewende bewältigt ist, wenn vielleicht der Flughafen offen ist die Demografie wird als Herausforderung bleiben. Wir sollten sie aber - und dafür bin ich allen Rednern dankbar, weil es bei allen durchklang - nicht überproblematisieren.
Wir sollten sie nicht überproblematisieren, sondern als gesellschaftliche Herausforderung annehmen - ich komme gleich mit vier Punkten dazu -, die wir bewältigen können. Da sollten wir uns auch keine Angst machen lassen. Insbesondere Gutachter neigen manchmal dazu, ganz schwarze Bilder zu zeichnen. Wenn man die ernst nähme, könnte man sich gleich hinlegen und sagen: Tuch drüber und das war‘s.
Wir haben 1992/93 eine Studie bekommen - ich war damals für Raumordnung zuständig -, in der zwei Vorhersagen getroffen worden waren. Die eine war: In ca. 10 Jahren wird das Dorf
sterben beginnen. Die zweite war: In ca. 20 Jahren wird das Dorfsterben in bestimmten Regionen schon abgeschlossen sein. Wir haben die 10 Jahre danach erlebt, jetzt sind wir 20 Jahre danach. Glücklicherweise hat sich diese wissenschaftliche Vorhersage in keiner Weise bewahrheitet. Es ist bis heute kein Dorf in Brandenburg geschlossen worden.
Es ist wahr: Das Leben - der Charakter des Lebens - in etlichen Brandenburger Dörfern hat sich verändert, manchmal in eine schwierige Richtung - weil das Dorf älter geworden ist -, manchmal aber ist der Fächer der Möglichkeiten auch weiter aufgegangen. Wir haben uns alle gefreut, von links bis rechts, von oben bis unten, dass wir Projekte ehren konnten wie „Oper auf dem Dorf“ und „Musik für alle“. Da sind Kultur- und Kunstprojekte entstanden, da ist an vielen Stellen eine Vielfalt eingezogen, die wir vor 20 Jahren - gerade auf der Basis dieser Gutachten - nicht einmal annähernd für möglich gehalten hätten.
Ja, es begleiten uns dort Schwierigkeiten, weil manche Neubürger, die aus städtischen Räumen kommen, denken, dass sie in eine Gartenstadt und nicht auf ein Dorf ziehen, denn da soll kein Trecker fahren, kein Hahn krähen und kein Misthaufen sein. Aber darüber kommt man hinweg. Wichtig ist: Alle Dörfer in diesem Land existieren noch, und ich wage die Vorhersage: Sie werden auch in 10 Jahren noch existieren, sie werden nicht kaputtgehen, meine Damen und Herren.