Protokoll der Sitzung vom 21.03.2013

Landes geschwächt werden. Der Innenminister zieht die Decke hin und her; in jedem Falle ist sie zu kurz.

(Beifall FDP)

Auf der Pressekonferenz am vorigen Freitag gab es eine Anmerkung, die interessant war. Dort ist gesagt worden: Man muss gar nicht so viele Streifenwagen hin- und herfahren lassen, ein Streifenwagen bringt sowieso nichts, die Einbrecher hocken dann hinter der Hecke, warten, bis der weg ist, und kommen dann wieder heraus. - Das hat der Polizeipräsident gesagt.

Wenn das so ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann können wir uns die Streifenwagen komplett sparen. Dann sollen die doch wie die Feuerwehr und die Rettungswagen in ihren Wachen - oder „Revieren“, wie es jetzt heißt, „Wachen“ wäre zutreffender - sitzen bleiben, darauf warten, dass sie angerufen werden wie Rettungswagen oder Feuerwehr, und dann zum Delikt ausrücken. Wenn das so wäre, ergäben sich erhebliche weitere Einsparmöglichkeiten. Diese nutzt der Innenminister aber nicht. Ich glaube schon, Herr Innenminister, dass wir uns in dem Punkt - im Unterschied zu Ihrem Polizeipräsidenten einig sind, dass es durchaus Sinn macht, wenn Streifenwagen im Land Brandenburg unterwegs sind.

Was ich will, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist - gerade vor dem Hintergrund wachsender Eigentumskriminalität und der wachsenden Zahl von Einbrüchen in Einfamilienhäuser -, dass im Grunde den Einbrechern beim Bruch die Knie schlottern. Wir brauchen einen erhöhten Verfolgungsdruck. Es ist richtig, dass wir mit Streifenwagen Einbrüche nicht komplett verhindern können. Es ist aber auch richtig, dass es viel zu einfach ist und die Aufklärungsquote viel zu gering ist. Das Risiko ist viel zu gering, wenn Straftaten begangen werden. Wir brauchen eine funktionierende Kriminalpolizei, wir brauchen nach den Straftaten funktionierende, gute Ermittlungen, um auch auf diese Weise dafür zu sorgen, dass der Verfolgungsdruck höher wird, die Täter zu kriegen und damit dann auch die Kriminalität langfristig einzudämmen.

(Beifall FDP)

Der Innenminister hat vorige Woche erklärt, Brandenburg sei auf dem richtigen Weg, aber noch nicht über den Berg. Was macht die Regierung denn nun wirklich? Die Regierung redet mit den Leuten; das ist in Ordnung. Als Zweites sagt sie den Leuten: Liebe Brandenburger, ich nehme euer Problem sehr ernst und ich werde alles tun, um eure Probleme in den Griff zu bekommen, um das Problem zu beherrschen. Weil das alles Geld kostet, liebe Brandenburger, muss ich zunächst zu Einsparungen kommen und streiche mal eben die Stellen von 1 900 Polizeibeamten. - Das ist die Konsequenz, die Sie daraus ziehen. Das kann doch nicht wirklich der Ansatz sein, um Kriminalität aufzugreifen. Wir erleben, dass immer wieder irgendwo Pflaster hingeklebt werden, wenn Probleme auftauchen. Einsatzhundertschaften werden verstärkt im grenznahen Raum eingesetzt, es wird eine BAO, eine Besondere Aufbauorganisation - die SOKO Grenze -, gegründet. Nun ist es aber so, Herr Innenminister, dass Sie nicht jahrelang eine SOKO betreiben und nicht jahrelang die Einsatzhundertschaften verstärkt in einzelnen Bereichen einsetzen und damit von anderen Aufgaben abziehen können. Wir brauchen eine Verstetigung, eine dauerhafte Antwort auf die Probleme im grenznahen Raum. Die BAO ist etwas für den Moment, für ein besonderes De

liktsfeld, für besondere Situationen, nichts, was auf Dauer eingerichtet werden kann. Das sehen Sie auch so. Jetzt müssen Sie nur Konsequenzen ziehen und uns sagen, wie es denn werden soll.

Die markanteste Wegmarke, die wir bisher auf diesem - richtigen - Weg des Landes Brandenburg haben, ist der Personalabbau. Ich räume gerne ein, dass der Personalabbau bis 2012 nicht der Ihre war, sondern das war noch ein rot-schwarzer Personalabbau. Sie waren damals noch Minister für irgendwas anderes, es war also insofern nicht in Ihrer Zeit, da waren Sie nicht zuständig. Aber wenn Sie jetzt sagen, wir haben bei der Bekämpfung von Straftaten erste Erfolge erzielt, wie in der neuen Statistik erkennbar ist, aber in genau dem Moment Ihren eigenen Personalabbau beginnen, ist das mit Sicherheit der falsche Weg.

Wie man es richtig macht, das sage ich im zweiten Teil meiner Rede im Zusammenhang mit dem Entschließungsantrag der FDP. - So weit danke ich Ihnen.

(Beifall FDP)

Die Abgeordnete Stark setzt für die SPD-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Goetz, jeder wählt einen persönlichen Einstieg für seinen Redebeitrag. Ob Ihr Einstieg gelungen war? Ich will das nicht weiter kommentieren; ich fand ihn jedenfalls nicht besonders gelungen. Es gab eine Zeit, in der keine Autos gestohlen wurden - weil keine da waren! Und die Autos, die da waren, sind langsam gefahren und spätestens an der innerdeutschen Grenze gescheitert. - Herr Goetz, Sie waren schon besser.

(Beifall SPD - Widerspruch bei der CDU)

Das gibt mir aber gleich Gelegenheit zu einer Feststellung: Sowohl der Fall der innerdeutschen Grenze als auch der Fall der EU-Binnengrenzen wird von uns partei- und fraktionsübergreifend doch als großer politischer Erfolg gewertet.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Diese Feststellung gilt trotz der damit im Zusammenhang stehenden Widrigkeiten, trotz der Kriminalität. Klar ist, dass die Wohlstandsgrenze Ursache für viele Probleme ist.

Dennoch möchte ich mich gleich am Anfang meiner Rede bei der FDP-Fraktion dafür bedanken, dass sie das Thema „grenzenlose Sicherheit“ zum Thema der heutigen Aktuellen Stunde gemacht hat - wenn auch leider wieder im Zusammenhang mit Personalabbau und Polizeistrukturreform. Sowohl Opposition als auch Regierung haben heute Gelegenheit, sich anhand der Polizeilichen Kriminalstatistik, die einzelne Kriminalitätsfelder beleuchtet, mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Es gibt gute Botschaften, aber es sind auch negative Entwicklungen zu verzeichnen. Wir alle stehen hier in der politischen Verantwortung, uns damit intensiv auseinanderzusetzen.

Nicht nur, weil ich Rednerin einer Regierungsfraktion bin, stelle ich mit Freude fest, dass die Zahl der registrierten Straftaten in Brandenburg - einige werden sagen: trotz; ich sage: wegen der Polizeireform - auf den niedrigsten Wert seit 1994 gesunken ist.

(Widerspruch des Abgeordneten Lakenmacher [CDU])

- Herr Kollege Lakenmacher, Sie haben gleich noch Gelegenheit, sich zu äußern. Als die CDU in Brandenburg den Innenminister stellte, galt die Polizeiliche Kriminalstatistik sehr wohl als Arbeitsmittel und als Grundlage für die Bewertung von Entwicklungen auf einzelnen Kriminalitätsfeldern. Ich erinnere mich: Die CDU hat damals die PKS nicht in Bausch und Bogen zerredet. Wir sollten sie tatsächlich ernst nehmen.

Heute ist aber nicht nur Gelegenheit zu loben, sondern es gibt in einigen Kriminalitätsbereichen auch negative Entwicklungen; darauf komme ich später zurück.

Zunächst zu den positiven Aspekten: Die Aufklärungsquote ist gegenüber dem Vorjahr auf 53,3 % und damit deutlich gestiegen. Wenn die Kriminalitätsrate zurückgeht und die Aufklärungsquote steigt, dann kann doch die Polizeireform nicht so schlecht sein, wie es von der Opposition immer behauptet wird. Sie von der Opposition zerreden diese Reform. Vielleicht überdenken Sie angesichts der Zahlen Ihre Meinung!

Leider spielen auch der Richterbund und berufsständische Vertretungen wie GdP und BDK bei der Bewertung der Polizeilichen Kriminalstatistik und des Personalabbaus keine gute Rolle. Ich wünsche mir eine kritische Begleitung durch konstruktiven Sachverstand, nicht aber Pauschalkritik. Dass das bisher nicht geschehen ist, finde ich bedauerlich; aber jeder macht es so, wie er es für richtig hält.

Insgesamt kann man festhalten: Die Menschen in Brandenburg leben sicher. Sie leben jedenfalls sicherer als die Menschen in vielen anderen Bundesländern; das zeigt schon der Vergleich der Polizeilichen Kriminalstatistiken. Im Ländervergleich haben wir uns verbessert; das steht fest.

Ich nenne einige Beispiele: Bei der gefährlichen Gewaltkriminalität gehören wir zu den sichersten Ländern der Bundesrepublik. Bei der Jugendkriminalität war im vergangenen Jahr ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Das sollte jeder begrüßen; wir freuen uns jedenfalls darüber. Auch hinsichtlich der Grenzkriminalität - das eigentliche Thema, das die FDPFraktion auf die heutige Tagesordnung setzen ließ - ist bei einigen Phänomenen durchaus ein Rückgang zu beobachten. In 24 Grenzgemeinden sank die Zahl der erfassten Straftaten im vergangenen Jahr sehr deutlich, nämlich um 8 %. Die Aufklärungsquote, bezogen auf die Grenzkriminalität, ist deutlich gestiegen und liegt sogar über dem Landesdurchschnitt.

Daran lässt sich erkennen, dass die Maßnahmen der Landesregierung, insbesondere diejenigen, die Innenminister Woidke ergriffen hat, durchaus Wirkung zeigen. Wir haben darüber schon mehrmals gesprochen, können das heute aber gern wiederholen. Ich verweise auf die Besondere Aufbauorganisation „Grenze“, in deren Rahmen sich die polnische und die deutsche Polizei spezifischen Kriminalitätsphänomenen in der Grenzregion widmen. Ferner sind extra drei Hundertschaften

im grenznahmen Raum stationiert worden. Wir haben die Befugnisse der Zollbeamten erweitert. Diese drei Maßnahmen und viele andere mehr zeigen Wirkung. Ich denke, das kann auch die Opposition nicht einfach vom Tisch wedeln.

Dennoch besteht nach wie vor Handlungsbedarf. Es sind noch viele Fragen zu beantworten. Wir sind aber auf einem guten Weg, die Prognose ist günstig. Wenn wir die Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden weiter intensivieren, werden wir auch in den nächsten Jahren erfolgreich sein und weitere positive Wirkungen erleben können.

Obwohl viele der ergriffenen Maßnahmen durchaus Wirkung zeigen, wird sich das erst mit Verzögerung in den nächsten Polizeilichen Kriminalstatistiken niederschlagen.

Bestimmte Entwicklungen nehmen wir aber mit Ernst und Sorge zur Kenntnis. Sie erinnern sich sicherlich an die Auseinandersetzungen um die Petitionen, die wir im Zusammenhang mit Fragen der Diebstahlskriminalität in der letzten Sitzung verhandelt haben. Menschen, die in grenznahen Gemeinden leben, sind von Einbruchs- bzw. Diebstahlsdelikten, insbesondere auf Kfz, Landmaschinen und Bautechnik bezogen, verstärkt betroffen. Diese Kriminalitätsrate ist im grenznahen Raum höher als anderswo im Land.

Liebe Kollegen von der CDU, diesen Trend beobachten wir allerdings nicht erst seit Bestehen der rot-roten Landesregierung, sondern schon seit Öffnung der EU-Außengrenzen. Wenn die Wohlstandsgrenze offen ist und hier in Deutschland viele Luxusartikel zu finden sind, animiert das natürlich einige Leute zum Stehlen. Der von der CDU gestellte Innenminister hatte sich diesem Problem leider überhaupt nicht gewidmet. Hätte er es getan, wäre die eine oder andere Entwicklung vielleicht besser verlaufen.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Ich fasse zusammen: Die von uns in den vergangenen Monaten ergriffenen Maßnahmen gegen die Grenzkriminalität zeigen Wirkung. Es werden 20 % weniger Straftaten registriert als vorher. Eine konkrete Zahl: Zwar wurden im Jahr 2012 immer noch 546 Autos gestohlen; das waren aber immerhin 123 weniger als 2011. Unsere Maßnahmen zeigen also Wirkung.

Die Fraktionen von CDU und FDP darf ich daran erinnern, dass wir die Polizeireform - auch wenn von Ihnen das Gegenteil behauptet wird - nicht aus Jux und Tollerei vorgenommen haben, schon gar nicht in erster Linie aus Einspargründen. Vielmehr hatte eine Expertenkommission Vorschläge unterbreitet, und schon der von Ihnen gestellte Innenminister hatte eine Polizeireform vor; das wird von Ihnen immer gern vergessen. Wir haben uns die Aufgabe gestellt, effizientere Strukturen zu schaffen und mehr Bürgernähe zu organisieren. Deshalb war die Polizeireform lange überfällig, und sie ist von uns in die Tat umgesetzt worden.

Natürlich spielt auch der Kostenaspekt eine Rolle. Klar ist: Wir haben insgesamt weniger Geld im Landeshaushalt zur Verfügung. Aber die Redner von der Opposition stellen sich immer wieder hier hin und fordern: Wir wollen mehr Lehrer! Wir wollen mehr Richter! Wir wollen - wie gestern gehört - mehr Verbraucherschützer!

(Bischoff [SPD]: Und mehr Polizisten!)

- Und mehr Polizisten. - Sie versäumen keine Gelegenheit, mehr, mehr, mehr zu fordern, vermeiden aber den Blick auf den Landeshaushalt. Wenn wir Ihrem Politikansatz folgten, würden wir den nachfolgenden Generationen weitere Schulden aufbürden. Das ist nicht unsere Strategie.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD] - Genilke [CDU]: Sie haben doch gesagt, dass Sie mehr Lehrer wollen!)

Wir alle wissen, dass wir schon im Bundestagswahlkampf sind; das ist an allen Stellen zu spüren. Da ist es besonders interessant, dass sich CDU und FDP in ihren Forderungen nach Steuersenkungen wieder einmal überbieten. Es geht immer wieder um die Frage: Wie kann man Steuern senken? - Aber wer einen gut funktionierenden Staat will, braucht auch Einnahmen.

(Genilke [CDU]: Wir müssen ja das Bundeskanzlergehalt erhöhen - das ist doch das Problem!)

Egal, wie viele Polizisten und Lehrer wir brauchen - finanzieren können wir sie nur, wenn wir ordentliche Einnahmen, das heißt Steuern organisieren. Es ist nicht seriös, einerseits den Eindruck zu erwecken, Steuersenkungen seien möglich, und auf der anderen Seite in allen Bereichen des politischen Lebens ständig mehr zu fordern.

(Genilke [CDU]: Mehr Steuern für mehr Bundeskanzler- gehalt - ist das seriös?)

Am Schluss meiner Rede möchte ich gern auf zwei Aspekte eingehen, die eher eine negative Entwicklung in dieser Polizeilichen Kriminalstatistik darstellen. Ein Punkt ist von Ihnen schon genannt worden: Seit 2007 ist ein massiver Anstieg der Zahl von Wohnungseinbrüchen zu verzeichnen, ganz besonders in meiner Heimatregion, im Berliner Umfeld. Einbrüche gibt es zwar auch in Schwedt und in der Uckermark, aber wenn man sich die Örtlichkeiten anschaut, stellt man fest, dass um Berlin herum die Fallzahlen schon höher sind. Das ist ein Punkt, dem wir uns auch politisch verstärkt widmen müssen.

Ein zweiter Punkt, der mir ganz besonders wichtig ist, den ich auch sehr bedenklich finde und der Anlass zur Sorge gibt, betrifft die politisch motivierte Gewaltkriminalität. Hier ist ein Anstieg von 15 % zu verzeichnen. Das ist nicht nur in Brandenburg so, sondern auch in anderen Bundesländern steigen diese Zahlen an. Wenn man sich diesen Zuwachs genauer anschaut, erkennt man, dass die Zahl links motivierter Straftaten sinkt und die der rechts motivierten permanent ansteigt. Es sind 60 % Propagandadelikte. Auch der Bereich der politisch motivierten rechten Gewaltkriminalität ist massiv im Ansteigen. Das ist, wie gesagt, kein Brandenburger Phänomen, sondern auch in anderen Ländern vollzieht sich das. Hier müssen wir politisch sehr wachsam sein und dieses Politikfeld gemeinsam beackern.

In diesen Rahmen passen natürlich überhaupt nicht die Bemühungen der Länder, Stichwort: NPD-Verbotsverfahren. Dabei komme ich gern auf die FDP zurück. Es wäre ein gutes Signal gewesen, wenn die Bundesregierung diesem NPD-Verbotsverfahren beigesprungen wäre.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Aber nein, da schicken Sie Ihren FDP-Chef Rösler nach vorn, und er versucht das Ganze mit dem Thema „Dummheit kann man nicht verbieten“ zu titulieren. Er vergisst dabei, dass dies eine gefährliche Verharmlosung des Rechtsradikalismus ist. Damit haben Sie sich und uns insgesamt keinen Gefallen getan.

(Vereinzelt Beifall SPD)

In diesem Sinne: Wir haben viel zu tun. Vielleicht ergibt sich nach Herrn Lakenmacher Gelegenheit, noch einmal etwas zu sagen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)