Sehr geehrte Kollegin Stark! Wir haben uns bereits im Dezember über das NPD-Verbotsverfahren im Landtag unterhalten. Dazu gab es eine Aktuelle Stunde. Dort habe ich die Meinung der FDP-Fraktion vertreten. Diese Meinung korrespondiert mit dem, was auch die Bundespartei an Positionen vertritt.
Ich bleibe dabei: Es wäre ein schwerwiegender Fehler, wenn das NPD-Verbotsverfahren gegenwärtig eingeleitet würde. Erstens ist überhaupt nicht geklärt, ob es erfolgreich sein wird. Es gibt Verfassungsfeinde in der NPD, aber es ist damit nicht gewährleistet, dass ein NPD-Verbotsverfahren Erfolg hätte, weil nämlich die NPD weit davon entfernt ist, irgendwelche Machtübernahmen zu tätigen, irgendwo die freiheitlich-demokratische Grundordnung wirklich in Gefahr zu bringen - bei allen Einzelmaßnahmen, allen Einzelquerköpfen und allen Einzeltätern, die sich in der NPD auch wiederfinden.
Zweitens: Selbst wenn es erfolgreich wäre, bestünde überhaupt keine Gewähr, dass damit der Rechtsextremismus wirklich reduziert werden würde. Im Gegenteil, es würden sich neue Strukturen bilden. Die NPD wäre weiter aktiv, wenn auch in anderer Form. Es gibt bereits eine neue Partei, sie nennt sich „Die Rechte“. Das Auffangbecken, in dem sich die NPD sammeln könnte, ist im Grunde schon vorhanden.
Insofern kommt es darauf an, dass man sich politisch mit diesem Thema auseinandersetzt, dass man politisch damit umgeht und fragt, was denn Ursache dafür ist, dass Menschen zur NPD hingehen. Es gilt, die Lücken zu finden, die im Land auch bestehen, in die die NPD hineinspringt, und diese Lücken mit eigenen demokratischen Parteien und eigenen Vorstellungen zu schließen, damit rechtsextremem Gedankengut und rechtsextremen Handlungen der Boden entzogen wird. Das ist der eigentliche Ansatz, nicht irgendein Verbotsverfahren.
Es geht nicht darum, was man gern möchte. Es geht darum, was tatsächlich durchsetzbar ist. Dabei kommt es überhaupt nicht darauf an, ob einer, zwei oder drei Anträge gestellt werden. Weder das Bundesverfassungsgericht noch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte werden sich am Wunschdenken Einzelner orientieren. Das ist das große Problem, und deswegen ist es richtig, diesem NPD-Verbotsverfahren nicht beizutreten.
Ich möchte nicht erleben, wie Sie, wenn es dann gescheitert ist, mit den Jubelschreien umgehen werden, die aus dem rechten Lager kommen. Sie schaffen denen eine Bühne für ihre rechte Propaganda. Das ist Inhalt Ihres Verfahrens!
Frau Stark, wollen Sie reagieren? - Das ist nicht der Fall. Dann setzen wir die Debatte mit dem Beitrag des Abgeordneten Lakenmacher von der CDU-Fraktion fort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte es für sehr notwendig, dass wir heute das Thema „Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2012“ noch einmal beleuchten. Denn zunächst einmal ist es ja sehr besonders, dass die Landesregierung die Kriminalitätsstatistik für Brandenburg zweigeteilt vorstellt: zunächst die Kriminalstatistik für die Grenzgemeinden in Ostbrandenburg und eine Woche später die Kriminalstatistik für das gesamte Land Brandenburg. Wenn man den Innenminister nun fragt, warum er das so tut, dann wird er antworten: Das hat etwas mit besonderer Transparenz zu tun, mit dem ehrlichen und offenen Umgang mit Problemen.
Herr Minister, genau, Transparenz und das offene Benennen von Problemen - da bin ich ganz bei Ihnen - sind immer richtig. Ihre Aufgabe erschöpft sich aber nicht darin, die Probleme im Land bloß zu artikulieren. Sie müssen als verantwortlicher Ressortchef Antworten geben, wie Sie in den Grenzregionen denn nun dauerhaft Sicherheit gewährleisten wollen. Aber diese Antwort bleibt bis heute aus.
Wollen Sie denn nun drei Viertel der Bereitschaftspolizisten für immer in Ostbrandenburg abstellen? Und was meinen Sie, wie lange diese Kräfte, die nun bis auf Weiteres dort abgestellt sind, das noch aushalten? Was werden Ihre Antworten morgen beim Forum Grenzkriminalität in Frankfurt (Oder) an die Menschen sein, Herr Minister? Was werden Sie ihnen im Sinne einer dauerhaften Lösung sagen? Werden Sie den Menschen sagen, dass Sie, während Sie die Hundertschaften abstellen, bis 2020 ca. 750 Beamtenstellen entlang der Ostgrenze abbauen? Werden Sie den Menschen sagen, dass Sie aufgrund Ihrer Strukturreform keine 24-Stunden-Polizeidienstelle entlang der Grenzregion mehr vorsehen? Das sind die Fragen, die Sie heute und morgen beantworten können, Herr Minister.
Meinen Sie wirklich, Ihre Innenpolitik habe nichts damit zu tun, dass der Krankenstand bei den Polizeivollzugsbeamten wieder gestiegen ist, jetzt auf durchschnittlich 35 Tage im Jahr? Ich sage Ihnen: Es hat damit zu tun.
Auch Folgendes gehört zur Wahrheit: Sie haben die Kriminalitätsstatistik deshalb zweigeteilt vorgestellt, weil Sie den enormen Kräfteaufwand an der Grenze, von dem Sie wissen, dass er auf Dauer keine Lösung sein kann, irgendwie rechtfertigen und medial besonders präsentieren müssen. Ihr Dilemma ist
eben, dass mittlerweile auch die Einbruchsopfer im Speckgürtel Berlins nach mehr Polizeipräsenz und Einsatzhundertschaften rufen und diese einfordern. Im Land Brandenburg insgesamt - das hat die Kriminalstatistik auch ergeben - ist die Rate um 17 % gestiegen, mancherorts - wie rund um den Speckgürtel - sogar um bis zu 50 %.
Herr Minister, was sagen Sie nun? Wie weiter mit der inneren Sicherheit im Land Brandenburg? Sie müssen endlich anfangen, verantwortungsvoll in langen Linien zu denken. Legen Sie endlich ein Konzept vor, wie Sie die innere Sicherheit an der Grenze und im gesamten Land Brandenburg dauerhaft garantieren wollen! Mit der gegenwärtigen Struktur und Ihren gegenwärtigen Personalabbauplänen wird Ihnen das nicht gelingen. Sie stehen in Verantwortung!
In der letzten Woche folgte die Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik insgesamt. Wie immer wurden die auserwählten Zahlen bis zum Ende peinlichst geheim gehalten. Denn der Innenminister will sich natürlich die Deutungshoheit über die auserwählten Zahlen sichern. Warum, ist ganz klar.
Wir sollten einmal die Frage diskutieren: Sind die Zahlen, die dort vorgestellt werden, Gradmesser für die tatsächliche Kriminalitätsbelastung im Land Brandenburg? Welche Schlüsse lassen sie zu, und welche Schlüsse lassen sie gerade nicht zu?
Frau Stark, jetzt bin ich bei Ihnen als innenpolitischer Sprecherin Ihrer Fraktion. In der letzten Woche haben Sie fast zeitgleich mit dem Innenminister eine Presseerklärung herausgegeben. Die Überschrift lautete sehr eindrucksvoll: „Brandenburg gehört zu den sichersten Bundesländern.“ Sehr geehrte Frau Kollegin Stark, es wäre wohl besser gewesen, Sie hätten diese Presseerklärung wenigstens mit dem Ministerium des Innern abgestimmt oder harmonisiert. Denn Ihre Gier nach Erfolgsmeldungen führte dazu, dass zeitgleich der Innenminister auf der Pressekonferenz zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2012 einräumen musste - dabei war er sehr ehrlich -, dass Brandenburg im Vergleich weiterhin zu den Ländern mit der höchsten Kriminalitätsbelastung gehört.
Frau Stark, das ist die Wahrheit. Da hat der Minister Recht. Das ist Tatsache. Sie titeln in Ihrer Pressemitteilung: „Brandenburg gehört zu den sichersten Bundesländern.“
Frau Stark, Sie beklagen in Ihrer Presseerklärung das Ansteigen der politisch motivierten Straftaten und setzen besonders auf Prävention. Klar ist: Das darf von uns nicht einfach so hingenommen werden. Das müssen wir ernst nehmen. Da bin ich bei Ihnen. Aber die Wahrheit ist eben auch: Es ist die rot-rote Landesregierung, die die Ausgaben für die Prävention halbiert hat. Das sind Ihre Entscheidungen.
Der Polizeipräsident hat bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik in der letzten Woche wieder einmal die Opfer verhöhnt und gesagt, dass mehr Streifenwagen bei der Bekämpfung der Einbrüche auch nichts nützen würden. Das ist schlicht und ergreifend eine Kapitulationserklärung Ihres Polizeipräsidenten vor den Opfern und den Kriminellen. Genau dieser Polizeipräsident, Herr Goetz hat es vorhin schon gesagt, teilte in einem Schreiben - in einem internen Schreiben - mit, dass das Präventionsthema „Politischer Extremismus“ aufgrund der Polizeistrukturreform in Zukunft nicht mehr geleistet werden könne, Frau Stark. Das ist der feine Unterschied zwischen Ihren Worten und Ihren politischen Taten und Entscheidungen.
Was heißt es nun im Kern, wenn die Gesamtstraftaten im Jahr 2012 - Frau Stark hat es hier groß präsentiert - um 1,3 % zurückgegangen sind? Ist diese statistische Größe geeignet, den Trend eines tatsächlichen Rückgangs der Kriminalitätsbelastung abzuleiten? Ich sage Ihnen: Nein. Und ich sage Ihnen auch, was zum Beispiel die Justiz im Land Brandenburg dazu sagt. Die Justiz beklagt bereits, dass der zu verzeichnende Einbruch bei in Gerichten eingegangenen Strafsachen alles andere als Ausdruck eines Rückgangs der Kriminalität ist, sondern vielmehr das Ergebnis der misslungenen Polizeistrukturreform in Brandenburg, Herr Innenminister.
Der Direktor eines Amtsgerichtes hier im Land Brandenburg ist in seiner Jahresbilanz 2012 deutlich geworden und hat das ausgesprochen, was mir auch viele Richter und Staatsanwälte im gesamten Land Brandenburg immer wieder in Gesprächen mitteilen: Mit Umsetzung Ihrer Polizeireform ist die für die Justiz verwertbare Strafverfolgung deutlich gesunken. Aufgrund der geringen Personaldecke dauert die Bearbeitung immer länger. Die Reform hat der Justiz bei der Strafverfolgung nichts genützt. Frau Stark, wenn Sie hier den Rückgang der Jugendkriminalität so anpreisen,
dann bringe ich Ihnen noch ein Zitat dieses Amtsgerichtsdirektors: Die reformbedingte Auflösung der Jugendkommissariate ist verheerend. Jetzt landen alle Jugendstrafsachen auf den großen Haufen und dauern. - Da sehen Sie einmal die wahren Gründe für den Rückgang in der PKS 2012, Frau Stark. Herr Innenminister, diese deutlichen Worte auch der Justiz zeigen, auf welchem innenpolitischen Irrweg wir uns befinden.
- Herr Minister, tun Sie doch nicht immer so, als ob ich eine Majestätsbeleidigung begehe, nur weil ich Sie kritisiere. Das gehört in einer Demokratie dazu.
Ich sage Ihnen: Die strukturellen und die personellen Defizite bei der inneren Sicherheit, bei der Polizei im Land Brandenburg sind groß. Stoppen Sie den Raubbau bei der Polizei! Stoppen Sie die Betrachtung der inneren Sicherheit und der Polizei unter rein haushalterischen Gesichtspunkten! Haben Sie endlich Mut und haben Sie Durchsetzungskraft, Herr Minister, von diesem Weg abzukehren! Ich bin gespannt auf Ihre heutigen
Mit großer Spannung wurde auch die Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik für 2012 erwartet. Schließlich stand vor dem Hintergrund der anhaltenden Auseinandersetzungen um die Polizeireform die Frage im Raum, in welche Richtung das Pendel ausschlägt: Steigt die Kriminalität weiter an? Sinkt die Aufklärungsquote erneut? Seit vergangenem Freitag wissen wir: Genau das Gegenteil ist der Fall.
Erstmals steigt die Aufklärungsquote wieder. Parallel dazu gibt es einen Rückgang der Anzahl der Straftaten. Das hat es seit 2008 nicht mehr gegeben. Es ist mehr als berechtigt, dafür den 8 500 Bediensteten der brandenburgischen Polizei einen herzlichen Dank auszusprechen, was ich hiermit tun will.
- Ich freue mich, dass Sie sich dem anschließen. - Eigentlich ist das ein Grund dafür, sich darüber zu freuen, dass die Vielzahl von polizeilichen Maßnahmen endlich Wirkung zeigt. Es scheint aber so zu sein, dass sich einige eher darüber ärgern, weil sich ihre Schwarzmalerei nicht bestätigt hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit will ich die in der PKS beschriebene Situation keineswegs beschönigen. Dass es nicht zu einer Beschönigung kommt, dafür sorgen allein die Beschreibungen der Oppositionsfraktionen.
Jede Straftat ist eine zu viel. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, sich zurückzulehnen und Entwarnung zu geben. Jeder hat Anspruch auf ein Leben in Sicherheit, wobei darunter mehr zu verstehen ist als nur Sicherheit vor Gewalt und Kriminalität. Deshalb ist es auch gut, immer wieder einmal in Erinnerung zu rufen: Die beste Kriminalpolitik ist eine gute Sozialpolitik.