Protokoll der Sitzung vom 05.06.2013

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der CDU. Frau Abgeordnete Schulz-Höpfner hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Schlichtungsstelle Bergschaden Braunkohle soll einzelfallbezogene Streitigkeiten zwischen dem Bergbauunternehmen also dem Bergschadensverursacher - und den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern - also den Bergbauschadensbetroffenen in einem für sie kostenfreien und transparenten Verfahren einer sachgerechten Schlichtung zukommen lassen, getreu dem Motto: Wenn zwei sich streiten, schlichtet der Dritte. Ein Vorteil wäre auch, dass die Betroffenen dann einen einheitlichen und unabhängigen Ansprechpartner hätten.

Es ist für die Menschen vor Ort sehr schwierig, den Beweis für einen Bergschaden an ihrem Eigentum zu erbringen; denn die Beweislast liegt zudem noch bei ihnen, den Geschädigten. Für die betroffenen Kommunen stellen diese Bergschadensfälle unkalkulierbare Kostenrisiken dar. Wenn die Betroffenen mit der Entscheidung des Bergbauunternehmens nicht einverstanden sind, bleibt Ihnen nach derzeitiger Rechtslage nur der Gang vor Gericht, das heißt, sie begeben sich mitunter in langwierige, unübersichtliche und kostenintensive Verfahren und können sich nicht wirklich auf Augenhöhe mit dem Unternehmen auseinandersetzen.

Neben vielen Belastungen - ich erinnere nur an Staub und Lärm - und dem Werteverfall der Häuser und Grundstücke am Tagebaurand erfordert der Abbau von Braunkohle eine weiträumige künstliche Grundwasserabsenkung. Dazu werden rund um den Tagebau Hunderte Sümpfungsbrunnen angelegt, die das Grundwasser mittels Pumpen absaugen - für diejenigen, die sich damit nicht so gut auskennen. Diese sogenannte Sümpfung ist ein tiefer und weit reichender Eingriff in den Wasserhaushalt, der für die Natur und die Gemeinden in einem weiten Umkreis schwerwiegende Folgen hat. Durch die Grundwasser

absenkung schrumpfen die Bodenschichten, und es kommt mitunter zu großflächigen Geländestauchungen. Ich erinnere an die im Juni 2012 auch vom Bergamt bestätigten Absenkungen der Gemeinden Heinersbrück und Jänschwalde um fast 12 cm. Geschehen diese Geländeeinstauchungen nicht gleichmäßig, kommt es an der Oberfläche zu Bergschäden: Häuser sacken, Mauerwerk reißt, Straßen bekommen Sprünge. Mit dem Einbringen unterirdischer Dichtwände versucht das bergbautreibende Unternehmen, die Auswirkungen der Grundwasserabsenkung in Grenzen zu halten.

Bergschäden lassen sich damit aber nicht in Gänze verhindern. Denken Sie an den Wiederanstieg des Grundwassers oder an die Abrutschungen an Tagebaukanten. Diese belegen das sehr deutlich.

Zum Verfahren an sich. Stellt ein Eigentümer in Brandenburg einen Bergschaden an seinem Haus oder Grundstück fest, zeigt er dies dem bergbautreibenden Unternehmen an. Das Unternehmen entscheidet dann über den Bergschadensfall sowie über eventuelle Regulierungsmaßnahmen in Form einer Reparatur, die übrigens fast immer von Mitarbeitern des Unternehmens durchgeführt wird, oder einer finanziellen Entschädigung.

Mindestens die Hälfte der Bergschäden wird in Brandenburg nicht anerkannt. Die Betroffenen erhalten oftmals nicht einmal eine fundierte Begründung. Ein transparentes, für alle gleiches Verfahren findet somit nicht statt. In einigen Fällen zahlt das Unternehmen eine freiwillige Entschädigung, verlangt von den Betroffenen aber die Anerkenntnis, dass es sich nicht um einen offiziellen Bergschaden handelt, sprich: es handelt aus kulanten Gründen.

Diese Verfahrensweise führt in den betroffenen Gemeinden zu einer nicht unerheblichen Störung des sozialen Friedens. Das können Sie sich sicherlich vorstellen. Ich denke, ein transparentes, gleiches Verfahren für alle sieht anders aus.

(Beifall CDU)

Die Betroffenen wählen bisher selten den Weg, ihren eventuellen Schadensanspruch anschließend noch durch ein Gericht kostenintensiv prüfen zu lassen. Allein die Hinzuziehung unabhängiger Gutachter und die gerichtliche Vertretung stellen für die Bürgerinnen und Bürger eine hohe Hürde dar. Ihnen steht ein großes Unternehmen mit dem entsprechenden Know-how und den entsprechenden Potenzen gegenüber.

Man sollte auch nicht ganz vergessen, dass die Betroffenen die Ursachen für diese Schäden nicht zu verantworten und meist auch nicht gewollt haben. Sie tragen aber die Lasten für die Energieerzeugung für das ganze Land und darüber hinaus.

(Beifall B90/GRÜNE)

Ein neutrales Schlichtungsverfahren wäre für die Entscheidungsfindung in Streitfällen wesentlich transparenter. Gerichtsverfahren könnten vermieden werden; denn die Menschen sind nicht mehr willens - das kann ich Ihnen sagen -, die Situation, wie sie sich darstellt, hinzunehmen.

Schlichtung im Bergbau ist nicht neu. Sowohl im Tiefbau, also im Steinkohlenbergbau, als auch im Braunkohlenabbau Nord

rhein-Westfalens gibt es diese Schlichtungsverfahren seit dem Jahr 2009/2010.

(Die Abgeordnete hält mehrere Broschüren hoch)

- Sie wissen, ich bin immer eine derjenigen, die Ihnen etwas zeigt.

Diese Form der Streitschlichtung - neben der Beweislastumkehr, die es übrigens auch im Steinkohlenbergbau gibt - hat sich in NRW nach deren Erfahrungen bewährt. Wir haben uns kundig gemacht. Darüber sollten Sie sich vielleicht einmal informieren.

Über die Schlichtungsstelle entscheidet letztlich nicht irgendwer, sondern darüber entscheiden wir im Land. Wir könnten es heute tun. Wir wollen eine Schlichtungsstelle Bergschaden als Instrument des erweiterten Schadensausgleichs zwischen den Bergbaubetroffenen, die die Lasten tragen, und den bergbautreibenden Unternehmen, um erstens den Rechtsfrieden in den Gemeinden zu stärken und zweitens das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Landesgesetzgebung wiederherzustellen. Mittlerweile haben sehr viele Bürgerinnen und Bürger nicht mehr die Hoffnung, dass sie tatsächlich zu ihrem Recht kommen.

Der Wirtschaftsminister hat mir mitgeteilt, dass er eine Schlichtungsstelle ablehne, nachdem ich vor einem Jahr gefragt hatte, ob man dies prüfen könne. Damals hatte ich übrigens Herrn Vogelsänger gefragt; die Antwort bekam ich von Herrn Christoffers. Nach einem Jahr Prüfung ist mir mitgeteilt worden, dass man sich mit den bergbautreibenden Unternehmen, dem Bergamt und der LMBV zusammengesetzt und dann entschieden habe, dass eine Schlichtungsstelle nicht notwendig sei. Was man aber nicht getan hat - und das kritisiere ich an dieser Stelle ganz heftig -: Man hat die Betroffenen nicht gefragt, und die Gemeinden hat man auch nicht gefragt.

(Beifall CDU)

Da Sie wissen, dass ich immer irgendetwas tue, habe ich die umliegenden Gemeinden gefragt. In einer kurzen Blitzumfrage innerhalb von drei bis fünf Tagen haben mir 27 Ortsvorsteher, Gemeindevertretungen, Bürgermeister und Amtsdirektoren aus den betroffenen Gemeinden plus Umweltgruppen, Bürgerinnen und Bürger und natürlich auch die Gemeinde Schenkendöbern geantwortet. Ich möchte aber Wert darauf legen, dass es hier nicht nur um die Gemeinde Schenkendöbern geht. Auch die Bürgermeister von Guben, Altdöbern, Grießen und allen anderen betroffenen Gemeinden sind vertreten. Sie sehen: Es ist nicht so, dass man sagen könnte, es sei nicht notwendig, eine Schlichtungsstelle einzurichten. Es ist sehr wohl notwendig für den Frieden in den Gemeinden und für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger.

Deswegen lege ich ein gesundes Misstrauen an den Tag, wenn Sie noch einmal prüfen wollen. Wenn Sie Ihren Minister überzeugen wollen, dann kann ich dem nur zustimmen. Wenn Sie unseren Antrag aber genau gelesen hätten, dann müssten Sie eigentlich darauf gestoßen sein, dass unser Antrag genau das fordert, nämlich ein Konzept, und zu einem Konzept gehört natürlich auch, dass man sich darüber vorher Gedanken macht. Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schulz-Höpfner. - Wir kommen nun zum Beitrag der SPD-Fraktion. Die Abgeordnete Hackenschmidt hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus meiner Sicht hätten beide Tagesordnungspunkte zusammengehört. Das hätte vielleicht manches vereinfacht. Ich denke dabei weniger an die Zeit als vielmehr daran, dass beide Themen auch inhaltlich zusammengehören.

Wenn es eine Beweislastumkehr gibt, dann dürfte eine Schlichtungsstelle nicht notwendig sein, aber bis die Beweislastumkehr gilt, mag ein Schlichtungsverfahren sinnvoll sein. Daher hätten wir unseren Entschließungsantrag auch zu dem Antrag der CDUFraktion stellen können, aber wir stellen ihn unter dem nächsten Tagesordnungspunkt zu dem Antrag der Fraktion der Grünen.

Zum Thema Schlichtung: Ich finde, der Antrag der CDU-Fraktion greift zu kurz. Er liefert eine Lösung für einen Sachverhalt, von dem wir nicht genau wissen, ob er tatsächlich ein Problem darstellt.

In den vergangenen 20 Jahren hat es mehr als 3 000 Fälle der Anmeldung von Bergschäden bei der LMBV und bei Vattenfall gegeben. Etwa die Hälfte wurde anerkannt und reguliert. 40 % wurden abgelehnt. Das sind rund 1 200 abgelehnte Fälle.

Aus den abgelehnten Fällen resultierten, wenn ich richtig informiert bin, nicht mehr als zehn Gerichtsverfahren; Frau Kollegin Schulz-Höpfner hat darauf hingewiesen. Im Rechtsstaat gibt es die Möglichkeit, den Klageweg zu beschreiten. Wenn ich an die DDR-Zeiten denke, weiß ich, dass den Betroffenen diese Möglichkeit eben nicht eingeräumt wurde. Ich finde, es ist ein legitimes Mittel, zu klagen. Diese zehn Gerichtsverfahren belegen das. Es ist zwar eine extrem niedrige Quote - das muss ich feststellen -, aber es ist unklar, warum so wenige den Klageweg beschreiten, ob potenzielle Kläger von langen Verfahren oder hohen Kosten abgeschreckt werden oder ob die meisten Sachverhalte einfach klar auf der Hand liegen. Aus diesem Grund brauchen wir zunächst eine Prüfung, ob es überhaupt ein Problem gibt. Wenn das der Fall ist, dann sind wir dafür, eventuell ein Schlichtungsverfahren zu installieren und bei vorhandenen Institutionen anzusetzen, beispielsweise beim Braunkohlenausschuss.

Frau Abgeordnete Hackenschmidt, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein. - Ich bin nicht davon überzeugt, dass wir eigens eine neue Institution gründen müssen, die selbst bei einer möglichen Änderung des Bergrechts auf Dauer angelegt und somit überflüssig wäre.

Wie angekündigt mehr unter dem nächsten Tagesordnungspunkt. Wir lehnen den Antrag der CDU-Fraktion ab. Wir haben ihn übrigens gelesen, Frau Kollegin.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hackenschmidt. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Tomczak, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gar nicht mitbekommen, dass dein Redebeitrag so kurz war, Barbara. Ich werde in dieselbe Kerbe hauen - so will ich hier einmal sagen.

Unserer Fraktion wäre es auch lieber gewesen, wir hätten diese beiden Beschlussvorlagen, die sich mit der Braunkohle beschäftigen, zusammen behandelt. Dann würden wir gerade angesichts des heutigen Zeitrahmens noch besser zurande kommen.

Trotzdem: Wir haben uns mit dem Thema Braunkohle in den letzten Wochen und Monaten sehr intensiv beschäftigt. Dabei ging es natürlich immer um die zukünftige Rolle der Braunkohle. Daran - das können wir nicht leugnen; das wissen wir alle - hängt letztlich die Zukunft einer ganzen Region. Es geht im Hintergrund auch immer wieder um die Erschließung von Tagebaugebieten.

Erst vor zwei Wochen hat sich der Braunkohleausschuss für eine weitere Erschließung des Tagebaugebietes Welzow-Süd ausgesprochen. Letztlich - das wissen wir, und das ist auch für unsere Entscheidung nicht unbedeutend - ist die Braunkohleförderung maßgeblich für den Wohlstand in einer Region.

Gleichwohl gibt es neben den wirtschaftlichen Vorteilen natürlich auch Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Es wird von Schäden an Wohneigentum berichtet und, damit verbunden, von langwierigen und oftmals kostenintensiven rechtlichen Auseinandersetzungen der davon Betroffenen.

Wir sind der Meinung, dass die Einrichtung einer Schlichtungsstelle in Brandenburg, wie heute von den Kollegen der CDUFraktion vorgeschlagen, zu begrüßen ist. Wir werden dem Antrag allein schon deshalb zustimmen, weil er die Interessen der betroffenen Menschen in den Vordergrund rückt. Das war ja nun tatsächlich in der Vergangenheit nicht immer oder nur selten der Fall.

Die Schlichtungsstelle bietet den Betroffenen die Möglichkeit, einerseits langwierige Rechtsprozesse zu vermeiden und andererseits die Kosten - wenn überhaupt - in einem vernünftigen Rahmen zu halten.

In einem für sie kostenfreien und vor allen Dingen transparenten Verfahren wird den Betroffenen Hilfe und eine mögliche Lösung hinsichtlich ihres Konflikts angeboten. Dass eine solche Schlichtungsstelle funktioniert - Frau Schulz-Höpfner hat es auch schon erwähnt -, zeigt Nordrhein-Westfalen. Dort wurde im Jahr 2010 - es gibt sicherlich Kontakt zum Landtag in Nordrhein-Westfalen - eine solche Schlichtungsstelle eingerichtet, die seitdem im Regierungsbezirk Köln angesiedelt ist und hervorragend arbeitet.

Den Vorschlag der CDU-Fraktion werden wir deshalb unterstützen und dem Antrag zustimmen. - Danke schön.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tomczak. - Wir kommen nun zum Redebeitrag der Fraktion DIE LINKE. Herr Abgeordneter Domres hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Leider sind vor wenigen Wochen alle Bemühungen, das antiquierte Bergrecht in der Bundesrepublik zu verändern, im Deutschen Bundestag gescheitert.

(Beifall CDU und Zurufe von der CDU: Oh ja!)

CDU/CSU und FDP haben entsprechende Initiativen der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Linksfraktion wie immer abgebügelt. Egal, ob es um die Förderabgabe ging oder um die Forderung, die Interessen der Umwelt und der vom Bergbau betroffenen Menschen angemessen im Bergrecht zu berücksichtigen, oder ob es darum ging, die Beteiligung der Öffentlichkeit und die Transparenz in den Verfahren zu erhöhen sowie die Belange des Gewässerschutzes und des Grundwasserschutzes umfassender zu berücksichtigen alles wurde abgelehnt.

Meine Damen und Herren von der CDU, sich hier im Landtag Brandenburg als Rächer der Entrechteten aufzuspielen und im Deutschen Bundestag aber auch jede Initiative, die geeignet ist, die Situation der vom Bergbau Betroffenen zu verbessern, abzulehnen, das werden wir der Brandenburger CDU nicht durchgehen lassen.

(Beifall DIE LINKE)