Protokoll der Sitzung vom 05.06.2013

„Wie aus der im Februar 2013 herausgegebenen Übersicht des Bundesfinanzministeriums mit dem Titel ‚Entwicklung der Länderhaushalte bis Dezember 2012‘ (vorläufiges Ergebnis) und zusätzlichen Berechnungen, gestützt auf die Datenerhebungen des Statistischen Bundesamtes, hervorgeht, haben die brandenburgischen Kommunen als ‚Zuweisungen an die Gemeinden‘ im Jahre 2012 3 021,1 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt erhalten. Dies entspricht einem Anteil von 29,92 % am Gesamtausgabenvolumen des Landes. Die brandenburgischen Kommunen haben damit - an den vom Bundesfinanzministerium über diese Position erfassten Ausgaben - den im Ländervergleich höchsten Anteil am jeweiligen Landeshaushalt.“

Der Anteil der Kommunen am jeweiligen Landeshaushalt - ich nenne einmal Länder, in denen die CDU regiert - liegt in Bayern bei 18,32 %, in Hessen bei 17,65 % und im Saarland bei 14,14 %.

Ich zitiere weiter:

„Auch gemessen an den absoluten Zuweisungen aus dem Landeshaushalt an die Kommunen (Zuweisungen pro Einwohnerin bzw. pro Einwohner) belegen die Kommunen des Landes Brandenburg mit 1 210,55 Euro pro Kopf deutschlandweit den Spitzenplatz.“

Soweit zur Finanzpolitik des Landes Brandenburg bezogen auf seine Kommunen.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Jetzt ganz konkret zu diesem Gesetzentwurf: Ja, vielleicht hätten wir es auch etwas früher geschafft. Sie wissen, dass es bezogen auf die Debatte zum Landeshaushalt 2013/2014 auch Ideen gab, das mit zu realisieren. Ich bin den Fraktionen dankbar, dass es jetzt gemacht worden ist.

Vorhin hat Herr Burkardt gesagt: Ja, das kommt aber nur aus dem Vorwegabzug. - Wer hat denn 2006 den Vorwegabzug erfunden, mit dem das Land den Kommunen 50 Millionen Euro wegnimmt? Das war Schwarz-Rot! Und wer schafft es ab? RotRot! Das ist das Positive: dass es diesen Regierungswechsel gegeben hat.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Wenn Sie sich die konkreten Zahlen anschauen, stellen Sie fest: Ja, 2013 sind es immer noch 30 Millionen Euro, dann sind es 20 Millionen Euro. Das heißt aber, dass wir - so steht es in diesem Gesetz geschrieben - den Kommunen aus dem minimierten Vorwegabzug 2014 10 Millionen Euro zur Verfügung stellen und 2015 20 Millionen Euro, und das setzt sich fort. Das bedeutet, dass der Soziallastenausgleich, für den eigentlich der Bund Vorsorge zu betreiben hat, durch das Land zu einem gewissen Anteil kompensiert wird. Dass wir damit nicht alle Probleme lösen, wissen wir auch. Dass wir uns aber auf den Weg gemacht haben - bzw. Sie als Koalition -, dort noch einmal

stabilisierend einzugreifen, um zu unterstützen - zusätzlich, da wiederhole ich mich -, kann die Landesregierung nur positiv zur Kenntnis nehmen. Deswegen unterstützen wir auch Ihren Gesetzentwurf. Und wir freuen uns umso mehr, je schneller er kommt, denn das hat auch haushalterische Auswirkungen, die dann noch eingearbeitet werden müssen.

Zweitens, Demografiefaktor: Ja, das wird morgen noch einmal eine Rolle spielen. Wir haben jetzt einen Demografiefaktor das war ja schon eine Ausdehnung -, der sich bezogen auf das vorvergangene Jahr plus den zwei Jahren davor berechnet. Davon wird der Durchschnitt gebildet. Und wenn dieser Durchschnitt höher ist als der Wert des vorvergangenen Jahres, wird die Zuweisung für die Kommunen auf dieser Basis berechnet. Das heißt, dass den Kommunen, die über einen drastischen Einwohnerrückgang klagen, letztlich nicht weniger Mittel weggenommen werden, sondern dass sich der Mittelrückgang über einen längeren Zeitraum erstreckt. Wenn wir jetzt diesen Demografiefaktor von drei Jahren auf fünf Jahre ausdehnen, dann bildet sich der Durchschnitt nicht mehr aus dem vorvergangenen Jahr plus der zwei davorliegenden Jahre, sondern dem vorvergangenen Jahr plus der vier davorliegenden Jahre. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Durchschnitt höher ist als in dem vorvergangenen Jahr, und das wirkt jetzt, 2013 - damit würden die Zahlen des Zensus gelten, und damit würden Kommunen enorm weniger Geld zur Verfügung gestellt bekommen -, dämpfend. Deswegen kommt dieses Gesetz auch rechtzeitig, um mögliche Mindereinnahmen der Kommunen aus dem Zensus ein Stückchen zu kompensieren.

Letztlich kommt man nach Ablauf der Zeit auf dem gleichen Niveau an. Aber es kann auch sein, dass in diesem Zeitbereich die Kommunen wieder über mehr Einwohner verfügen und man damit sukzessive auch mehr Zeit hat, die Haushalte dem dann zur Verfügung stehenden Bedarf anzupassen.

So gesehen halte ich diesen Gesetzentwurf für gut, für richtig. Es ist notwendig, die Kommunen noch einmal zu unterstützen, und ich wünsche uns gemeinsam eine angenehme Beratung im Ausschuss. - Danke.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Debatte angelangt. Die Koalitionsfraktionen beantragen die Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 5/7322 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen - federführend - und an den Innenausschuss. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Beides ist nicht der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf überwiesen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Drittes Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU

Drucksache 5/7329

1. Lesung

Dazu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/7408 vor.

Der Abgeordnete Burkardt für die CDU-Fraktion eröffnet die Debatte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eben vernommen, dass es eine Unverschämtheit sei, wenn ein Abgeordneter der Landesregierung oder einem Minister unterstellt, das Handeln seines Hauses beruhe nicht oder nicht in vollem Umfang auf gesetzlichen Grundlagen. Damit das in Zukunft nicht mehr so oft vorkommt - weder dieses Handeln auf nicht ausreichenden gesetzlichen Grundlagen noch der Vorwurf an den Abgeordneten -, wollen wir das Gesetz, das in diesem Fall infrage kommt - die Landeshaushaltsordnung - ändern.

(Beifall des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Obwohl ich nicht angesprochen war, sage ich ausdrücklich: Ich verbitte mir als Abgeordneter solche Unterstellungen von einem Minister.

Wir wollen einen sorgsamen Umgang mit den uns vom Steuerzahler anvertrauten Mitteln und Transparenz im Verwaltungshandeln. Zinsderivate, Swaps usw. sind heute durchaus Standardinstrumente, zum Beispiel zur Sicherung von Zinskonditionen oder zur Absicherung von Währungsrisiken. Man tut mit diesen Instrumenten eigentlich nur das, was in der Vergangenheit die Banken auf der Finanzierungsseite getan haben. Wenn man über 10 oder 15 Jahre ein Festdarlehen abschließt, kann die Bank das finanzieren, indem sie ihrerseits solche Instrumente vereinbart und sich dem Risiko, das damit verbunden ist, aussetzt. Aber man kann es auch auf der Aktivseite als Kreditnehmer tun - und übernimmt damit natürlich besondere Verantwortung.

Solche Swaps, solche Derivate setzen immer die Vereinbarung eines Grundgeschäftes voraus, also eines Geschäftes, in dem Darlehenskonditionen vereinbart werden, um diese für die Zukunft abzusichern. Dieses Grundgeschäft muss mit dem Swap in den wesentlichen Konditionen - also Summe, Laufzeit usw. übereinstimmen; das ist die geforderte Konnexität. Ohne diese Übereinstimmung ist es ganz oder teilweise eine auf selbstständige Einnahmeerzielung gerichtete Spekulation. Geschäfte, die ausschließlich auf eine Einnahmeerzielung ausgerichtet sind, sind dem Staat nicht gestattet. Den Kommunen haben wir das aus gutem Grund in das Kommunalverfassungsgesetz geschrieben; das Innenministerium hat in seinem Erlass aus dem Jahr 2000 für solche Geschäfte auf der kommunalen Ebene ausdrücklich strikte Konnexität verfügt.

Der Finanzminister geht in seiner aktuellen Dienstanweisung für diese Art von Geschäften in seinem Hause erheblich lockerer damit um: „Grundsätzlich soll …“, heißt es da, und an anderer Stelle wird fortgeführt: „Die teilweise Übereinstimmung mit Laufzeit oder Volumen ist ausreichend.“ Wie das in der Praxis aussieht, hat der Landesrechnungshof in seinem Bericht 2012 anschaulich geschildert: Fünf Mal wurde nach Auslaufen des Basisgeschäftes ein Zinssatz-Swap einem weiteren Grundgeschäft zugeordnet. Das heißt, dieser Swap ist gar nicht zu dem Zweck abgeschlossen worden, die Konditionen eines Grundgeschäftes zu sichern oder zu verbessern. Der Landesrech

nungshof schreibt, weder in Bezug auf die Laufzeit noch auf den Nominalbetrag sowie die Zinsperiode sei eine Konnexität gegeben gewesen. Das aber ist dann nichts anderes als pure Spekulation.

(Vereinzelt Beifall CDU und des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Das wirtschaftliche Ergebnis dieser Spekulation ist dem Landesrechnungshofbericht ebenfalls zu entnehmen; ich kann ihn nur zur Lektüre empfehlen - dann wissen Sie, welche Risiken wir mit dem Landesvermögen eingehen.

Bei Wetten, meine Damen und Herren - das ist eine alte Volksweisheit; wir kennen das alle aus unserem Alltag -, gibt es Gewinner und Verlierer; auch bei Zinswetten. Und es gibt kein Naturgesetz, nach dem Brandenburg immer auf der Gewinnerseite sein wird.

(Vereinzelt Beifall CDU und des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Landesvermögen ist kein Spielgeld. Je weiter in die Zukunft wir schauen, umso weniger Daten haben wir zur Beurteilung zur Verfügung, umso mehr müssen wir spekulieren, dass eine erhoffte Entwicklung eintritt. Das hat Brandenburg in erheblichem Umfang getan und tut es weiterhin.

Wir haben Derivatgeschäfte, die nach dem Jahr 2013 beginnen, mit einem Volumen von 1,1 Milliarden Euro abgeschlossen. Manche Verträge beginnen 2017, andere erst 2022. Ich wiederhole, meine Damen und Herren: Dann beginnen sie - das späteste Vertragsende liegt im Jahr 2041! Wer mag heute für das Jahr 2041 die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Existenz des Vertragspartners, ja die Existenz des Landes Brandenburg vorhersagen? Hier wird gezockt - das wiederhole ich ausdrücklich und gebe es zu Protokoll -; hier wird gezockt wie im Spielcasino!

(Beifall CDU und des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜ- NE] - Bischoff [SPD]: Das ist ja die Höhe! Das haben wir miteinander beschlossen!)

- Daher noch einmal in aller Kürze, Herr Bischoff, die Forderungen unseres Gesetzentwurfs: striktes Konnexitätsgebot; Begründungsbedürftigkeit für Ausnahmen, für eine Teilkonnexität; explizites Verbot spekulativer Zinsswaps mit der Folge das ist mit das Wichtigste an diesem Gesetzentwurf - der Nichtigkeit verbotener Geschäfte. Derjenige, der das Geschäft auf unserer Seite abschließt - wie der, der es auf der anderen Seite abschließt -, muss wissen, dass er das Risiko trägt, dass dieses Geschäft keine rechtliche Existenz hat.

(Bischoff [SPD]: Es lebe die Marktwirtschaft!)

Das Spielcasino ist die Grenze der Marktwirtschaft für die öffentliche Hand. Es bedarf hinreichend bestimmter Verbotstatbestände für Geschäfte, die später als ein Jahr in der Zukunft beginnen, sowie des Verbots von zu langen Laufzeiten - maximal fünf Jahre -, und von Geschäften mit nicht abschätzbaren Prämienzahlungen oder Zinshöhen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie sich nicht durch das täuschen, was Sie nachher vielleicht hören werden, dass im Haus

haltsgesetz eine Grenze von 100 Millionen steht. Wenn eine Verpflichtung eingegangen ist, rettet uns auch die Grenze von 100 Millionen nicht mehr. Deswegen kommen wir nicht daran vorbei, die Landeshaushaltsordnung an dieser Stelle deutlich zu machen. - Schönen Dank.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Die Abgeordnete Geywitz setzt für die SPD-Fraktion fort. - Hat jemand auf der Damentoilette sein Handy vergessen? Es hat auf der Frontseite ein Vögelchen; vielleicht fragt ihr einmal herum, wem das gehören könnte.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Präsident! Meine lieben Kollegen! Es freut mich sehr, dass die Diskussion um die Landeshaushaltsordnung das Haus so erheitert. Es geht jedoch um eine sehr ernste Sache.

Die CDU hat es in der Begründung zu ihrem vorliegenden Gesetzentwurf erwähnt: Im Land Salzburg hat doch in der Tat eine einzige Finanzmitarbeiterin 340 Millionen Euro mit Zinsswaps in den Sand gesetzt; das ist eine heftige Summe. Das liegt aus meiner Sicht aber weniger daran, dass es Zinsswaps gibt, sondern daran, dass die Dame offensichtlich schlecht kontrolliert wurde. Genau deswegen danke ich Herrn Burkardt dafür, dass es diesen Gesetzentwurf gibt. Wir diskutieren regelmäßig im Finanzausschuss, was wie gemacht werden darf. Einige Empfehlungen des Landesrechnungshofes haben wir schon umgesetzt, andere diskutieren wir gründlich.

Dass Swaps keine spezielle Vorliebe von linken Finanzministern sind, kann man daran sehen, dass auch die - bekanntlich CDU-regierte - Stadt Riesa - mit einem CDU-Kämmerer! zwischenzeitlich die Übersicht über Zinsanlagen und Derivatgeschäfte verloren hat. Das Land Sachsen hat das zum Anlass genommen, die einschlägigen Vorschriften deutlich zu verschärfen.

(Zurufe aus der CDU)

Wenn ich die CDU richtig verstehe, geht es ihr auch nicht darum, Swaps zu verbieten, sondern darum, zu definieren, unter welchen Umständen der Staat solche Geschäfte eingehen darf.

Vielleicht kennen sich nicht alle mit Finanzinstrumenten aus. Deswegen will ich kurz erläutern, was Swaps sind und warum wir sie benutzen. Ein Swap ist ein sehr gutes Instrument zur Minimierung von Zinsrisiken. Das ist wichtig, weil Brandenburg unglaublich viele Schulden hat. Es ist gut, dafür so wenig Zinsen wie möglich zu zahlen.