Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Nachdem bereits zwei Vorredner den Fluthelfern gedankt haben, möchte ich hinzufügen, dass es nicht nur um ehrenamtliche Kräfte geht. Ich möchte den Dank auf unsere Bundeswehrkräfte erweitern. Das Logistikbataillon 172 aus Beelitz beispielsweise war gestern zwar nicht in Brandenburg, aber in Dessau im Einsatz und hat dort dazu beigetragen, dass Schäden gering gehalten und vermieden worden sind. Gut, dass wir unsere Bundeswehr in Brandenburg haben, die uns auch weiterhin in solchen Gefahrenlagen zur Verfügung steht.
Zum Thema: Die FDP-Fraktion geht alljährlich auf Sommertour. Nächste bzw. übernächste Woche ist es wieder so weit. So war das auch voriges Jahr. Damals waren wir unter anderem in Sembten. Sembten ist ein kleiner Ort im Südosten Brandenburgs, ganz nah an der polnischen Grenze. Wir haben dort mit den Bewohnern gesprochen und erfahren, was die Menschen so bewegt. Nah an der polnischen Grenze, das ist keine Überraschung, sind es massive Diebstähle, insbesondere von Landmaschinen.
Das hat dazu geführt, dass die Sembtener eine eigene Alarmkette eingerichtet haben. Wenn dort irgendein Traktor zu ungewöhnlicher Zeit durch das Dorf fährt, rufen sie sich gegenseitig an, versuchen, Grenzübergänge zu schließen, den Täter, der den Traktor gestohlen hat, selbst zu stellen. Sie sind dabei gelegentlich erfolgreich, scheitern auch gelegentlich bei diesen Aktionen. Sie haben mir gesagt: Wenn wir einen erwischen, kann
er nur hoffen, dass die Polizei möglichst schnell für ihn da ist, ansonsten nehmen wir ihn uns vor. - Das ist die Situation in Sembten.
Wir hatten Vergleichbares vor kurzem - das ist durch alle Zeitungen gegangen - in Kremmen. Da ist ein Einfamilienhaus aufgebrochen worden. Es sind Täter entkommen. Verschiedene Leute aus dem Ort haben vermeintliche Täter gejagt, die Falschen genommen, nämlich polnische Arbeiter, die bei uns Spargel ernten und hier im Land unterwegs sind, um das Bruttosozialprodukt zu steigern. Sie haben sie körperlich bedrängt und festgehalten, also Straftaten an den polnischen Arbeitern begangen. Das ist nicht hinnehmbar.
Richtig ist auch, dass die Versicherungswirtschaft für das Jahr 2012 festgestellt hat, dass durch Einbrüche bundesweit ein Schaden in Höhe von 600 Millionen Euro entstanden ist. Jeder Fünfte zieht nach solchen Einbrüchen um, fühlt sich zutiefst verunsichert. Richtig ist auch: Die Polizei braucht immer länger zum Tatort. Da hilft es auch nicht, dass Interventionszeiten und die Anzahl von Einbrüchen und anderen Delikten schon früher angestiegen sind. Früheres Versagen kann nicht die Rechtfertigung für heutigen Fatalismus sein.
Gestern haben wir eine Verfassungsänderung auf den Weg gebracht, mit der wir sagen wollten: Der Staat schützt das friedliche Zusammenleben der Menschen. - Das ist richtig. Es war gut, dass wir das auf den Weg gebracht haben. Aber es hilft nichts, wenn wir das in die Verfassung hineinschreiben, warme Worte finden, und die Menschen immer mehr das Vertrauen darin verlieren, dass der Staat dieses friedliche Zusammenleben, diesen Schutz am Ende tatsächlich gewährleisten kann.
Dann kommt es eben dazu, dass Menschen das Schicksal in die eigenen Hände nehmen, dass sie versuchen, selbst Straftäter zu stellen, mit eigenen Bürgerwehren durch Laubenkolonien patrouillieren, selbst ihre Grenzen zum Nachbarland sichern, Straftäter unter Umständen selbst dingfest machen und möglicherweise einer unmittelbaren Bestrafung unterziehen. Das aber ist die Aufgabe des Rechtsstaates. Es gilt das staatliche Gewaltmonopol. Das ist für uns auf keinen Fall hinzunehmen.
Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Für die Grenze hat der Innenminister Maßnahmen ergriffen. Es gibt eine SOKO „Grenze“; dort sind Einsatzhundertschaften im Einsatz. Man muss aber auch wissen, dass das Provisorien sind, soweit sie überhaupt funktionieren. Eine Sonderkommission kann nicht über Jahre mit einem dauerhaften Problem befasst werden, genauso wie die Einsatzhundertschaften viele andere Aufgaben zu erfüllen haben und dort fehlen, wenn man sie tatsächlich in der Nähe der Grenze einsetzen sollte.
Das heißt: Wir brauchen dauerhafte Strukturen, die den Herausforderungen an der Grenze gewachsen sind. Diese dauerhaften Strukturen verlangen aber auch Personal, das diese Strukturen ausfüllt und untersetzt. Genau daran scheitert es. Es ist richtig, dass der Personalabbau bis 2012 ein rot-schwarzer Personalabbau der Ära Schönbohm war. Man braucht zweieinhalb bis drei Jahre, bis die Absolventen der Fachhochschule ihren Dienst antreten können. Aber ab 2013, Herr Minister, ist der Personalabbau bei der Polizei ausschließlich Ihr persönlicher Personalabbau.
Wenn Sie Strukturen schaffen, von denen Sie sagen, sie funktionierten jetzt besser, sie seien in Teilen möglicherweise effizienter als frühere Strukturen, dann hilft es nichts, wenn Sie diese frisch geschaffenen Strukturen sofort zu schwächen beginnen, indem Sie Personal abbauen und damit aus diesen Strukturen herausziehen.
An die rot-rote Koalition gerichtet möchte ich anmerken: Sie sagen, Sie seien die Vertreter der sozial Schwächeren, derer, die sich nicht selbst helfen können. - Die wirklich Reichen können sich vor Kriminalität schützen. Um sie müssen Sie sich keine Sorgen machen. Sie kaufen sich einen Wachdienst, stellen Personal vor das Haus, können ihre Häuser sichern. Das alles ist kein Problem. Die Betroffenen von solchen Diebstählen sind diejenigen, die wirtschaftlich schwächer sind. Das sind diejenigen, die von Wohnungseinbrüchen in ihren Wohnhäusern oder Mietshäusern betroffen sind. Das sind diejenigen, die irgendwo in kleinen, einfachen Einfamilienhäusern wohnen und diese umfassenden Sicherungsmöglichkeiten nicht haben.
Für uns heißt das: Das Thema ist ein Dauerthema. Es ist nicht falsch, dass die CDU-Fraktion das Thema wieder angeführt hat. Denn wenn man fragt - wir hatten erst vor drei Monaten zur Kriminalstatistik das gleiche Thema auf die Tagesordnung gesetzt -, was inzwischen passiert ist, dann sind Fortschritte nicht erkennbar. Deswegen wird uns das Thema weiter begleiten und ist es in Ordnung, dass die CDU-Fraktion das Thema aufgerufen hat. Wir bleiben am Thema. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat sich wieder einmal für ihr Lieblingsthema entschieden, was irgendwie nicht überraschend ist. Ich allerdings finde, dass schon das Thema für diese Aktuelle Stunde reichlich martialisch formuliert ist. Wer soll eigentlich etwas gegen eine Stärkung des Sicherheitsgefühls der Brandenburgerinnen und Brandenburger haben?
Problematisch und nicht hinnehmbar ist dagegen, wie die CDU konkret mit diesem Thema umgeht. Sie, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion - Britta Stark hat das sehr eindrücklich aufgezeigt -, schaffen mit Ihrem landesweit aufgezogenen Politzirkus nicht mehr Sicherheit. Vielmehr verunsichern Sie die Menschen mit Ihren Parolen.
Vor allem tun Sie so, als sei die in Brandenburg angestiegene Diebstahlskriminalität ein besonderes Problem der Koalition von SPD und Linken in Brandenburg. Dabei müssten Sie wissen - und Sie wissen es doch auch -, dass steigende Fallzahlen, zum Beispiel bei Wohnungseinbrüchen oder Kfz-Diebstählen, ein bundesweites Erscheinungsbild sind.
So hat der sächsische Innenminister - ich glaube, er gehört zur CDU - für das vergangene Jahr einen deutlichen Anstieg bei Diebstählen aus Kraftfahrzeugen, bei Fahrraddiebstählen und Kellereinbrüchen zu vermelden. Die sächsische Polizei hat für
2012 312 406 Straftaten und damit etwa 20 000 Straftaten mehr als 2011 zu vermelden - ein Anstieg um 6,3 %. Demgegenüber sank die Gesamtaufklärungsquote um 1,5 %. Die Brandenburger Zahlen mit einem Rückgang bei den Straftaten und einem Anstieg in der Aufklärungsquote kennen Sie. In Sachsen stieg der Ladendiebstahl um 6,9 %, der Diebstahl von Kraftfahrzeugen um 5,6 %. 2012 wurden in Sachsen 2 665 Kraftfahrzeuge gestohlen. Das sind 196 Kfz-Diebstähle mehr als im Vorjahr. Auch in Sachsen gibt es Polizeireformen einschließlich Personalabbau.
Um den Vergleich nicht nur auf Sachsen zu beschränken: In Berlin stellt sich das Bild unter Innensenator Henkel wie folgt dar: Die Wohnungseinbrüche haben stark zugenommen. Sie sind 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 674 Fälle, das entspricht 7,4 %, angestiegen, wobei die Einbrüche in Einfamilienhäuser sogar um 32 % zugenommen haben.
- Darf ich um Ruhe bitten? Würden Sie bitte zuhören! - Die CDU-Experten reisen mit ihrer „Brandenburg-ist-unsicherTour“ durch das Land und erklären, dass es unter Rot-Rot keine Sicherheit gebe. Sie, Herr Lakenmacher, haben noch einmal eindrücklich gezeigt, in welch oberflächlicher, unsachlicher Art Sie hier auftreten.
Fast wöchentlich halten Sie Veranstaltungen ab. Eines muss man Ihnen lassen: Faul sind Sie nicht. Aber Sie machen den Menschen Angst, indem Sie den Eindruck vermitteln, dass es in Brandenburg kaum noch Polizei gäbe. Und schuld daran ist natürlich die Landesregierung mit ihrer Polizeireform und dem damit verbundenen Personalabbau.
Dabei wissen Sie ganz genau, dass der Personalrückgang auf gegenwärtig etwa 8 400 Polizeikräfte noch auf die Festlegungen aus der rot-schwarzen Landesregierung mit einem CDUInnenminister zurückgeht. Also tun Sie nicht so scheinheilig! Sie wissen, dass es zu weiterem Personalabbau kommen wird. Sie als CDU-Fraktion haben - noch mit Herrn Petke, als er Verantwortung in Ihrer Fraktion trug - mit einem eigenen Konzept einen Abbau auf maximal 8 000 Polizeibeamte, dabei auch den Abbau einer Einsatzhundertschaft angestrebt.
Das haben Sie formuliert, und da wurde von Tageswachen geredet; Herr Petke, das wissen Sie ganz genau. Was erzählt denn Ihr Kollege jetzt für einen Quatsch?
Es ist völlig unglaubwürdig, wenn Sie den aktuellen Personalrückgang bei der Polizei kritisieren, zugleich aber eine weitere Konsolidierung des Landeshaushalts fordern; diese ist ohne Personalmaßnahmen nicht möglich. Verantwortungsvolle Politik zeichnet sich dadurch aus, dass sie diese beiden Faktoren nicht gegeneinander ausspielt, sondern im Zusammenhang diskutiert; auch das müssten Sie wissen.
Dass mit der Polizeireform in Brandenburg ein Weg eingeschlagen wurde, der den gegenwärtigen Erfordernissen und Zwängen entspricht, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass andere Länder, zum Beispiel Thüringen oder Sachsen-Anhalt, ähnliche Reformen auf den Weg bringen. Ich lese eine Überschrift vor: „Minister will alle Polizeistationen schließen.“ Bis 2020 sollen mehr als 2 500 Polizisten eingespart werden, die Zahl der Polizisten soll von gegenwärtig 8 360 auf 5 800 sinken. Innenminister Holger Stahlknecht gehört zur CDU. Das müssen Sie bei Ihrer einseitigen Kritik auch zur Kenntnis nehmen.
Faktisch trägt die CDU mit ihrer Kampagne dazu bei, das subjektive Kriminalitätsempfinden der Menschen negativ zu beeinflussen.
Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass Sie Menschen verunsichern und Angst schaffen - Angst, die auch in Aggression umschlagen kann, wie das Beispiel der Selbstjustiz gegen drei unschuldige polnische Erntehelfer in Kremmen im Landkreis Oberhavel zeigt.
Obwohl die Polizei wegen der dreisten Einbrüche schnell vor Ort war, vermeinten einige, in Bürgerwehrmanier selbst einschreiten zu dürfen.
Das darf nicht geduldet werden. Wir sollten es jedoch auch als ernstes Alarmsignal und Hinweis betrachten, dass man mit den Ängsten der Bürger nicht spielen darf.
Meine Damen und Herren, damit soll die aktuelle Kriminalitätslage keinesfalls beschönigt werden. Es ist erfreulich, dass die Anzahl der Straftaten im Land Brandenburg rückläufig und die Aufklärungsquote wieder gestiegen ist. Aber wir wissen alle, dass dieser Rückgang bei der allgemeinen Kriminalität durch die zunehmende Zahl an Wohnungseinbrüchen relativiert wird. Das ist Fakt. Wohnungseinbrüche belasten die Menschen deutlich mehr, denn dabei wird tief in die Privatsphäre eingedrungen. Aber machen wir uns nichts vor: Selbst wenn wir uns 1000 Polizeibeamte mehr leisten könnten, würde man diesen Einbrüchen mit polizeilicher Präsenz kaum begegnen können. Wir wissen doch, dass Polizei nicht überall sein kann und auch nicht sein soll. Malen Sie doch nicht solch ein Bild!
Zur Klarstellung: Es gibt die klare Prämisse für die Polizeireform - das ist im Begleitbeschluss nachzulesen -, dass der Streifendienst nicht eingeschränkt werden darf. Darauf werden wir achten.
Um professionellen Diebesbanden besser begegnen zu können, wird eine engere länderübergreifende Zusammenarbeit gebraucht. Vor allem muss die Prävention verstärkt werden, und dazu kann jeder mit der besseren Sicherung seines Eigentums einen Beitrag leisten. Wir sprechen uns auch für eine Intensivierung der kommunalen Kriminalitätsverhütung aus, ohne
damit Aufgaben der Polizei auf die Kommunen verlagern zu wollen; das wäre falsch. Eine gute Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und der Polizei trägt zweifellos dazu bei, Prävention wirksamer zu gestalten.
Wichtig für die Bürgerinnen und Bürger ist, dass die Polizei schnell vor Ort ist, wenn sie in einer Notsituation gerufen wird. Deshalb nehmen wir die Verlängerung der Interventionszeiten sehr ernst und fordern den Innenminister auf, dieser Tendenz entgegenzuwirken, auch wenn es nach meiner Kenntnis bisher keine Beispiele dafür gibt, dass die Polizei in wichtigen Fällen nicht rechtzeitig vor Ort war - und so soll es auch bleiben.
Wir halten es auch für erforderlich, dass die kriminalistische Aus- und Fortbildung der Polizei intensiviert wird. Das ist übrigens ebenfalls eine Festlegung im Begleitbeschluss zur Polizeireform.
Eine Bemerkung zur Frage der grenzübergreifenden Kriminalität: Hierzu hat der Innenminister eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, die zweifellos Wirkung zeigen. Wir werden auch nicht umhinkommen, im Zusammenhang mit der Evaluierung der Polizeireform ab nächstem Jahr die Frage zu stellen, wie der Personalabbau speziell im grenznahen Bereich vor sich gehen soll. Das ist eine besondere Situation. Es wird aber auch Zeit, dass der Bund seine Verantwortung hierfür stärker wahrnimmt.
- Ich verstehe gar nicht, warum Sie das nicht nachvollziehen können; die Verantwortung ist in dieser Bundesrepublik doch verteilt!