Protokoll der Sitzung vom 25.09.2013

Hier ist der Vorwurf erhoben worden, wir wollten Methoden vorschreiben. Das steht in unserem Antrag nicht. Wir wollen lediglich, dass erfasst wird, wo nach dieser Methode gearbeitet wird. Ich wiederhole: Wenn diese Methode gut funktioniert, muss doch niemand vor einer Erfolgsmessung Angst haben.

Frau Münch, wenn Sie behaupten, die Rechtschreibfähigkeiten würden jeden Tag kontrolliert, dann zeigt das, dass Sie die Methode nicht kennen. Bei dieser Methode wird gerade nichts kontrolliert. Das ist doch das „Tolle“. Bei dieser Methode wird losgeschrieben, und es ist sogar untersagt zu korrigieren. Man darf den Kindern nicht sagen, wenn sie etwas falsch machen. Das ist doch das Problem.

(Beifall CDU)

Sie wissen es doch: Der Schrifterwerb gilt als „prozeduraler Prozess“. Er funktioniert so: Man probiert etwas aus, dann wird korrigiert, danach wieder ausprobiert. Der Erfolg beruht darauf, dass es eine unmittelbare Kontrolle des Lernerfolgs gibt. Fällt diese Kontrolle weg, werden falsche Schreibweisen internalisiert. Es wird später unglaublich schwer, diese zu korrigieren. Das kann nicht Ziel der Grundschule sein. Aber genau das passiert an diesen Schulen. Deshalb wollen wir das kontrollieren.

(Beifall CDU)

Frau Ministerin, ich höre in diesem Zusammenhang immer von „Spaß“ und davon, dass Kinder das Schreiben lernen wie das Fahrradfahren. Wenn ein Kind mit dem Fahrrad losfährt und umkippt, sagen Sie doch auch nicht: „Bleib‘ ruhig liegen!

Hauptsache, es macht dir Spaß!“ Sie sagen doch sicherlich: „Du musst weiterfahren!“ Anders funktioniert es nicht.

Sie behaupten auch, dass das alles so umstritten sei. Schauen Sie sich doch einmal die Marburger Studie dazu an: Es wurden zwei Vergleichsgruppen gebildet, eine mit Schülern, die nach der Fibel-Methode unterrichtet wurden, eine zweite mit Schülern, die nach der Methode „Lesen durch Schreiben“ unterrichtet wurden. Das Resultat: Nach zwei Jahren hatten 23 % der Kinder der Gruppe, die nach der Methode „Lesen durch Schreiben“ unterrichtet wurden, eine Rechtschreibschwäche. In der anderen Gruppe waren es nur 5 %. Im Klartext: Jedes vierte Kind konnte nicht richtig schreiben!

Frau Theiss, wenn Sie einwenden, beim Arzt sage man ja auch nicht, welche Medikamente oder Behandlungen man wolle, dann sage ich Ihnen: Ein Arzt mit einer solchen Misserfolgsquote würde seine Zulassung verlieren und dürfte nicht mehr praktizieren.

(Beifall CDU)

Das ist auch kein Wunder. Man braucht sich nur anzuschauen, was der Erfinder der Methode, Herr Reichen, selbst dazu sagt:

„Die deutsche Rechtschreibung ist Ausfluss einer kollektiven Zwangsneurose. Sie ist unproduktives totes Buchstabenwissen, das einer Bürokratenmentalität Vorschub leistet.“

Und wissen Sie was? Da ist für mich ganz klar: Da ist es überhaupt nicht mehr das Ziel, dass Kinder richtig schreiben lernen. Da ist völlig wurscht, wie sie schreiben! Es geht einfach nur darum, dass sie mit Freude schreiben. Da sage ich: Mit Freude schreiben und Lust am Lernen verspüren - es kann doch nicht sein, dass das nur geht, wenn man möglichst falsch schreibt!

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Es muss doch auch möglich sein, dass man Freude am Schreiben hat, wenn man richtig schreibt!

(Starker Beifall CDU)

Es ist ja nicht so, dass wir die Einzigen sind, die das kritisieren. Es ist auch nicht so, dass das auf die Betroffenheit eines Kollegen zurückzuführen ist,

(Frau Lehmann [SPD]: Nur darum geht es!)

sondern es sind ja ganz viele.

(Zurufe von der SPD - Allgemeine Unruhe)

Es sind ganz viele, die sich an uns gewandt haben und sagen, sie seien froh, dass das endlich einmal jemand anspricht.

Beispielsweise Frau Valtin - der Name ist gefallen - sagt als Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Lesen und Schreiben, die Methode müsste gänzlich verboten werden. Agi Schründer-Lenzen, Uni Potsdam, sagt auch, dass es mit dieser Methode so nicht funktioniert. Dann haben wir Herrn Bruegelmann, der die Methode selbst leicht modifiziert als Rechtschreib

werkstatt auch umgesetzt hat. Selbst er räumt mittlerweile ein, dass es ohne Rechtschreibkontrolle wohl nicht funktioniert.

Und dann will ich Ihnen eins sagen: Das Dümmste, was ich heute schon wieder gehört habe - was man leider immer wieder hört -, ist, dass aus unserem Antrag Misstrauen gegenüber den Lehrern im Lande sprechen würde. Das lässt sich schon gar nicht mehr fassen! Wissen Sie, was aus unserem Antrag spricht? Misstrauen gegenüber Ihrer schönfärbenden Bildungspolitik,

(Zuruf von der CDU: Genau! sowie Beifall)

unter der die Kinder in diesem Land zu leiden haben. Das ist das Problem.

(Beifall CDU)

Abschließend will ich noch etwas zu Frau Theiss und dem Beispiel mit dem Arzt sagen.

(Zuruf von der SPD: Noch mal der Arzt!)

- Ja, noch mal der Arzt; das muss man schon noch einmal machen. - Wir wollen nichts weiter, als dass die Rechtschreibfähigkeiten überprüft werden, dass man danebenschreibt, welche Methode eingesetzt wurde, und man dann gucken kann, wie das funktioniert. Wenn man das nicht machen dürfte, hätten wir unseren Auftrag verfehlt.

Frau Theiss, zu Ihnen kann ich nur sagen: Schreiben nach Gehör ist wie Operieren nach Gefühl. Dabei kommt nicht viel heraus. - Danke schön.

(Starker Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 5/7902 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport. Wer diesem Überweisungsantrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Das ist eine Mehrheit. Stimmenthaltungen? Bei vier Enthaltungen ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen also zur direkten Abstimmung über diesen Antrag. Wer den Antrag annehmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Bei vier Enthaltungen ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zum Entschließungsantrag der FDP-Fraktion, Drucksache 5/7990. Wer diesem folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Ohne Enthaltungen ist der Antrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

Damit schließen wir Tagesordnungspunkt 13 und ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Volksbegehren gegen Nachtflug umsetzen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/7955

Wir beginnen die Debatte mit dem Redebeitrag der einbringenden Fraktion. Der Abgeordnete Schulze spricht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion, der ich seit kurzem angehöre, bringt hier einen Antrag ein. Ich gehe davon aus, dass Sie ihn gelesen haben - „Volksbegehren gegen Nachtflug umsetzen“! Allerdings muss man, wenn man diesen Antrag behandeln und sich entscheiden will, noch einmal die Geschichte Revue passieren lassen. Wie war die Geschichte?

Seit der endgültigen Entscheidung für den Standort Schönefeld als Singleairport für die Region Berlin-Brandenburg - da kann man 2004 oder 2006 ansetzen, je nachdem, ob man den Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses oder den der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nimmt - war klar, dass die Bürgerinnen und Bürger, die Anwohner diese politische Fehlentscheidung würden ausbaden müssen.

Gebetsmühlenartig wurde von verantwortlichen Politikern, aber auch Leuten aus Verwaltung und Rechtsprechung betont, dass diese Kritik unberechtigt sei, dass man ja alles tue, die Bürgerinnen und Bürger zu schützen, und dass alles überflüssig und überbordend sei.

Tatsache ist, dass die Bürger und auch die Anliegergemeinden jahrelang belogen und aktiv getäuscht wurden - getäuscht über das wahre Ausmaß der Lärmbelastung, über die Flugrouten und darüber, wie man Grenzwerte ansetzt.

Aber Lügen haben kurze Beine. Seit 2010 brach sich die Wahrheit Bahn. Die Flugrouten, die Lärmbelastung und die rechtswidrige Schallschutzpraxis der Landesregierung und der Flughafengesellschaft wurden offenbar. Aber noch zu dieser Zeit wurde so weitergemacht wie zuvor. Es wurde mit Unwahrheiten gearbeitet, es wurde getrickst, getäuscht. Wer das nicht wahrhaben will, dem sage ich nur: Nehmen Sie die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zur Kenntnis. Es hat in zahlreichen Urteilen alle diese Dinge aufgearbeitet und klar entschieden, und zwar so, wie die Betroffenen es immer wieder eingefordert haben, wie es leider von unserer Landesregierung, auch von diesem Landtag, nicht goutiert wurde - ob es nun der Schallschutz ist, Flugrouten oder viele andere Dinge.

Aber die Betroffenen, die Bürgerinnen und Bürger, ließen sich nicht entmutigen und starteten im Jahre 2011 eine Volksinitiative. Der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch daran. Diese wurde dann am 16. Dezember 2011 mit großer Mehrheit sang- und klanglos zurückgewiesen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran - auch an die Äußerungen von Herrn Baaske und anderen. Da dachte man: Na ja, die haben wir jetzt abgelehnt, Ruhe im Karton! - Aber so ist es nicht gewesen. Die Ablehnung der Volksinitiative ohne Wenn und Aber machte nicht nur mich - auch wegen der Gefühllosigkeit -, sondern auch viele andere sprach- und fassungslos.

Aber daraus generierte sich ein Antrieb, und die Bürger ließen sich nicht beirren und nahmen diese Kampfansage an. Sie gingen dann von der Volksinitiative zum Volksbegehren über. Noch im September, Oktober, November 2012 - auch da erinnere ich mich an Äußerungen und Einlassungen verschiedenster Leute

zum Volksbegehren in abfälliger Art und Weise - war man sich sicher: Das läuft falsch, das kommt nicht zum Tragen.

Plötzlich, am 6. Dezember 2012, als die Information durchsickerte, dass 106 000 Leute unterschrieben haben, herrschte große Fassungslosigkeit. Da fragte man sich: Ups, wie gehen wir jetzt damit um? - Dann plötzlich die Richtungswende. Ich meine, man freut sich ja eigentlich, wenn etwas, wofür man gekämpft hat, aufgenommen wird. Aber wenn man - sowohl die betroffenen Bürger als auch ihre Vertreterinnen und Vertreter zehn Jahre lang die Erfahrung gesammelt hat, dass man keinerlei Verständnis findet, ist man skeptisch: Ist das ehrlich gemeint? Was kommt dabei heraus?

Ich darf Ihnen noch einmal den Wortlaut des Volksbegehrens in aller Kürze nahebringen. Darin steht erstens, dass der Landesplanungsvertrag geändert werden soll, dass im Gesamtraum Berlin-Brandenburg die Luftverkehre so organisiert werden sollen, dass ein Nachtflug nicht notwendig ist - das heißt Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr, um es einmal verkürzt und plastisch auf den Punkt zu bringen -, zweitens, dass der nationale und internationale Luftverkehr so organisiert werden soll, dass nicht auf einen Singlestandort reduziert wird, und drittens, dass dieser Gesetzestext den Text in Satz 1 und Satz 2 des § 19 des Landesentwicklungsprogramms ersetzt. Das war der Wortlaut.

Am 23. Januar 2013 beschließt dieser Landtag, die Sache an den Hauptausschuss zu überweisen. Zur großen Überraschung vieler beschließt dieser Landtag am 27. Februar 2013 die Annahme dieses Volksentscheids. Der Antrag lautete, das Volksbegehren anzunehmen, und zwar ohne Wenn und Aber - die drei Punkte, die ich gerade vorgelesen habe.