Protokoll der Sitzung vom 20.11.2013

Drucksache 5/8179

Des Weiteren liegen Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 5/8202 und der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/8222 vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der CDU. Frau Abgeordnete Richstein hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung von medienrechtlichen Vorschriften. Neben Änderungen des Medienaufsichtsgesetzes und der Anpassung des Medienstaatsvertrages an aktuelle rechtliche und technische Entwicklungen war auch der rbb-Staatsvertrag in einigen Punkten neu zu regeln.

In der vergangenen Woche gab es im Hauptausschuss eine Anhörung zum heute vorliegenden Ersten rbb-Änderungsstaatsvertrag. Die erste und entscheidende Frage, ob es sinnvoll und richtig wäre, dass künftig alle Mitarbeiter beim rbb, also auch die ca. 1 400 Freien, den Personalrat wählen und in ihm vertreten sein sollen, gab es grundsätzlich eigentlich Konsens.

Sowohl die Opposition als auch die Regierungsfraktionen konnten die Ausführungen der freien Mitarbeiter nachvollziehen und hatten Sympathie für deren Position; das war zumindest mein Eindruck. Freie Mitarbeiter erledigen oft dieselben Arbeiten wie die Festangestellten, sie sind ebenso qualifiziert und tragen ebenso Verantwortung. Auch die Intendanten, Frau Reim, bekräftigte, dass die freien Mitarbeiter eine tragende Säule des Rundfunks Berlin-Brandenburg sind.

Allerdings verwundert es vor diesem Hintergrund, dass gerade SPD und Linke, die sich sonst gern als Vertreter von Arbeitnehmerrechten präsentieren, für einen Staatsvertrag stimmen wollen, der die von den freien Mitarbeitern angestrebte betriebliche Mitbestimmung innerhalb des Personalrats verweigert.

Die CDU-Fraktion haben die Argumente und Darstellungen der freien Mitarbeiter und des Personalrats überzeugt.

(Jürgens [DIE LINKE]: Aber nicht die Berliner - leider!)

- Also, Herr Görke …

(Görke [DIE LINKE]: Sie sind ja schon fremdgesteuert!)

Wer auch immer das gesagt hat.

(Heiterkeit - Jürgens [DIE LINKE]: Ich war es!)

- Herr Jürgens, wenn Sie endlich mit diesem Märchen aufhören könnten, wäre es schön. Zeigen Sie mir einen einzigen Beleg dafür, dass sich die CDU im Berliner Abgeordnetenhaus verweigert hätte, das Landespersonalvertretungsgesetz anzufassen. Das möchte ich sehen. Lesen Sie die Protokolle aus Berlin! Dann haben Sie vielleicht einen erhellenden Moment. Von der CDU kam auf jeden Fall keine Verweigerung.

(Görke [DIE LINKE]: Ist Herr Henkel nicht auch Mit- glied des Abgeordnetenhauses? Ich glaube, ja!)

Ich sagte es: Die Argumente haben uns überzeugt. Wir wollen, dass alle Beschäftigten einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt bei den betrieblichen Mitwirkungsrechten gleichberechtigt sind. Ich füge ausdrücklich hinzu: An dieser Stelle spreche ich auch für die Kollegen der CDU-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses.

(Görke [DIE LINKE]: Das ist ja schon mal schön!)

Da wir gleiche betriebliche Mitwirkungsrechte für Freie und Festangestellte wollen, haben wir einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht, der diese Sichtweise zum Ausdruck bringt. Hier können SPD und Linke gern zeigen, wie ernst es ihnen mit den so oft postulierten größeren Mitbestimmungsrechten ist.

(Beifall B90/GRÜNE)

Mit dem Entschließungsantrag und der Aufnahme einer Protokollnotiz bzw. Protokollerklärung in den Staatsvertrag soll dieses Ansinnen bekräftigt werden. Zudem bitten wir die Landesregierung, dass sie uns aufzeigt, wie dieses Ziel erreicht werden kann.

Meine Damen und Herren! Es ist billig und wird durch ständige Wiederholung nicht wahrer, wenn die Regierungsfraktionen auf Berlin verweisen und den Eindruck erwecken, als ob man in Brandenburg nichts für die Freien beim rbb tun könne. Wir sind der Landtag Brandenburg, und wir entscheiden ebenso darüber, wie es im rbb läuft.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, zu Ihrem Entschließungsantrag werden wir uns der Stimme enthalten. Zwar ist der erste Beschlusspunkt noch vernünftig, aber schon der zweite ist überflüssig, da eine Protokollerklärung zu § 34 Abs. 2 des rbb-Staatsvertrages bereits abgegeben wurde. Mit Punkt 3, der Vergrößerung bzw. Umgestaltung des Rundfunkrates, kommen Sie nun wie Kai aus der Kiste oder wie Zieten aus dem Busch. In den Debatten im Hauptausschuss und auch hier im Plenum habe ich bisher von Ihnen nie gehört, dass es eine zu geringe Vertretung von Senioren und von Menschen mit Behinderung im Rundfunkrat gebe. Müssen Sie hier jetzt die Belange der Berliner SPD erfüllen, die es dort versäumt hat?

Zu guter Letzt möchte ich noch einmal auf das grundsätzliche Problem hinweisen, über welches wir bei nahezu jedem Staatsvertrag sprechen: die Beteiligung des Landtags. Anderthalb Jahre nach Aufnahme der Verhandlungen mit Berlin hatten wir den Staatsvertrag erstmals zur Kenntnis erhalten. Im September wurde er überwiesen und im Hauptausschuss relativ zügig behandelt. In der vergangenen Woche fand die Anhörung statt. Alles in allem kann man kaum behaupten, dass der Landtag Brandenburg viel Zeit ungenutzt habe verstreichen lassen.

Dennoch fand am letzten Mittwoch - entgegen der Gewohnheit - unmittelbar nach der Anhörung die abschließende Beratung und Abstimmung statt. Es zeugt nicht gerade von Respekt und ehrlichem Informationsinteresse eines Ausschusses, wenn man die in einer Anhörung gewonnenen Erkenntnisse nicht vernünftig auswertet.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Gerade bei Staatsverträgen, die nur Berlin und Brandenburg betreffen, sollte in Zukunft die Einbindung der Parlamente frühzeitig erfolgen, sodass deren Positionierung noch berücksichtigt werden kann. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Richstein. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Ness hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So ganz schlau bin ich aus dem Beitrag nicht geworden. Deshalb frage ich jetzt nach, Frau Richstein: Sie werden also den Staatsvertrag ablehnen? Die CDU-Fraktion wird den Staatsvertrag ablehnen, ja?

Vielen Dank, Herr Ness, dass Sie nachfragen. Das zeugt davon, dass Sie - a) - nicht zuhören und - b) - wieder irgendwelche Dinge behaupten, die nie jemand gesagt hat. So, wie die Berliner CDU sich nicht verweigert hat, das Landespersonalvertretungsgesetz anzufassen …

Ich habe Sie gefragt, ob die CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg diesem Staatsvertrag zustimmen wird.

… habe ich nichts über das Abstimmverhalten der CDU-Fraktion gesagt.

(Jürgens [DIE LINKE]: Aha! Deshalb fragt er ja nach! - Görke [DIE LINKE]: Ihr seid eine Truppe!)

Herr Abgeordneter Ness.

Wir dürfen also gespannt sein, wie sich die CDU-Fraktion nachher verhalten wird.

Die Koalitionsfraktionen werden dem Staatsvertrag zustimmen. Wir haben es uns mit dieser Entscheidung nicht leicht gemacht. Es geht um mehrere Punkte. Die öffentliche Debatte hat sich darauf konzentriert, ob in diesem Staatsvertrag ausschließlich die Frage zu klären sei, ob die freien Mitarbeiter des rbb in Zukunft den Personalrat mitwählen dürfen. Das ist eine von vielen Fragen, die in diesem Staatsvertrag angesprochen wird.

Wenn der Staatsvertrag abgehlehnt würde, hätte das nicht die Konsequenz, dass die Freien den Personalrat mitwählen dürften. Vielmehr würde eine - jetzt geduldete - Freienvertretung weiter

existieren. Der Staatsvertrag in seiner jetzigen Fassung würde weiter gelten. Künftig soll die Freienvertretung ein Statut bekommen. Die Intendantin soll es vorlegen, und der Rundfunkrat, in dem Sie, Frau Richstein, und auch ich Mitglied sind insgesamt sind 30 Vertreter gesellschaftlicher Gruppen, auch der Gewerkschaften, dabei -, müsste das Statut genehmigen. Das bedeutet eindeutig eine Verbesserung. Gegenwärtig haben wir eine Freienvertretung von Gnaden der Intendanten. Das Statut, das vom Rundfunkrat genehmigt werden muss, bewirkt eine Ausweitung der Rechte der Freien beim rbb.

Wir werden nach zwei Jahren prüfen - auch das ist im Staatsvertrag festgelegt -, ob sich die Regelung bewährt hat. Wenn nicht, muss man schauen, ob man eine erweiterte Mitbestimmung über die Wahlmöglichkeit zum Personalrat in Erwägung zieht. Das besagt unser Entschließungsantrag.

Dieser Weg scheint mir vernünftig zu sein. Wir werden den Staatsvertrag annehmen, weil wir diesen Weg ausprobieren wollen. Wir haben übrigens auch die Informationen, die uns in der Anhörung im Hauptausschuss zugänglich gemacht wurden, berücksichtigt.

Ich will es noch einmal betonen: Es geht bei diesem Staatsvertrag nicht nur um dieses Thema, sondern auch um ganz andere Themen. Wir in Brandenburg haben häufig Diskussionen darüber geführt, warum der rbb weniger live über Ereignisse aus unserem Land berichtet hat. Ein Grund ist die Finanzsituation des Senders. Der Staatsvertrag sieht eine Regelung vor, dass dem rbb im Wege des MABB-Vorwegabzugs die erkleckliche Summe von über 200 000 Euro zur Verfügung gestellt wird, die ausschließlich dafür verwendet werden muss, über gesellschaftliche bzw. kulturelle Ereignisse aus Brandenburg live zu berichten. Wenn wir dem Staatsvertrag nicht zustimmen, wird es diese Mittel nicht geben, und wir werden im nächsten Jahr wieder weniger Live-Berichterstattung aus Brandenburg erleben. Um diese Konsequenz einer Ablehnung muss man wissen.

In dem Staatsvertrag wird ferner eine Regelung getroffen - ich finde es sehr bedauerlich, dass wir die Debatte um diesen Staatsvertrag nicht genutzt haben, um näher darauf einzugehen -, die eine erste Antwort auf die Veränderung der Medienlandschaft in unserem Land gibt. Wir alle wissen - ich habe es schon in der 1. Lesung gesagt -, dass die Auflagen der Tageszeitungen sinken. Wir stehen möglicherweise vor der Situation, dass die demokratische Widerspiegelung von Entwicklungen in den Regionen unseres Landes durch die Medien nicht mehr dauerhaft gewährleistet ist. Wir geben darauf eine erste Antwort, indem wir es mit dem Staatsvertrag Verlegern erleichtern, in einzelnen Regionen Lokal-TV und Lokal-Radio anzubieten und so eine neue Verwertungskette aufzubauen, die einen Beitrag zur demokratischen Transparenz in den Regionen leistet. Das ist mehr wert, als eine Diskussion darüber zu führen, ob das sinnvoll ist, weil wir damit natürlich auch konzentrationsrechtliche Fragen berühren. Wir müssen Antworten finden, um mediale Repräsentanz in den Regionen zu gewährleisten. Damit wird verhindert, dass der regionale demokratische Diskurs in den Medien überhaupt nicht mehr widergespiegelt wird. Das ist eine reale Gefahr, vor der wir stehen.

Im Staatsvertrag haben wir auch einen Schutz unserer regionalen Medien vor überregionalen Anbietern verankert, damit nicht - ein Beispiel - Pro 7 plötzlich einen Sender auflegen kann, um den regionalen Werbemarkt abzuziehen. Das wird verhindert. Ich habe es etwas platt formuliert, aber genau da

rum geht es. Wir versuchen, mit diesem Staatsvertrag unsere regionalen Medienanbieter zu schützen. Es geht also nicht nur um eine Debatte über die vernünftige Repräsentanz der Freien.

Ich würde mir wünschen, dass der Staatsvertrag heute beschlossen wird. Ich bin sehr gespannt, wie sich die CDU in Berlin - ich glaube, in 14 Tagen ist die Abstimmung im Abgeordnetenhaus - zu dem Staatsvertrag verhalten wird. Natürlich sind wir auch gespannt, da Frau Richstein uns das nicht verraten will, wie sich die CDU hier nachher verhalten wird.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ness. - Wir setzen mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Vogdt hat das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Anhörung und die sich daran anschließende Diskussion zum Ersten Änderungsstaatsvertrag zum rbb-Staatsvertrag in der letzten Sitzung des Hauptausschusses hat erneut gezeigt: Eine umfassendere und frühere Beteiligung des Parlaments bei der Änderung von Staatsverträgen ist unumgänglich, um zu Ergebnissen zu kommen, die mit den Vorstellungen des Parlaments in Einklang stehen. Das nun gewählte Vorgehen im Hauptausschuss erst findet eine umfassende Anhörung statt, und dann, zwei Minuten danach, soll eine abschließende Beratung und ein Beschluss durch den Ausschuss stattfinden - so viel zur Debattenkultur, Herr Ness -, wird einem geordneten parlamentarischen Verfahren absolut nicht gerecht.

(Beifall FDP, B90/GRÜNE sowie vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, die Anhörung im Hauptausschuss zum Ersten Änderungsstaatsvertrag hat eines ganz deutlich gemacht: Die Betroffenen, nämlich die Vertreter der freien Mitarbeiter beim rbb und bei anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, sehen die Schaffung einer Freienvertretung und somit die Institutionalisierung im Wege eines Statuts, das durch die Intendantin festgelegt wird und der Zustimmung des Rundfunkrates bedarf, nicht als einen Fortschritt an. Auch wir Liberale sind der Auffassung, dass die rechtliche Ausgestaltung für Mitbestimmungsfragen entscheidend ist. Hier hat nun einmal die Anwendung des Personalvertretungsgesetzes für feste und freie Mitarbeiter eine andere Qualität als die Schaffung eines Novums eines Statuts, dessen Inhalt bislang unbekannt ist.

(Beifall FDP, B90/GRÜNE und der Abgeordneten Rich- stein [CDU])