An dem, was damals diskutiert worden ist, hat sich bis heute aus meiner Sicht nichts Wesentliches geändert; denn es ist etwas, worüber wir diskutieren müssen. Das genau ist der Grundtenor dieses Abschlussberichts: kein abgeschlossenes, fertiges Konzept, kein Gesetzentwurf, der jetzt 1:1 umzusetzen wäre, sondern eine hervorragende Diskussionsgrundlage. Die Diskussion hat begonnen, nachdem der Bericht vorgelegt worden ist, und sie wird weitergehen.
Von daher bin ich etwas überrascht über den Tenor dieser Aktuellen Stunde, denn genau das ist es doch, was auch die Mitglieder der Enquetekommission wollen: dass wir diskutieren, wie wir uns die Zukunft des Landes vorstellen. Übrigens war die FDP eine der Beteiligten an dieser Kommission und eine der Fraktionen, die diesen Bericht uneingeschränkt mittragen wollten.
Zur Kreisebene: In der Tat sieht die Kommission Reformbedarf. Sie sieht ihn aber unter der Maßgabe, dass es darum gehen muss, zu definieren, welche Landesaufgaben auf die untere Ebene - übrigens nicht nur die kreisliche Ebene - übertragen werden können.
Als zweites wesentliches Element beschäftigt sich der Bericht der Enquetekommission mit der unteren Gemeindeebene, mit der aus meiner Sicht viel spannenderen Ebene, der Frage: Was ist die Zukunft der Gemeinden, der Städte, der Ämter in unserem Land? Wie wollen wir die weiterentwickeln? - Viel zu viel wird in den letzten Jahren immer nur über die Frage der Kreisstrukturen diskutiert. Dabei ist das - ich habe es gestern gesagt, als es um die kommunale Zusammenarbeit ging -, was auf der untersten kommunalen Ebene passiert, das, was die Bürger wirklich interessiert, was sie betrifft, wo es um ihre Zukunft geht und darum, wie demokratische Partizipation zukünftig in unserem Land funktionieren kann. Da hat die Kommission wie ich meine - einen ganz wunderbaren Vorschlag gemacht. Sie hat sich nämlich offensichtlich den Titel dieser Enquetekommission vor Augen geführt, der zu möglichen Widersprüchen führen könnte. Bürgernah, effektiv und zukunftsfest - das könnte ja ein Widerspruch sein. Aus diesem Widerspruch heraus hat die Kommission den Vorschlag gemacht, keine zwangsweisen Fusionen auf der Gemeindeebene mehr vorzuschlagen, keine zwangsweise Veränderung der politischen Strukturen in
unserem Land. Das ist das, was an Bürgernähe erforderlich ist. Da, wo das demokratische Leben stattfindet, wollen wir nicht wieder eingreifen. Das schlägt die Kommission vor, und das ist auch - das betone ich - meine Meinung, das ist meine Überzeugung. So müssen wir auch zukünftig vorgehen: keine zwangsweisen Fusionen.
Ich war soeben etwas überrascht. Herr Schierack, Sie haben Bezug genommen auf eine Reform des früheren Innenministers Schönbohm, die genau das andere Modell vertreten hat, eine Reform, die - wie heute sehr viele sagen - viel zu kurz gegriffen, aber andererseits mit viel, viel Zwang gearbeitet und Verwerfungen im Land erzeugt hat, die in einigen Regionen noch nicht überwunden sind.
Auch heute haben Sie wieder von Fusionen geredet. Das genau ist etwas, was ich für nicht richtig halte und was die Landesregierung auch nicht unterstützt.
Aber die Kommission hat noch etwas anderes konstatiert. Sie hat konstatiert, dass wir neben der bürgernahen Gemeindestruktur effiziente, zukunftsfähige, zukunftsfeste Verwaltungen brauchen. Und da beides nicht zwingend zusammenpasst, schlägt sie vor, diese Verwaltungsstrukturen zu straffen und größere Verwaltungseinheiten zu errichten. Das ist ein ebenso kluger Vorschlag. Dabei ist es jetzt müßig, über 10 000 oder 9 500 oder 5 000 oder 15 000 zu reden,
effektive Verwaltungseinheiten. Und wenn wir uns - offenbar im Gegensatz zur CDU - darauf verständigen, dass wir keine zwangsweisen Fusionen wollen,
dann spricht in der Tat aus meiner Sicht auch nichts dagegen, größere Verwaltungseinheiten zu schaffen, die dann zukunftsfest wären. 5 000 - da gebe ich Frau Nonnemacher Recht - das wäre der Status quo und der ist nicht effektiv und nicht zukunftsfest.
Jetzt haben wir eine ganz spannende Entwicklung. Die Enquetekommission hat in der Tat einen Diskussionsprozess ausgelöst, der weit über diesen Raum und auch über den drüben auf dem Brauhausberg hinausgegangen ist. Ich bin jede Woche mehrfach - im Land unterwegs. Was ich erlebe, ist ein ganz spannender Prozess,
dass überall auf den unteren Ebenen Diskussionen laufen. Die Menschen sind schon sehr weit. Sie wissen, es muss sich etwas ändern.
Sie machen sich Gedanken, wie sich im Land etwas verändern kann. Diesen Prozess hat die Enquetekommission angestoßen. Statt sich darüber zu freuen, meine Damen und Herren von der CDU - Sie haben ja immerhin, das muss man anerkennen, den Anstoß gegeben, dass es diese Enquetekommission gibt - und das unterstützen, was da läuft, versuchen Sie jetzt, hier zu mauern. Das tun wir gerade nicht, sondern wir wollen diesen Diskussionsprozess unterstützen und fördern, der in der Tat darauf gerichtet ist, zunächst einmal freiwillig, aus Überzeugung, vor Ort andere, größere, bessere Einheiten zu schaffen. Er ist, wie gesagt, sehr weit.
Mein Eindruck ist, dass dieser Diskussionsprozess in den meisten Regionen des Landes schon so weit gediehen ist, dass wir für die nächste Legislaturperiode eine sehr gute Grundlage haben. Dann wird es sicherlich auch eines Tages erforderlich sein zu gucken, ob wir damit im Land einheitliche Verwaltungsstrukturen erzeugen, und dann wird es erforderlich sein, gesetzgeberisch einzugreifen - wohlgemerkt: immer unter Berücksichtigung der Vielfalt unseres Landes. Wir müssen auch überlegen, inwieweit die Strukturen im Berliner Umland mit denen in den dünn besiedelten, berlinfernen Regionen unseres Landes tatsächlich exakt identisch sein müssen. Das alles sind Dinge, die diskutiert werden müssen und vor Ort auch diskutiert werden.
Dann gibt es ganz viele andere spannende Fragen: Wie könnte denn so ein größeres Amt aussehen? Was ist denn, wenn eine kleine Gemeinde mit einer größeren, einer Stadt mit Mittelfunktion zusammengehen will, nicht - wohlgemerkt - als politische Einheit, aber verwaltungstechnisch? Wie machen wir das dann? Wie lösen wir das verwaltungstechnisch? Welche Änderungen sind an der Kommunalverfassung erforderlich? Frau Nonnemacher hat Fragen gestellt, die die Enquetekommission zu Recht aufgeworfen hat, Fragen, die kompliziert sind und die, bevor ein abschließendes Ergebnis auf den Tisch kommt, diskutiert - wohlgemerkt: diskutiert - werden müssen: mit den Betroffenen, mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit den Bürgermeistern, Amtsdirektoren und natürlich auch der Landrätin und den Landräten, mit allen im Land.
Anschließend werden wir eine neue Struktur auf dieser Ebene haben. Das, was der Ministerpräsident als Parteivorsitzender gesagt hat, deckt sich doch absolut mit den Empfehlungen der Enquetekommission.
Wenn wir noch einmal ganz kurz auf die Kreisebene übergehen, dann geht es genau dort darum, eine Funktionalreform durchzuführen, die kein Mittel ist, um Einsparungen zu erzielen, sondern ein Mittel, um die kommunale Selbstverwaltung zu stärken. Das waren die Vorgabe und das Ziel der Enquetekommission.
Wenn wir diese Funktionalreform ernst nehmen, dann müssen wir in der Tat sehr genau beachten, was effektiv auf die Kreise oder die Kommunen übertragen werden kann. Wir müssen uns natürlich auch darüber im Klaren sein, was das kostet. Denn klar ist - das ist auch angesprochen worden -: Das ist konnexitätsrelevant, wenn wir Funktionen an die Kommunen übertragen. Selbstverständlich ist es das!
Wenn wir gleichzeitig sagen, es sei nicht zwingend ein Mittel, um Kosten zu sparen, dann müssen wir uns aber auch fragen dürfen: Was kostet es das Land? Wenn wir da nicht beliebig die Kosten in die Höhe schnellen lassen wollen, dann ist auch das ein Spannungsverhältnis: eine Funktionalreform, die effektivere, bürgernähere Verwaltungsstrukturen auf der kommunalen Ebene schafft und gleichzeitig - unter Beachtung des Konnexitätsprinzips - keine Mehrbelastung für den Landeshaushalt bringt. Das ist eine schwierige Frage - eine Frage, die wir diskutieren müssen und die diskutiert werden wird.
Natürlich ist der Auftrag - oder die Bitte, wie man in diesem Zusammenhang sagen muss - der Enquetekommission an die Landesregierung verstanden worden, sich darüber Gedanken zu machen. Sie können sicher sein, dass auch in meinem Haus Überlegungen bestehen, wie sich das auswirken könnte. Wir werden, wenn Fragen auftauchen, dabei unterstützend tätig werden. Aber im Augenblick ist nicht die Zeit für Festlegungen; das haben wir immer gesagt.
Es ist auch nicht Ziel der Enquetekommission gewesen - noch einmal -, ein fertiges, abschließendes Konzept vorzulegen, sondern mit allen Beteiligten im Land zusammen einen Weg einzuschlagen. Auf diesem Weg sind wir. Ich hoffe, dass wir ihn weiterhin so einmütig und gemeinsam beschreiten können, wie wir das in der Vergangenheit getan haben, trotz zwischenzeitlich stattfindender Wahlkämpfe. Danach wird es weitergehen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit zwei Danksagungen beginnen. Als Erstes möchte ich mich bei meinem Fraktionskollegen Manfred Richter bedanken. Er hat heute eine herausragende Rede gehalten, in der alles gesagt worden ist, was zu diesem Thema gesagt werden musste. Das war ein großer Beitrag!
- Ja, Herr Büttner, da können Sie ruhig weiter lachen. Ich möchte mich auch ausdrücklich bei Ihnen bedanken, nämlich dafür, dass Sie der SPD heute einen kostenlosen Werbeblock in dieser Plenarsitzung geschenkt haben. Danke, dass Sie die Aufmerksamkeit auf den Entwurf unseres Regierungsprogramms gelenkt haben. Ich habe es mitgebracht und kann es allen nur zur Lektüre empfehlen: „Unser Brandenburg-Plan: 50 Vorhaben, auf die Sie sich verlassen können“. Sie finden es im Internet auf www.spd-brandenburg.de.
Danke, dass Sie uns die Möglichkeit gegeben haben, dieses Programm hier heute ausgiebig zu diskutieren.
Es ist ja auch gut und wichtig, wenn die stärkste Fraktion und die Partei, die seit 1990 die wesentliche Regierungsverantwortung in diesem Land getragen hat, ihr Programm als Erstes vorlegt und klare Ansagen macht, was sie vorhat. Darauf warten wir bei Ihnen noch. Darauf warten wir auch bei den Grünen.
Frau Nonnemacher hat mich ja sehr neugierig gemacht auf das, was da noch kommt. Ich bin schon gespannt, ob Sie in Ihr Wahlprogramm schreiben werden: Ja, die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder) muss abgeschafft werden. - Ich erwarte das geradezu nach den Ansagen, die Sie in den letzten Wochen und Monaten gemacht haben. - Ich würde mich sehr freuen, wenn das käme.
Die CDU hat eine gewisse Kontinuität in dieser Wahlperiode gewahrt; das will ich Ihnen einräumen. Sie sind in der Ackerfurche weggetaucht und haben darauf gewartet, dass das Thema weggeht.
Herr Schierack, Sie haben sich in Ihrer Rede auch auf Herrn Schönbohm bezogen. Ich weiß, dass die Brandenburger ein sehr verlässliches Volk sind, und deshalb merken sie sich auch bestimmte Erfahrungen mit Parteien. Ich kann mich noch sehr genau an den Wahlkampf 1999 erinnern, als Sie sich hingestellt haben und sagten: Zwangsfusionen und Gemeindefusionen wird es mit uns nicht geben! - Doch schon 2003 hat dann der Spitzenkandidat diese Zwangsfusionen durchgesetzt; das haben sich die Brandenburger gemerkt.
Sie dürfen sich also ruhig Mühe geben bei diesem Thema, aber ich glaube, die Brandenburger haben da eine klare Einschätzung.