Protokoll der Sitzung vom 02.04.2014

Erst gab es fast monatlich eine neue Terminankündigung, mittlerweile erfolgen diese Ankündigungen jährlich. Aktueller Wasserstand: frühestmögliche Eröffnung 2016. Besserung ist nicht in Sicht. Keiner scheint mehr durchzublicken, was, wann und wo gebaut wurde und was genau neu gemacht werden muss. Stattdessen überschlagen sich die Kostenprognosen: 4, 5, 6, gar 8 Milliarden Euro höre ich gestern aus den Medien.

(Zuruf von der SPD: Aus der „Bild“-Zeitung!)

Das mag für Sie vielleicht alles Kaffeesatzleserei sein, aber wer eineinhalb Jahre keinen Kostenplan und kein Finanzierungskonzept vorlegt, der braucht sich über diese Spekulationen nicht zu beschweren, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, FDP sowie B90/GRÜNE)

Die Schätzungen von 8 Milliarden Euro sollen angeblich aus dem Wirtschaftsministerium stammen. Dazu hätte ich gern etwas in der Regierungserklärung gehört.

(Beifall CDU, FDP sowie B90/GRÜNE)

SPD und Linke sprechen von rosigen Haushaltsjahren, die vermeintlich vor uns liegen, und versuchen, sich mit teuren Wahlgeschenken zu überbieten.

(Zuruf von der SPD: Das haben wir bei Ihnen gehört!)

Den BER scheinen Sie irgendwie auszuklammern. Mit seriöser Finanzpolitik hat das nichts zu tun.

(Beifall CDU, FDP sowie B90/GRÜNE)

Wenn die Kosten beim BER weiter explodieren, wie viele Fachleute befürchten, dann fragen sich die Brandenburger zu Recht, ob überhaupt noch Geld da sein wird für das, was wir wirklich im Leben brauchen. Woher soll das Geld kommen für Kitas, Lehrer, Polizisten, Straßen und Brücken?

Der Flughafen, Herr Ministerpräsident, ist für Brandenburg längst zu einer vitalen Angelegenheit des Landes geworden. Am Flughafen entscheidet sich ein Großteil der Zukunft unseres Landes. Der Flughafen ist Chefsache, und das schon lange.

(Beifall CDU, FDP sowie B90/GRÜNE)

Es ist Zeit, Herr Ministerpräsident, dass Sie das endlich erkennen und so auch handeln. Mogeln Sie sich nicht ständig aus Ihrer eigenen Verantwortung!

(Beifall CDU, FDP und B90/GRÜNE - Domres [DIE LINKE]: Übernehmen Sie doch einmal Verantwortung!)

Herr Ministerpräsident, heute soll es nicht nur um die Fehler in der Vergangenheit gehen. Wir müssen auch gemeinsam in die Zukunft schauen. Über alle politischen Differenzen hinweg muss uns ein Ziel einen: Wir müssen einen wirtschaftlich erfol

greichen und akzeptierten Flughafen an den Start bringen. Dazu stand die CDU in der Vergangenheit und dazu steht die CDU auch heute.

(Beifall CDU)

Wenn wir dieses gemeinsame - ich betone: gemeinsame - Ziel erreichen wollen, dann müssen endlich alle Karten auf den Tisch. Das heißt, Wahrheit, Klarheit und Transparenz müssen in den Sonderausschuss und in dieses Parlament einziehen, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, FDP sowie B90/GRÜNE)

Schluss mit den Kungelrunden, Schluss mit der Hinterzimmerpolitik und Schluss mit dem Schwarze-Peter-Spiel gegenüber dem Bund und Berlin! Das ist dem Projekt nicht zuträglich.

Für mich sind drei konkrete Punkte unabdingbar:

Erstens. Wir brauchen endlich Klarheit über den baulichen Zustand des Flughafens.

(Beifall CDU, FDP sowie B90/GRÜNE)

Wir müssen wissen, welche Maßnahmen zur Fertigstellung nötig sind und welche Kosten damit einhergehen.

Zweitens. Der gesetzlich garantierte Schallschutz muss endlich ausfinanziert und umgesetzt werden. Es kann nicht sein, dass nur 300 Millionen Euro eingestellt sind, wo alle wissen, dass es mindestens 700 Millionen Euro kosten wird.

(Beifall CDU, FDP sowie B90/GRÜNE)

Drittens. Im Aufsichtsrat braucht es Experten: Experten für Flughafenneubau, Experten für Schallschutz. Ein weiterer Politiker ist fehl am Platz.

(Beifall CDU, FDP und B90/GRÜNE)

Deswegen fordere ich Sie auf, Herr Ministerpräsident: Ziehen Sie den Antrag zurück, Minister Görke in den Aufsichtsrat zu wählen!

(Beifall CDU, FDP und B90/GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Die politische Verantwortung für das Gesamtprojekt muss in der Gesellschafterversammlung wahrgenommen werden, und zwar durch Sie, Herr Ministerpräsident, durch Ihre persönliche Verantwortung, nicht durch das Finanzministerium.

(Beifall CDU, FDP und B90/GRÜNE - Zuruf von der SPD: Sie haben doch eben gesagt: Politiker! Sie wissen selbst nicht, was Sie gerade erzählt haben!)

- Ich habe von der Gesellschafterversammlung gesprochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur so kann das Projekt gemeinsam auf das richtige Gleis gestellt werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE])

Das Wort erhält die SPD-Fraktion. Bitte, Herr Abgeordneter Ness.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich kurz an die Vorgeschichte der heutigen Debatte erinnern. Ich glaube nämlich, durch den Wortbeitrag des CDU-Spitzenkandidaten, der wohl im Hinblick auf die Landtagswahl gehalten wurde, ist der eigentliche Anlass, aus dem wir heute diese Debatte führen, etwas ins Hintertreffen geraten.

(Bretz [CDU]: Wer hat denn die Regierungserklärung be- antragt, Herr Kollege?)

Wir führen diese Debatte heute, weil bis Ende 2012 ein Volksbegehren von mehr als 100 000 Brandenburgerinnen und Brandenburgern unterschrieben worden war, die sich für mehr Nachtruhe einsetzen wollten und die dies von dieser Landesregierung, von diesem Landtag verlangten. Dieses Volksbegehren ist das erste, das diese zweite Stufe erfolgreich bestanden hat. Die Landesregierung hat heute diese Regierungserklärung abgegeben, um eine Bilanz vorzulegen, was sie bisher erreicht hat.

(Zuruf: Heuchler!)

Sie hat keine Regierungserklärung beantragt, um einen Wahlkampfauftritt des Spitzenkandidaten der CDU zu allen möglichen Themen zu ermöglichen. Wenn ich Ihre Rede bilanziere, würde ich sagen: Sie haben das Thema heute vollständig verfehlt.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Dieser Landtag hat nämlich unter dem Eindruck des erfolgreichen Volksbegehrens am 27. Februar 2013, übrigens - und das sollte man in Erinnerung behalten, wenn man die weiteren Wortbeiträge hört - mit Stimmen aus allen Fraktionen, das Volksbegehren angenommen. Der Auftrag des Volksbegehrens sollte auch nicht uminterpretiert werden, sondern wir sollten uns an den Text erinnern; deshalb möchte ich ihn Ihnen hier noch einmal vortragen:

„Der Landtag möge beschließen, die Landesregierung aufzufordern, in Verhandlungen mit dem Land Berlin einzutreten, um den Staatsvertrag vom 7. August 1997 über das gemeinsame Entwicklungsprogramm der Länder Berlin und Brandenburg … zu ändern.“

Das ist der konkrete Auftrag, den dieser Landtag beschlossen hat. Er hat nicht beschlossen, einseitig einen Weg zu gehen. Er hat auch nicht beschlossen, die Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr einseitig durchzusetzen. Der Beschluss lautet vielmehr: Wir sollen Verhandlungen mit Berlin aufnehmen, um das Landesentwicklungsprogramm zu ändern. Und genau diesen Auftrag hat dieser Landtag strikt erfüllt.

(Goetz [FDP]: Genau, was gewollt war!)

Wir haben das Volksbegehren hier im Landtag sehr ernst genommen; auch die Regierung hat sehr lange und ernsthaft ver

handelt, Wege ausgeleuchtet und nach Lösungen gesucht, die dem Auftrag des Volksbegehrens Rechnung tragen. Dabei haben wir als Sozialdemokraten immer klargemacht: Wir müssen auf der einen Seite die Interessen der Anwohner genauso wie auf der anderen Seite die Sicherheit der Fluggäste und unser aller Interesse an einem wirtschaftlichen Erfolg des größten ostdeutschen Infrastrukturprojektes unter einen Hut bringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hat sich aber in den vergangenen Wochen auch gezeigt, dass der von der Volksinitiative vorgeschlagene Weg leider zu einer Sackgasse wird, die wegen des strikten Widerstandes aus Berlin und vom Bund eben nicht zu mehr Nachtruhe für die Bewohner im Flughafenumfeld führt. Eine zweite Sackgasse ist aber auch der von der CDU wiederholt geforderte Brandenburger Alleingang beim Nachtflugverbot.

(Beifall der Abgeordneten Frau Lehmann und Bischoff [SPD])