Protokoll der Sitzung vom 02.04.2014

Allerdings - daraus will ich keinen Hehl machen - sind meine Hoffnungen, dass der Bund und Berlin diese Chance nutzen werden, gering, weil Arroganz der Macht immer zur Negierung berechtigter Interessen anderer führt.

(Zuruf von der CDU - Büttner [FDP]: Mit Arroganz der Macht können Sie doch gut umgehen, vor allem Ihr Koa- litionspartner!)

Dennoch bleiben Kompromisse die Bewegungsform von Politik, auch wenn Sie das nicht akzeptieren wollen und können.

Morgen Abend wird der Deutsche Bundestag einen Antrag der Linksfraktion beraten, der im engen Zusammenhang mit anderen Themen steht.

Meine Damen und Herren von der Union, bitte telefonieren Sie mit Berlin - wir brauchen nur eine Zustimmung zu folgendem Antrag:

„Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, in ihrer Eigenschaft als Vertreterin des Gesellschafters Bund in der Gesellschafterversammlung … dem Antrag des Landes Brandenburg zur Ausweitung des Nachtflugverbotes am Flughafen BER zuzustimmen.“

Schon wäre das Problem vom Tisch!

(Beifall DIE LINKE und SPD - Zurufe von CDU und FDP)

Es ist doch unstrittig: Sie können noch im Sandkasten wegrennen, wenn Sie nicht mehr mit der Buddelform spielen wollen! Können wir uns einmal darauf einigen, dass dies das größte Infrastrukturprojekt ist, was uns alle drei bewegt? Hier ist der Bund als BER-Mitgesellschafter also genauso gefordert wie wir. Die Debatte wird es geben; die Auseinandersetzung werden wir der Bundesregierung nicht ersparen. Ermutigende Zeichen sind bislang jedoch ausgeblieben.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Schierack [CDU])

Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, Herr Schierack, und greifen Sie zum Telefon!

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Genau!)

Deswegen will ich hier auch ganz klar sagen: Brandenburg wird nicht klein beigeben - die Linke wird auch nicht klein beigeben. Wir werden in der Forderung nach mehr Nachtruhe die Menschen in der Region nicht im Stich lassen. Der Kampf endet für uns nicht am 7. April!

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Herr Wowereit, Herr Henkel, Frau Merkel, Herr Dobrindt verlassen Sie Ihre Glaskästen und roten Backsteinmauern und zeigen Sie Flagge vor Ort bei denen, die mit den Auswirkungen Ihrer Ignoranz leben müssen! Stellen Sie sich den Diskussionen und verkriechen Sie sich nicht hinter Entscheidungen, die das Leben längst überholt hat! - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Während der Abgeordnete Vogel für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN ans Rednerpult tritt, begrüße ich unsere neue Besuchergruppe, Schülerinnen und Schüler vom GeschwisterScholl-Gymnasium in Fürstenwalde. Ein herzliches Willkommen euch!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Bislang hatten die Landesregierung und der Ministerpräsident keine klare Aussage darüber getroffen, welche Position sie bei den Verhandlungen um das Nachtflugverbot am BER vertreten. Beide haben durchgehend mit der Wendung „mehr Nachtruhe“ operiert, die alles oder nichts bedeuten kann. Jetzt endlich wissen wir, mit welcher Verhandlungsposition Sie in die Gesellschafterversammlung der FBB und in die Landesplanungskonferenz gehen. Wenn dies wirklich ein Verhandlungsangebot sein soll, wäre es allerdings besser gewesen, Sie hätten geschwiegen, noch besser, Sie hätten sich solche Überlegungen gleich ganz erspart,

(Beifall B90/GRÜNE sowie des Abgeordneten Goetz [FDP])

denn mit diesem angeblichen Verhandlungsangebot wirken Sie wie ein Boxer, der seinem Trainer das Handtuch entwendet und es in den Ring wirft, bevor der Kampf überhaupt begonnen hat.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)

Der Trainer, das sind in diesem Fall die bereits mehrfach erwähnten 106 332 Brandenburgerinnen und Brandenburger, die Ihnen mit dem am 3. Juni 2012 verkündeten erfolgreichen Volksbegehren den klaren Auftrag erteilt haben, für ein Nachtflugverbot vom 22 bis 6 Uhr zu kämpfen. Der Trainer, das ist aber auch die Mehrheit in diesem Landtag, die sich mit dem Beschluss vom 27. Februar 2013 diese Position zu eigen gemacht hat. CDU- und FDP-Fraktion - das sei um der Wahrheit willen auch gesagt - gehören - Sie haben es selbst erklärt nicht zu dieser Mehrheit. Aber damals musste bereits allen Beteiligten klar gewesen sein, dass es um harte Auseinandersetzungen im Interesse der Gesundheit der Flughafenanrainer gehen wird, die nicht immer mit Samthandschuhen ausgetragen werden können. Um es vorwegzunehmen: Der aktuelle Vorschlag der Landesregierung, der aus einem freiwilligen und auf fünf Jahre begrenzten Verzicht auf den Nachtflugverkehr in der Stunde von 5 bis 6 Uhr besteht, ist die Weigerung, überhaupt in den Kampf zu ziehen, ist eine Bankrotterklärung.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP - Zuruf der Abge- ordneten Mächtig [DIE LINKE])

Er bestätigt alle Wahrnehmungen und Befürchtungen der damaligen Initiatoren des Volksbegehrens, die Befürchtung, dass sich seit dem positiven Ausgang des Volksbegehrens alle Bemühungen der Landesregierung auf Überlegungen konzentrieren könnten, das erfolgreiche Volksbegehren wieder einzufangen, die Befürchtung, dass es Strategie werden könnte, sich auf den reinen Verhandlungsauftrag, den das Volksbegehren erteilt, zurückzuziehen, ohne ernsthaft zu verhandeln, oder ihn inhaltlich zu erfüllen.

Über Monate hinweg gab es keinerlei Anzeichen für irgendwelche Aktivitäten, die einer Durchsetzung des Nachtflugverbots jenseits der zaghaften Erfüllung des reinen Verhandlungsauftrags Vorschub geleistet hätten. Über all die Monate war nichts als „Wir wollen ja verhandeln, aber Berlin und der Bund wollen nicht“ zu hören. Dann kam nach fast 10 Monaten der Hinweis auf die Einberufung der Landesplanungskonferenz. Jetzt folgte die Ankündigung eines Antrags auf der nächsten Gesellschafterversammlung. Von seit einem Jahr stattfindenden angeblich harten Verhandlungen, von denen der Ministerpräsident im rbb redete und die er heute mit dem Hinweis auf eine Vielzahl von Gesprächen skizzierte, haben wir jedenfalls noch nichts bemerkt, denn im Sonderausschuss Flughafen wurde bei diesem TOP Mal um Mal Fehlanzeige vermeldet. Soweit es überhaupt Verhandlungen mit Berlin gab, wie es der Text des Volksbegehrens fordert, blieben diese bis heute tatsächlich völlig ergebnislos. Der Grund ist offenkundig, wie Sie es heute wieder ausgeführt haben - ich zitiere Sie -, folgender:

„Unsere Verhandlungspartner … sehen überhaupt keinen Bedarf, den vor dem Bundesverwaltungsgericht erreichten Kompromiss der Nachtflugregelung zu ändern. Damit gibt es für sie keine Notwendigkeit, mit uns zu verhandeln.“

Das ist nicht neu, nicht nur Berlin hat diese Sicht von Anfang an sehr deutlich gemacht, aber - das möchte ich bei diesem Zitat schon in Erwähnung bringen - mit der Sprachregelung von einem „vor dem Bundesverwaltungsgericht erreichten Kompromiss“ übernehmen Sie jetzt auch noch einseitig die Berliner Sichtweise. Es handelte sich um keinen Kompromiss, sondern um die bloße Bestätigung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die damals festgelegte Nachtflugregelung ermessensfehlerfrei möglich war.

(Beifall B90/GRÜNE sowie des Abgeordneten Goetz [FDP])

Damals wurde über Alternativen und weitergehende Nachtflugbeschränkungen allerdings keinerlei Aussage getroffen. Das Beispiel Frankfurt am Main zeigt, dass hier auch ein weitergehender Auslegungsspielraum für Beschränkungen bestanden hätte, den das Bundesverwaltungsgericht genauso akzeptiert hätte, wie es die jetzige Regelung akzeptiert hat.

Aber zurück zur Verhandlungsverweigerung des Regierenden Bürgermeisters: Dies allein ist ein Skandal ersten Ranges, denn bei zwei gleichberechtigten Partnern geht man davon aus, dass sich beide aufeinander zubewegen. Ist das nicht der Fall, lässt das nur den Schluss zu, dass die Partner eben doch nicht gleichberechtigt sind. Dies muss man allerdings nicht hinnehmen. Wenn es sich um eine ungleiche Partnerschaft handelt, muss Brandenburg etwas dagegensetzen. Dann hätte man beispielsweise nicht Herrn Wowereit erneut zum Aufsichtsratsvorsitzenden wählen müssen.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)

Dann muss man auch in der Gesellschafterversammlung nicht fatalistisch alle absehbaren Mehrausgaben bereitwillig absegnen. Dann böte es sich zum Beispiel an, wie auch hier angesprochen wurde, Änderungen in der Gemeinsamen Landesplanung in die Wege zu leiten.

(Zwiegespräch zwischen Minister Dr. Markov und dem Abgeordneten Prof. Dr. Schierack [CDU])

- Herr Präsident?

(Minister Dr. Markov: Entschuldigung! - Prof. Dr. Schie- rack [CDU]: Er hat mich angebrüllt, darauf musste ich antworten.)

Denn wie Ortwin Baier, der Bürgermeister - übrigens SPDBürgermeister - von Blankenfelde-Mahlow, sagt:

„Es stimmt keineswegs, dass nur Brandenburg ein Interesse an der Fortführung der Gemeinsamen Landesplanung hat. Schließlich hat das Berliner Abgeordnetenhaus … nicht aus reiner Nächstenliebe zu Brandenburg zugestimmt.“

Aber auch jenseits der zweifelhaften Erfüllung des Verhandlungsauftrags geht die Art und Weise, wie die Landesregierung agiert, total an der Sache vorbei. Der Verhandlungsauftrag lässt sich nicht vom eigentlichen Anliegen des Volksbegehrens, einem Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr, trennen. Auch heute hat Ministerpräsident Woidke mit Berufung auf nichtbenannte Gutachten angeführt, dass ein Alleingang Brandenburgs zur Durchsetzung des Nachtflugverbots nicht möglich wäre. Herr Ness berief sich hierzu - ich glaube, Sie haben auch daraus zitiert - auf ein Gutachten, das die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow in Auftrag gegeben hat. Das ist armselig.

(Beifall B90/GRÜNE)

Armselig deshalb, weil hier immer nur gesagt wird, was nicht geht. Es ist aber auch völlig daneben, weil der Bürgermeister genau dieser Gemeinde Blankenfelde-Mahlow in einem der Landesregierung vorliegenden Rechtsgutachten vom 21. Januar 2014 alternative Wege aufgezeigt hat, um zu einem Nachtflugverbot zu kommen. So schlagen die Gutachter eine Änderungskündigung des Gemeinsamen Landesplanungsvertrags vor, um in der Folge über eine Gewichtungsvorgabe im Landesentwicklungsprogramm eine Ausweitung der Nachtruhe zu erreichen.

Wir erwarten und wir verlangen, dass die Landesregierung selbst rechtliche Wege eruiert, um das Anliegen des Volksbegehrens durchzusetzen, und nicht nur nach Argumenten sucht, die das Anliegen konterkarieren. Nichts dergleichen ist bislang passiert.

(Beifall B90/GRÜNE sowie des Abgeordneten Goetz [FDP])

Jetzt aber passiert ein weiteres Mal, was den Flughafenanwohnern bereits mehrfach passiert ist: Sie werden hinters Licht geführt. So war es bei der Wahl des Flughafenstandorts, bei der die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens über Bord geworfen wurden.

(Zuruf der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

- Frau Mächtig, das stimmt doch.

So war es bei den falschen Flugrouten.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Sie haben doch mitgemacht beim Standort Schönefeld!)

- Ja?

Rederecht hat jetzt Herr Vogel und niemand anders.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Was war das jetzt? - Dom- browski [CDU]: Das war ein Ordnungsruf!)