Protokoll der Sitzung vom 03.04.2014

Der andere Punkt in Bezug auf die sektorenübergreifende Versorgung ist der Bereich der Medizinischen Versorgungszentren, wo Krankenhäuser Verantwortung für Versorgung insbesondere im ländlichen Raum übernehmen. Wie schwierig das ist, ist heute früh in der Fragestunde deutlich geworden. Auch den niedergelassenen Ärzten muss bewusst sein, dass das keine Konkurrenz bedeutet, sondern eine Chance für die gesamte gesundheitliche Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg bedeutet auch - auch das ist deutlich geworden - eine abgestimmte Reha-Landschaft. Werter Kollege Schierack, das ist nicht nur ein Satz, das ist eine ganze Seite unter dem Punkt „Brandenburg als Reha-Land weiter stärken“. Das ist gut und richtig so, denn die Einrichtungen in Brandenburg versorgen die Brandenburgerinnen und Brandenburger, aber auch die Berliner mit guten Reha-Einrichtungen. Das muss auch in Zukunft sichergestellt werden, weil es ein wichtiger Punkt für die gesundheitliche Versorgung ist.

Ich will kurz etwas zur ältesten Kurstadt der Mark Brandenburg, Bad Freienwalde, mit der Einrichtung „Fachklinik und

Moorbad für Rheumatologie und Orthopädie“ sagen. Gut 40 % der Patienten dort kommen aus Berlin. Das ist gut so, Sie wissen selber, was es bedeutete, wenn das wegbrechen würde.

Zum Schluss will ich noch ganz kurz auf die Chance und Herausforderung in der Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg beim Thema Fachkräftesicherung eingehen: Die Chance ist und die nutzt Brandenburg, ich bin Ministerin Tack dafür sehr dankbar -, dass die Kooperation mit der Charité erneut gelungen ist und in Brandenburg derzeit 100 Studierende an elf Lehrkrankenhäusern unterwegs sind und somit auch vor Ort eine gesundheitliche Versorgung sicherstellen.

Eine Herausforderung in der Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg gibt es im Pflegebereich - das ist deutlich geworden. Hier müssen wir aktiver werden. Es ist nicht nachvollziehbar, dass es in Berlin eine andere Vergütung als in Brandenburg gibt und dadurch die guten Fachkräfte von Brandenburg nach Berlin wechseln. Hier sind die Pflegekassen in der Verantwortung, dass endlich eine Einheit zwischen Berlin und Brandenburg hergestellt wird. - Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büchel. - Es gab die Anmeldung einer Kurzintervention von Herrn Abgeordneten Genilke. Dazu haben Sie jetzt die Gelegenheit.

Sehr geehrter Herr Büchel!

(Büchel [DIE LINKE]: Sehr geehrter Herr Kollege!)

Nachdem Sie hier festgestellt haben, dass alles im Lande gut ist, will ich Ihnen ein bisschen Wasser in den Wein gießen. Ich selbst bin im Aufsichtsrat eines Klinikums im Süden unseres Bundeslandes. Da kann ich Ihnen sagen, dass nicht alles so rosig ist, wie Sie es hier darstellen. Ganz im Gegenteil! Wir führen Gespräche, der Landrat, auch die Geschäftsführung meines Klinikums - da werden mal ganz schnell die Knie-TEP‘s herausgenommen, obwohl man da eine gedachte Zahl von 5 % der Operationen eingezogen hat. Das bedeutet für uns definitiv einen Nachteil, wenn wir schon wissen - und das sagen Sie auch selbst -, dass wir alle unsere Krankenhäuser erhalten. Da muss man sie auch in der Fähigkeit halten, dass sie das, was sie seit Jahren getan haben, weiterhin geordnet und qualitativ hochwertig durchführen können.

Zweiter Aspekt: In Finsterwalde - deshalb mein besonderer Bezug zu dieser Sache - gibt es zum vierten Bauabschnitt, wo es vor allem um den Ausbau der Notaufnahme geht, bis heute keine verlässlichen Zahlen, keine verlässlichen Hinweise, wie das eigentlich weitergehen kann. Versprochen wurde es vor ewigen Zeiten - wir sind heute weiter von diesem Bauvorhaben entfernt als je zuvor. Das will ich an der Stelle wenigstens einmal gesagt haben

(Zuruf von Ministerin Tack)

- Sie können gleich noch einmal dazu sprechen, Frau Ministerin -, damit klar ist, dass weiß Gott nicht alles rosig in diesem

Land ist. Wer Sie heute gehört hat, denkt, es gehe nur noch aufwärts. Nein, ich muss Ihnen sagen: Erden Sie sich ein Stück weit, dann kommen wir in der Sache vielleicht auch weiter. Vielen Dank.

(Beifall CDU - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Genilke. - Herr Abgeordneter Büchel hat die Möglichkeit, darauf zu reagieren.

(Zuruf von der CDU: Aber fachlich!)

Moment bitte. - Sollten die Besucherinnen und Besucher aus Finsterwalde schon hier sein, begrüße ich sie hier ganz herzlich.

(Heiterkeit bei der SPD sowie Zuruf: Ach, darum! - All- gemeiner Beifall)

Okay, jetzt kann ich die Kurzintervention des Kollegen natürlich ganz anders bewerten. - Herr Kollege, Sie geben mir doch aber Recht, dass es gut ist, dass Kommunen in der Verantwortung sind, Krankenhäuser zu betreiben, und so Verantwortung für eine Sicherstellung in der gesundheitlichen Versorgung tragen. Und Sie geben mir doch Recht, dass ich deutlich gemacht habe, dass nicht alles rosig ist, aber dass die Krankenhäuser ein wichtiger Anker für die gesundheitliche Versorgung und eine Chance sind, um die zukünftige Gestaltung in der gesundheitlichen Versorgung sicherzustellen, bei allen Schwierigkeiten, die es regional noch gibt. Aber Sie wissen möglicherweise selber - gerade was die Finanzierung, was die Investitionen angeht -, dass wir da eine Veränderung vorgenommen haben. Soweit ich weiß, sind die Krankenhäuser mit dieser Veränderung sehr gut unterwegs und haben sich sehr positiv dazu geäußert, dass genau diese Umstellung der Investitionspauschale vorgenommen wurde.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büchel. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP fort. Herr Abgeordneter Tomczak, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Meine Vorrednerinnen und Vorredner sind bereits auf die wesentlichen Eckpunkte des vorliegenden Berichts eingegangen. Ich denke, es herrscht Einigkeit darüber, dass die Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg in den vergangenen 10, 15 Jahren eine enorme Entwicklung genommen hat; die genannten Zahlen belegen das.

Viele der bislang realisierten Projekte möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich loben: Da sind die Medizinischen Versorgungszentren, die man umgangssprachlich immer noch als Polikliniken bezeichnet - dieser Begriff ist aus den Köpfen der Menschen nicht herauszukriegen, das ist auch gut so, selbstver

ständlich -, die maßgeblich zur Verzahnung von ambulanter und stationärer Leistung beigetragen haben. Gleiches gilt für die Krankenhäuser, die als Anker der medizinischen Versorgung in allen Regionen Brandenburgs unersetzlich sind.

Damit wir in der Hauptstadtregion auch künftig über qualitativ und quantitativ gute Angebote verfügen können, müssen wir alle aber gemeinsam daran weiterarbeiten, den Erfolg zu verstetigen und weitere Wachstumspotenziale erschließen. Leider ist es der Landesregierung in dem vorliegenden Bericht nur bedingt gelungen, den weiteren Weg zur Stärkung der Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg aufzuzeigen. Passenderweise hat jedoch der in der vergangenen Woche in Potsdam durchgeführte Health Circle der Initiative Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg ein Zwischenfazit der Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg gezogen und einen Ausblick versucht. Lassen Sie mich daraus einige Ergebnisse kurz zusammenfassen.

Erstens: Die Entwicklung der Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg geht in die richtige Richtung. Insbesondere die Politik kann und sollte sich noch aktiver in den Gestaltungsprozess einbringen. Dies gilt aus Sicht meiner Fraktion insbesondere für die Unterstützung der Ansiedlung einer privaten medizinischen Fakultät im Land, die von der Landesregierung bisher eher behindert denn gefördert wurde. Dies gilt aber auch für die Stärkung der Forschung. Nun hat Brandenburg keine Uniklinik, dafür aber viele kleine und mittelgroße Forschungseinrichtungen, die schon heute einen großen Beitrag zur Stärkung des Standortes leisten. Eine vorausschauende Hochschul- und Wissenschaftspolitik würde diesen Ball aufnehmen und neben der Vernetzung mit der Politik des Landes Berlin auch die Spezialisierung und damit die Spitzenforschung in Brandenburg stärken.

Zweitens: Um die Gesundheitsregion für den internationalen Wettbewerb zu rüsten, um Unternehmensansiedlungen zu fördern und den Fachkräftebedarf decken zu können, benötigen wir auch hier eine attraktive Infrastruktur. Die diesbezügliche Frage der Ausstattung und Finanzierung wird aber keines der Länder allein beantworten können, sondern dies gelingt nur im gemeinsamen Schulterschluss.

Es ist richtig, mittelfristig auf die Telemedizin als innovative Versorgungsform zu setzen. Dies macht aber nur dann Sinn, wenn ich auch die entsprechenden Datenleitungen habe. Diese haben wir im Land aber nicht flächendeckend, was auch ein Versäumnis der Landesregierung ist.

Drittens: Brandenburg und Berlin müssen ihre Krankenhausplanung stärker als bisher harmonisieren. Dies gilt weniger für die peripheren Regionen als für den berlinnahen Raum, in dem wir - auch dies gehört zur Ehrlichkeit - eine klare Überversorgung im stationären Bereich haben, den es dem Bedarf anzupassen gilt. Die in diesem Zusammenhang frei werdenden fachlichen Kapazitäten sollten dann dafür genutzt werden, das Angebot in unterversorgten Gebieten zu stärken.

(Beifall der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Dies - hier unterscheiden wir Liberale uns von der Landesregierung - ist aber nicht Aufgabe der Politik, sondern der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, allen voran die Kassenärztliche Vereinigung. Ich hätte mir gewünscht, dass dieses Thema

im Bericht der Landesregierung stärker Berücksichtigung gefunden hätte.

Viertens: Beide Länder müssen noch deutlich sichtbarer im Ausland in Erscheinung treten. Internationale Gesundheitsmessen sind die Plattform, sich zu profilieren, neue Fachkräfte anzuwerben und bei Unternehmen den Standort Berlin-Brandenburg zu vermarkten.

Von der Landesregierung erwarte ich auch hier klare Aussagen dazu, wo sie entsprechende Märkte sieht und wie sie als Türöffner für die hier ansässigen Gesundheitsunternehmen agieren möchte. Stichwort: Außenhandelsstrategie.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, vieles ist im Fluss, aber vieles kann noch besser werden. Lassen Sie uns daher auch als Parlament darauf hinarbeiten, die Zusammenarbeit mit Berlin weiter zu vertiefen und an den richtigen Stellen einen Mehrwert für die hier lebenden Menschen sowie für die Unternehmen zu generieren. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tomczak. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete Nonnemacher erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste aus Finsterwalde, für deren Interessen sich Herr Genilke hier so lebhaft und engagiert in die Bresche geschlagen hat! Bereits im Jahr 2012 bekam der Masterplan für die Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg eine Reduzierung der Handlungsfelder verpasst. Statt zwölf gibt es nunmehr vier branchengeleitete Handlungsfelder, die von fünf Integrativthemen durchzogen werden.

Ich möchte einige Aspekte zur Medizintechnik, zum Gesundheitstourismus und zur Fachkräftesicherung ansprechen. In das Handlungsfeld Medizintechnik fällt der von Brandenburg mit 1,5 Millionen Euro geförderte Aufbau eines ganzen Telemedizin-Netzwerkes zur Versorgung von kardiologischen Hochrisikopatienten.

Zwischen dem Carl-Thiem-Klinikum Cottbus, dem Städtischen Klinikum Brandenburg sowie der Charité Berlin wurde ein Versorgungsnetz zur Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Herzschwäche etabliert. Dieses Projekt prüft bis zum Jahr 2015 in einer Studie mit 1 500 Teilnehmern, ob mithilfe der Telemedizin Krankenhauseinweisungen vermieden werden können, ob die telemedizinische Mitbetreuung ein Lösungsansatz für Patientinnen und Patienten im ländlichen Raum ist und inwieweit die Betreuungsqualität für Herz-KreislaufErkrankte verbessert wird.

Solche Projekte halte ich insbesondere für die peripheren Räume Brandenburgs für unerlässlich, in denen eine zunehmend ältere, multimorbide und auch in ihrer Mobilität eingeschränkte Bevölkerung mit einer tendenziellen Unterversorgung an Haus- und Fachärzten konfrontiert ist.

Im Handlungsfeld Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitstourismus finden sich einige Hinweise auf Gesundheitszieleprozesse, was auch gut so ist. Dazu gehören unter anderem „Gesund älter werden im Land Brandenburg“ sowie das Netzwerk „Gesunde Kinder“.

Über den Gesundheitstourismus erfahren wir aber leider gar nichts. Dabei ist Brandenburg doch das Reha-Land und ideal für den klassischen Gesundheitstourismus. Das Kooperationsnetzwerk „Gesundheits- und Wellnesstourismus Land Brandenburg“ sollte das Ziel verfolgen, die Alleinstellungsmerkmale der Gesundheitsregion aufzuzeigen und damit die Nachfrage nach gesundheitstouristischen Angeboten zu verbessern. Jedoch wird darüber nichts berichtet.

Ganz anders hört sich das für Berlin an. Zu lesen ist, dass in der Hauptstadtregion der Gesundheitstourismus boomt. Immer mehr Menschen kommen zur Behandlung nach Deutschland, vor allem nach Berlin. Das kann die Bundeshauptstadt auch gut erfüllen, zumal sie mit 18 000 Fachärzten und Spezialisten sowie 121 000 Hotelbetten, sechs großen Kongresszentren und -hallen sowie modernsten Wellnessanwendungen eine hervorragende Infrastruktur für Medizin- und Gesundheitsreisen bereithält.

Wenn die Großstadt Berlin die Voraussetzung für den internationalen Zustrom von Patienten ist, dann spielt der Patientenund Gesundheitstourismus für Brandenburg offensichtlich nur eine völlig untergeordnete Rolle. Am besten sollten wir eine Zielrevision im Cluster Gesundheitswirtschaft, Handlungsfeld Gesundheitstourismus vorschlagen, weil Berlin ja sowieso nicht einzuholen ist.

Ähnlich verhält es sich mit der Absicht, Brandenburg als RehaLand zu stärken. Die Kapazitäten reichen für die Versorgung aller Berliner und Brandenburger aus. Obwohl es laut Bericht keinen Raum für zusätzliche Rehabilitationskliniken geben dürfte, gehen diese in Berlin munter ans Netz. Mit der Zusammenarbeit hapert es wohl auch in diesem Feld noch erheblich.

Um die Gesundheitsversorgung sicherzustellen, brauchen wir ausreichend Fachkräfte, insbesondere für die Pflege im Rehabilitationsbereich und in der häuslichen Versorgung. Pflegefachkräfte wachsen leider nicht auf den Bäumen. Zwar wurden die neuen Modellstudiengänge Pflegewissenschaft und Therapiewissenschaft an der BTU am Standort Senftenberg eingerichtet, aber davon sind die Pflegekräfte noch nicht verfügbar. Leider hören wir auch nichts über die Unterstützung für die häuslich Pflegenden.

Der Landtagsbeschluss vom Juni 2013 hatte den etwas hochtrabenden Titel „Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg - Die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung steht im Mittelpunkt“. Doch genau dies ist offensichtlich nicht der Fall. Mir als Ärztin ist sowieso immer etwas zwiespältig zumute, wenn ich von Gesundheitswirtschaft höre.

(Beifall der Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE] und Frau Mächtig [DIE LINKE])