und somit auch die Versorgungsqualität mitzubestimmen. Außerdem vertritt sie die Belange der beruflich Pflegenden in der Politik, in den Gremien der Selbstverwaltung, bei Behörden und vor Gericht.
Die Attraktivität der Pflegeberufe kann so eine deutliche Steigerung erfahren, woraus eine Abmilderung des zu erwartenden Fachkräftemangels resultieren würde. Wir Grünen haben dieses Zukunftsthema bereits vor Jahren erkannt und uns schon im November 2013 gemeinsam mit der CDU für die Prüfung der Voraussetzungen zur Errichtung einer Pflegekammer im Landtag eingesetzt. Damals herrschte bei der Regierungskoalition noch große Skepsis gegenüber der Notwendigkeit einer Kammer als Ausdruck der selbstverwalteten Pflege. Insbesondere wurden Befürchtungen geäußert, eine Verkammerung würde den leider niedrigen gewerkschaftlichen Organisationsgrad in der Pflege weiter schwächen.
Das Handlungsfeld der Gewerkschaften aber, allem voran in Fragen von Tarifverhandlungen und -vereinbarungen, wird nicht eingeschränkt. Gewerkschaften können Pflegende nicht in gesundheitspolitisch relevanten Gremien vertreten, die von einer Pflegekammer als Körperschaft öffentlichen Rechts wahrgenommen werden könnte. Die Gewerkschaft vertritt die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wohingegen die Pflegekammer Berufspolitik macht. Es ist unnötig, hier ein Konkurrenzszenario zu entwerfen. Kammer und Gewerkschaften schließen sich nicht gegenseitig aus. Im Gegenteil, beide können nebeneinander und miteinander für die Belange einer guten und starken Pflege kämpfen.
Die Debatte um die Pflegekammern wird in den Ländern seit Jahren aktiv geführt. In Rheinland-Pfalz wird 2016 die erste Pflegekammer ihre Arbeit aufnehmen, in Schleswig-Holstein soll das Gesetz zur Etablierung der Kammer in diesem Sommer in Kraft treten. Auch die Niedersächsische Landesregierung plant die Errichtung einer Pflegekammer ab 2016. Wie wichtig es ist, die Meinungsbildungsprozesse innerhalb der Pflege zu befördern und zu beobachten, sehen die Landesregierungen in Bayern und Hamburg. In Bayern ist eine knappe Mehrheit für die Pflegekammer, in Hamburg nicht. In Mecklenburg-Vorpommern steht die Auswertung der Befragung aus.
In Brandenburg hat sich eine Initiative „Pflegekammer Brandenburg“ gebildet und es läuft seit einigen Tagen eine OnlinePetition. Beides dürfte den erwähnten Meinungsbildungsprozess stimulieren. Die rot-rote Landesregierung zeigt sich bisher leider relativ passiv. Die Ergebnisse der Debatten wolle man beobachten, hören wir von unserer Ministerin. Das Land Berlin in einer gemeinsamen Gesundheitsregion mit Brandenburg befindlich - geht nun aktiv vorneweg. Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat, während hier abwartend beobachtet wurde, eine Studie zur Akzeptanz einer Pflegekammer abgeschlossen - mit eindeutigem Ergebnis: Fast 59 % der Befragten befürworten sie, lediglich 17 % votieren dagegen. Diesen Schwung müssen wir in Brandenburg aufnehmen. Die Zeit des Abwartens ist vorbei. Wir sind Teil dieser gemeinsamen Gesundheitsregion.
Immerhin hat sich die Landesregierung der absehbaren Entwicklung nicht mehr völlig verweigert und schon einmal Geld für eine Befragung und Infokampagne zur Pflegekammer in
den Haushalt eingestellt. Aus Berlin wissen wir, dass sich der Studienverlauf über sieben Monate erstreckt hat und vorgeschaltete Experteninterviews, eine Infokampagne sowie die anschließende repräsentative Befragung von ca. 1 200 Pflegeberuflern beinhaltete.
Um den Anschluss an Berlin nicht noch weiter zu verlieren, gilt es bereits jetzt vorbereitend tätig zu werden, damit das eingestellte Geld umgehend nach Verabschiedung des Haushaltes eingesetzt werden kann. Sollte sich auch in Brandenburg die Mehrheit der Befragten für die Errichtung einer Pflegekammer aussprechen, fordern wir, dass das Land zügig die Voraussetzungen dafür ermöglicht - und das in enger Abstimmung mit dem Berliner Senat. Denn in einer gemeinsamen Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg halten wir auch die Errichtung einer gemeinsamen Pflegekammer für wünschenswert.
Ich möchte noch zwei Sätze zum vorliegenden Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen sagen. Ich denke, wir liegen nicht weit auseinander. Was im Entschließungsantrag steht, kann ich voll inhaltlich unterschreiben. Das ist genau das, was gemacht werden muss. Es geht nur ein bisschen um den Zeitrahmen. Hier steht, dass „unter Berücksichtigung bereits vorliegender Erfahrungen und Ergebnisse anderer Bundesländer“ zunächst ausgewertet werden soll. Wenn Sie meinen, dass wir uns das, was in Berlin gelaufen ist, zügig angucken und zügig darangehen, dann können wir diesem Antrag zustimmen. Wenn es aber heißt, dass wir uns jetzt zunächst drei Jahre lang anschauen, wie die Pflegekammer in Rheinland-Pfalz funktioniert, dann liegen wir nicht ganz auf einer Linie. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gott sei Dank dürfen die Pflegerinnen und Pfleger in Brandenburg selbst mitdenken und entscheiden. Seit fast 20 Jahren sind engagierte Pflegekräfte, die sich berufspolitisch einsetzen, für eine Pflegekammer unterwegs. Auch in Brandenburg, das ist richtig gesagt worden, gibt es seit etwa 14 Tagen eine Online-Petition mit derzeit 263 Unterstützerinnen und Unterstützern.
Das Thema Pflegekammer wird schon lange kontrovers diskutiert. Die Kritiker verweisen auf die Pflichtmitgliedschaft und die Pflichtbeiträge für die Pflegekräfte und warnen vor dem Aufbau bürokratischer Strukturen. Die Befürworter versprechen sich eine Stärkung der Stellung der Pflegekräfte im Gesundheitssystem. Von der Registrierung der Berufsangehörigen in einer Kammer erhofft man sich verlässliche Planungsstrukturen, was sich positiv auf die Fachkräftesicherung auswirken kann.
Heute liegt ein Antrag von der Fraktion der CDU und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor, in dem Sie mit Ihrer
Überschrift fordern: „Den Weg zur Pflegekammer jetzt auch in Brandenburg frei machen!“ Im letzten Absatz der Begründung Ihres Antrages stellen Sie aber fest:
„Begrüßenswerterweise hat die Landesregierung Geld für eine Befragung und Infokampagne zur Pflegekammer in den Haushalt 2015/16 eingestellt.“
Insofern wird deutlich, Kollegin Nonnemacher, dass die Landesregierung sich längst auf den Weg gemacht hat. Auch auf die mündliche Anfrage der Kollegin Schier vom 21. Januar antwortete die Landesregierung, für das Thema Pflegekammer offen zu sein, und verwies darauf, natürlich und selbstverständlich Erfahrungen anderer Bundesländer einfließen zu lassen warum auch nicht? Erfahrungen anderer Bundesländer zeigen, dass für eine solche Umfrage eine gute Information der zu Befragenden notwendig ist. Breit angelegte Informationsveranstaltungen müssen stattfinden. Das geht nicht mit einem Schnellschuss, denn man möchte die Pflegekräfte erreichen. Man möchte sie bei diesem Prozess mitnehmen.
Daraus ergibt sich unser Entschließungsantrag. Unter Punkt 1 können Sie erkennen, dass wir - unter anderem aufgrund der Erfahrungen in anderen Bundesländern - riesengroßen Wert auf solch eine allumfassende Informationskampagne legen. In Niedersachsen haben 67 % für die Pflegekammer votiert, aber für eine Pflichtmitgliedschaft mit Pflichtbeitrag waren es nur noch 42 %. Insofern müsste über diese Prozesse umfassend informiert werden.
Wir möchten auch, dass ein Konzept für solch eine repräsentative Befragung erstellt wird und wir dies mit Experten im Fachausschuss diskutieren und erörtern. Denn es müssen Fragen beantwortet werden, meine Damen und Herren, die in Niedersachsen ebenfalls aufgetreten sind - übrigens ist die CDU in Niedersachsen absolut dagegen, das nur am Rande - wie: Warum sollen Pflegekräfte verkammert werden, die einen Arbeitnehmerstatus haben? - Sie üben keinen freien Beruf aus und sind insofern nicht mit denen zu vergleichen, die stets zum Vergleich herangezogen werden: Ärzte, Architekten und Rechtsanwälte. Diese Fragen müssen wir diskutieren und besprechen. Wir möchten, dass eine unabhängige Institution diese Befragung völlig wertneutral durchführt und der Fachausschuss darüber immer wieder informiert wird und sich auch aktiv einbringt.
Für uns ist und bleibt wichtig: Die Entscheidung über die Errichtung einer Pflegekammer darf nicht über die Köpfe der Pflegekräfte hinweg erfolgen. Wenn von Ihnen der große Ruf danach kommt, werden wir die Letzten sein, die das nicht wollen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Lehmann, ich weiß gar nicht so recht, wo ich anfangen soll. „Die Landesregierung hat sich längst auf den Weg gemacht“: Am 06.11.2013 hat die CDU den Antrag gestellt, zu prüfen, ob
eine Pflegekammer in Brandenburg gegründet werden soll. Die Antwort der damaligen Ministerin lautete:
„Wir sind in Verabredung mit Berlin, um die Bedingungen zu besprechen, auszutesten, eine gemeinsame Umfrage mit Berlin macht Sinn …“
Wir haben den Antrag - gemeinsam mit den Grünen - eingebracht, die Landesregierung aufzufordern, zeitnah eine Befragung zu initiieren. Berlin ist laut der damaligen Ministerin der Partner gewesen und man war in Abstimmung, aber man hat das lediglich gesagt und es nicht weiter verfolgt.
Ich habe im letzten Jahr eine Pflegetour gemacht und 40 stationäre und ambulante Einrichtungen besucht.
In der Tat gibt es ganz unterschiedliche Auffassungen. Die einen haben gesagt: Frau Schier, ich bin sofort dafür und würde es machen. Die anderen sagen: Lassen Sie mich bloß in Ruhe eine Verkammerung will ich nicht.
Übrigens zur Verkammerung im Hinblick auf die Angestellten: Herr Schierack sagte gerade, dass über die Hälfte der Ärzte angestellte Ärzte sind. Das ist also kein Argument gegen die Pflegekammer.
Es ist aber auch überhaupt nicht unser Ansinnen - weder das von den Grünen noch das von der CDU - zu sagen: Wir brauchen die Pflegekammer. Wir wollen die Befragung. Wir wollen, dass die Pflegekräfte und die Einrichtungen sagen: Ja oder Nein.
Möglicherweise sagen in Brandenburg weniger als 50 % Ja, dann errichten wir die Pflegekammer nicht. Aber machen wir es doch endlich!
Nun komme ich zu Ihrem Entschließungsantrag und der Stelle, die Kollegin Nonnemacher auch angesprochen hat. Berlin hat für die Befragung sieben Monate gebraucht. Sie wollen eine Informationskampagne konzipieren. Das ist zunächst ganz gut. Dann wollen Sie unter Berücksichtigung bereits vorliegender Erfahrungen ein Konzept erstellen. Dann wird eine unabhängige Institution mit der Durchführung und Auswertung beauftragt, und erst dann reden wir im Fachausschuss darüber. In wie vielen Jahren ist das dann bitte? Was schwebt Ihnen da so vor?
Ihr Entschließungsantrag trägt ja den Namen „Errichtung einer Pflegekammer nur im breiten Konsens mit den Betroffenen“; da bin ich durchaus bei Ihnen. Wenn Sie mir sagen, in fünf Mi
nuten ist das alles, was Sie hier auflisten, erledigt, dann würden wir Ihrem Entschließungsantrag zustimmen.
Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal sind wir uns an dieser Stelle einig, dass es zunächst darum gehen muss, die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften deutlich zu verbessern. Wir haben im Dezember letzten Jahres einen Antrag zur Pflegeoffensive eingebracht. Die Diskussion um die Pflegekammer ist ein ganz entscheidender Baustein und insofern ist sie heute hier richtig und in Ordnung. Wir müssen sie allerdings ein wenig versachlichen.
Als ich in meinem Wahlkreis eine Einrichtung besuchte, wurde mir berichtet, dass man dort händeringend Pflegekräfte gesucht hatte und Auszubildende fand, die Brandenburg nach Abschluss der Ausbildung allerdings verließen, weil sie woanders mehr Geld verdienen konnten. Die Einrichtung musste dann von Neuem anfangen zu suchen und das ganze Spiel ging von vorne los. Insofern wissen wir also, dass wir hier ein immenses Problem haben. Wir wissen, dass der Bedarf an Pflegefachkräften in Zukunft enorm anwächst und dieser Bedarf gedeckt werden muss.
Wir können uns durchaus vorstellen, dass eine Pflegekammer ein Weg zur Verbesserung dieser Arbeitsbedingungen ist. Wir sind aber auch - das unterscheidet uns vielleicht - noch ein wenig skeptisch. Ich will diese Skepsis begründen. Sie sagen in Ihrem Antrag, dass Sie als Ausgangspunkt die Berliner Umfrage nehmen. Diese Berliner Umfrage muss man sich genauer anschauen: Sie sagen, 58 % könne man als eindeutiges Votum erachten. Für mich ist es jedoch nicht so eindeutig. Denn 79 der 703 Kammer-Befürworter haben nur Ja gesagt, wenn keine Beiträge erhoben werden. 471 sind bereit, maximal 10 Euro zu zahlen, und nur 5,6 %, also 68 Befürworter, sind bereit, 11 Euro oder mehr zu zahlen. Es sei dazu gesagt, dass nur ein Teil der Pflegekräfte befragt wurde, nämlich nur die in den Krankenhäusern; diejenigen in stationären und ambulanten Einrichtungen wurden nicht befragt.
Frau Lehmann hat auf die Umfrage in Niedersachsen verwiesen. 67 % waren für die Errichtung einer Pflegekammer, aber als es um die Frage ging, ob die Pflichtmitgliedschaft und der Beitrag auch in Ordnung seien, haben nur noch 42 % gesagt, dass sie das in Ordnung finden und für eine Pflegekammer sind. Das macht deutlich, dass es bei diesen Umfragen ein Informationsdefizit gab, und zwar ein erhebliches. Genau diesen Fehler wollen wir in Brandenburg nicht machen.