Es gibt auch eine Menge Diskussionsbedarf in Deutschland, so zur Frage der Entwicklung bei öffentlichen Petitionen oder dem Umgang mit privaten Internetpetitionsplattformen wie change.org, petition24.de oder openpetition.de. Ich finde es richtig, dass wir als Petitionsausschuss zunächst der Verwal tung den Auftrag erteilt haben, zu prüfen, wie weiter mit elek tronischen Möglichkeiten des Einreichens und der Bearbeitung von Petitionen umzugehen ist, und bin gespannt auf das Ergeb nis.
Im letzten Bericht des Petitionsausschusses - vom 10.06.2014 - habe ich gelesen, dass sich die Neufassung des Petitionsge setzes des Landes Brandenburg, am 21. Dezember 2010 in Kraft getreten, nach Auffassung des Ausschusses bewährt hat, so auch die neu eingeführte Regelung zum Umgang mit Sam mel- und Massenpetitionen, die bei den Petenten auf Akzep tanz gestoßen sei. Das mag sein, aber üben müssen wir noch ein wenig, wie solche Petitionen öffentlichkeitswirksam entge gengenommen werden. Das dürfte in Zukunft eine Aufgabe des gesamten Ausschusses sein und nicht nur des Vorsitzen den. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle gen! Sehr verehrte Gäste! Für mich ist es heute die erste Rede über die Ergebnisse der Arbeit aus einem Jahr Petitionsaus schuss. Daher möchte ich mich zunächst dem Dank meiner Vorredner an unser Sekretariat anschließen.
Ich komme selbst aus einer Verwaltung. 27 lange Jahre habe ich in Berlin einige Dienststellen durchlaufen und glaube schon, ein Urteil darüber abgeben zu können, welche Arbeit ein Referat leistet oder nicht. Zu den Mitarbeitern unseres Peti tionsausschusses fällt mir wirklich nur Gutes ein.
Jedes Jahr erreichen uns Hunderte Petitionen. Wir haben ge hört, 719 waren es jetzt. Das heißt, rund 60 bis 70 davon be handeln wir jedes Mal in unseren Ausschusssitzungen.
Jede dieser Petitionen, egal wie abwegig das Anliegen sein mag, wird von unseren Referenten sachlich neutral, mit juristi scher Akribie und - Frau Dr. Liedtke, da bin ich ein bisschen großzügiger zu unseren Mitarbeitern - wirklich großem mensch lichem Einfühlungsvermögen aufbereitet und wird die Antwort
vorbereitet. Diese Kombination aus Neutralität, Akribie und Empathie ist eine Eigenschaft, die unter Aberdutzenden Bewer bern für solch eine Tätigkeit nur selten zu finden sein dürfte.
An dieses Lob wollte ich eigentlich eine Bitte anschließen. Aber ich habe gerade gehört - das wusste ich noch gar nicht, da kann ich gleich danke sagen -, dass Sie dafür gesorgt haben, dass der Personalpool unseres Petitionsausschusses entschei dend verstärkt wurde. Denn der Petitionsausschuss ist Dienst für den Bürger, vielleicht der direkteste und unmittelbarste Dienst, den wir hier im Landtag leisten können. Darum muss es uns allen am Herzen liegen, diesem Bereich die personelle Leistungsfähigkeit zu erhalten.
Wenn ich jetzt zu den eigentlichen Petitionen komme, fallen mir - wie schon im Bericht erwähnt - zunächst auch die Außen termine ein. Ob nun die Bürgersprechstunden in den Kreisen oder die Besichtigungen zu konkreten Fällen, jedes Mal fand eine hervorragende Vorbereitung seitens des Sekretariats statt, und meist konnten wir uns ein aufschlussreiches Bild über die Vorgänge machen. Letztlich konnten wir fast immer etwas für die Menschen im Land bewegen, auch wenn es nur die Klä rung von Rechtsfragen war, die für die Bürger zuvor ein Buch mit sieben Siegeln waren.
Ich glaube, ich spreche hier für alle Kollegen des Petitionsaus schusses, wenn ich sage: Die Arbeit macht nicht nur viel Freu de, nein, sie motiviert auch. Man schaut bei den Vorgängen nicht auf die Uhr und versucht, sie möglichst schnell vom Tisch zu bekommen, sondern gibt jeder Petition bis hin zum Ortstermin den Bearbeitungsrahmen, den sie verdient.
Abschließend möchte ich mich noch über eine Begebenheit freuen, die sich in unserer letzten Ausschusssitzung ergeben hat. Wie Sie wissen, hat meine Fraktion im März einen Ge setzentwurf eingebracht, der die Einreichung von Onlinepeti tionen ermöglichen sollte. Sie haben unseren Antrag damals abgelehnt, die Gründe will ich jetzt nicht weiter erläutern, aber sie hatten sicherlich - wie üblich - damit zu tun, dass der Antrag von uns kam. Sei‘s drum. Denn zwischenzeitlich er reichte uns eine Petition, die eine ganz ähnliche Absicht ver folgte, nämlich Petitionen online einreichen zu können. Die rechtliche Prüfung dieser Petition ergab, dass es sehr wohl Wege gibt, eine Petition auch per E-Mail einzureichen und trotzdem die Identität des Petenten sicherzustellen, zumindest in dem Rahmen, den das Petitionsgesetz vorsieht. Im Gegen satz zu unserem damaligen Ansatz bedarf es hier nicht einmal einer Gesetzesänderung.
Nun will ich den Tag nicht vor dem Abend loben, für die Um setzung der E-Mail-Petitionen bedarf es noch der rechtlichen Prüfung der Datenschutzbeauftragten. Aber wenn dieses Ver fahren zulässig sein sollte, wäre das ein toller Erfolg für unsere Bürger. Mit einem kleinen Augenzwinkern darf ich feststellen, dass der Petitionsausschuss somit auch informationstechnisch in der Gegenwart angekommen wäre. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Zu uns spricht nun die Abgeordnete Schi nowsky für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Petitionsausschuss beschäftigen wir uns mit den diversen Anlie gen der Bürgerinnen und Bürger, mit Hoffnungen, Wünschen, zum Teil mit Notlagen, mit politischen Anliegen. Ich möchte noch einmal betonen, was eingangs schon anklang: Es ist eine wichtige und gute Möglichkeit, sich für seine Anliegen einzuset zen, und wenn es das Petitionsrecht nicht schon gäbe, dann müssten wir es erfinden. Besonders gut ist, dass man unabhängig vom Alter und von der Staatsangehörigkeit mitwirken kann, ein fach nur, weil man hier lebt - ein wichtiges Gut in diesem Land.
Ich bin nicht nur neu im Landtag sondern auch neu in dem Ausschuss und möchte an der Stelle einmal jedem und jeder Abgeordneten, der oder die noch nicht im Petitionsausschuss war, empfehlen, da einmal reinzugehen, weil das nämlich sehr lehrreich ist und sich lohnt. Ich will nicht sagen, dass wir ein zelnen Abgeordneten Fachidioten sind, aber wir sind Spezia listen für unsere Themen, und im Petitionsausschuss hat man die Chance, sich etwas breiter aufzustellen, dank der sehr guten Vor- und Zuarbeiten unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort und dem, was von den Petitionsausschusskolleginnen und -kollegen kommt. Deshalb an der Stelle einen herzlichen Dank an all die Genannten für diese tolle Möglichkeit.
(Beifall B90/GRÜNE, SPD, CDU, DIE LINKE sowie BVB/FREIE WÄHLER Gruppe Nach der Rede von Herrn Wichmann und der Nachfrage von Frau Lieske dazu muss man nicht unbedingt den Eindruck ha ben, dass wir da immer nur gut zusammenarbeiten, gleichwohl will ich sagen: Die Arbeit dort läuft weitgehend unabhängig von Fraktionszugehörigkeit und an der Sache orientiert. Das ist ein hohes Gut. An manchen Stellen gibt es Auseinanderset zungen, manchmal driftet es ab, aber in aller Regel ist die Ar beit sehr an der Sache orientiert. Ich wünsche mir sehr - und ich denke, das ist auch im Sinne der anderen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss -, dass es so weitergeht. - Vielen Dank. (Beifall B90/GRÜNE, SPD, CDU, DIE LINKE sowie BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)
Wir danken Ihnen. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste. Ich beende die Aussprache. Wir nehmen den Bericht des Petitionsausschusses zur Kenntnis.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! „Das Internet ist nur ein Hype.“ Wer kann das gesagt haben?
- Es war tatsächlich Bill Gates im Jahr 1993: Der hat damals selbst nicht an den Erfolg geglaubt und hat seinen Mitarbeitern verordnet, sich erst einmal um andere Dinge zu kümmern als unbedingt ums Internet.
Heute sieht man auf Twitter mehrfach die Information aus der Forsa-Umfrage: „Industrie 4.0 gehört zu den Wirtschaftsthe men, an denen keiner vorbeikommt.“ Genau darum geht es heute in dem Antrag, den ich begründen möchte.
2014 sind es 3 Milliarden Menschen, die das Internet nutzen. Mehr als zwei Drittel der Deutschen nutzen ein Smartphone. Die meisten kaufen im Internet ein, die Zahl hat mich selbst überrascht: Mittlerweile 90 % tätigen ihre Käufe übers Inter net. Anderthalb Milliarden Smartphones gibt es mittlerweile, bis 2020 soll sich diese Zahl verdoppelt haben.
Aus der Digitalisierung erwächst digitale Mobilität, digitales Leben und Arbeiten sind Alltag geworden. Digitalisierung be schleunigt natürlich den Austausch von Ideen und Informatio nen, auch von Gütern und Dienstleistungen, und sie vernetzt die Märkte weltweit. Sie eröffnet Chancen für neue Märkte und neue Lösungen für unsere älter werdende und sich wandelnde Gesellschaft. Der demografische Wandel: Wir reden oft über ihn und denken darüber nach, wie wir ihm begegnen können. Die Digitalisierung wird ein Baustein dabei sein. Auch fol gende Zahl muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Durch die Digitalisierung werden zukünftig 6 Millionen Ar beitsplätze ersetzt werden. Ich denke aber, davor muss keiner Angst haben. Im Gegenteil: Die Chancen und Risiken halten sich in diesem Prozess mehr als die Waage.
Digitalisierung ist ein unumkehrbarer Entwicklungsprozess, der weltweit zunehmend mehr Menschen persönliche, gesell schaftliche, politische und wirtschaftliche Chancen eröffnen kann. Deutschland muss die Chancen der Digitalisierung für eine gute wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes und da mit für sichere und neue Arbeitsplätze nutzen. Als zentrale Plattform für den digitalen Wandel, so wie es in dem Antrag steht, bietet der jährliche Nationale IT-Gipfel eine gute Gele genheit für den Diskurs zwischen Politik, Gesellschaft, Wirt schaft und Wissenschaft. Ein derartiger IT-Gipfel auf Landese bene könnte gezielt die entsprechenden Akteure in Branden burg zusammenbringen.
Der digitale Umbruch erfasst die gesamte Wirtschaft. Die In novationsfähigkeit ist Sache der Unternehmen, ganz klar. Poli tik kann der Wirtschaft weder die Ideen liefern noch Anpas
sungsprozesse ersparen. Sie kann ihr aber rechtliche Hürden und bürokratische Steine aus dem Weg räumen.
Deutschlands aktuelle Wirtschaftsstärke basiert größtenteils noch auf den Wirtschaftsstrukturen des 19. Jahrhunderts: Au tos, Maschinen, Chemie, Elektro - da waren und sind wir noch stark. Die deutsche Wirtschaft hat jedoch sehr gute Vorausset zungen, den Wandel erfolgreich zu gestalten. Wir als Politik müssen dafür die entsprechenden Rahmenbedingungen setzen. Wir müssen insbesondere den Mittelstand beim Übergang in diese digitale Welt begleiten und stärken. Was für die Industria lisierung das Fließband war, ist für die Digitalisierung die Ver netzung von Daten.
Damit komme ich zu einem hochsensiblen Bereich, über den viel diskutiert wird. Digitale Wertschöpfung steht in einem un mittelbaren Zusammenhang mit einem Zuwachs an Daten und ihrer Vernetzung. Wer Wirtschaftswachstum von Datenwachs tum entkoppeln will, der entkoppelt unsere Gesellschaft vom Wohlstand. Notwendig ist jedoch, den Menschen aller Alters gruppen eine digitale Souveränität zu ermöglichen. Das hilft natürlich auch, bestimmte Ängste abzubauen und entsprechend sicher und vorsichtig mit den eigenen Daten umzugehen.
Unsere Ausgangslage in Deutschland, aber auch in Branden burg ist gut. Die Industrie 4.0 mit vernetzten Produktionspro zessen ist eine deutsche Erfindung, das wissen die wenigsten. Internetkonzerne mögen wissen, wie man Daten erhebt, aber unsere Industrieunternehmen wissen sehr wohl, wie man Daten sinnvoll in industrielle Prozesse integriert. Diesen Vorsprung gilt es zu nutzen und vor allen Dingen zu halten.
Bei der Eröffnungsfeier der diesjährigen Cebit warnte Dieter Kempf, Chef des Branchenverbandes Bitkom: „In der Wirt schaft wird kein Stein auf dem anderen bleiben.“ - Das sind martialische Worte. Inhaltlich mag er Recht haben, aber damit kann man auch erschrecken. Deswegen sollten wir Chancen und Risiken immer gegeneinander abwägen, vor allem aber die Chancen dabei sehen.
Die Wirtschaft ist im Wandel, die Digitalisierung wird kom men, noch stärker kommen. Man kann es mögen oder nicht. Wir in Brandenburg sind gut beraten, wenn wir diesen Weg entsprechend begleiten. Den Menschen die Angst zu nehmen ist nicht einfach, aber durch diese digitale Souveränität ist es möglich. Digitalisierung als Chance: Oft genannt wurden die Bereiche Medizintechnik und digitaler Unterricht.
Ich sage es noch einmal: Wir sollten dabei den demografischen Wandel nicht vergessen. Durch Zufall - als wenn man es im September gewusst hätte, als der Antrag verschoben wurde - tagt gerade, heute und morgen, der 9. Nationale IT-Gipfel. Ich finde eine Sache, die dort postuliert wurde, sehr interessant: Nur 7 % aller kleinen und mittleren Unternehmen aus diesem Bereich schaffen es bisher, auch außerhalb des nationalen Marktes ihre Dienste anzubieten. Das ist genau der Punkt, wa rum wir diesen Antrag hier in Brandenburg stellen. Wir wissen, dass unsere Wirtschaft kleinteilig ist, wir leben von unseren kleinen und mittleren Unternehmen. Diese müssen wir unter stützen, sensibilisieren, ihnen deutlich machen, dass die digi tale Zukunft keine Zukunft mehr ist, sondern dass wir mitten drin sind und wir den Übergang schaffen müssen.
Der Umsatz, der in der digitalen Welt gemacht wird, wird nur von einem Prozent der Unternehmen realisiert, die 50 % der
grenzübergreifenden E-Commerce-Umsätze machen, nämlich von den großen Unternehmen. Wir müssen das Spielfeld für die kleinen erhalten. Wir haben Berlin mit einer riesigen Startup-Szene vor der Tür. Es gibt sie auch bei uns in Brandenburg. Wir müssen die Akteure zusammenbringen. Es gibt viele agile, kreative Akteure. Ich denke, dass wir die Digitalisierung mehr in den Fokus rücken müssen. Der Ihnen vorliegende Antrag ist ein erster guter Auftakt und Baustein, miteinander zu diskutie ren und an dem Thema zu arbeiten. - Herzlichen Dank.
Wir danken Ihnen. - Wir setzen die Aussprache mit dem Bei trag des Abgeordneten Barthel fort. Er spricht für die SPDFraktion.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wer te Gäste! Die Digitalisierung durchdringt in der Tat zunehmend alle Bereiche unseres Lebens. Sie ist nicht nur ein technisches Phänomen - das wurde eben beschrieben -, sondern ein Phäno men, das neben der Produktion und Produktionsorganisation, Bildung, Ausbildung, die Arbeitswelt und unser gesamtes Zu sammenleben beeinflusst. Unser Kommunikationsverhalten hat sich rasant verändert: mit der Einführung des PCs Ende der 80erJahre, der zunehmenden Durchdringung unserer Welt durch das Internet in den 90er-Jahren, durch die Mobiltelefone und nicht zuletzt - wie eben gezeigt - auch durch die Smartphones.
Die Allgegenwart der aus der Digitalisierung resultierenden In formationen und Bilder beeinflusst Politik, Kultur und nicht zuletzt die Sprache. Formeln wie Industrie 4.0, Arbeit 4.0, Mit telstand 4.0 und - wie im Antrag - Brandenburg 4.0 sind der Versuch, komplexe gesellschaftliche Prozesse in einfache Sprachformeln zu binden. Sprachformeln haben aber im Ge gensatz zu mathematischen Formeln den Nachteil, dass sie weitaus ungenauer sind und einen breiten Verständnisspiel raum zulassen. Laut der Märkischen Allgemeinen Zeitung re den wir in Ostdeutschland in Bezug auf die Wirtschaft inzwi schen über Wirtschaft 5.1. Was will ich damit sagen? Den Ver such, solche gravierenden Prozesse in Sprachformeln zu fassen bzw. operable Masterpläne auf Landesebene zu organisieren und damit den Prozess zu steuern, halte ich für sehr gewagt.