Protokoll der Sitzung vom 18.11.2015

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wenn ich fertig bin, ja.

... weil wir erkennen, dass diese Menschen in ihrer über großen Mehrheit eine Belastung für unser Land darstel len, eine Überforderung.

(Ness [SPD]: Eine Belastung für unser Land sind Sie!)

- Das ist unsere Meinung, Herr Ness, und jetzt rede ich. Sie können sich gern mit einer Kurzinterventionskarte melden, dann antworte ich Ihnen auch.

(Beifall AfD)

Ich kann mir vorstellen, dass Sie unglücklich darüber sind, dass wir hier sitzen - das merken wir jeden Monat mindestens einmal bei den Plenarsitzungen -, dass wir mit über 12 % bei der letzten Landtagswahl hier eingezogen sind und die Ruhe in Ihren heiligen Räumen gestört haben. Bei der Bundestagswahl werden Sie sich allerdings noch mehr ärgern.

(Domres [DIE LINKE]: Reden Sie doch einmal zum Thema!)

Denn wir werden mit mehr als 5 % auch in den Bundestag ein ziehen.

Aber das Ganze nennt man Demokratie. Einer demokratisch anerkannten Partei wird das Vertrauen der Bürger ausgespro chen, und das gilt es zu respektieren. Das bedeutet für die Alteingesessenen einen erheblichen Verlust: Verlust an Macht, Verlust an finanziellen Mitteln und nach der nächsten Landtagswahl auch den Verlust des neugeschaffenen zweiten Vizepräsidentenpostens. Dabei haben Sie es sich doch selbst zuzuschreiben: Wir sind das Produkt Ihres politischen Versa gens.

(Beifall AfD)

Auch die Massenmedien haben es nicht geschafft, uns mit ihrer jeweiligen Hofberichterstattung und der Keule gegen rechts in eine Ecke zu stellen, in die wir gar nicht gehören. All das bunte Getöse über ein „gähnendes Nichts“ hat getäuscht.

Die demokratische Auseinandersetzung findet leider auch in diesem Haus zu wenig statt. Sie, die Sie hier sitzen, haben es verlernt, sich demokratisch mit Andersdenkenden auseinander zusetzen. Es ist leicht, den politischen Gegner aufgrund eige ner Interessen politisch zu ächten. Wir wurden bereits als geistige Brandstifter

(Vogel [B90/GRÜNE]: Zu Recht!)

- und Herr Vogel meint, zu Recht -, als braune Suppe und als Nazis bezeichnet. Frau Geywitz hat auch schriftlich geäußert, wir seien eine fremdenfeindliche Partei, die offen gegen Aus länder hetze.

(Zurufe von der SPD und DIE LINKE)

Jetzt überlegen Sie mal: Nazis haben Menschen gequält, ver

gast und umgebracht. Das machen wir nicht, das haben wir auch gar nicht vor.

(Unmutsäußerungen bei SPD, DIE LINKE und B90/ GRÜNE)

Man denke einmal darüber nach, welches falsche Bild von uns Sie in der Gesellschaft vermitteln. Das ist eine bodenlose Frechheit! Einige dieser Worte wurden auch schon in diesem Landesparlament gewählt. Wer diese Worte gewählt hat, weiß jeder, das haben wir heute schon mehrfach gehört. In der Aktu ellen Stunde hat Herr Woidke allerdings zu Recht darauf hinge wiesen: Angst, Hass und Misstrauen, dass ist es, was wir jetzt nicht brauchen. - Da, Herr Woidke, stimme ich mit Ihnen auch überein.

Wir, die wir vor zwei Jahren angetreten sind, taten das aus rein ideellen Gründen. Wir sind alle Menschen aus der Mitte der Gesellschaft.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Wir sind angetreten, um in dieser Gesellschaft unserer Mei nung nach etwas zum Positiven zu verändern. Denn Wider spruch bringt Fortschritt, wenn er in der politischen Auseinan dersetzung zugelassen wird. Trotzdem werden wir beschimpft, verunglimpft und diffamiert.

(Ooch! bei SPD und DIE LINKE - Zuruf: Das machen Sie nicht?)

- Nein, das mache ich nicht.

Wie Sie bemerken, habe ich diesen Antrag gestellt, um das Be wusstsein in diesem Haus und nicht zuletzt in unserer Gesell schaft positiv zu beeinflussen, um den Blick noch einmal da rauf zu richten. Mein Antrag zielt darauf ab, sich dazu zu be kennen, jegliche Gewalt gegen politische Akteure zu missach ten und zu verachten.

(Beifall AfD)

Wenn Sie diesem Antrag nicht zustimmen, dann stimmen Sie damit im Prinzip auch gegen sich selbst.

(Beifall AfD)

Wenn Sie mir jetzt eine sachliche Frage stellen wollen und kei ne dumme, beantworte ich sie auch.

(Unmut bei SPD, DIE LINKE, CDU und B90/GRÜNE) )

Jetzt erhält der Kollege Steeven Bretz von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Ich koche innerlich und muss mich dennoch beherrschen.

(Oh! bei der AfD)

An Sie, Frau Bessin, möchte ich eine Frage richten. Erstens: Ist Ihnen bekannt, dass die AfD gefordert hat, dass die Todesstrafe wieder eingeführt wird, und zwar für politische Vertreter? Ist Ihnen zweitens bekannt, dass die AfD gefordert hat, politische Vertreter - um in Ihrer Sprache zu sprechen - der Altparteien - „an die Wand zu stellen“? Sind Ihnen diese Aussagen bekannt, und wie stehen diese im Zusammenhang mit Ihrem Redebei trag?

Letzter Punkt von meiner Seite: Wissen Sie, die Existenz der AfD ist allenfalls ein Beleg für die Fehlbarkeit des Verstandes des Menschen. Das will ich Ihnen an dieser Stelle entgegnen. - Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Da wenden Sie sich jetzt aber direkt gegen die Basis, Herr Bretz.

Ich beantworte Ihnen Ihre Fragen gerne. Ich weiß nicht, dass wir solche Forderungen gestellt hätten. Ich kann aber mit Si cherheit behaupten, dass unsere Partei die Dinge, von denen Sie gerade gesprochen haben, nicht vertritt und niemals for dern wird.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Bessin. Frau Kollegin, ich darf Ih nen sagen: Ihre Ausführungen an die Abgeordnetenkolleginnen und kollegen wörtlich: „Sie, die Sie hier sitzen, haben es ver lernt, sich demokratisch... auseinanderzusetzen“, weise ich zu rück. Ich beziehe das auch auf mich und auf jeden anderen Ab geordneten hier.

(Beifall SPD, CDU, DIE LINKE, B90/GRÜNE sowie BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)

Für die Fraktionen SPD, CDU, DIE LINKE und BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt die Abgeordnete Nonne macher. Bitte schön.

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Liebe Gäste! Die Entwicklung der politisch motivierten Kriminalität rechts und die Übergriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte sprechen eine klare Sprache. Allein im Zeitraum zwischen Juli und September 2015 wurden bundes weit 274 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte registriert - doppelt so viele wie im II. Quartal 2015.

Der Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg für 2014 verzeichnet seit Längerem erstmals wieder ein Anwach sen der Neonaziszene. Die politisch motivierte Gewalt durch Rechtsextreme hat 2014 um 62 % zugenommen. Brandan schläge wie in Nauen, Spremberg oder Blankenfelde-Mahlow gehen durch die Presse. Die abscheuliche Misshandlung einer hochschwangeren Frau aus Somalia durch Jugendliche in Bad Belzig ruft allgemeines Entsetzen hervor. Der Verein „Opfer

perspektive“ zählte von Januar bis September 2015 allein 125 rechtsextremistische Überfälle - gegenüber 92 im gesamt en Vorjahr.

Für das II. Quartal 2015 gibt die Landesregierung 14 Über griffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte sowie wei tere 23 rassistisch motivierte Straftaten in Brandenburg an. In einer Kleinen Anfrage zu Übergriffen auf Parteibüros nennt die Landesregierung für die Monate Mai und Juni 2015 elf Delikte. Davon ist einmal ein Büro der AfD in Ludwigsfelde betroffen, während allein das Parteibüro der Linken in Nauen in diesem Jahr bereits sieben Mal Gegenstand von Übergriffen war.

Vor dem Hintergrund dieser Faktenlage legt jetzt die AfDFraktion einen Antrag zur Ablehnung jeglicher Gewaltanwen dung gegen Politiker aller Fraktionen und Parteien vor, woge gen von der Überschrift her rein gar nichts zu sagen ist. Ich kann Ihnen im Namen aller Abgeordneten der hier vertretenen Fraktionen und der Gruppe der Freien Wähler versichern, dass wir verbale und tätliche Gewalt gegen Politiker aller Rich tungen auf das Entschiedenste verurteilen, selbstverständlich auch gegen Politiker und Politikerinnen der AfD.

(Allgemeiner Beifall)

Ihr Antrag geht aber vom Allgemeinen sehr schnell ins Spezi elle, setzt die furchtbare Attacke gegen die Kölner Oberbürger meisterin mit nicht näher spezifizierten Anschlägen gegen AfD-Büros gleich und kommt in der Begründung zu dem Schluss, dass linksextremistische Morddrohungen gegen AfDPolitiker das eigentliche Problem darstellen würden. Dies folgt der von der Neuen Rechten sattsam bekannten Strategie der Umwertung der Werte und Umdeutung der Realität.

(Widerspruch bei der AfD sowie Zuruf: Das ist Ihr Pro blem!)