Protokoll der Sitzung vom 19.11.2014

Ich bitte um Beantwortung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Wiese, vorschaltend möchte ich sagen, dass die Landesregierung nicht erst ab sofort Maßnahmen ergreifen wird, sondern dies schon in der Vergangenheit getan hat; darauf werde ich gleich noch kurz eingehen.

Bei den Löhnen und Gehältern gilt natürlich im Grundsatz die Tarifautonomie. Das heißt, es ist Aufgabe der Tarifparteien, durch Tarifverträge die Lohnhöhe in Ost und West zu regeln. Bei den Tariflöhnen haben wir das schon ganz gut geschafft: Hier liegt das Tarifniveau im Osten bei 97 %. Allerdings ist der Grad der Tarifbindung seit Mitte der 90er-Jahre rückläufig, und

dies betrifft insbesondere Ostdeutschland, wo nur noch knapp jeder vierte Betrieb tarifgebunden ist. Das ist der wesentliche Grund dafür, dass wir - zwar längst nicht mehr in allen Branchen, aber eben doch - eine ausstehende Lohnangleichung Ost und West haben.

Das macht deutlich, dass es Maßnahmen zur Abstützung der tariflichen Ordnung geben muss. Die Gesetzgebungskompetenz dafür liegt aber überwiegend beim Bund. Dieser hat gerade ein Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie auf den Weg gebracht, in dem die Aufnahme aller Branchen ins Arbeitnehmerentsendegesetz sowie die Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung nach dem Tarifvertragsgesetz festgeschrieben werden sollen.

Wesentlicher Bestandteil dieses Gesetzes ist aber auch die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns, der nicht nach Ost- und Westdeutschland unterscheidet. Das ist im Übrigen eine Forderung, die die Brandenburger Landesregierung bereits seit mehreren Jahren und auch wiederholt erhoben hat.

(Zustimmung bei der SPD)

Natürlich bleibt dabei das Land darüber hinaus nicht untätig. Wir haben vielmehr mit dem Landesvergabegesetz unsere eigenen Kompetenzen zur Gestaltung einer Lohnuntergrenze genutzt. Parallel dazu setzen wir auf einen starken Sozialpartnerdialog. Wir haben ein eigenes Förderprogramm entwickelt, um die Sozialpartnerschaft zu stärken und die Tarifautonomie im Osten zu erhöhen.

Bei den Renten ist es etwas komplizierter, denn sie hängen von komplexeren Sachverhalten ab. Die Höhe der Rente orientiert sich an der Höhe des Einkommens des oder der einzelnen Versicherten im Lebensdurchschnitt. Das wird natürlich von folgenden Faktoren beeinflusst: Welche Bildung, welche Qualifikation hat der- oder diejenige, wie lange war er oder sie versicherungspflichtig beschäftigt und in welcher Wirtschaftsregion hat er oder sie gearbeitet?

Aber ganz so schlimm sieht es für uns da gar nicht aus. Wenn man sich die durchschnittlichen Rentenzahlbeträge von 2012 anschaut - also bei den Menschen, die im Jahr 2012 erstmals Altersrente bezogen haben -, dann stellt man folgende Zahlbeträge fest: bei Männern in den westlichen Bundesländern 898 Euro, in Brandenburg 916 Euro; bei Frauen in den westlichen Bundesländern 493 Euro, in Brandenburg hingegen 761 Euro. Das hat etwas damit zu tun, dass die Rentnerinnen und Rentner in Brandenburg davon profitieren, dass sie weitestgehend geschlossene, langjährige Berufsbiografien haben. Genau darin liegt die Verantwortung, die wir auch wahrnehmen wollen, nämlich, diese Berufsbiografien zu stärken, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sichern und langjährige dauerhafte Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Dafür haben wir zum Beispiel in den Ausbau der Kindertagesbetreuung, die Lokalen Bündnisse für Familie, die Kindertagespflege oder die Familienfreundlichkeit in der Arbeitswelt investiert.

(Wiese [AfD]: Darf ich bitte noch eine Frage stellen?)

Ja, aber auch für Sie der Hinweis: Bitte während des Vortrages anmelden! Man muss zum Ende der Antwort erahnen, ob der

Minister, die Ministerin, die Frage umfänglich beantwortet oder nicht.

Die Antwort hat eine neue Frage hervorgerufen. Im Großen und Ganzen war meine Frage umfassend beantwortet. - Ich hatte durch mein Unglück das Glück, in einem Krankenhaus in Wriezen behandelt zu werden. Ich habe dabei erfahren, dass die Schwestern und Pfleger nach deren Aussage 13 % weniger als westliches Pflegepersonal verdienen. Können Sie mir dazu eine Antwort geben?

Das hängt sicherlich davon ab, in welchem Krankenhaus Sie behandelt worden sind, in welcher Trägerschaft sich dieses Krankenhaus befindet und ob es für dieses Haus eine Tarifbindung gibt.

Im Übrigen ist es leider so, dass gerade die Pflegeberufe insgesamt bundesweit nicht gerade zu den Berufen gehören, die besonders gut bezahlt werden, und auch daran muss sich etwas ändern.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Jetzt komme ich zu den eben schon erwähnten Fragen: Frage 10 (Vorkehrungen aufgrund des Geflügelpestausbruchs in Mecklenburg-Vorpommern), Frage 11 (Geflügelpest in Mecklenburg-Vorpommern) und Frage 12 (Hochansteckende Vogelgrippe nahe der brandenburgischen Lan- desgrenze). Ich bitte zuerst den Kollegen Gliese, seine Frage zu stellen.

In einem Mastputenbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern ist vor kurzem das hochpathogene H5N8-Influenzavirus ausgebrochen. Daraufhin wurde der betroffene Betrieb gesperrt, die Tötung des Putenbestands angeordnet und ein weiträumiger Sicherheitsbereich eingerichtet, der unter anderem bis nach Brandenburg, in den Landkreis Uckermark reicht.

Ich frage die Landesregierung: Welche Vorkehrungen hat sie in Absprache mit den zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern bereits ergriffen, um das Gefahrenpotenzial für Geflügelzuchtbetriebe bzw. Freilandgeflügelhalter sowie ihre Geflügelbestände in Brandenburg zu minimieren?

Die nächste Frage stellt Kollege Domres. Bitte schön.

Auch mich würden die Maßnahmen interessieren, die in dem entsprechenden Zeitraum in Brandenburg ergriffen worden sind, um der Ausbreitung dieser Seuche vorzubeugen.

Die nächste Frage stellt der Abgeordnete Jungclaus. Bitte.

Meine Frage bezieht sich auf den gleichen Sachverhalt und ist inhaltsgleich.

Das ging schnell. - Dann bitte ich die Landesregierung, die Fragen zu beantworten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem am 5. November 2014 in einem Putenmastbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern der Ausbruch der Geflügelpest amtlich festgestellt worden war, leitete das dortige Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt sofort die notwendigen Maßnahmen ein, die sich aus der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest ergeben.

Ich möchte hinzufügen: In ähnlichen Fällen, die wir in den vergangenen Jahren verzeichnen mussten, lief es nicht so reibungslos. Das heißt, man hat gelernt.

Zu den ergriffenen Maßnahmen gehörte die Einrichtung von Restriktionsgebieten: eines Sperrgebietes in unmittelbarer Umgebung des Seuchenherdes und eines Beobachtungsgebietes mit einem Radius von mindestens 10 Kilometern. Das Beobachtungsgebiet - danach haben Sie gefragt - reicht in den Landkreis Uckermark hinein und umfasst dort Hansfelde und Wismar als Teile der Gemeinde Uckerland.

Die Geflügelbestände im Beobachtungsgebiet wurden durch den Amtstierarzt des Landkreises Uckermark gesperrt und klinisch untersucht; virologische Untersuchungen wurden sofort eingeleitet. In den klinischen Untersuchungen konnten keinerlei Anzeichen für das Vorhandensein einer Infektion in diesen Beständen festgestellt werden. Die Auswertung der Proben im Landeslabor hat ergeben, dass es in diesen Beständen keinerlei Virus gibt.

Da aber nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der H5N8Virus in der Wildvogelpopulation vorhanden ist, wurde durch den Landestierarzt in Abstimmung mit dem Amtstierarzt für den gesamten Landkreis Uckermark sowie für die Wildvogeleinstandsgebiete im gesamten Land Brandenburg die Aufstallung des Geflügels angeordnet. Durch das Krisenzentrum in Mecklenburg-Vorpommern wurde dann das Land Brandenburg darüber informiert, dass es bei uns neun Geflügelhaltungen gibt, die Kontakte zu dem Unternehmen, bei dem die Seuche ausgebrochen ist, hatten. Daraufhin sind sofort die gleichen Verfahren eingeleitet und die gleichen Untersuchungen vorgenommen worden. Das Resultat ist, dass in diesen Kontaktunternehmen keinerlei Erkrankungen festgestellt werden konnten. Im Ergebnis dessen sind in acht dieser neun Kontaktbetriebe die Sperren aufgehoben worden; ein Betrieb wird weiterhin beobachtet.

Sie haben speziell nach den Risiken gefragt. Man muss auch diese Frage ehrlich beantworten: Das allgemeine Risiko des Eintrags von hochpathogenen aviären Influenza-A-Viren in Deutschland bzw. das Verteilen von bereits in Deutschland vorhandenen Viren zwischen den Geflügelbeständen ist immer

vorhanden. Das kann man nicht vermeiden, das ist ein potenzielles Risiko.

Das Risikoniveau ist aber stark abhängig vom Einschleppungsweg. In Mecklenburg-Vorpommern wird gegenwärtig noch geprüft, über welchen Weg der H5N8-Virus eingeschleppt worden ist. Dazu gibt es noch keine abschließende Bewertung. Diese müssen wir abwarten. - Danke schön.

Danke. - Die Frage 13 (Kreisgebietsreform) stellt die Abgeordnete Bessin. Bitte.

Meine Frage lautet: Wie hat sich die Landesregierung überzeugen können, dass es der Wille des Brandenburger Volkes ist, eine Kreisgebietsreform durchzuführen, bzw. für wann ist eine solche Volksbefragung geplant?

Bitte, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich freue mich, dass ich doch noch zur Beantwortung der Frage komme, gibt mir das doch die Möglichkeit, Ihnen allen für die kommenden fünf Jahre eine offene, vertrauensvolle Zusammenarbeit anzubieten. Wir haben große Aufgaben vor uns. Ich bin mit Demut vor diesen Aufgaben und vor dem Amt an den Start gegangen, aber auch mit Zuversicht; denn gemeinsam - das sage ich ausdrücklich - werden wir die Herausforderungen der kommenden Legislaturperiode ganz sicher schultern können.

Nun aber zu Ihrer Frage, Frau Abgeordnete Bessin: Sie fragen nach dem Willen des Brandenburger Volkes. Das ist eine „große“ Frage. Ich denke, dass die Bürgerinnen und Bürger hier in Brandenburg sehr unterschiedliche Auffassungen zu diesem Thema haben. Aber viele Menschen haben sich mit dieser Problematik noch nicht ernsthaft auseinandergesetzt, wissen sie doch - leider! - bis heute nicht, wie die Aufgabenaufteilung zwischen Landkreisen, kreisfreien Städten und Gemeinden funktioniert.

Was eine Volksbefragung angeht, so muss ich Ihnen sagen: Es gibt Fragen, die sich leider nicht mit einem schlichten Ja oder Nein beantworten lassen. Ich befürchte, eine Frage dieser Art Kreisgebietsreform - zählt ganz sicher dazu.

Abgesehen davon: Eine Volksbefragung ist in unserer Landesverfassung nicht ausdrücklich vorgesehen. Unsere Landesverfassung kennt die Instrumente der Volksinitiative, des Volksbegehrens und des Volksentscheids. Diese sind als Elemente der direkten Demokratie den Bürgerinnen und Bürgern vorbehalten, ausdrücklich nicht der Landesregierung. Landtag und Landesregierung sind in jeder Hinsicht ausreichend demokratisch legitimiert, Vorhaben bzw. Projekte zu initiieren, darüber zu beraten und zu beschließen, die der Lösung der Probleme unseres Landes dienen. Dazu haben Landtag und Landesregierung nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht. Im Übrigen werden wir alle dafür durch den Steuerzahler finanziert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beabsichtige, im Frühjahr nächsten Jahres ein Leitbild für eine umfassende Verwaltungsreform vorzustellen. Grundlage dieses Leitbildes sind die Ergebnisse der Enquetekommission 5/2; „Brandenburg 2020“ ist der Name, unter dem die Enquetekommission bekannter ist. Das Leitbild wird Ausgangspunkt für einen breiten öffentlichen, über viele Grenzen hinweggehenden Diskussionsprozess unter Einbeziehung von Landtag, Parteien, Verbänden, Zivilgesellschaft und Bürgern in unserem Land sein.

Drei Punkte sind mir dabei sehr wichtig; ich will sie deshalb schon heute benennen.

Erstens: Die geplante Reform hat das Ziel, die Verwaltung in unserem Land langfristig bürgerfreundlich und leistungsfähig zu gestalten. Sie ist ausdrücklich nicht nur eine Sparoperation. Als solche ließe sie sich weder politisch durchsetzen noch öffentlich vermitteln. Das sage ich nicht nur als Minister, sondern auch aus der Kenntnis eines Landrats, der ich viele Jahre gewesen bin.

Zweitens: Lassen Sie uns gemeinsam besonnen, aber auch mutig - gelegentlich auch tapfer - an die Arbeit gehen. Wenn das Land sich verändert, kann nicht alles bleiben, wie es ist. Das gilt auch und insbesondere für die Verwaltungsstrukturen in unserem Land. Die bloße Fortschreibung des Bestehenden wird hier nicht langfristige Perspektiven eröffnen. Davon bin ich zutiefst überzeugt.

Drittens: Der Ministerpräsident und weitere Redner haben heute bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Verwaltungen kein Selbstzweck sind. Sie sind dazu da, Dienstleistungen für die Bürger zu erbringen. Darum muss es bei all unseren Überlegungen gehen.

Selbstverständlich können diese Dienste auch in anderen Strukturen in guter Qualität und bürgernah erbracht werden. Stellen wir uns gemeinsam der schwierigen und zugleich spannenden Aufgabe, Lösungen zu finden, die zu unserem Land und seiner Entwicklung passen, sowie den Bürgerinnen und Bürgern auch in Zukunft bestmögliche öffentliche Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen.

Ich will mit einem Ausspruch des deutschen Mathematikers und Physikers Georg Christoph Lichtenberg schließen. Er sagte einmal richtig:

„Es ist nicht gesagt, dass es besser wird, wenn es anders wird. Wenn es aber besser werden soll, muss es anders werden.“

In diesem Sinne hoffe ich auf eine gute Zusammenarbeit bei unseren Reformvorhaben.

(Beifall SPD, DIE LINKE, B90/GRÜNE sowie vereinzelt CDU)

Danke schön. - Als Nächstes kommen wir zur Frage 14 (Leh- rerausstattung im Zweiten Bildungsweg), gestellt vom Abgeordneten Hoffmann am Mikrofon 5.