Bürger und Bauern märkischen Geschlechts - ja, es sind die Menschen, Familie, Freunde, die Arbeitskollegen, der Sport verein, die man alsbald vermisst, wenn man auswärts ist - hiel ten stets in Treue zur märkischen Heimat fest. Ja, die Branden burgerinnen und Brandenburger können stolz sein auf das, was sie insbesondere nach der Wiedergründung unseres Bundeslan des gemeinsam erreicht haben.
Und weil uns allen Familie, Freunde, Haus, Wohnung, Garten, Arbeitsplatz, Firma so viel Brandenburg, so viel Heimat ge worden ist, kann man mit dem Begriff Heimat und der Angst um Heimat so schön populistisch umgehen.
(Heiterkeit bei der CDU - Genilke [CDU]: Sie haben kei ne Deutungshoheit beim Heimatbegriff! - Weiterer Zuruf: Frechheit!)
Heimat ist jedoch unbeeindruckt von der Frage, wer sie wo verwaltet. Damit Heimat lebens- und liebenswert ist, bedarf es natürlich ausreichender Plätze in gut ausgestatteten Schulen und Kitas, bedarf es leistungsfähiger Strukturen im ÖPNV, im Feuerlösch- und Rettungswesen, im Bereich der Krankenhäu ser und der Pflege, bedarf es bürgernaher, effektiver und zu kunftsfähiger Verwaltung selbst und vieles darüber hinaus.
Für die Menschen im Land ist jedoch nicht wichtig, wie Behör den aufgebaut oder gegliedert sind. Es kann ihnen letztlich egal sein, aus welchen Gründen die Aufgaben wie und wo verteilt sind.
(Wichmann [CDU]: Es ist ihnen aber nicht egal! - Dr. Redmann [CDU]: Na, Sie haben ja ein Demokratie verständnis!)
Die Menschen im Land brauchen erreichbare Behörden mit motivierten Fachkräften, die rechtssichere Verwaltungsleistun gen in angemessener Frist effektiv erbringen. Was die Men schen nicht brauchen, sind Gemeinden oder Gemeindeverbän de, die Gutes leisten wollen, aber nicht können, etwa weil de ren finanzielle Situation sich so verschlechtert, dass Leistun gen nicht mehr finanziert werden können.
Fakt ist: Das Land Brandenburg wächst und schrumpft zu gleich. Während die Bevölkerung im Berliner Umland bis zum
Jahr 2030 um 5 % wachsen wird, schrumpft sie in anderen Tei len des Landes um fast 20 %. Das heißt, 2030 lebt die Hälfte der Bevölkerung Brandenburgs auf gerade einmal 10 % der Landesfläche.
Fakt ist auch: Die Einnahmen des Landes werden drastisch ge ringer. Der Solidarpakt wird im Jahr 2019 auslaufen, die För dermittel der Europäischen Union werden rapide sinken. Star ke, zumeist berlinnahe Kommunen verfügen über erhebliche Einnahmen - ganz im Gegensatz zu vielen Kommunen in den äußeren Landesteilen. Diese gegensätzliche Entwicklung ge fährdet gleichwertige Lebensbedingungen im Land. Es droht ein Auseinanderfallen des Landes. Es droht ein Land der zwei Geschwindigkeiten. Wir alle sind aufgefordert zu handeln, um dies zu verhindern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Entwurf eines Leitbildes für die Reform liegt in einer von den Koalitionsfrak tionen überarbeiten Version zur Beratung im Ausschuss für In neres und Kommunales vor. Dagegen - wie bereits gegen den Leitbildentwurf der Landesregierung - richtet sich lautstarker Protest. Wir sehen uns auch mit Sorgen und Ängsten von Bür gerinnen und Bürgern konfrontiert.
wie etwa in Brandenburg an der Havel, wo in farbenfrohen Druckwerken unter der Fragestellung „Wer entscheidet zu künftig über diese Leistungen?“ suggeriert wird, dass der Fort bestand etwa von Rettungsdienst, Kliniken, Schule, ÖPNV und Kfz-Zulassung durch die Reform ins Ungewisse gerät. An glei cher Stelle wird unter dem Motto „Erfolgreich durch Kreisfrei heit“ suggeriert, dass die Existenz einer Rettungsleitstelle oder die erfolgreiche Schulsanierung mit dem Status der Kreisfrei heit untrennbar verbunden ist. Damit schürt die CDU sehr be wusst Sorgen und Ängste der Menschen im Land. Das, meine Damen und Herren, ist unehrlich, verantwortungslos und hat mit guter Oppositionsarbeit nichts zu tun.
Und dann ist da noch die Behauptung, dass in großen Land kreisen die unzumutbar langen Wegstrecken das ehrenamtliche Wirken der Mitglieder des Kreistages unmöglich machen.
Eine Behauptung, die nicht nur nicht belegt ist, sondern durch eine aktuelle Masterarbeit an der Universität Potsdam wider legt wird. Ja, die Fahrtwege werden länger und der Zeitauf wand nimmt zu.
Ganz sicher ist es auch nötig, über eine größere personelle Ver tretung und stärkere Unterstützung, etwa durch Fraktionsmitar beiter und höhere Entschädigungen, nachzudenken.
Einen kleinen Moment, bitte. Belebte Debatten sind ja sehr schön, aber es wäre gut, wenn der Lärmpegel etwas gesenkt würde. Wenn es jemand gar nicht aushält, steht das Mittel der Kurzintervention zur Verfügung.
Bezüglich der Bereitschaft zur Übernahme eines Kreistags mandates besteht zwischen kleinen und großen Landkreisen jedoch kein nachgewiesener Unterschied - so die Masterarbeit aus Potsdam.
Mit Ängsten, die bewusst geschürt werden, Emotionen und fal schen Behauptungen ist zugegeben schwer umzugehen. Daher sei mir die Frage erlaubt, was passiert, wenn die Reform schei tert, was einige zweifellos wollen: Die Aufgaben und Personal kosten der Landkreise und kreisfreien Städte bleiben gleich, aber die Bevölkerungszahl nimmt regional unterschiedlich schnell ab. Parallel dazu sinken - auch infolge des Einwohner rückgangs - deren Einnahmen. Bei gleichem Aufgabenbestand scheidet Personalabbau aus.
Um eine steigende Verschuldung zu verhindern, werden die Landkreise gezwungen sein, ihre Kreisumlagen zu erhöhen. Damit haben die Gemeinden weniger Mittel, um freiwillige Leistungen zu erfüllen, oder aber die Gemeinden erhöhen ih rerseits die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer - wohl wissend, dass man diese Spirale nicht immer weiter drehen kann. Für die kreisfreien Städte bleibt lediglich die Erhöhung der Steuerhebesätze. Andernfalls könnten sie sich kaum noch um ihre freiwilligen Aufgaben wie Investitionen in Kultur und Vereinsleben kümmern.
Nicht zuletzt bliebe der Ruf nach mehr Zuschüssen vom Land. Die Höhe der Landeszuschüsse an die Kommunen in Branden burg lag im Jahr 2014 bei etwa 3,1 Milliarden Euro. Dies ent spricht fast einem Drittel des Landeshaushaltes. Das sind - Sie wissen es - die Zahlungen nach dem FAG: die Kitapersonal kostenzuschüsse, die Schullastenausgleiche usw. Das ist be reits heute der höchste Pro-Kopf-Zuschuss im ganzen Bundes gebiet und kaum noch zu steigern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute steht unser Land sehr gut da. Wir wollen, wir müssen Brandenburg so um organisieren, dass es fit für die Zukunft wird. Wir wollen errei chen, dass wir auch zukünftig über starke Kommunen und leis
tungsfähige Verwaltungen verfügen. An diesem Ziel halten wir fest, denn Heimat braucht Kraft zur Entwicklung. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Es spricht der Abgeordnete Königer für die AfD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abge ordnete! Werte Gäste! Herr Kurth, so oft, wie Sie das Wort Hei mat in den Mund genommen haben, ist es erstaunlich, dass Sie sich selbst nicht als Populisten tituliert haben. Sie sind mit dem Text des Brandenburgliedes bewandert - das war das Einzige in Ihrer Rede, was bei mir etwas Begeisterung ausgelöst hat.
Minister Schröter hat als Einziger seiner Art in all den Aus schusssitzungen, Anhörungen und Dialogen, die wir hatten, et was gehört: Er hat etwas gehört, was niemand gehört hat. Er hörte weg. Daran können wir ablesen, dass er es mit der Demo kratie nicht so ernst nimmt. Er nimmt es nicht einmal jetzt ernst, er telefoniert.
Freiheit ist für mich eines der schönsten Worte der deutschen Sprache. Wir haben letzte Woche erlebt, wie sich über 1 000 Menschen versammelt haben, um für ihre Kreisfreiheit zu demonstrieren. Herrn Schröter war es das nicht einmal wert, vor Beginn der Anhörungen ein paar Meter zurückzulegen, um sich anzuhören, was die Leute zum Thema Freiheit zu sagen haben.
Wir alle lieben es nämlich, über uns selbst zu bestimmen. Weil ich meine Freiheit liebe, bin ich in der Alternative für Deutsch land.
SPD und Linke scheinen vergessen zu haben, was Freiheit, Au tonomie und freies Denken bedeuten und welche Rolle sie für die Menschen in Brandenburg spielen - falls es insbesondere für unsere SED-Erben jemals ein Thema war. Unser gesamter Staat basiert auf der Idee der Freiheit. Nicht umsonst nennen wir unsere Gesellschaftsordnung freiheitlich-demokratisch. Unsere Vorfahren sind 1848 für die Freiheit auf die Straße ge gangen, und auch 1989 war der Wunsch nach Freiheit eine der Triebfedern für die Menschen, auf die Straße zu gehen.
In Ihrer Fraktion, Herr Scharfenberg, sitzen ja vereinzelt Mit glieder der Altvorderen-Nomenklatura - Sie sind ja selbst einer davon - und schwafeln etwas von Demokratie. Wir haben in dem gesamten Prozess nicht gemerkt, dass Ihnen daran gele gen ist, die Brandenburger auf Ihrem Weg mitzunehmen.
Demokratie ist etwas anderes. Bisher dachte ich immer, dass die Freiheit für die SPD ein hohes Gut sei. Schließlich gehört die freie Selbstbestimmung zu dem schönen Dreiklang der deutschen Sozialdemokratie: Freiheit, Gerechtigkeit, Solidari
tät. - Aber ich bin eines Besseren belehrt worden. In Branden burg treten derzeit ein SPD-Ministerpräsident und ein SPD-In nenminister die Autonomie und den Freiheitswillen der Bran denburger mit Füßen.
Zur Idee der Freiheit gehört nicht nur die persönliche Freiheit der Menschen. Nach meinem Verständnis von Freiheit in einer Demokratie gehört auch das Recht der Kommunen, über ihre Angelegenheiten selbst zu entscheiden, dazu.