Trotz einiger Kritikpunkte wie der einseitigen Finanzierung, die allein durch die gesetzlich Versicherten geleistet werden soll, oder der fragwürdigen Quersubventionierung der Bun deszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist das Präventi onsgesetz ein Schritt in die richtige Richtung. Umso verwun derlicher ist es, dass die Landesregierung erst durch einen Antrag der Opposition darauf aufmerksam gemacht werden muss, dass für die Umsetzung auch die Länder verantwortlich sind.
Im Land Hessen hat man bereits kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes eine umfangreiche Landesrahmenvereinbarung ver abschiedet. Viele andere Bundesländer wurden ebenfalls aktiv bzw. sind schon in der Umsetzungsphase. Deshalb können wir Ihnen, Herr Nowka, für diese Initiative also durchaus dankbar sein. - Das war jetzt ein Lob.
Die Regierung ist anscheinend erst durch Ihren Antrag aufge wacht - das richtete sich jetzt an die Ministerin. - Wir werden allerdings nicht dem Antrag der CDU, sondern dem der Regie rungskoalitionen zustimmen, weil dieser die sozial schwachen Schichten besonders berücksichtigt.
Dieser Aspekt fehlt im CDU-Antrag. Es ist aber eine anerkann te Tatsache, dass Prävention gerade im sozial schwachen Mili eu zwar besonders schwierig, jedoch umso notwendiger ist.
Ich hoffe aber auch, dass dieses im Antrag von SPD und Lin ken formulierte Anliegen tatsächlich ernst gemeint ist.
Das darf aber nicht dazu führen, dass nur wieder Versorgungs posten für die eigenen Parteifreunde geschaffen werden. - Vie len Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Es spricht die Abgeordnete Bader für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Vorbeugen ist besser als Heilen - die sen Spruch kennt wohl jeder. Ich sage ihn auch oft meinen Kin dern, in den unterschiedlichsten Situationen. Ursprünglich stammt der Satz von Hippokrates. Und seitdem gilt: Der Erhalt der Gesundheit hat immer höchste Priorität. Denn wenn es um Erkrankungen geht, ist die Heilung oft kompliziert und - aus heutiger Sicht nicht unwichtig - oft auch teurer als Vorbeugen. Deshalb sind Gesundheitsförderung und Prävention in jedem Lebensalter und jeder Lebenslage so wichtig.
Im dritten Anlauf ist es der Bundesregierung im vergangenen Jahr endlich gelungen, ein zustimmungsfähiges Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention vorzu legen. Erstmals stehen nicht allein die individuelle Lebenswei se und das persönliche Verhalten im Vordergrund, sondern die Gestaltung gesunder Lebenswelten. Gleichzeitig sollen die Früherkennung von Krankheiten weiterentwickelt, die betrieb liche Gesundheitsförderung und der Arbeitsschutz verbessert werden.
Heute geht es in zwei Anträgen um die Umsetzung des Präven tionsgesetzes und der nationalen Präventionsstrategie in Bran denburg. Dazu ist es notwendig, dass Krankenkassen und Er satzkassen eine Landesrahmenvereinbarung mit den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, den Trägern der gesetzli chen Unfallversicherung, dem Land Brandenburg und mögli chen weiteren Partnern wie der Bundesagentur für Arbeit, der Landesbehörde für Arbeitsschutz oder dem Städte- und Ge meindebund schließen. In der Rahmenvereinbarung sind die zu verfolgenden Gesundheitsziele und Handlungsfelder festzule gen, Zuständigkeitsfragen und die Mitwirkung weiterer Akteu re zu klären.
Brandenburg hat in den vergangenen Jahren Gesundheitsziele wie „Gesund aufwachsen“, „Gesund älter werden“ und „Siche res Brandenburg“ formuliert. Die Fachstelle Gesundheitsziele im Land Brandenburg koordiniert in Abstimmung mit dem Mi nisterium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg die brandenburgischen Gesundheits zielprozesse und unterstützt die Arbeitsgruppen der Bündnisse fachlich und organisatorisch. Darüber hinaus fördert sie im Rahmen von Fachveranstaltungen und Workshops Kooperation und Vernetzung sowie den fachlichen Austausch unter den Ak teurinnen und Akteuren. Mit unserem Antrag, dem Antrag der
Koalition wollen wir erreichen, dass die Landesrahmenverein barung an diese Erfahrungen anknüpft und alle relevanten Ak teure in die Umsetzung des Präventionsgesetzes einbezogen werden. Uns ist der Auf- und Ausbau von Präventionsketten wichtig.
Bestehende Angebote und Initiativen im Land sollen weiter ge stärkt werden. Da denke ich nicht nur an Sport und Bewegung, auch wenn die präventive Wirkung von Sport für die gesamte Bevölkerung stärker in den Blick genommen werden muss - hier gibt es durchaus Reserven: Ich wünsche mir beispielswei se mehr Familienmitgliedschaften und niedrige Mitgliedsbei träge speziell für Kinder und Jugendliche oder gar einen Sport bus, der in die Dörfer fährt und interessierte Kinder zu den einzelnen Sportvereinen bringt, um ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, an sportlichen Aktivitäten teilzuhaben.
Gesundheitschancen sind in Deutschland extrem ungleich ver teilt. Die Lebenserwartung ist je nach sozialer Lage äußerst un terschiedlich. Gesundheitsförderung und Prävention in Le benswelten können zur Verringerung sozial, geschlechts-, be hinderungs- oder migrationsbedingter Ungleichheit von Ge sundheitschancen beitragen.
Als Lebenswelten gelten insbesondere Kindertagesstätten, all gemeinbildende und berufsbildende Schulen, Hochschulen, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Freizeit gestaltung, Betriebe, Einrichtungen für Menschen mit Behin derung und auch Einrichtungen der ambulanten und stationä ren pflegerischen Versorgung. Gesundheitsförderung heißt auch, schlechte Arbeits-, Umwelt- und Lebensbedingungen zu bekämpfen und gesunde Lebenswelten zu gestalten. Eine wirk same Gesundheitsförderung muss vor allem die sozial bedingte gesundheitliche Ungleichheit bekämpfen.
Die Umsetzung des Präventionsgesetzes ist ein Ansatz, gesund heitliche Defizite auszugleichen und das Gesundheitsniveau zu verbessern. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Kollegin Müller, Sitzen ist das neue Rauchen!
Bewegungsmangel und Übergewicht sind in Deutschland die größten Risiken für die Gesundheit. Gesundheitliche Präventi on ist für uns Bündnisgrüne seit Langem ein sehr wichtiges Thema. Wir haben bereits vor zehn Jahren mit der SPD im Bund einen Aufschlag gemacht, die Prävention gestärkt und gesetzlich verankert.
Die gesetzlichen Krankenkassen fördern seither verhaltens- und verhältnisorientierte Angebote der Gesundheitsprävention. Mit diesem Weg wurde grundsätzlich die richtige Richtung hin zur Förderung und zum Erhalt von Gesundheit eingeschlagen. Eine Gesundheitspolitik, die erst im Nachhinein repariert und nicht zum Abbau vermeidbarer Gesundheitsrisiken führt, pro duziert Kosten in der Zukunft, erzeugt Leid und vermindert Lebensqualität.
So oft reden wir hier im Landtag über die Auswirkungen, die die demografische Entwicklung auf unser Land haben wird. Fast ebenso oft sprechen wir darüber, wie sich Armut auf das Gesundheitsverhalten von Menschen auswirkt. Sinnvolle Prä ventionsangebote brauchen wir deshalb für die alternde Bevöl kerung, um ihre Gesundheit zu erhalten und Krankheit und Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern. Passgenaue Angebote be nötigen wir auch für arme Menschen, deren Gesundheit und Lebenserwartung unter sozialer Ungerechtigkeit leiden. Auch für die Brandenburger Beschäftigten brauchen wir gute prä ventive Angebote; das zeigt schon allein der im bundesweiten Vergleich sehr hohe Krankenstand. Deshalb ist es gut, dass mit dem Präventionsgesetz nun die Gesundheitsförderung stärker als zuvor als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen wird und in die Lebenswelten der Menschen gerückt werden soll.
Sinnvollerweise fordern die Koalitionsfraktionen in ihrem An trag die Verknüpfung neuer Angebote mit bereits bestehenden wie den Bündnissen Gesund Aufwachsen oder Gesund Älter werden. Bestimmt gibt es noch mehr gute Einzelprojekte. Uns fällt da zum Beispiel die Landessuchtkonferenz ein. Es ist gut, wenn die Landesregierung nun auf eine nachhaltige Koordinie rung und Strukturierung des Nebeneinanders von Trägern, Themen und Ansätzen achten soll. Wir wollen gerade die Men schen erreichen, die bisher nicht von den Angeboten der Kran kenkassen profitiert haben. Den Fokus auf Angebote für sozial benachteiligte Menschen nach vorn zu holen und zu fordern, dass mit der Umsetzung des Präventionsgesetzes auch Präven tionsketten auf- und ausgebaut werden, sind deshalb gute An sätze im rot-roten Antrag.
Vielen weiteren Forderungen können wir ebenfalls zustimmen, und richtig schwer fällt es uns vermutlich deshalb nicht, weil der rot-rote Antrag inhaltlich doch sehr dem rot-grünen der Bremischen Bürgerschaft ähnelt.
Ein Punkt jedoch ist im rot-grünen Antrag besser gefasst wor den: der Zeitpunkt der erstmaligen Berichterstattung. Sie soll in Bremen schon ein Jahr nach Beschlussfassung erfolgen. Rot-Rot setzt den Termin im Juli 2019 an - eindeutig zu spät. In diesem Punkt ist uns der Antrag der CDU-Fraktion mit dem Wunsch nach zwei Berichten innerhalb einer Legislaturperiode doch deutlich näher.
Schwierig ist für uns am ansonsten guten CDU-Antrag, Herr Nowka, der Wunsch, Kinder mit fehlendem Impfschutz von Gemeinschaftseinrichtungen auszuschließen. Die Debatte hat ten wir bezüglich der Frage nach einer Impfpflicht schon ein
mal. Wir glauben, viele Eltern können durch Aufklärung über zeugt werden. Durch den Ausschluss vom Besuch von Kinder tagesstätten wird de facto eine Impfpflicht verordnet; dies hal ten wir in mehrfacher Hinsicht für bedenklich. Aus diesen Gründen werden wir uns beim Antrag der CDU-Fraktion ent halten.
Weil wir aber wollen, dass die Prävention neben der Behand lung von Krankheiten, Rehabilitation und Pflege zu einer tra genden Säule im Gesundheitswesen wird, und glauben, dass umfassende Prävention und Gesundheitsförderung Lebensqua lität steigert und Folgekosten spart, stimmen wir dem Antrag der Koalitionsfraktionen gern zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Her ren! Mit dem Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention in Deutschland werden uns vom Bund durch aus sehr positive Aspekte für die Ausgestaltung von Prävention und Gesundheitsförderung geboten. Allerdings, ganz so positiv wie die von Frau Nonnemacher ist meine Einschätzung nicht. Ich hätte mir schon noch einen stärkeren, gesamtgesellschaftli chen, gemeinschaftlichen Ansatz gewünscht, in den auch die Länder und Kommunen explizit einbezogen werden.
Aber der Bund wollte unbedingt ein Gesetz schaffen, dem der Bundesrat nicht zustimmen muss, Herr Petke - daran ändern auch Ihre Zwischenrufe nichts -, und deshalb hat man die Län der einfach außen vor gelassen und ganz allein die Kassen als ersten Akteur benannt. Man hätte einen größeren Schlag ma chen können - man hat es nicht gewollt.
Nun aber ist das Gesetz beschlossen, und ich finde, entschei dend ist, die Verhältnisse, in denen die Menschen leben, zur Grundlage von Prävention zu machen und eben nicht nur das individuelle Gesundheitsverhalten im Blick zu haben.
Wir wollen für Brandenburg eine erfolgreiche Gesundheitsför derung in den Lebenswelten der Menschen, ja, Herr Nowka, in Kitas und Schulen - selbstverständlich -, aber eben auch am Arbeitsplatz, im Dorf, im Stadtteil gestalten, und wir wollen die Lebensverhältnisse so beeinflussen, dass die Gesundheit al ler Menschen gefördert wird.
Hierfür gibt es seit Jahren positive und ermutigende Erfahrun gen, beispielsweise in Programmen für die gute gesunde Schu le oder in der betrieblichen Gesundheitsförderung.
Entsprechende Ansätze sind auch im Präventionsgesetz zu fin den, sodass es nun gilt, Vorhandenes an die neuen Vorgaben anzupassen. Es ist nun an den Krankenkassen, die Empfehlun
gen des Bundes in Landesrahmenvereinbarungen umzusetzen. Ihnen obliegt es auch, weitere Beteiligte, beispielsweise die Kommunen, einzubeziehen. Die Krankenkassen haben uns ei nen Vertragsentwurf übermittelt, den mein Haus mit den Res sorts der Landesregierung abstimmt. Das Ergebnis dieser Ab stimmung ist dann Grundlage für die weiteren Verhandlungen mit den Krankenkassen.