Protokoll der Sitzung vom 15.07.2016

(Schweigeminute)

- Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zur Fort setzung der 32. Sitzung des Landtages Brandenburg. Wir fah ren in der Tagesordnung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Abwasserbeiträge - „Altanschließer“ nach Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gerecht behandeln

Antrag

der Fraktion der CDU

Drucksache 6/4498

in Verbindung damit:

Gerechtigkeit bei der Anwendung des Kommunalab gabengesetzes Brandenburg herstellen - Einheitliches Handeln der kommunalen Aufgabenträger unterstüt zen und fördern

Antrag

der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe

Drucksache 6/4537

Des Weiteren liegt auf Drucksache 6/4654 ein Entschließungs antrag der AfD-Fraktion vor.

Wir beginnen die Aussprache. Zu uns spricht der Abgeordnete Petke für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Beschluss des Bundes verfassungsgerichts aus dem Jahr 2015, veröffentlicht am 17. Dezember 2015, war hier schon mehrfach Gegenstand der Debatte. Er war auch schon mehrfach Gegenstand der Debatte im Innenausschuss. Ich darf zusammenfassen: Er war immer Gegenstand der Debatte auf Anfrage und Antrag von Oppositionsfraktionen, insbesondere von meiner Fraktion und von den Freien Wählern.

Es ist auch kein Zufall, dass wir heute wieder einen Antrag ein bringen. Denn die Landesregierung verharrt offensichtlich im mer noch in einem „argumentativen Schützengraben“, der da heißt: Das ist allein Sache der Kommune. Das ist allein Sache der Zweckverbände.

(Beifall CDU sowie des Abgeordneten Vida [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe])

Ich möchte in Erinnerung rufen, dass wir diesen Beschluss und seine Folgen mittlerweile seit mehr als einem halben Jahr ken nen und diskutieren und dass die Landesregierung und die Kommunalabteilung im Innenministerium in keiner Weise in der Lage sind, angemessen auf die vielen Fragen der Tausen den Betroffenen in Brandenburg zu reagieren.

Wir haben das mehrfach eingefordert. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen - oder tragende Mehrheit aus SPD und Linke - haben das mehrfach abgelehnt. Deswegen setzen wir es heute wieder auf die Tagesordnung.

Im Kommunalwissenschaftlichen Institut der Universität Pots dam fand zeitgleich zur Sitzung des Innenausschusses am 30. Juni eine Tagung zum KAG statt. Ich darf einmal zitieren,

was der Vizepräsident des OVG Mecklenburg-Vorpommern, Herr Aussprung, zur Situation in Brandenburg gesagt hat:

„In Brandenburg ist die Beitragserhebung weitgehend ‚tot.‘“

Der Verfassungsrichter Ulrich Becker erklärte: Vollkommen unsichtbar seien in Brandenburg Gremien, in denen Vertreter der Beitragserheber, der Beitragszahler und des Normengebers Gelegenheit finden, Vorschläge für den immer schwieriger werdenden Interessenausgleich sachlich zu diskutieren.

Wie ist die Situation? Werden verfassungswidrige Anschluss beiträge nur im Fall nicht bestandskräftiger Bescheide zurück gezahlt? Das ist eine Selbstverständlichkeit. Aber erfolgt nur in diesem Fall die Rückzahlung, sind diejenigen Brandenburger, die im Vertrauen auf den Rechtsstaat gezahlt haben, schlicht gesagt, die Dummen. Das räumt auch Prof. Dr. Christoph Brü ning, der Gutachter der Landesregierung, in dem entsprechen den Rechtsgutachten ein. Das hat er am 30. Juni auch im In nenausschuss vorgestellt.

Weil der Innenminister, der viele Baustellen hat und diese Bau stellen nicht geregelt bekommt, weiterhin abtaucht, haben wir einen Antrag mit fünf Punkten eingebracht.

Erstens: Wir wollen eine schnellstmögliche Feststellung und Gewährung der durchsetzbaren Rückzahlungsansprüche der Beitragszahler.

Zweitens: Wir wollen Handlungsempfehlungen der Landesre gierung Brandenburg für Zweckverbände und Kommunen im Hinblick auf die Rückerstattung von Anschlussbeiträgen be standskräftiger Beitragsbescheide.

Drittens: Wir wollen Vorsorgemaßnahmen der Landesregie rung - Kollege Christoffers, Sie haben sich dazu ähnlich geäu ßert -, um eine etwaige finanzielle Schieflage der Zweckver bände und der Kommunen aufzufangen.

Viertens - und das ist ganz konkret, weil der Doppelhaushalts entwurf für 2017/2018 nach der Sommerpause in das Parla ment eingebracht wird -: Wir wollen, dass Mittel für diesen Zweck in diesen Doppelhaushalt 2017/2018 eingestellt wer den, damit die Zweckverbände und Kommunen durch einen Schuldenmanagementfonds oder eine entsprechende Ausge staltung von § 16 Finanzausgleichsgesetz Brandenburg finan ziell unterstützt werden.

Fünftens: Wir wollen die Erstattung der Kosten für den Ver waltungsaufwand der Rückabwicklung und der Rechtsverfol gung, die in den Verbänden entstanden sind.

Das sind Forderungen, die eine sachliche Grundlage haben. Das sind Forderungen, die eine realistische Grundlage haben. Ich erwarte jetzt in der Debatte, dass sich die Koalitionsfraktio nen nicht nur bei irgendwelchen Presseterminen äußern, son dern auch einmal hier im Landtag Farbe bekennen, Kollege Christoffers,

(Beifall CDU, AfD und B90/GRÜNE sowie des Abge ordneten Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe])

und sagen, welche Lösungen sie denn für dieses Problem an bieten. Es reicht doch nicht, wenn mir der Innenminister im

Foyer sagt: Die CDU kann keine Opposition. Das verkraftet das Land nicht.

(Bischoff [SPD]: Tut es ja auch!)

Was das Land aber nicht verkraftet, ist, wenn die Regierung keine Regierung kann. Sie müssen handeln!

(Beifall CDU, AfD sowie der Abgeordneten Vogel und Frau Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Herr Ministerpräsident, unser Fraktionsvorsitzender Ingo Senftleben hat es schon in der Debatte zur Kommunalreform gesagt: Wenn Sie etwas zu sagen haben - das ist ja nicht oft der Fall -, dann kommen Sie hier nach vorne und sagen Sie es! Dann können wir es auch diskutieren. Dieses Gemurmel im Hintergrund hilft den Brandenburgern nicht und uns auch nicht.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben jetzt ein Rechtsgutach ten. Uns wurde gesagt, es komme ein zweiter Teil. Dann schreibt uns der Chef der Staatskanzlei, es dauere aber länger, weil es noch im Kabinett abgestimmt werden müsse. Das hat er schon beim ersten Teil geschrieben.

(Zuruf des Abgeordneten Kurth [SPD])

Aber es ist ja in dieser Landesregierung üblich, dass Aktenein sichten und an sich selbstverständliche Dinge hinausgeschoben werden, um die Rechte von Abgeordneten zeitweise auszuset zen.

(Domres [DIE LINKE]: Das ist Quatsch!)

- Das ist einfach eine Tatsache.

(Zuruf des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

- Schauen Sie in den Kalender: Noch nie hat eine Akteneinsicht so lange auf sich warten lassen - noch nie.

(Beifall CDU - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Heu te können sie es schneller prüfen!)

Den ersten Teil möchte ich mit einer Aussage des Gutachters der Landesregierung schließen. Es geht ja nicht nur um die Frage des Rechts, es geht ja um tatsächliche Probleme. Ge fragt, wie er es lösen wolle, hat der Gutachter Brüning im In nenausschuss gesagt: Das ist eine politische Frage. - Damit hat er Recht, und weil es eine politische Frage ist, muss es in der Landesregierung und im Landtag entschieden werden. Wir warten auf Ihre Lösungsvorschläge, sehr verehrte Damen und Herren von SPD und die Linke. - Danke.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Galau [AfD])

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Vida fort. Er spricht für die BVB/FREIE WÄH LER Gruppe.