Protokoll der Sitzung vom 15.07.2016

Richtig ist aber auch - deswegen bin ich für den Antrag dank bar -, dass diejenigen, die besondere Belastungen zum Beispiel durch Bergbauschäden erleiden, durch die Allgemeinheit ge schützt werden müssen und dass man alles tun muss, damit in dividuelle Nachteile ausgeglichen werden. In der Tat ist es im Bergrecht nicht ganz einfach, diesen Ausgleich für einen indi viduell Betroffenen zu erlangen, jedenfalls wenn Probleme und Streitigkeiten aufkommen.

Der Betroffene ist ja nicht rechtlos. Es gibt ein reguläres Ver fahren nach dem Bundesberggesetz. Die betroffenen Bergbau unternehmen prüfen Ansprüche, und wenn sie Ansprüche ver neinen, steht der Weg zu den ordentlichen Gerichten offen; das ist in einem Rechtsstaat selbstverständlich. Aber das ist eben auch - das wissen wir - bei einer derartigen Materie aufgrund des hohen Kostenrisikos für eine Privatperson schwierig - an gesichts der Unwägbarkeiten der Beweislastregelung, gerade bei Tagebauschäden.

Deswegen sind wir seit einigen Jahren darum bemüht, vor ein mögliches gerichtliches Verfahren eine Schiedsstelle zu stellen, die dazu dienen soll und kann, Akzeptanz bei Betroffenen in der Region zu fördern. Wir haben uns seit mehreren Jahren hier im Landtag dazu bekannt, eine solche Schiedsstelle zu errich ten. Dass es bis jetzt immer noch nicht dazu gekommen ist, liegt weder am Landtag noch an der Landesregierung oder am untätigen Minister. Denn eine Schiedsstelle zu errichten ist ja schön und gut - wie es hier vom Kollegen Schulze gefordert wurde -, aber solange nicht Beteiligte da sind, die sich diesem Verfahren freiwillig unterwerfen, ist sie Augenwischerei. Dazu gehören nicht nur die Betroffenen, sondern in allererster Linie die Bergbauunternehmen.

Es war in den letzten Jahren klar: Vattenfall hat sich dazu be kannt und wollte in der Tat ein solches Verfahren eingehen, hat aber gleichzeitig betont, in der Region bringe das nichts, wenn sich der andere wesentliche Hauptverantwortliche - die LMBV; Eigentümer: die Bundesrepublik Deutschland - nicht auch daran beteilige. Der Bund weigert sich seit Jahren beharrlich, sich auf eine solche Schlichtungsstelle einzulassen. Das ist in der Tat ärgerlich. Es ist mir auch nicht verständlich, warum es gerade der Bund, der öffentliche Eigentümer, versäumt, in die sem Bereich für mehr Akzeptanz, auch für mehr Rechtssicher heit bei den Betroffenen zu sorgen. Ich weiß aber, dass Minis ter Gerber und auch andere bei verschiedensten Gelegenheiten immer wieder versuchen, darauf einzuwirken, dass hier ein an deres Verfahren zustande kommt.

Mehr können wir derzeit nicht tun, außer alle Kanäle zu nut zen, Druck auf den Bund auszuüben. Wir hoffen, dass sich der Erwerber von Vattenfall, EPH, in gleicher Weise an das gebun

den fühlt, was Vattenfall schon zugesagt hat. Aber ohne den Bund läuft eben nichts. Würden wir jetzt also eine Schiedsstel le errichten, an der sich kein Bergbauunternehmen beteiligt, wäre das, glaube ich, eher schädlich für die Akzeptanz, weil die Menschen dann erst recht nicht verstehen würden, was eine Schiedsstelle ohne Schiedsverfahren bedeutet.

Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass der Bund dieser nachvollziehbaren Forderung endlich nachkommt. Ich weiß nicht, wie wir ihn dazu zwingen können. Rein theoretisch könnte man bundesgesetzliche Vorgaben für ein verbindliches Schiedsverfahren im Vorfeld machen. Dabei müsste der Bund zwar in anderer Funktion, aber doch irgendwie mitwirken, so dass ich meine: Es ist einfacher, ihn zu überzeugen, bei der LMBV doch einfach einmal Ja zu sagen.

Dafür ist der Antrag, den wir stellen, glaube ich, der richtigere. Wir senden das Signal aus, und wir setzen darauf, dass der Mi nister es erneut aufgreifen und alles tun wird, um diese Forde rung umzusetzen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE sowie B90/GRÜNE)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Homeyer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lie be Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die Genesis die ses Antrages anschaut, kann man ihn guten Gewissens unter der Rubrik „Unerfüllte Wünsche“ bzw. „Dinge, die in Bran denburg nicht erledigt werden“ abheften.

Leider ist das Thema aber viel zu ernst für die Menschen in der Lausitz. Wir alle haben uns vor drei Jahren hier im Land tag dazu bekannt, dass das Land Brandenburg eine Schieds stelle braucht, um Menschen zu helfen, die Bergbaufolgeschä den in der Lausitz erlitten haben bzw. bei deren Verfahren die Kosten von Gutachten und Rechtsstreitigkeiten für den Ein zelnen einfach zu hoch sind. Dann macht es Sinn, eine Schiedsstelle zu haben, wo im Vorfeld ohne Rechtsstreit das eine oder andere Problem erledigt werden kann. Mittlerweile sind Tausende von Fällen aufgelaufen. Ich glaube, es ist im Jahr 2016 nicht weniger wichtig als im Jahr 2013, diese Schiedsstelle zu errichten.

(Beifall CDU)

Wir haben im Juni 2013 einen Antrag dazu eingereicht. Die SPD und die Linken haben diesen Antrag abgelehnt. Es gab dann einen Beschluss des Landtages, wobei unser Antrag wie der erschien. Aber zusätzlich wurde von der Regierungskoaliti on in dem Beschluss gefordert, dass durch eine Bundesratsini tiative die Einführung der Bergschadensvermutung für Tage baubetriebe geprüft werden soll. Ich möchte daran erinnern: Bei Steinkohle unter Tage gilt, dass die Bergschadensvermu tung vorliegt, aber beim Tagebau halt nicht. Eine Veränderung des Berggesetzes in Deutschland würde dazu führen, dass wir uns eigentlich diese Schiedsstelle sparen könnten, denn da wä re rechtlich alles klar.

Auch eine Schutzregelung für Randbetroffene von Bergbau vorhaben - ich möchte nur einmal daran erinnern - und die Ver

besserung der Information und Beteiligung bei der Genehmi gung von Projekten nach dem Bundesberggesetz sollten ge prüft werden. Des Weiteren möchte ich daran erinnern, dass wir in unserem damaligen Antrag auch gefordert haben, zu prüfen, ob und wie - das finde ich bemerkenswert - im Rahmen vorhandener Institutionen Verfahren zur Schlichtung strittiger Bergschadensanmeldungen kurzfristig installiert werden kön nen, also eine Schiedsstelle errichtet werden kann. So weit, so gut.

Bis heute habe ich nicht vernommen - man möge mir das ver zeihen -, was eigentlich aus dieser Bundesratsinitiative gewor den ist, Herr Minister Gerber. Er hört gar nicht mehr zu, er tele foniert - wahrscheinlich mit dem Bundesrat.

(Vereinzelt Lachen bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Was ist eigentlich daraus geworden?

(Beifall CDU)

Das wäre wirklich einmal spannend zu wissen, denn Sie in der Regierungskoalition haben sich sicherlich etwas dabei gedacht, eine so wichtige Forderung im Bundesrat vorzubringen.

Außerdem gab es eine ganze Reihe von mündlichen Anfragen: Kollege Loehr hat nachgefragt, Kollege Bretz, der den Antrag damals initiiert hat, fragte auch nach. Auch gab es 2015 die Erklärung der Landesregierung: Die organisatorischen Voraus setzungen wurden geschaffen. Schlichter, die die Befähigung zum Richteramt haben, stehen zur Verfügung. Wir haben das auch haushalterisch abgesegnet - 140 000 Euro standen dafür im Doppelhaushalt. Super! Eigentlich war damit alles klar.

Nicht geklärt war die Mitwirkung der LMBV; Sie sagten, Sie befänden sich in Gesprächen. Diese Gespräche dauerten einige Zeit. 2015 wurde uns dann mitgeteilt, man unterhalte sich und kämpfe - kein Ergebnis. Der Bundesfinanzminister sträube sich, die LMBV sträube sich. So weit, so schlecht.

Es gab aber noch eine erfreuliche Botschaft, was ich auch inte ressant fand: Sachsen und Sachsen-Anhalt haben sich im Steu erungs- und Budgetausschuss der LMBV bereiterklärt, die Schiedsstelle auch zu unterstützen. Das war Ende 2015. Jetzt haben wir Mitte 2016 und sind kein Stück weiter.

Dann hat der Minister öffentlich gesagt: Wir machen weiter, wenn Vattenfall verkauft ist und es einen neuen Erwerber gibt. - Den gibt es jetzt, und wir alle hoffen, dass EPH bereit ist, in Rechtsnachfolge von Vattenfall der Schiedsstelle zuzu stimmen.

(Beifall CDU)

Was wir immer noch nicht geklärt haben, ist die Frage: Wie geht es eigentlich mit dem Bund weiter? Ich muss ganz ehrlich sagen: Das ist eine unendliche Geschichte. Jetzt haben Sie ei nen Entschließungsantrag eingebracht, Herr Holzschuher, der eigentlich genau das fordert, was für einen Minister selbstver ständlich ist, nämlich dass er weiterhin mit dem Bund Gesprä che führt. Das Bundesministerium hat dazu einen Brief ge schrieben und darin klargestellt: Wir wollen das nicht. - Das scheint also bei allem guten Willen keine Lösungsstrategie zu sein. Das muss man doch einmal ehrlich sagen.

Deshalb meine ich, es wäre vielleicht an der Zeit, den Men schen vor Ort ehrlich zu sagen, dass das nicht funktionieren wird, oder aber wir richten mit dem Land Brandenburg, dem Land Sachsen-Anhalt, dem Land Sachsen und EPH eine Schlichtungsstelle ein - ich gehe davon aus, dass sie auch guten Willens sein werden, die Gespräche durchzuführen. Das Er gebnis wäre, dass zumindest die Schäden, die vor Vattenfall und vor der politischen Wende entstanden sind, geschlichtet werden und wir etwas Gutes tun können.

(Zuruf des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Ich bin der Letzte, der sagt, Herr Domres, die Braunkohleför derung in der Lausitz müsse sofort beendet werden. Ich sage: Wir brauchen die Braunkohle noch sehr viele Jahre.

(Zuruf der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Wir brauchen eine Partnerschaft und wir brauchen Akzeptanz!

(Beifall CDU)

Deshalb meine ich, Herr Minister: Es ist an der Zeit, dass wir aus den Floskeln und Versprechungen herauskommen; sie füh ren zu nichts. Wir brauchen jetzt eine Entscheidung. Senden Sie hier und heute ein Signal aus!

Im Übrigen darf ich noch sagen: Herr Minister, ich finde es überhaupt nicht gut, dass Sie jetzt die 140 000 Euro aus dem Nachtragshaushalt herausgenommen haben. Das ist kein gutes Signal. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU - Zurufe von der Fraktion B90/GRÜNE)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt der Abgeordnete Domres.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe, so viel dazu, dass sich dieses Thema nicht für Polemik eignet - aber dazu komme ich später.

Ich bin Ihnen trotzdem sehr dankbar, liebe Kollegen von den Freien Wählern, dass Sie hier abermals die Errichtung einer Schlichtungsstelle für Bergschäden angesprochen haben und wir uns erneut dazu verständigen können, gibt es uns als Legis lative doch die Gelegenheit, in dieser Legislaturperiode die Ex ekutive weiterhin bei ihren Bemühungen zur Einrichtung einer dringend notwendigen Schlichtungsstelle für Bergschäden zu unterstützen.

Dass es für die Linksfraktion quasi eine Herzensangelegenheit ist, die Betroffenen von Bergbauschäden und Bergbausanie rungsschäden zu unterstützen, haben wir hier im Parlament im mer deutlich gemacht. Die Linksfraktion ist mit der Tatsache, dass es diese Schlichtungsstelle immer noch nicht gibt, sehr unzufrieden, und wir teilen die Verärgerung der Bürgerinnen und Bürger. Hinzu kommt - das hatte der Kollege Homeyer so eben angesprochen -, dass die Beweislastumkehr auch für den Braunkohletagebau immer noch nicht Eingang in das Bundes berggesetz gefunden hat, auch wenn man hier differenzieren

muss. Der Alt-Abbau - Stichwort DDR-Bergrecht - und das, was jetzt passiert, müssen differenziert werden.

Fakt ist, dass wir Änderungen im Bergrecht brauchen. Ich kann mich erinnern, dass es zwei Gesetzesinitiativen - eine von den Grünen und eine von den Linken - im Bundestag gab. Die wur den mit großer Mehrheit abgelehnt.

Festzustellen ist weiterhin, dass die Verbesserung der Infor mations- und Beteiligungsmöglichkeiten bei der Genehmi gung von Projekten nach dem Bundesberggesetz, um damit die Transparenz für Betroffene herzustellen, immer noch nicht durchgesetzt wurde und dass die von uns geforderten Schutzregelungen für Betroffene am Tagebaurand - insbeson dere die Abstandsregelungen - immer noch nicht neu festge legt sind.

Meine Damen und Herren der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe, Sie möchten mit Ihrem Antrag erstens, dass die Landesregie rung umgehend, spätestens jedoch bis zum 01.12.2016, eine Schlichtungsstelle für Bergschadensfälle errichtet. Zweitens soll der Wirtschaftsausschuss im 2. Quartal informiert werden, inwieweit die Vorbereitungen zur Errichtung dieser Schlich tungsstelle vorangeschritten sind.

Ich verweise an dieser Stelle auf unseren Entschließungsan trag. Die Koalition möchte, dass sich die Landesregierung auch weiterhin bei den zwei Eigentümern, der LMBV und der Vat tenfall Europe Mining AG, für die Mitwirkung und Mitfinan zierung einer gemeinsamen Schiedsstelle einsetzt. Die Vorbe reitung zur Errichtung der Schlichtungsstelle ist nach unserer Ansicht nicht das Problem; die Grundlagen dafür sind geschaf fen. Dass die Schlichtungsstelle jedoch zum 01.12.2016 ihre Arbeit aufnehmen kann, wage ich zu bezweifeln. Während die Zusage von Vattenfall vorliegt, verweigert der Bund als Eigen tümer der LMBV nach wie vor seine Mitwirkung.

Im Steuerungs- und Budgetausschuss der LMBV haben die Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt signalisiert, dass sich die LMBV an einer Schlichtungsstelle beteiligen sollte. Leider ha ben die Vertreter des Bundes das anders gesehen. Da der Steue rungs- und Budgetausschuss nur einstimmig entscheiden kann, konnte die Errichtung der Schlichtungsstelle zu unserem Leid wesen bis heute nicht realisiert werden - auch weil Vattenfall klar signalisiert hat, nur mitzumachen, wenn die LMBV mit im Boot ist.

Die Grundsatzfrage ist also: Welchen Sinn macht eine Schlich tungsstelle ohne Bergbaubetreiber und ohne LMBV? Da bin ich beim Kern des Problems. Erst vor wenigen Tagen - das hat in Ihrer Aufzählung, Herr Kollege Homeyer, gefehlt - hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Herr Spahn (CDU), auf eine Anfrage der Bundestagsabgeord neten Birgit Wöllert erneut die Ablehnung der Mitfinanzierung einer Schlichtungsstelle begründet. Das ist völlig inakzeptabel. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, haben Sie noch jede Menge Überzeugungsarbeit zu leisten.

Ich halte also fest: Erstens ist die Öffnung einer Schiedsstelle zum 01.12.2016 wünschenswert, aber nicht umsetzbar. An der Landesregierung und der rot-roten Koalition scheitert die Er richtung einer Schlichtungsstelle also nicht.

Zweitens: Das Wirtschaftsministerium hat mit dem Haushalt 2015/2016 sowohl die finanziellen als auch die organisatori

schen Voraussetzungen für die Errichtung einer Schlichtungs stelle für Bergschäden geschaffen.

(Zuruf von der CDU: Ja, toll!)