Aber es gibt einen Hoffnungsschimmer: Das Ansehen der Steuerbeamten ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen, und das ist auch dringend notwendig, wenn wir neues Personal rekrutieren, wenn wir Menschen dafür gewinnen wollen, die Ausbildung zu durchlaufen. Nachbesetzungen sind dringend erforderlich; die Zahlen wurden angesprochen. Laut Antwort auf Frage 21 brauchen wir bis 2019 ungefähr 400 Neueinstel lungen, um den Bestand stabil zu halten. Nach den Zahlen der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, die auch bekannt sind, brau chen wir in den Folgejahren jeweils über 100 neue zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um allein die Altersabgänge zu kompensieren. Da haben wir noch einen weiten Weg vor uns.
Nun ist es aber nicht damit getan, dass wir postulieren, dass Neueinstellungen kommen sollen. Wir haben das Problem, dass die Ausbildungsstätte in Königs Wusterhausen überhaupt nur die Hälfte der für die Ausbildung erforderlichen Dozenten stellen im Stellenplan hat, weil die andere Hälfte der Dozenten aus den Finanzämtern abgezogen wird und dort als abgeordne te die Ausbildung durchführen muss. Diese stehen damit natür lich nicht für die eigentlichen Aufgaben in den Finanzämtern, für die sie im Stellenplan stehen, zur Verfügung. Auch das ist ein Problem.
Aber nicht nur deswegen ist die Lage der Brandenburger Finanz verwaltung schlechter, als der reine Blick auf den Stellenplan zeigt. Ein junger Mensch, der die Finanzanwärterausbildung ab solviert hat, kommt in einen Kollegenkreis, in dem sich das Durchschnittsalter von 45 bis fast 50 Jahre erstreckt. Er trifft auf Kollegen, die im Durchschnitt 27,9 Tage krank sind; Herr Bretz hat die Zahlen genannt. Seine Finanzamtschefin muss Ausfall zeiten jeglicher Art - Elternfreistellung, Abordnung nach Königs Wusterhausen, Krankheit - irgendwie überbrücken, ohne auf Er satzkräfte zurückgreifen zu können, denn Finanzbeamte sind Beamte; man kann sich nicht einfach Ersatzpersonal für befriste te Anstellungen vom freien Markt besorgen.
Der Arbeitsdruck ist gewaltig und die Arbeitsverdichtung steigt trotz immer neuer IT-Anwendungen - vielleicht auch gerade deswegen. Dies zeigen auch die in der Antwort auf die Große Anfrage dokumentierten angestiegenen Fallzahlen je Bearbei ter bzw. Bearbeiterin. Der Personalbestand kann mit diesen ge stiegenen Fallzahlen nicht Schritt halten. Folgerichtig kommt es zu Ausfällen bei den Prüfungen. Zum Beispiel ist die Prüfquote bei den Betriebsprüfungsstellen in Brandenburg ge nerell schon deutlich niedriger als im Bundesdurchschnitt, und auch bei der Umsatzsteuersonderprüfung ist sie in den letzten Jahren deutlich gesunken.
Auf eine Belohnung für die leistungsgerechte Erfüllung ver mehrter Aufgaben können die Finanzbeamten allerdings nur teilweise hoffen. Das, denke ich, ist ein bemerkenswertes Er gebnis der verdienstvollen Anfrage der CDU. Mit Stand vom 01.09.2015 wurde laut der Antwort auf Frage 19 von den 3 209 Bediensteten nur 1 340 Beamten ein Amt entsprechend der Wertigkeit des ihnen zugewiesenen Dienstpostens übertragen. Ins Deutsche übersetzt heißt das, dass weniger als die Hälfte der Finanzbeamten amtsangemessen bezahlt wird. Die Stellen ausbringung im Haushalt und die Stellenbesetzung passen hier also überhaupt nicht zusammen, und das schon seit Jahren. Bleiben wir bei der derzeitigen Beförderungsrate, wird dieser Zustand noch mindestens ein Jahrzehnt andauern.
Wenn die Beamten aber schon nicht entsprechend ihrer Tätig keit eingestuft werden, stehen ihnen nach § 46 Besoldungsge setz eigentlich entsprechende Zulagen in Form einer Mehrar beitsvergütung zu, die nach Auskunft der Deutschen SteuerGewerkschaft aber nur in Bruchteilen bewilligt werden. Hier gibt es zahlreiche von der Gewerkschaft und den Mitarbeitern angestrengte Gerichtsverfahren.
Ich denke, das ist unwürdig, so sollte Rot-Rot nicht mit seiner Landesverwaltung umgehen, und so darf Rot-Rot auch nicht länger mit unserer Steuerverwaltung umgehen, wenn wir mor gen noch junge Menschen für die Ausbildung zum Finanzbe amten begeistern wollen.
Ich danke der CDU für die Große Anfrage, die es ermöglicht hat, das auch einmal herauszustellen. Ich danke aber auch den Bediensteten des Finanzministeriums, die alle Fragen akribisch beantwortet haben. - Recht herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Erst einmal vielen Dank für die recht gute Diskussion. Ich komme noch einmal konkret auf die Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter der Steuerverwaltung zurück, möchte aber meinen Dank für diese Fleißarbeit zunächst denen aussprechen, die si cherlich jetzt die Diskussion an den Bildschirmen in der Fi nanzverwaltung verfolgen. Diese umfänglichen Fragestellun gen - danke schön noch einmal der CDU - geben uns die Mög lichkeit, zu schauen, wo wir stehen.
Ich finde, dass die Daten und Fakten gut belegen, dass die Brandenburger Steuerverwaltung - man kann sicherlich das ei ne oder andere hinterfragen - insgesamt organisatorisch und personell gut und vor allen Dingen zukunftsfähig aufgestellt ist. Das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen, die ich beim Besuch unserer 16 Finanzämter gemacht habe. Ich bin jetzt schon in der zweiten Runde meiner Funktion als Finanzminis ter dabei, jedes einzelne Finanzamt zu besuchen, und führe über viele Stunden Gespräche mit Arbeitnehmerinnen- und Ar beitnehmervertretern, aber auch mit den Beschäftigten selbst, um zu schauen, wie die Situation ist. Insgesamt - das zeigen auch die heutige Diskussion sowie die Zahlen und Antworten der Landesregierung - treffe ich auf hochmotivierte, engagierte Bedienstete, die ihre Verantwortung als Herz der Landesver waltung wahrnehmen.
Daher möchte ich als Finanzminister im Rahmen dieser Dis kussion heute auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Steuerverwaltung meinen Dank aussprechen.
Meine Damen und Herren, Herr Bretz hat es richtig gesagt: Wir haben ab 2010 wieder begonnen auszubilden und haben es
geschafft, insgesamt 468 junge Anwärterinnen und Anwärter nicht nur durch die Ausbildung zu bringen, sondern sie mit ih ren neuen Abschlüssen auch in den Finanzämtern einzusetzen. Und obwohl es sich nur um einen sogenannten Fachhochschul abschluss handelt, ist dieser hochspezialisiert, und auch der Bund, das Bundeszentralamt für Steuern, bildet bei uns aus. Das sind echte Fachkräfte, die mittlerweile - und da gebe ich Ihnen Recht - gesucht werden und in den Brandenburger Fi nanzämtern gern gesehen sind. Wir werden uns in unseren Ausbildungsbemühungen noch stärker anstrengen.
Herr van Raemdonck, Sie sollten vielleicht die gesamte Ant wort auf die Große Anfrage lesen. Wir haben angedeutet, dass wir in diesem Jahr 90 Anwärterinnen und Anwärter auszubil den beabsichtigen. Herr Bretz, das sind mehr, als abgehen, und wir haben noch einen kleinen Puffer, obwohl ich natürlich auch weiß, dass wir dort noch einmal nachsteuern müssen - das ist ein weiteres Ziel in der Fortschreibung der Personalbedarfspla nung des Jahres 2019/2020. Wir streben - das ist der jetzige Stand - für das Jahr 2019 einen Personalbestand von 3 400 Be diensteten an. Das sind rund 155 mehr, als jetzt in den Finanz ämtern tätig sind.
In dem Zusammenhang bin ich auch den Koalitionsfraktionen sehr dankbar, die gestern beschlossen haben, obwohl wir die Steuerfahndung um 20 % verstärkt haben, eins draufzusetzen. Ich glaube, zur Steuerehrlichkeit gehört auch eine gewisse Kontrolle. Insofern werden wir uns bemühen, dies in diesen Bereichen entsprechend zu verorten.
Es ist kein Geheimnis, dass wir eine Reihe freier Planstellen haben. Über 170 Planstellen sind nicht besetzt. Das liegt aber nicht daran, dass ich nicht möchte, dass wir die besetzen, son dern wir haben einfach die Fachkräfte nicht, weil wir sie eben nicht ausgebildet haben. Da rächt es sich nach wie vor, dass zwischen 2005 und 2010 - das ist schon thematisiert worden - in der Steuerverwaltung nicht ausgebildet worden ist. Insofern glaube ich, dass wir jetzt mit verschiedenen Anstrengungen ei niges geschafft haben, um das zu kompensieren.
Meine Damen und Herren, auch die Leistungsbilanz unserer Finanzämter ist gut. Dazu noch ein paar Bemerkungen, weil das von einigen Abgeordneten in der Diskussion thematisiert wurde. Wir haben ja im Bereich der Bundesauftragsverwaltung seit Jahren eine Zielvereinbarung mit dem Bund. In dem Zu sammenhang will ich sehr deutlich sagen, dass diese Zielver einbarung nahezu ausnahmslos in allen Bereichen mit einer grünen Ampel versehen wurde. Bei der Schnelligkeit der Bear beitung der Arbeitnehmerfälle, bei Prüfungsqualität, bei den Betriebsprüfungen liegen wir weit über dem Durchschnitt. So warteten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im vorigen Jahr rund 40 Tage auf ihren Einkommensteuerbescheid. Das sind fast zehn Tage weniger als noch im Jahr davor. Im Ver gleich zu den anderen Ländern bekommen die Brandenburge rinnen und Brandenburg ihre Erstattung schon fünf Tage schneller. Ich glaube, das ist eine gute Entwicklung.
Herr Vogel, Sie sprachen die Verringerung der Anzahl der Um satzsteuerprüfer an. Die Anzahl der Prüferinnen und Prüfer wurde verringert, weil wir die Prüfquote erheblich über den Bundesdurchschnitt gesteigert haben. Wir waren also sehr deutlich über dem Schnitt. Deswegen haben wir auch mit dem Bund verabredet, das auf das Niveau des Bundesdurchschnitts zurückzufahren.
Aber auch die Verringerung der Anzahl der Lohnsteuerprüfun gen war ein Thema. Wir haben eine besonders gute Prüfquote. Es handelt sich gerade in diesem Jahr - schauen Sie bitte in die Antwort auf die Große Anfrage - um eine Schwankung in der Prüfzahl. Nach den aktuellen Zahlen sind wir schon wieder auf einem deutlich höheren Niveau.
Die amtsangemessene Alimentation: Wir hatten im Finanzaus schuss die Diskussion, und ich konnte Ihnen für den Doppel haushalt 2015/2016 nachweisen, dass wir amtsangemessen ali mentieren - sowohl die Beamtinnen und Beamten in der Steu erverwaltung als natürlich auch die Polizistinnen und Polizis ten bzw. die Lehrerinnen und Lehrer, die verbeamtet sind.
In dem Zusammenhang zur Grunderwerbsteuer. Die war hier schon mehrfach Thema. Ich kann heute Vollzug melden. Durch die Aufstockung von Personalstellen in den zuständigen Fi nanzämtern Calau, Eberswalde und Kyritz haben wir erreicht, dass die Bearbeitungszeit in allen Ämtern jetzt konstant unter drei Monaten liegt. Ich habe damit Wort gehalten. - Ich bedan ke mich für die Aufmerksamkeit.
Zur amtsangemessenen Alimentation: Sie haben jetzt gesagt, Sie hätten schon im Finanzausschuss nachgewiesen, dass die Finanzbeamten amtsangemessen alimentiert werden.
Wie alle anderen Beamten auch. Dann verstehe ich aber die Antwort auf die Frage 19 nicht. Ich lese sie Ihnen vor:
„Die Anzahl der Beamtinnen und Beamten, denen ein Amt entsprechend der Wertigkeit des ihnen zugewiesenen Dienstpostens übertragen wurde, beträgt 1 340 (Stand: 01.09.2015).“
1 340 Beamtinnen und Beamten wurde also ein Amt entspre chend der Wertigkeit des ihnen zugewiesenen Dienstpostens übertragen. Aber wir haben ja über 3 200 Bedienstete. Wie er klären Sie die Differenz?
Herr Vogel, ich würde mir diese Frage gern noch einmal an schauen. Wir werden das im Nachgang zu dieser Diskussion
Vielen Dank, Herr Minister. - Jetzt wurde angezeigt, dass die CDU-Fraktion noch einmal sprechen möchte. Die Landesre gierung hat eine gute Minute länger gesprochen, sodass also noch Redezeit übrig ist. - Bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will es gar nicht in die Länge ziehen, sondern nur noch einmal drei Punkte her ausgreifen. Ich fand die Diskussionskultur dem Thema sehr angemessen. Drei Aspekte sind mir noch wichtig.
Erster Aspekt, den wir auch im Blick behalten müssen, ist, dass im Bereich des Steuervollzugs die wachsende Internationali sierung die Steuerfälle an sich komplizierter macht. Wenn Sie sich mit internationalen Firmengeflechten befassen und gu cken, wie man das besteuert, dann sehen Sie, dass das wirklich eine ernst zu nehmende Herausforderung ist, die viel Knowhow erfordert. Es ist wichtig, dass wir auf diesen Aspekt der Globalisierung, der mit der Abbildung der Steuererhebung auch in Brandenburgs Finanzämtern Einzug hält, einen beson deren Fokus richten.
Das führt mich zu dem zweiten Punkt, den ich noch erwähnen möchte, zur Aus- und Fortbildung. Uns ist gesagt worden, die Bediensteten in der Steuerverwaltung wünschten sich eine in tensivere Aus- und Fortbildung und die Möglichkeit, mit aktu ellen Entwicklungen vertraut gemacht zu werden. Sie bilden sich viel in ihrer Freizeit aus und fort, aber es ist eben der Wunsch vorhanden, das auch zentral zu organisieren. Ich will das hier an der Stelle noch einmal nennen. Das hängt ja auch mit der Internationalisierung und der Globalisierung der Fir mengeflechte zusammen.
Der letzte Aspekt ist mir auch noch sehr wichtig - ich nenne ihn, weil er öffentlich nicht in Erscheinung tritt, jedenfalls nicht so wie bei anderen -: Auch unsere Finanzbediensteten ha ben das Problem, dass sie es zunehmend mit aggressiven Ten denzen zu tun haben. Mir haben Mitarbeiterinnen und Mitar beiter erzählt, dass sogenannte Reichsbürger zunehmend auch in den Finanzämtern auftauchen. Mir ist wichtig, dass sich die ser Landtag darüber im Klaren ist, dass wir ein Interesse daran haben müssen, dass die Bediensteten, die für dieses Land tätig sind, ihre Arbeit in Sicherheit leisten können. Ich denke, dieser Aspekt sollte an der Stelle einmal gewürdigt werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Haben die anderen Fraktionen noch Redebe darf? - Das ist nicht der Fall. Dann beende ich die Aussprache. Damit ist die Antwort der Landesregierung auf die Große An frage 14, Drucksache 6/3992, zur Kenntnis genommen.
Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in der Drucksache 6/5408 vor.
Die Aussprache wird von der Landesregierung, und zwar mit dem Beitrag von Ministerin Dr. Münch eröffnet. Bitte.