Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

Der erste Fakt ist, dass sich Kliniken in kommunaler Träger schaft dazu entschieden haben, eine Hochschule zu gründen, um dem Anspruch auf ärztliche Versorgung bzw. dem Bedarf an Ärzten auf dem Land nachzukommen.

Fakt ist zweitens, dass Brandenburg - das steht im Konzept - keinen eigenen Studiengang Humanmedizin aufbauen möchte und an dem Abkommen mit Berlin festhält. Das alles ist im Konzept enthalten. Ebenso im Konzept ist geregelt, dass die BTUCS, die UP und die MHB einander - wie gesagt - als gleichberechtigte Partner gegenüberstehen - inklusive der Nut zung von Laboren, Promotionsmöglichkeiten usw.

Fakt ist drittens, dass in der Hochschulpolitik Grundsätze gel ten, denen wir entsprechen wollen, beispielsweise der Freiheit von Studiengebühren. Ich finde, es ist eine Pflicht des Parla ments, darüber zu diskutieren, wie sich die MHB im Gesundheitscampus vor dem Hintergrund dieser Diskussion aufstellt und welche Konsequenzen das für unsere Hochschullandschaft hat. Ja, damit ist auch die Sorge verbunden, inwieweit staatli che Mittel direkt in eine private Hochschule fließen.

Das ist ein Grund für unseren Entschließungsantrag - neben der Regelung der weiteren Befassung mit dem Gesundheitscam pus, weswegen ich Sie bitte, dem Entschließungsantrag zuzu stimmen. Ich denke, wir alle wollen weiterhin an der Gestal tung des Gesundheitscampus mitwirken, und freue mich auf die weiterführenden Diskussionen in den beiden dafür zustän digen Ausschüssen.

(Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrü ßen wir auf der Besuchertribüne Sonderpädagogen aus Finster walde und weitere Gäste aus Teltow-Fläming. Es sind zwar nicht viele, aber seien Sie uns herzlich willkommen im Land tag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Dr. van Raem donck.

Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Brandenburger! Die Errichtung des Gesundheitscampus ist lange diskutiert worden. Der Bericht hierzu liegt nun - mit Verspätung - vor. Mit der Errichtung des Gesundheitscampus verbindet die Landesregierung unter anderem die Erwartung der Fachkräftesicherung. Fachkräfte aber wandern ab und wer den sich auch durch ein überregionales Forschungsnetzwerk nicht aufhalten lassen. Warum? Weil die Fachberufe im Ge sundheitswesen permanent unterbezahlt sind.

Eine von den Ländern Berlin und Brandenburg in Auftrag ge gebene Studie des Instituts für sozialökonomische Strukturana lysen und des Instituts für Medienforschung und Urbanistik besagt, dass 2 700 Pflegefachkräfte täglich nach Berlin zur Ar beit pendeln.

In anderen Bereichen sieht es ähnlich aus. Ministerin Golze gibt auch zu, dass ein Fachkräftebedarf besteht. Weiterhin sagt sie, dass dies hervorragende Beschäftigungschancen bringe. So kann man fehlerhafte Weichenstellungen auch verkaufen, doch ändert das nichts daran, dass die eigentlich attraktiven Gesund heitsberufe unattraktiv gemacht werden, weil an ihnen gespart wird. Pflegedienste bieten ihre Leistungen lieber in Berlin an; das Problem ist seit Jahren bekannt. Die einfache Lösung liegt auf der Hand: Anhebung der Vergütung, Aufschluss zum Berli ner Niveau.

Anstatt Bürokratieabbau zu forcieren, wird die Einrichtung ei ner sogenannten Pflegekammer diskutiert. Pflichtmitglied schaften sind aber keine moderne Antwort auf unser Problem, sondern erhöhen nur die Kosten und vergrößern den bürokrati schen Aufwand.

Die eingangs erwähnte Studie weist auf eine weitere falsche Weichenstellung hin:

„Aktuelle Untersuchungen sowie Befunde dieser Studie zeigen außerdem, dass sich in nahezu allen betrachteten Gesundheitsfachberufen in den letzten Jahren die Ar

beitsbedingungen verschärft haben. Strukturelle Verände rungen in der Versorgungs- und Pflegelandschaft, bei spielsweise die Leistungsabrechnung nach dem DRGSystem oder der Personalabbau in den Krankenhäusern, haben zu einer deutlichen Arbeitsverdichtung geführt.“

Bürokratie und hohe Belastung des Personals durch Stellenab bau machen den Arbeitsplatz im Gesundheitswesen unattrakti ver, und wer Stellen abbaut, muss sich nicht über fehlendes Personal beklagen.

Auch die Ausbildungszahlen sind in Brandenburg zwischen 2007 und 2013 gesunken. Hier zeigen sich die Schwächen, an denen zuerst gearbeitet werden muss. Dafür brauchen wir kei ne Konzepte, sondern vor allem die Sicherung des Nachwuch ses durch angemessene Bezahlung.

Auch den Fachkräftemangel vor allem auf dem Land wird die ses Konzept vermutlich nicht beheben. Das ist ebenfalls ein seit Jahren bekanntes Problem. Wann werden endlich Maßnah men umgesetzt, die zur Verbesserung in der Fläche beitragen? Die diskutierte Akademisierung von Ausbildungsberufen ist vor diesem Hintergrund purer Luxus. Wir müssen erst einmal die Basisgesundheitsleistungen insgesamt absichern.

Die Ansätze für ein Forschungsnetzwerk sind hingegen zu be grüßen. Der Wissens- und Technologietransfer und die Einbin dung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen dienen der Verbesserung der Innovationsfähigkeit des Gesundheitswe sens. Dadurch besteht die Chance auf eine koordinierte Ge sundheitsforschung, die ihren Namen verdient. Der Aufbau der Grundlagenforschung ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch lässt das Konzept wichtige Fragen offen. Detaillierte Zie le und Kennzahlen, die hier umgesetzt werden sollen, sind nicht erkennbar. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abgeordnete von Halem. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Sonderpädagogen auf der Tribüne! Ich glaube, ein Blick dort hinauf macht deutlich, dass Sonderpädagogen in die sem Land Mangelware sind; wir brauchen mehr davon.

(Vereinzelt Heiterkeit sowie Beifall des Abgeordneten Lüttmann [SPD])

Das diskutieren wir ja immer wieder. Das ist zwar heute nicht der konkrete Tagesordnungspunkt, fällt aber auf.

Jetzt diskutieren wir den Gesundheitscampus und die Grundla ge dieses Konzepts. Dem Antrag „Gesundheitsforschung stär ken - hochwertige medizinische Versorgung sichern“ haben wir damals auch zugestimmt und stehen weiterhin zu der Grund idee der Vernetzung und Bündelung der Aktivitäten der Hoch schulen im Gesundheitsbereich.

Bessere Ausbildungsangebote und eine stärkere Vernetzung in den Bereichen Pflegewissenschaften, Gesundheit des Alterns,

Therapiewissenschaften und Prävention wie vor allem auch ei ne bessere Vernetzung mit Berlin sind für uns unabdingbar. Wir sollten das nicht aus den Augen verlieren. Die Anstrengung lohnt immer wieder, das tatsächlich neu zu versuchen.

In dem, was jetzt hier in Brandenburg stattfindet, sehen wir ei ne große Chance, die eher kleinen Pflänzchen an Brandenbur ger Hochschulen durch einen brandenburgischen Gesundheits campus mit starken Partnern wie dem DIfE, der Universität Potsdam und den anderen außeruniversitären Forschungsein richtungen zusammenzubringen. Das nützt allen Seiten - dafür sind auch die zwölf zusätzlichen Professuren richtig - und das vorliegende Konzept legt den Grundstein dafür.

Wir haben uns dem Entschließungsantrag der Koalitionsfrakti onen gern angeschlossen, weil er die Ausrichtung des Gesund heitscampus so gut beschreibt. Er soll aus unserer Sicht vor al lem die Aktivitäten der staatlichen Hochschulen und der außeruniversitären Forschungseinrichtungen bündeln und sie auch mit Praktikern verbinden.

Es ist nicht Zweck des Gesundheitscampus, eine private Hoch schule über Wasser zu halten; das hat sie zum Glück auch gar nicht nötig, denn sie scheint ihren Platz gefunden zu haben, gut zu funktionieren, gut auf dem Weg zu sein.

Die Linien in dem Entschließungsantrag - nämlich erstens dau erhaftes Bestehen des Gesundheitscampus, zweitens keine Be lastung des Hochschuletats durch die Finanzierung, drittens staatliche Finanzmittel grundsätzlich direkt nur an staatliche Einrichtungen zu vergeben und die direkte finanzielle Förde rung privater Beteiligter nicht vorzusehen - sind für uns wich tig. Dieser Maxime sehen wir in dem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, der jetzt auch unserer ist, sehr gut Rech nung getragen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Wir stehen nämlich weiterhin hinter der Empfehlung des Wis senschaftsrates, in Brandenburg keine Mediziner auszubilden. Berlin bietet für die akademische Ausbildung von Medizinerin nen und Medizinern gute Voraussetzungen. Selbst, wenn wir in Brandenburg ein Medizinstudium anböten, wäre das keine Ga rantie dafür, dass dem Ärztemangel abgeholfen wird. Auch der Gesundheitscampus wird dieses Problem nicht lösen. Darüber sollten wir noch einmal diskutieren bzw. uns auch überlegen, wie und woran wir eigentlich den Erfolg des Gesundheitscam pus messen, denn aus dieser Debatte habe ich schon sehr deut lich herausgehört, dass die Errichtung des Gesundheitscampus immer wieder mit der Hoffnung verbunden wird, damit den Ärztemangel im Land beheben zu können. Ich glaube nicht, dass das gelingt; da geht es um sehr viel mehr. Da geht es um Attraktivität, um andere Perspektiven, um Willkommenskultur. Vielleicht geht es auch um eine neue oder eine bessere Zusam menarbeit mit dem jetzt ja neuen Berlin. Vielleicht tun sich da neue Chancen auf.

Heute nehmen wir das Konzept zur Kenntnis in dem Wissen um das große Interesse daran im AWFK, wo wir das Projekt sicher weiter eng begleiten werden, unter der Maßgabe, zu gu cken, was denn dessen Bedarfe sind, und gleichzeitig mit der Zielrichtung der Diskussion, zu überlegen, woran wir den Er folg eigentlich messen. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass wir in absehbarer Zeit auch eine Anhörung zu dem Konzept durchführen, um uns auch von außen den richtigen Weg be scheinigen zu lassen.

Einstweilen gutes Gelingen allen Beteiligten hier unten und dort oben auf der Tribüne!

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Die Landesregierung verzichtet auf weitere Beiträge.

(Ministerin Dr. Münch: Ich würde gerne noch etwas sa gen, wenn ich darf!)

- Jetzt möchte die Landesregierung doch. - Bitte schön, Frau Dr. Münch.

Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich bei den Fraktionen und den Rednerinnen und Rednern für die konstruktive Zusammenarbeit und die Zustimmung zu un serem Konzept bedanken - das ist keine Selbstverständlichkeit. Das Konzept des Gesundheitscampus ist etwas, das es in dieser Form bis jetzt deutschlandweit nicht gibt. Ich weiß, dass wir auch von außen mit großem Interesse beobachtet werden.

Es tut dem ganzen Vorhaben, dem ganzen Projekt wirklich gut, dass es fraktionsübergreifend getragen wird. Ich freue mich auf die Umsetzung in den kommenden Jahren und die Diskussio nen mit Ihnen. - Herzlichen Dank.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Ich beende die Aussprache. Damit ist das Kon zept der Landesregierung auf Drucksache 6/5088 zur Kenntnis genommen.

Ich rufe zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/5408, „Gesundes Brandenburg - Forschung, Versorgung, Pflege und Prävention“, auf. Wer möchte diesem Entschließungsantrag zustimmen? - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einigen Enthal tungen ist dieser Entschließungsantrag mehrheitlich angenom men.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungs punkt 13 auf:

Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission über ihre Tätigkeit gemäß § 26 Absatz 3 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - Bbg VerfSchG) vom 5. April 1993 (GVBl. 1993, S. 78; zu letzt geändert durch Artikel 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Ver-fassungs schutzgesetzes vom 17. Dezember 2014 [GVBl. I, S. 1])

Bericht

der Parlamentarischen Kontrollkommission

Drucksache 6/5237

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Damit ist der Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission auf Druck sache 6/5237 zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und rufe Tagesordnungs punkt 14 auf: