Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Neverending story“ möchte man sagen. Noch ist die Geschichte nicht zu Ende; wir werden sehen, wie sie ausgeht. Aber es ist unsere Aufgabe - und wir werden von den Bürgerinnen und Bürgern auch immer wieder angesprochen -, dies zu thematisieren.
der ja vor einem Jahr vollmundig sagte, dass das Thema Nachtflugverbot im Koalitionsvertrag verankert sei. Deswegen wäre es - so haben Sie es impliziert - auch sicher und würde kommen.
Nun fragen wir nach: Was ist im letzten Jahr passiert? Wir möchten das Hohe Haus bitten - deshalb dieser Antrag -, sich erneut mit dieser Frage zu beschäftigen und sich dafür zu verwenden.
Ein Jahr ist schnell vergangen. Der Flughafen soll angeblich fertig werden, die Eröffnung rückt näher. Wir werden sehen, ob das 2017 klappt. Am Ende bleibt die einzig entscheidende Frage: Was passiert mit den Bürgern, mit dem Schallschutz? Können die Bürgerinnen und Bürger damit leben?
Den Antrag haben Sie sicher zur Kenntnis genommen. Darin bitten wir darum, vier Punkte zu beschließen. Erstens soll der Landtag den Ministerpräsidenten auffordern, dem Volksbegehren nachzukommen. Ich erinnere daran: Am 27. Februar 2013 hat dieses Hohe Haus die Annahme des Volksbegehrens beschlossen. Ich erinnere an die Worte von Matthias Platzeck: Jeder Ministerpräsident dieses Landes hat die Verantwortung, dieses Nachtflugverbot durchzusetzen. - Nun, meine Damen und Herren, wir gestatten uns, an ein Versprechen, das dreieinhalb Jahre alt und leider noch nicht umgesetzt und eingelöst ist, zu erinnern.
Das Zweite ist: Der Landtag fordert den Ministerpräsidenten auf, beim Land Berlin Druck zu machen. Wir alle kennen die neue Situation in Berlin; darauf werde ich gleich noch eingehen.
Drittens: Der Landtag fordert den Ministerpräsidenten auf, kraft seiner Richtlinienkompetenz dafür Sorge zu tragen, dass das Nachtflugverbot in den Landesentwicklungsplan aufgenommen wird. Das ist unter Punkt 6.6 verankert.
Viertens: Der Landtag fordert die Landesregierung auf, jährlich einen Fortschrittsbericht zu erstellen. Dann brauchen wir nicht dauernd Anträge zu stellen, dann kommt das Thema von allein auf die Tagesordnung.
Meine Damen und Herren, was war die eigentliche Ursache dafür, dass wir das jetzt wieder auf die Tagesordnung gebracht haben? Es war nicht nur der Jahrestag der letzten Beratung vor einem Jahr, nein, meine Damen und Herren, es war die Beratung im BER-Sonderausschuss am 10. Oktober 2016. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte unter Tagesordnungspunkt 2 eine Stellungnahme der Landesregierung zur Ausweitung des Nachtflugverbotes beantragt. Was wir dort vom anwesenden Ministerpräsidenten zu hören bekamen, hat nicht nur mir, sondern auch vielen anderen die Sprache verschlagen. Er sagte, eine Zeitspanne von 22 bis 6 Uhr sei gar nicht Teil der Forderungen des Volksbegehrens. Mehr an Rabulistik geht nicht. Im Übrigen darf ich daran erinnern, dass in Deutschland die Nacht als die Zeit zwischen 22 und 6 Uhr gesetzlich definiert ist. Wir haben diese Frage schon lange und oft in Fachausschüssen und anderen Gremien diskutiert. Im Berliner Volksbegehren war sogar der Zusatz „von 22 bis 6 Uhr“ enthalten. Daran möchte sich heute keiner mehr erinnern. Die Frage ist: Wo waren Sie am 27. Februar 2013, als das hier diskutiert und beschlossen wurde? Das soll wohl alles nicht mehr wahr sein.
Meine Damen und Herren, jetzt hat der Ministerpräsident verschiedentlich geäußert, auch die Landesregierung sei für eine Erweiterung des Nachtflugverbots:
Nun, meine Damen und Herren, dann schlage ich vor - wie bei anderen heutigen Tagesordnungspunkten -: Reden wir nicht darüber, sondern tun wir es einfach. Zu sagen, wir könnten das nicht, wäre eine Bankrotterklärung.
Ich möchte Ihnen einmal den heutigen Flugplan - zur Frage, was ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr bedeuten würde - darstellen. Am heutigen Tag, dem 10. November, gab es null Landungen in Schönefeld oder Tegel vor 6 Uhr. Das heißt, man könnte im Gegenzug fragen: Warum wollt ihr überhaupt ein Nachtflugverbot? Es landet eh keiner. - Aber es könnte eben auch kommen. Es gab 35 Landungen nach 22 Uhr, davon 31 zwischen 22 und 23 Uhr und vier zwischen 23 und 24 Uhr. In Schönefeld gab es null Starts vor 6 Uhr. 6 Uhr ist der erste Flieger nach Amsterdam gestartet, danach starteten Flieger nach Frankfurt, Lissabon und Basel. In Tegel gab es vier Starts nach 22 Uhr: nach Tel Aviv, Köln und Moskau, davon zwei nach Tel Aviv - wobei man sich fragen kann, wie ausgelastet die beiden Maschinen nach Tel Aviv waren.
Jetzt sagt Herr Dr. Mühlenfeld, das Nachtflugverbot sei essenziell und müsse unbedingt sein. Er sagt auch, die Gesellschafter - das heißt, auch das Land Brandenburg - müssten entscheiden, ob sie den Anwohnern mehr Nachtruhe geben und das Geld dafür aufwenden wollten.
Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass Ihnen der BER Milliarden an Subventionen wert war. Ich frage Sie: Was ist Ihnen die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger wert, die das ausbaden müssen? Auf die Antwort auf diese Frage bin ich sehr gespannt. Am Ende bleibt nur abzuwarten, ob es zu einem Nachtflugverbot kommt, ob Sie sich dazu durchringen können.
Ich darf daran erinnern: 106 000 Bürgerinnen und Bürger - Brandenburgerinnen und Brandenburger - fordern von der Landesregierung die Durchsetzung des Nachtflugverbots von 22 bis 6 Uhr. Meine Damen und Herren, da gibt es keine Kompromisse. Das war klar, und der Landtag Brandenburg hat das Volksbegehren angenommen. Es gab schon damals einige, die Zweifel daran hatten, dass es ernst gemeint war. Ich will meine Hoffnung nicht aufgeben - die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt -; wir werden sehen, ob Sie Ihr Wort, das Sie damals gegeben und verpfändet haben, einlösen werden.
Meine Damen und Herren, zugegebenermaßen war die politische Situation in den letzten Jahren schwierig. Die CDU-Fraktion hat hier im Landtag ganz klar Position bezogen. Sie war wenigstens ehrlich, auch wenn sie nicht die Position hatte, die ich vertrete.
Aber auch die Berliner CDU hat sich ständig dagegen gewandt. Das war die gefundene Ausrede für die SPD zu sagen: Wir wollen ja, aber wir können nicht. - Nun, meine Damen und Herren, hat sich das Blatt gewendet. In Berlin hat das neue Abgeordnetenhaus nach der Wahl 160 Sitze, davon entfallen 38 Sitze - 24 % - auf die SPD, 27 auf die Grünen und 27 auf die Linken. Die Linken und die Grünen haben sich in ihren Wahlprogrammen für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ausgesprochen. Meine Damen und Herren, ich bitte SPD und Linke, der CDU in diesem Landtag nicht immer nur vorzuhalten, sie sollte in irgendwelchen Angelegenheiten Frau Merkel um Hilfe bitten oder dafür sorgen, dass Dinge geklärt werden.
Nein, meine Damen und Herren, gehen Sie einmal zu Ihren Leuten in Berlin, zu Ihren Landesfreunden wie Herrn Müller - oder wie immer die heißen -,
Das ist doch einmal eine Ansage! Dann schlage ich vor: Suchen Sie nach Lösungen, um das Nachtflugverbot durchzusetzen.
Der Bürgermeister der am meisten betroffenen Gemeinde, der in der Sache sehr gut aufgestellt, beraten und sachlich und fachlich orientiert ist, hat vor wenigen Tagen eine Presseerklärung herausgegeben: „Flughafen BER: Nachtflüge leisten keinen Beitrag zur Gewinnsteigerung“.
Meine Damen und Herren, die Leute, die sich im Namen der Gemeinde Blankenfelde engagieren, die viel Geld und Man- power investieren, haben die Flughäfen in Europa untersucht und herausgefunden, dass kein einziger Flughafen mit dem Nachtflugangebot Gewinn macht. Das haben wir schon lange diskutiert, auch schon 1998, als es die erste den Flughafen betreffende Volksinitiative gab, als gesagt wurde, wie essenziell der Nachtflug sei. 70 000 Arbeitsplätze sollten es damals sein. Daran glaubt heute schon kein Mensch mehr.
Deswegen schlage ich vor, wir betrachten das Pferd mit dem Nachtflug und dem großen Gewinn als totgeritten. Steigen Sie ab, lassen Sie es liegen und sagen Sie: Was uns wichtig ist, sind die Menschen, ist die Gesundheit der Menschen, denn die ist im wahrsten Sinne des Wortes nicht bezahlbar. - Im Gegensatz zum Flughafen stehen die Rechte der Menschen als konkrete Verfassungsobjekte in der Landesverfassung. In Artikel 39 ist die Gesundheit amtlich und verfassungsrechtlich verbürgt.
Ich freue mich auf eine interessante Debatte und würde mich auch sehr freuen, wenn Sie unserem Antrag nähertreten könnten. Wir können das auch - weil wir offensichtlich wieder netter miteinander umgehen wollen - an die Fachausschüsse überweisen und dort miteinander diskutieren.
- Ich hatte bei der gestrigen Plenardebatte den Eindruck, dass man bereit ist, aufeinander zuzugehen. Aber, Herr Bischoff, wenn Sie das jetzt in Abrede stellen, bedauere ich das außerordentlich. Von unserer Seite ist Kompromissfähigkeit angesagt.
- Es gibt so etwas wie Fernsehen, Herr Bischoff. Man kann die Plenardebatte auch im Bett verfolgen. - Schönen Dank.
Das ist vorbildlich. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Loehr für die Fraktionen von SPD und DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Herr Schulze - er hört mir gerade nicht zu -, wenn man politisch erfolgreich sein will, bedarf es aus meiner Sicht der Faktoren Ort, Zeit und Bedingungen, aber ich glaube, Sie haben diese drei Faktoren bewusst nicht beachtet, weil Sie gar nicht damit rechnen, dass wir Ihrem Antrag zustimmen. Ich möchte das kurz ausführen:
Am 18. September fand die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus statt, und für den 8. Dezember ist die Wahl des Regierenden Bürgermeisters im Abgeordnetenhaus vorgesehen. Aktuell - das verfolgen wir sicher alle - laufen in Berlin die Koalitionsverhandlungen, und nach meinem Dafürhalten ist es guter politischer Stil, dass sich andere Landesverbände nicht in interne Angelegenheiten, in Koalitionsverhandlungen einmischen. Wir als Brandenburger würden uns das auch verbitten.
Fakt ist zunächst: Es gibt bisher keinen Koalitionsvertrag, auf den man aufsatteln, an den der Antrag von Herrn Schulze anknüpfen könnte. Darüber hinaus würde ein solcher Koalitionsvertrag natürlich erst einmal unter dem Vorbehalt der jeweiligen Gremien der drei Parteien stehen. Das Thema „Erweitertes Nachtflugverbot am BER“ wurde bei den Verhandlungen - wie wir nach Rücksprache mit unseren Berliner Kollegen erfahren haben - bisher ausgeklammert. Von daher kann ich heute auch keinen diesbezüglichen Verhandlungsstand übermitteln.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, mehr Nachtruhe zu erreichen bleibt eine Daueraufgabe. Die Koalition unterstützt dieses Anliegen nach wie vor und wird bei den Forderungen an die Miteigentümer des Flughafens nicht nachlassen.
„Die Erhebung hoher Nutzungsentgelte für Starts und Landungen in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr stellt eine Möglichkeit dar, Starts und Landungen in diesem Zeitraum wirtschaftlich unattraktiv zu machen.“