Protokoll der Sitzung vom 10.11.2016

Oder: die Musikschulförderung. Oder: Die CDU-Fraktion hat sich dafür ausgesprochen, die vollständige Kofinanzierung des Masterplans II des Bundes zu übernehmen - das sind 140 Mil- lionen Euro. - Oder: schnelles Internet, was heute Thema war. Wir haben im Haushaltsentwurf 35 Millionen Euro dafür vorgesehen bzw. durch die Umschichtungen auf Vorschlag der Koalitionsfraktionen noch einmal 75 Millionen Euro usw.

Ich könnte die Aufzählung weiterführen. Es handelt sich dabei sämtlich, Herr Bretz - Sie sind mit Forderungen immer ganz vorn dabei -,

(Zuruf des Abgeordneten Bretz [CDU])

um Vorhaben, die umgesetzt werden können, aber nicht umgesetzt werden müssen.

Bei der Abwägung, ob die dafür erforderlichen Mittel bereitgestellt oder besser für die Schuldentilgung eingesetzt werden, hat sich die Landesregierung für ersteres entschieden.

Um das noch einmal anders auszudrücken: Wir, Herr Bretz, die Landesregierung, sind der festen Überzeugung, dass die Umsetzung dieser Maßnahmen für die Zukunft des Landes gegenwärtig eine höhere Bedeutung hat als die zusätzliche Tilgung. Bevor Sie es möglicherweise wieder verdrängen: Hier steht der erste Finanzminister Brandenburgs, der getilgt hat, nämlich fast 300 Millionen Euro. Ich sage Ihnen zu: In dieser Legislaturperiode werde ich das auch noch weiter tun.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, meine Damen und Herren, am Ende der Beratungen dem vorliegenden Gesetzentwurf, mit dem die weitere Zuführung an den Versorgungsfonds an die Entscheidungen des Haushaltsgesetzgebers gebunden wird, zuzustimmen. - Ich bedanke mich zunächst für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Vielen Dank. - Für die Fraktionen von SPD und DIE LINKE spricht der Abgeordnete Wilke. Bitte schön.

Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist nun tatsächlich ein recht komplexes und schwieriges Thema. Ich will das auch gar nicht herunterreden; denn es geht um eine Grundsatzentscheidung, die wir hier zu treffen haben, die man sehr unterschiedlich bewerten kann. Ich bin mir ganz sicher: Im nächsten Redebeitrag werden wir hören, wie unterschiedlich das sein kann. Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, im Namen der Koalitionsfraktionen unsere Sicht darzustellen. Der Minister hat gerade den Gesetzentwurf vorgestellt, ich werde versuchen, die Argumente gegenüberzustellen und zu erklären, warum wir in der Abwägung zu unseren Schlüssen gekommen sind.

Zunächst bleibt festzuhalten, dass wir mit dem Pensionsfonds einen ganz wichtigen Schritt gegangen sind. Im Dezember 2008 haben wir ihn beschlossen. Der Minister hat einige Zahlen genannt, was die Lasten der nächsten zwei Jahre angeht. Ich nenne Ihnen gerne noch ein paar Zahlen bezüglich der Perspektive darüber hinaus: Wir werden es im Jahr 2020 mit Versorgungsausgaben in Höhe von ca. 347 Millionen Euro zu tun haben. Für 2030 haben wir etwa 900 Millionen Euro Versorgungsausgaben zu erwarten und 2042 - das ist noch eine Weile hin - werden es prognostiziert 1,1 Milliarden Euro sein. Das ist dann ein enormer Anteil am Landeshaushalt. Sie können sich bei der Dimension, über die wir heute reden, vielleicht vorstellen, wie das zu schultern sein wird. Es wird eine ganz enorme Herausforderung sein. Jetzt Vorsorge zu treffen und sich auf das vorzubereiten, was auf uns zukommt, ist enorm wichtig, und deswegen waren die Entscheidungen zur Einrichtung des Pensionsfonds zunächst einmal absolut korrekt.

Nun müssen wir uns aber fragen: Wie gehen wir mit der veränderten Situation um? Der Finanzminister hat einige Dinge genannt, mit denen wir es zu tun haben. Da ist zum einen die Tatsache, dass wir momentan ein sehr niedriges Zinsniveau haben. Das hat positive Effekte, ohne Frage. Es hat den positiven Effekt, dass wir Zinsausgaben sparen. Das trifft nicht nur auf das Land, sondern auch auf die Kommunen zu. Das entlastet uns an manchen Stellen. Auf den Versorgungsfonds hat es aber negative Effekte, weil wir eben auch die Rendite, die wir brauchen, damit das eine lohnenswerte Anlage ist, aktuell nicht erzielen können, es sei denn, wir riskieren es mit hochspekulativen, mit gefährlichen Anlagen, und das ist etwas, was wir nicht tun wollen.

Zweitens haben wir es in dem Zusammenhang mit einem Niedrigzinsumfeld zu tun. Der Leitzins wurde im März auf 0 % gesenkt. Alle Länder haben die gleichen Schwierigkeiten wie Brandenburg und befassen sich momentan damit. Berlin zum Beispiel geht einen anderen Weg. Die Berliner sind bereit, hochspekulative Anlagen zu riskieren. Wir sind da deutlich vorsichtiger. Aber mit einem Zinsumfeld deutlich unter einem Prozent haben alle zu tun.

Der Bericht des Finanzministeriums, der vor kurzem vorgelegt wurde, zeigt auch ganz deutlich auf: Wir haben es mit einer sinkenden Durchschnittsverzinsung zu tun. 2014 lag sie bei 3,19 % und 2015 schon bei 2,37 % mit deutlich und stark fallender Tendenz.

Der aktuelle Zinssatz bei regulären Anlagen liegt unter der Inflationsrate. Das heißt im Klartext: Wenn wir jetzt dafür Geld in die Hand nehmen, schmeißen wir es zum Fenster hinaus,

wenn auch für einen guten Zweck. Das kann nicht ernsthaft unser Anliegen sein.

Deswegen reagiert die Landesregierung mit diesem Gesetzentwurf, den wir in dieser Situation auch für vernünftig halten; denn er sagt nicht, dass wir zukünftig kein Geld mehr einspeisen werden, sondern gibt uns die Chance, flexibel mit der neuen Situation umzugehen und flexibel zu entscheiden: Macht das jetzt Sinn oder macht das keinen Sinn? Das halten wir für einen angemessenen und guten Weg, denn wir stehen vor folgenden Grundsatzfragen: Wollen wir weiterhin Geld in die Hand nehmen, ohne eine Rendite bzw. eine Rendite unterhalb der Inflationsrate zu erzielen, möglicherweise hochspekulativ und dann auch gefährlich in der Folgewirkung? Es ist immerhin Steuergeld in immensen Größenordnungen, über das wir hier reden. Oder wollen wir jetzt flexibel damit umgehen, möglicherweise besser investieren in - der Finanzminister hat einige Herausforderungen, vor denen wir stehen, genannt - Bildung, Infrastruktur, Wirtschaft, Sicherheit und soziale Sicherheit - in Dinge also, die auch zukünftig dafür sorgen, dass dieses Land Einnahmen hat, von denen wir unter anderem auch Versorgungslasten und andere Dinge bezahlen können?

Das ist die Grundsatzentscheidung, vor der wir stehen. Wir glauben, dass der in diesem Gesetzentwurf vorgeschlagene Weg der Flexibilisierung der richtige ist. Wir glauben, dass es angemessen ist, auf das Zinsniveau zu reagieren.

Ich möchte den Kolleginnen und Kollegen der Grünen nicht vorgreifen, aber ich erinnere mich: In der letzten Haushaltsdebatte gab es einige Änderungsanträge zum Bildungsetat. Sie haben schon beim letzten Doppelhaushalt vorgeschlagen, auf den Pensionsfonds zurückzugreifen und diese Gelder dort zu investieren. Insofern kann ich mir vorstellen, dass Sie unsere Position möglicherweise teilen. Freuen würde ich mich darüber.

Wir empfehlen die Überweisung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen und bitten um Zustimmung. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Bretz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Worum geht es? Der Finanzminister hat es beschrieben: Das Brandenburgische Versorgungsrücklagengesetz wird aufgehoben, die Versorgungsrücklage in Höhe von etwa 213 Millionen Euro wird als separate Position in den Versorgungfonds integriert und die Altersversorgung der brandenburgischen Beamten wird im Wesentlichen auf eine andere Grundlage gestellt.

Richtig ist, dass wir uns mit diesem Gesetzesvorhaben an einer wirklichen Weichenstellung befinden, die es verdient, dass wir sie kontrovers und an der Sache orientiert diskutieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Wilke, ich will Sie ungern korrigieren, aber die Zahlen der Pensionsverpflichtungen, die mir vorliegen, sind andere. Ich will sie

in Kürze benennen: Im Jahr 2020 wird das Land Brandenburg nach meinem Kenntnisstand etwa 500 Millionen Euro für Pensionsverpflichtungen aufbringen müssen, im Jahr 2030 werden es 1,2 Milliarden Euro und im Jahr 2040 sogar 1,7 Milliarden Euro sein.

Der jetzige Personaletat des Landes umfasst laut Personalquote etwa 28 % am Landeshaushalt. Wenn ich die Personalbelastungen, die in anderen Hauptgruppen geschlüsselt sind, hinzunehme, sind wir bei über 30 %. Das heißt, bei einem Haushaltsvolumen von 11 Milliarden Euro sind das etwas über 3 Milliarden Euro, mit den kommenden Personalpensionsverpflichtungen sind es dann sogar über 4 Milliarden Euro, knapp 5 Milliarden Euro, die das Land für Personal aufbringen muss.

In Zeiten, in denen wir Steuereinnahmen auf Rekordniveau haben, in denen es darum gehen muss, Vorsorge zu treffen, Rücklagen zu bilden, um für schlechtere Zeiten gewappnet zu sein, setzen SPD und DIE LINKE das Signal: Versorgung von morgen interessiert uns nicht, brauchen wir nicht. - Sondern Sie wollen - das ist die politische Botschaft Ihres Gesetzesvorhabens - die angesparte Rücklage von 213 Millionen Euro in den Jahren 2019 bis 2027 aufzehren und den Versorgungsfonds nach Haushaltslage bestücken. Das heißt de facto: Dieser Versorgungsfonds wird in Zukunft nicht mehr mit Geld bestückt werden. Das ist die übersetzte Botschaft Ihres Gesetzesvorhabens, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU und AfD)

Ihr Koalitionsvertrag steht unter dem Titel „Brandenburgs Aufbruch vollenden.“ Ich will jetzt keine Detaildiskussion darüber, dass „Aufbruch“ und „Vollendung“ einen unterschiedlichen semantischen Gehalt haben, führen. Aber eins möchte ich Ihnen sagen: Wenn Aufbruch vollenden bei Ihnen bedeutet, dass man das, was wir an Rücklagen angespart haben, verkonsumiert, und wir im Übrigen auch keine Vorsorge mehr treffen, dann ist das zumindest ein merkwürdiges Verständnis von Aufbruchsvollendung, meine sehr verehrten Damen und Herren von SPD und Linke.

(Beifall CDU und AfD)

Die geschätzte Kollegin Gabi Theiss berichtete gestern in - das muss ich wirklich sagen - sehr eindrucksvoller Weise von ihren Enkelkindern Florentine und Gwendolin. Um es Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, in diesem Bild zu erläutern: Uns, der CDU, geht es darum, dass wir die Zukunft von Gwendolin und Florentine sicher machen, dass, sofern Gwendolin und Florentine in den brandenburgischen Staatsdienst gehen, sie auch noch eine Pension bekommen.

(Beifall CDU und AfD)

Deshalb ist das Signal, das Sie als Koalition an diesem Tag aussenden, über Pensionsverpflichtungen der Zukunft nach Haushaltslage zu entscheiden, das völlig falsche. Das sind aus unserer Sicht der völlig falsche Schritt und die völlig falsche Entscheidung. Es betrübt mich, Herr Finanzminister, dass unter Ihrer Verantwortung ein Ausstieg aus der Vernunft der Zukunft stattfindet.

Lassen Sie mich als Letztes noch sagen, lieber Herr Finanzminister: Sie prägen das Wort „Enkelgerechtigkeit“, um die es

Ihnen in Ihrer Politik angeblich geht. Was, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist daran enkelgerecht, wenn wir die heute bekannten zukünftigen Verpflichtungen nicht mit einer Vorsorge begleiten? Was Sie mit diesem Gesetz beschließen, ist nicht enkelgerecht, sondern man könnte es zusammenfassen mit: Nach uns die Sintflut! - Das ist Ihre politische Botschaft, und das ist aus unserer Sicht die falsche Botschaft. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Danke. - Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Galau.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Was auf den ersten Blick wie ein harmloser Verwaltungsakt anmutet, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Gesetzesänderung mit weitreichenden Auswirkungen für die brandenburgischen Beamtinnen und Beamten, genauer: für deren Ruhestandszahlungen.

Dabei hatte man in Brandenburg ursprünglich schon 1999 fürsorglich vorausgedacht und freiwillig das Sondervermögen Versorgungsrücklage gegründet, aus dem ab 2018 die Versorgungszahlungen an die Ruheständler unterstützt werden sollten.

Für alle Beamtinnen und Beamten in unserem Land, deren Dienstverhältnisse nach dem 31. Dezember 2008 begannen, ist zum selben Zweck zusätzlich das Sondervermögen Versorgungsfonds eingerichtet worden, damit auch die Pensionen für die geburtenstarken Jahrgänge am Ende der 20er-Jahre haushalterisch abgefedert werden können. So weit, so gut die Absicht.

Im Laufe der Zeit stellten sich jedoch zwei wesentliche Webfehler im System heraus, zum einen: Die beiden nebeneinanderstehenden Sondervermögen verursachen unnötig doppelte Verwaltungskosten und Bewirtschaftungsaufwand und zweitens - schlimmer noch -, mit den prozentual zu den Besoldungsaufwendungen festgeschriebenen Beiträgen zum Versorgungsfonds sind in dem heute herrschenden Niedrigzinsumfeld angeblich nicht mehr die nötigen Renditen zu erzielen, um in der Zukunft die versicherungsmathematisch ermittelten Fondsvolumina zu erreichen. Oder anders ausgedrückt: Man müsste dafür andere Anlagerisiken in Kauf nehmen.

Um diese Fehler zu reparieren, sollen wir nun einem Änderungsgesetz zustimmen, welches erstens beide Sondervermögen zu einem zusammenführt und zweitens die Landesregierung von einer gesetzlich fix an die Besoldungshöhe gekoppelten Einzahlung in den Versorgungsfonds befreit. Für alle Beamten, die nach dem 31. Dezember 2008 ihr Dienstverhältnis begonnen haben, braucht unsere Landesregierung fortan nur noch nach Maßgabe des Haushalts in den Versorgungsfonds einzuzahlen.

Es bedarf wenig hellseherischer Fähigkeiten, um zu erkennen, dass genau diese Maßgabe des Haushalts in Zukunft immer öfter oder eigentlich nur noch heißen wird: Es ist leider kein Geld für die Aufstockung des Versorgungsfonds da. Sich vorzustel

len, wie es dann um die Höhe und Verlässlichkeit der Pensionen unserer Landesbeamten bestellt sein wird, bedarf wenig Fantasie. Wie real diese Gefahr ist, zeigt schon der Entwurf zum nächsten Doppelhaushalt 2017/18, den wir im nächsten Plenum diskutieren und beraten werden. Dort ist die schwarze Null, also der Haushalt ohne Neuverschuldung, unter anderem nur noch dadurch erreicht worden, dass der Finanzminister schon 2017 nichts mehr in diesen Versorgungsfonds einzahlen wird und sich damit rund 130 Millionen Euro für seinen ach so soliden Haushalt sichert.

Die simple Begründung für die Plünderung des Sparschweins lautet: Bei dem niedrigen Zinsniveau lohnt es sich ohnehin nicht mehr, Mittel für die Zukunft in so einem Fonds anzusparen. - Wollen wir es uns mit der Ruhestandsabsicherung unserer Beamtinnen und Beamten, jener Menschen, die das Funktionieren unseres Landesgemeinwesens ganz wesentlich gewährleisten, wirklich so einfach machen?

Es geht auch anders. Nehmen wir zum Beispiel unsere eigenen Abgeordnetenpensionen, die von einem großen Versorgungswerk in Nordrhein-Westfalen bewirtschaftet werden. Dort gelingt es auch heute noch, doppelt so hohe Renditen zu erwirtschaften, als es dem Finanzministerium in Brandenburg vermeintlich möglich ist.

Selbst das ewig klamme Berlin setzt weiter auf eine Fondslösung und glaubt sogar mit ethisch korrekten Anlageformen noch Renditen zu erwirtschaften. In Brandenburg soll das nicht gehen? Was wollen Sie den Bürgern damit sagen? Dass Sie nicht fähig sind oder nur nicht willens? Hätte es unsere Landesregierung nicht auch in der Hand, bei der Bundesregierung Druck zu machen, damit diese in Frankfurt bei der Europäischen Zentralbank darauf hinwirkt, dass die dortige Politik des kompromisslosen billigen Geldes bei niedrigstem Zinsniveau endlich beendet wird?

(Einzelbeifall AfD - Wilke [DIE LINKE]: Na, na!)

Nein, meine Damen und Herren! Ich befürchte, dazu reicht die Fantasie und Gestaltungskraft unserer Landesregierung tatsächlich nicht aus.