Protokoll der Sitzung vom 10.11.2016

Es ist ein Irrglaube, zu meinen, dass die wirtschaftliche Entwicklung und die Steuereinnahmen für alle Zeiten auf diesem

Niveau mit diesen Wachstumspotenzialen liegen werden. Deshalb ist doch die Konsequenz, zu überlegen, jetzt in diesen Zeiten Vorsorge für Zeiten zu treffen, die nicht mehr so gut sind, eine richtige Schlussfolgerung. Sie aber vermitteln die Botschaft: Wir brauchen das nicht; wir machen das nach Kassenlage. - Das ist politisch das falsche Signal. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und vereinzelt AfD)

Herr Minister, möchten Sie darauf entgegnen? - Ja, er möchte.

Sehr geehrter Kollege Bretz, Sie bringen immer einiges durcheinander. Deshalb müssen wir das noch einmal kurz abschichten, damit diese Kurzintervention nicht so stehenbleibt.

Natürlich erreichen wir eine Rendite, und zwar für die Anlagen, die wir bereits getätigt haben. Diese ist durch das bundesweite Ranking anerkannt: Da liegen wir - das haben wir in diesem Parlament schon darstellen können - an der Spitze. Es sind Anlageprodukte zu einem Zeitpunkt platziert worden, als die Renditemöglichkeiten noch gut waren, sodass wir diese Rendite jetzt einfahren. Es geht hier nur um die Neuanlagen, und da ist die Renditeerwartung so, wie wir sie vorhin schon charakterisiert haben.

Sie sprachen noch die Versorgungsrücklage an. Bitte verwechseln Sie nicht die Versorgungsrücklage mit dem Pensionsfonds. Die Versorgungsrücklage ist, glaube ich, 1999 per Bundesgesetz eingeführt worden; wir haben sie wie alle Länder in ein Landesgesetz überführt. 0,2 % der Besoldungserhöhungen gehen in diesen Fonds und werden auch ab dem Jahr 2018 für diese Beamtinnen und Beamten ausgereicht. Deshalb finden Sie in der Vorlage den Hinweis, dass wir genau diese Rücklage auch zur Abfederung der Pensionslasten nutzen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Ich beende die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung auf Drucksache 6/5331, „Gesetz über die Aufhebung des Brandenburgischen Versorgungsrücklagengesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften“, an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer möchte diesem Überweisungsantrag zustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisung einstimmig zugestimmt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Stärkung der Wachstumskräfte durch räumliche und sektorale Fokussierung von Landesmitteln - Stärkung der Regionalen Wachstumskerne

Bericht

der Landesregierung

Drucksache 6/5332

Die Aussprache wird von Herrn Minister Gerber für die Landesregierung eröffnet.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor mehr als zehn Jahren haben wir unsere Wirtschaftsförderung neu ausgerichtet. „Stärken stärken“ ist seitdem unser wirtschaftspolitisches Leitbild.

Wir stärken starke Branchen wie etwa die Metall- und die Gesundheitswirtschaft. Auch die Clusterstrategie folgt genau diesem Leitbild. In räumlicher Hinsicht verständigte sich die Landesregierung auf die Förderung von 15 Regionalen Wachstumskernen, bestehend aus Städten und Städtevierteln. Sie werden seit 2005 von allen Ressorts der Landesregierung vorrangig bei der Stärkung ihrer besonderen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Potenziale unterstützt.

Im Rückblick lässt sich klar sagen: Die Konzentration der Förderaktivitäten auf diese Wachstumskerne und vor allem die Mobilisierung der Entwicklungspotenziale in den Wachstumskernen mit ihrem Umland haben die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land kräftig vorangebracht, auch in den berlinfernen Regionen unseres Landes. Das dokumentiert auch der 15. Wachstumskernbericht, der am 25. Oktober vom Kabinett beschlossen wurde und Ihnen heute vorliegt. Ich möchte seine Kernaussagen wie folgt zusammenfassen:

Alle 15 Regionalen Wachstumskerne haben ihre Bedeutung als regionale Arbeitsplatzzentren weiter gefestigt und strahlen zunehmend auf ihr Umland aus. Die Wachstumskerne sind mit Werten zwischen 394 und 566 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten pro 1 000 Einwohner die Standorte mit der höchsten Arbeitsplatzdichte im Lande. Im Jahr 2015 lagen sie deutlich über dem Landesdurchschnitt von 327 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Fast jeder zweite Beschäftigte in unserem Land arbeitet heute also in einem Regionalen Wachstumskern.

Während das Land Brandenburg insgesamt einen negativen Pendlersaldo aufweist, also mehr Aus- als Einpendler hat - das liegt vor allem daran, dass viele Menschen in Berlin arbeiten -, wiesen 2015 alle Regionalen Wachstumskerne positive Pendlersalden auf. Die 15 Regionalen Wachstumskerne sind also heute die Arbeitsplatzzentren in unserem Land. Die Investitions- und Förderdaten weisen darauf hin, dass sich dieser Trend auch in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Obwohl der Bevölkerungsanteil der Wachstumskerne 2015 bei 35 % lag, betrug der Beschäftigungsanteil 48 %. Zudem entfielen zwischen 2005 und 2015 45 % aller aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ geförderten einzelbetrieblichen Maßnahmen auf die Regionalen Wachstumskerne. Bei der wirtschaftsnahen kommunalen Infrastruktur entfielen im gleichen Zeitraum sogar 62 % aller geförderten Investitionen auf die Wachstumskerne.

Auch beim Innovationsgeschehen sind die Regionalen Wachstumskerne Spitze. Rund 84 % der 2015 in den Programmen „Brandenburgischer Innovationsgutschein“ und „ProFIT“ ausgereichten, zugesagten Mittel gingen an Unternehmen, die ihren Standort in einem Regionalen Wachstumskern haben. Das ist nicht zuletzt ein Ergebnis der langjährigen integrierten Standortentwicklung vor Ort. An dieser Stelle bedanke ich mich ganz herzlich bei allen Bürgermeisterinnen und Bürger

meistern und ihren Teams für die tolle Arbeit, die sie geleistet haben.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, alle 15 Regionalen Wachstumskerne haben in den letzten Jahren gute Fachkräfte- und Umlandprojekte auf den Weg gebracht. Zehn von ihnen nutzen dafür aktuell die Fördermöglichkeiten des GRW-Regionalbudgets. Das Regionalbudget dient vor allem der allgemeinen Wirtschaftsförderung, zum Beispiel Standortmarketing, Ausbildungsmessen - ganz wichtig - und Umlandkooperationen. Neuruppin ist der erste Wachstumskern, der zusätzlich die seit diesem Jahr be- stehende Fördermöglichkeit des GRW-Regionalmanagements nutzt. Hiermit unterstützen wir die Entwicklung der Gesundheitsregion Ostprignitz-Ruppin.

Die langjährige Zusammenarbeit vieler Wachstumskerne mit ihren Nachbargemeinden hat auch im Stadt-Umland-Wettbewerb Früchte getragen: Obwohl es mehr als 40 Bewerbungen gab, gehören elf Regionale Wachstumskerne zu den Gewinnern des Stadt-Umland-Wettbewerbs.

Meine Damen und Herren! Seit 2005 hat das Kabinett insgesamt 166 Maßnahmen für die Regionalen Wachstumskerne beschlossen. Zwischenzeitlich wurden 102 Maßnahmen vollständig abgeschlossen. In der Kabinettssitzung am 25. Oktober sind drei neue prioritäre Maßnahmen beschlossen worden, die nun gemeinsam mit den jeweiligen Wachstumskernen umgesetzt werden sollen. Das ist in Potsdam die Erschließung der Gewerbeflächen des Wissenschaftsparks Potsdam-Golm. Im Wachstumskern Schönefelder Kreuz bauen wir ein Fahrradparkhaus, um die nachhaltige Mobilität zu verbessern. In Spremberg gibt es den Ersatzneubau einer Brücke über eine Vattenfall-Bahnanlage im Zuge der Tagebauumrandungsstraße Drebkauer Straße.

Anmerken möchte ich noch, dass die nächste Abstimmungsrunde mit den Regionalen Wachstumskernen im Frühjahr 2017 beginnen wird. Wie in den Vorjahren werden die Themen Umlandkooperation, Fachkräftesicherung und Innovationsförderung im Mittelpunkt der Gespräche stehen.

Meine Damen und Herren! Die Entwicklung der letzten Jahre war dank des Prinzips „Stärken stärken“, das wir hier praktisch und in einem großen Konsens in diesem Haus umsetzen, gut. Ich bin sehr sicher, dass wir damit auch in den nächsten Jahren erfolgreich sein werden. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Für die Fraktionen von SPD und DIE LINKE spricht der Abgeordnete Barthel.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Der aktuelle Evaluierungsbericht vom Oktober dieses Jahres zur Entwicklung der Regionalen Wachstumskerne zeigt einmal mehr: Die Entscheidung zur Umstellung der Wirtschaftsförderung auf das Lokal- und Sektoralprinzip war gut und richtig. Die Regionalen Wachstumsker

ne liegen bei den sozioökonomischen Indikatoren, die zur Bewertung des Prozesses herangezogen werden, deutlich über dem Landesdurchschnitt. Der Minister hat darauf verwiesen; diesen Teil meines Beitrags will ich deshalb weglassen.

Wir haben aber auch Disparitäten in der Entwicklung der Regionalen Wachstumskerne zu verzeichnen. Von den 15 Regionalen Wachstumskernen wiesen vier zwischen 2006 und 2015 eine bessere Bevölkerungsentwicklung auf als der Landesdurchschnitt: Potsdam, Schönefelder Kreuz, Oranienburg-Hennigsdorf-Velten und Ludwigsfelde. Alle vier RWKs liegen im berlinnahen Raum. Hier werden die Unterschiede zwischen berlinnahen und berlinfernen Räumen deutlich; hier schlägt die Demografie deutlich zu. Noch verstärkt wird das Ganze bei der Beschäftigungsentwicklung. Fünf RWKs liegen über dem Landesdurchschnitt: Brandenburg an der Havel, Potsdam, Schönefelder Kreuz, Fürstenwalde und Ludwigsfelde. Auch sie liegen im berlinnahen Raum. Das macht eines deutlich: Auch der RWK-Prozess wird vom Thema Demografie berührt; ich komme darauf zurück.

Leider geben die Indikatoren, die Minister Gerber benannt hat und die im Bericht herangezogen werden, nur bedingt Auskunft über die tatsächliche Wirtschaftskraft vor Ort. Deshalb sollten wir das Indikatoren-Set - ich hatte es schon vor einem Jahr vorgeschlagen - um Aspekte ergänzen wie: Wie hoch ist die Arbeitsproduktivität? Welche Wertschöpfungstiefe und Nachhaltigkeit wird durch Investitionen erreicht? Wie haben sich die Einkommen entwickelt?

Mir ist bewusst, dass die derzeitige Daten- und Rechtslage hier keine zuverlässigen Aussagen ermöglicht. Ich bitte das Ministerium zu prüfen, welche Möglichkeiten es im Zusammenhang mit dem Landesamt für Statistik gibt, dies zu ändern.

Ich hatte schon gesagt, die Evaluierung macht deutlich: Einer der limitierenden Faktoren für das weitere Wachstum der Regionalen Wachstumskerne ist der Fachkräftemangel. Das betrifft nicht nur, aber besonders stark den berlinnahen Raum. Deswegen haben wir in dem Antrag „Wachstumschancen für das ganze Land Brandenburg nutzen“, den wir als Landtag im September hier verabschiedet haben, gefordert, die Mobilitätsstrategie 2030 und den RWK-Prozess so aufeinander abzustimmen, dass alle Teilräume des Landes ihre Stärken weiter ausbauen können.

An dieser Stelle möchte ich explizit darauf hinweisen, dass es unbedingt zeitnahe Lösungen für die bessere Anbindung des Südens des Landes an den BER, unser größtes Wirtschaftsprojekt, geben muss.

(Lüttmann [SPD]: Und des Nordens!)

Bei der Formulierung der Mobilitätsstrategie sollte unbedingt auch im Blick sein, dass Berlin ein potenziell wachsender Quellmarkt für die Deckung des Arbeitskräftebedarfs im Speckgürtel ist. Vergleiche der Entfernungen von Haltestellen und von Taktzeiten sind entscheidend bei der Frage, ob ein Arbeitsplatzangebot in Brandenburg von Berlinern gewählt wird.

Als sehr gute und richtige Entscheidung hat sich die Verknüpfung von RWK-Prozess und Stadt-Umland-Wettbewerb erwiesen. Damit wurde die Kooperation zwischen den RWKs und ihrem ländlichen Umfeld verstärkt. Die Projekte der Wettbe

werbssieger vertiefen die Stadt-Umland-Beziehungen zu beiderseitigem Nutzen. Bis auf zwei haben sich alle RWKs an diesem Wettbewerb beteiligt.

Schon gut genutzt wird das Regionalbudget, um genau diese Umlandfunktion zu stärken. 14 von 15 RWKs haben die Regio- nalbudgetförderung mindestens einmal in Anspruch genommen.

Als sehr hilfreich für die Qualifizierung des Prozesses hat sich die Einführung des GRW-Regionalmanagements erwiesen; Minister Gerber hat darauf hingewiesen. Das Interesse an dieser Möglichkeit, Manpower und Fachwissen für konkrete Projekte zu finanzieren, ist sehr groß.

Der Antrag zu den Regionalen Wachstumskernen im September 2015 forderte die Landesregierung auf, die Themen Wissens- und Technologietransfer, Fachkräftesicherung und Clusterstrategie zu verzahnen - keine einfache, aber eine notwendige Aufgabe, um in Sachen hochwertiger Arbeitsplätze voranzukommen.

Auch in Potsdam hat man endlich die Zeichen der Zeit verstanden - ich meine damit nicht die Landesregierung, sondern die Stadt - und will mit der Erweiterung des Wissenschaftsparks Golm die Abwanderung innovativer Unternehmen nach Berlin bremsen und bessere Bedingungen für innovative Neugründungen schaffen. Dieses Projekt wird von der Landesregierung intensiv unterstützt. Das MWE wird Ende dieses bzw. Anfang kommenden Jahres eine Strategie zur Förderung von Neugründungen vorlegen. Dabei werden sicher die Transferstellen der Hoch- und Fachschulen gemeinsam mit den RWKs eine besondere Rolle spielen.

Wir brauchen in Brandenburg in allen Bereichen eine neue Gründerkultur, um weiterhin gutes wirtschaftliches Wachstum zu generieren. Bestärken möchten wir die IMAG in dem Vorhaben, genauer hinzuschauen, was tatsächlich im Bereich Wissens- und Technologietransfer sowie in der Clusterstrategie passiert. Welche konkreten Ergebnisse gibt es hier?

Zum Schluss noch eine Bemerkung zu Punkt V des RWK-Berichts: Ich habe mich persönlich dafür eingesetzt, dass die RWK-Förderung kein Closed Shop bleibt, sondern geöffnet wird. In dem Antrag vom letzten September steht, weiterhin auch für Standorte, die nicht zu den RWKs gehören, offen zu bleiben und mit diesen Standorten über strategische Kernthemen zu reden, sofern ein qualifiziertes Standortentwicklungskonzept vorliegt.

Der Bericht sagt: An die IMAG wurden keine Gesprächsanfragen gerichtet. Es gab also keinen Gesprächsbedarf von anderen - außer den Regionalen Wachstumskernen -, weil es keine qualifizierten Entwicklungskonzepte an dieser Stelle gab. Ich möchte deshalb die Akteure vor Ort aufrufen, sich an die Konzeptarbeit zu machen und das Angebot der Landesregierung zu nutzen. Reihen Sie sich in die Reihe der Entwicklungstreiber ein, damit sich unser Land weiter gut entwickelt! - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Homeyer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es tut mir wirklich leid, dass ich ein bisschen Wasser in den Wein gießen muss,