Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

(Günther [SPD]: Ah! - Dr. Redmann [CDU]: Was?)

Im zweiten Baustein wollen Sie 20 Millionen Euro für den Neu- und Umbau von Kitas zur Verfügung stellen. Das ist löb lich. Aber gehört das nicht selbstverständlich zur Daseinsvor sorge des Landes? Viele junge Familien ziehen in Gebiete wie das Berliner Umland - also unseren Speckgürtel. Man muss diesen Familien doch auch eine entsprechende Infrastruktur bieten.

Im Übrigen investieren Sie jetzt in Kitas. Dabei vergessen Sie völlig, dass die Kinder auch mal ins Schulalter kommen, und zwar in wenigen Jahren. Sie können doch nicht als Dauerlö sung jeden Pausenhof mit Lerncontainern zustellen.

Weiterhin möchten Sie die Kitaleitung noch „ein bisschen mehr“ freistellen. Frage: Wäre es nicht angebracht, für jede Ki ta einen Vollzeit-Kitamanager einzustellen? Vom Landesju gendhilfeausschuss des Landes Brandenburg wurde im Jahr 1999 eine Empfehlung zum Aufgabenprofil von Kitaleitungen zusammengestellt. Suchen Sie diese einfach mal heraus

(Zuruf der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE])

und überlegen Sie, ob eine Kitaleitung diesem Anforderungs profil mit den von Ihnen anvisierten Stunden überhaupt gerecht werden kann.

(Zuruf der Abgeordneten Große [DIE LINKE])

Der vierte Baustein Ihres Programms, der eigentlich der erste sein müsste, sieht die finanzielle Entlastung der Eltern vor - ei gentlich ein Grund, sich zu freuen, aber nur eigentlich. Denn - Sie schreiben es ja selbst - Sie haben dafür noch gar keinen Plan. Auch das ist im Bildungsausschuss deutlich gesagt wor den. Keiner der Punkte Ihres Plans ist mit Inhalten gefüllt. Das Konzept dazu wird erst noch erarbeitet.

(Frau von Halem [B90/GRÜNE]: Sie aber haben gar kei nen Plan!)

Und das ist nicht nur erschreckend, sondern sogar richtig gru selig. Gruselig ist auch die Tatsache, dass die Abgeordneten im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport die Inhalte ihrer An träge nicht zu kennen scheinen.

(Frau Große [DIE LINKE]: Sie haben keinen einzigen Antrag!)

- Ja, und zwar mit Absicht, Frau Große - darauf können Sie gerne zurückkommen. (Zuruf des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

So gab es die Nachfrage einer Abgeordneten einer Oppositi onsfraktion, ob die eingereichten Anträge auch auf die Tages betreuung zutreffen würden. Große Augen bei den Abgeordne

ten der Koalitionsfraktionen, bis dann eine Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE ihrem Referenten zuraunte: Was meint die denn eigentlich, Tagesmütter? - Das, meine Damen und Herren, ist erschreckend.

Ich fasse einmal kurz zusammen: Sie reichen 24 Änderungsan träge zu einem Haushalt ein, für den Sie mitverantwortlich sind. Das Ganze nennen Sie dann 4-Punkte-Plan, und die In halte dazu entwickeln Sie erst noch.

(Zuruf der Abgeordneten Große [DIE LINKE])

Das ist allem Anschein nach Ihr Auftakt zum Wahlkampf, na türlich nicht für die Bundestagswahlen im nächsten Jahr - das weiß ich selbst -, sondern - Sie denken da tatsächlich etwas weiter, das muss man Ihnen schon lassen - für die Landtags wahlen 2019. Nun, Sie haben einen Plan

(Frau Große [DIE LINKE]: Sie haben keinen!)

und werden die Inhalte dann noch entwickeln. Wir werden peinlich genau darauf achten, ob und wie Sie sich an unserem Wahlprogramm von 2014 bedienen.

(Beifall AfD - Oh! und Gelächter bei SPD und der Frakti on DIE LINKE - Zuruf des Abgeordneten Domres [DIE LINKE] - Bretz [CDU]: Jesus Christ above! - Zuruf von der SPD: Das hat Jesus nicht verdient!)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Theiss.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Werte Kolleginnen und Kol legen! Werte Gäste! Vor einiger Zeit holte ich als Oma meine beiden Enkelkinder aus der Kita ab.

(Dr. Redmann [CDU]: Fridolin! - Zuruf: Gwendolin! - Dr. Redmann [CDU]: Gwendolin!)

- Genau! Und Florentine. Schön, dass Sie mir so gut zugehört haben.

(Heiterkeit SPD und CDU - Beifall SPD)

Ich ging zum Spielplatz und traf dort fünf Ein- bis Dreijährige, die im Freien spielten. Die Erzieherin hielt die Eingangstür zum Gruppenraum auf, da das sechste Kind gerade auf die Toi lette musste und die schweren Brandschutztüren nicht allein öffnen und schließen konnte. Die Erzieherin hatte Spätdienst, war allein mit sechs unter Dreijährigen und im Zielkonflikt, um welches Kind sie sich gerade kümmern sollte. Am nächsten Morgen hatte dieselbe Kollegin gleich neun Kinder und ein Eingewöhnungskind zu betreuen, da sich eine Kollegin krank gemeldet hatte.

Waren das Extremsituationen? Nein. Das ist oft Alltag in den Kitas Brandenburgs, wie ihn unsere Eltern täglich erleben. Sie erleben aber auch hoch engagierte Erzieherinnen und Erzieher, die bis an die Belastungsgrenze arbeiten. Die Zeit für das ein

zelne Kind ist knapp, und jedes ernsthafte Elterngespräch führt zu einer Ausdünnung des Fachpersonals in den Gruppen.

Eine der größten Herausforderungen für uns ist es, den Perso nalschlüssel in den Kitas zu verbessern. Seit 2010 geschieht das sukzessive. Auch im aktuellen Haushaltsentwurf haben wir zwei weitere Schritte für den Bereich der über Dreijährigen verankert. Dafür haben Erzieherinnen, freie Träger, Eltern, aber auch wir alle zusammen hier im Landtag viele Jahre ge kämpft.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Wir tun das sehr bewusst, ist es doch eine der wichtigsten Stell schrauben zur Verbesserung der Qualität in Kitas. Wenn wir im Kitabereich etwas verbessern, bedeutet das immer, dass wir fi nanziell richtig ranklotzen müssen. Seit 2009 sind die Landes ausgaben um fast 150 % angehoben worden. Auch wenn es immer eine große haushalterische Herausforderung bedeutet, tun wir das aus tiefster Überzeugung.

Auf Initiative der Koalitionsfraktionen werden in den Jahren 2017 und 2018 aber auch neue und - wie ich finde - äußerst wichtige Instrumente zur Verbesserung der frühkindlichen Bil dung hinzukommen. Lassen Sie mich zuerst auf die sogenann ten Kiez-Kitas eingehen. Mit ihnen werden wir Einrichtungen in Sozialräumen mit besonderen Herausforderungen schaffen und ihnen zusätzliches Personal an die Hand geben. Dieses soll eingesetzt werden, um ergänzend zu den normalen Gruppenan geboten besondere Aspekte der Elternarbeit, aber auch die Zu sammenarbeit mit Schulen und anderen Akteuren bearbeiten und entsprechende Angebote entwickeln zu können.

Viele Kommunen stehen heute vor Investitionsentscheidungen bezüglich der baulichen Infrastruktur ihrer Kita - sei es, weil die Betreuungszahlen angewachsen oder die Gebäude einfach sanierungsbedürftig sind. Nicht immer sind sie in der Lage, diese Mittel vollständig aus den eigenen Haushalten aufzubrin gen. Mit der Erweiterung des Kommunalen Investitionspro gramms um den Programmpunkt Kita wird es hier seitens des Landes zukünftig Unterstützung geben können. Ich bin mir si cher, dass unsere Kommunalpolitiker hiervon regen Gebrauch machen werden.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Das dritte Vorhaben geht auf die Kitakampagne der LIGA zu rück. Eine der Hauptforderungen war die Verbesserung der Freistellung des Kitaleitungspersonals. Hierfür stehen künftig 8 Millionen Euro zusätzlich - die Betonung liegt auf zusätz lich - zur Verfügung. Ich bin mir sicher: Damit tragen wir nicht nur der verantwortungsvollen Position der Leiterinnen und Leiter der Einrichtungen Rechnung, sondern es wird sich tag täglich konkret in der Qualität der Arbeit niederschlagen. Das ist ein großer Schritt nach vorn.

(Vereinzelt Beifall SPD sowie der Abgeordneten Dannen berg [DIE LINKE])

Mit Beginn des Kitajahres 2018/19 soll darüber hinaus die Ent lastung der Eltern von Kitabeiträgen beginnen: 4,5 Millionen Euro im Jahr 2018 und jeweils 15 Millionen Euro in den Folge jahren. Dieses Geld fließt zusätzlich zu den Qualitätsverbesse

rungen in den Wunsch vieler Eltern nach einer Beitragsentlas tung. Mit 15 Millionen Euro können wir keine Beitragsfreiheit herstellen; aber wir können den Einstieg in die Elternentlas tung vornehmen. Wie es dann weitergehen kann, wird nicht unwesentlich von der Entwicklung der Steuereinnahmen in den nächsten Jahren abhängen.

Nachher werden Sie sicherlich sagen, dass noch nicht alle De tails der Vorhaben geregelt sind - Herr Königer tat das ja gera de in seiner Rede. Das stimmt - mit Abstrichen: Bei den KiezKitas werden wir die Förderregularien sicherlich nochmals ge meinsam erörtern müssen. Hingegen stehen die Schrittfolgen bei der Personalschlüsselverbesserung. Ich sage Ihnen aber zu, dass wir alle Bestandteile im Bildungsausschuss nochmals in tensiv besprechen werden.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich mich wirklich freue, dass wir diese Fortschritte im Kitabereich im Bildungsaus schuss in großer Einmütigkeit befürwortet haben. Das macht mir Hoffnung, dass wir auch den Weg der Umsetzung gemein sam beschreiten.

Wenn ich an all diese positiven Schritte zur Stärkung des Bil dungsortes Kita denke, fällt mir in dieser vorweihnachtlichen Zeit ein Bild ein. Sie erinnern sich vielleicht an das Mädchen, das arm war und allen noch gegeben hat: ihr Hemd, ihr Kleid und nahezu alles, was sie besaß - so erzählt es ein Märchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm. Ich denke, wir sollten uns an dem Mädchen orientieren. Denn - davon bin ich überzeugt - wir werden wie das Mädchen im Märchen „Sterntaler“, aus dem ich hier erzähle, reich und werden mit Tausenden Goldstü cken belohnt werden - Goldstücke in Form gut ausgebildeter Mädchen und Jungen, die von der guten Vorschul- und Bil dungspolitik profitieren und uns hundertfach zurückgeben, was wir heute beschließen. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Die nächste Rednerin ist Frau Koß von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Werte Kolleginnen und Kol legen! Liebe Gäste!

„Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.“

Diese Worte John F. Kennedys gelten auch heute noch. Dem tragen wir in dem Ihnen vorliegenden Teilplan Bildung Rech nung.

In den letzten Wochen sind zahlreiche Studien zur Bildung auf den Markt gekommen. IQB-Bildungstrend, VERA 8 und PISA. Auch wenn man angesichts der Namen, Abkürzungen und der mitunter recht unterschiedlichen Ergebnisse leicht den Über blick verlieren kann - eines, meine Damen und Herren, darf nicht vergessen werden: Seit dem PISA-Schock im Jahr 2001 wird die Frage der Qualität von Bildung breit diskutiert. Dabei wird diese nicht mehr nur an den Ergebnissen einer reinen Wis

sensvermittlung gemessen. Heute stehen vielmehr die Kompe tenzen zum Wissenserwerb und - noch wichtiger - die Kompe tenzen zur Bewertung des erworbenen Wissens im Vorder grund. Es sind gerade diese Fähigkeiten, die die Menschen in postfaktischen Zeiten davor bewahren können,

(Zuruf von der AfD: Sie musste das Wort mindestens ein mal unterbringen!)

populistischen Rattenfängern auf den Leim zu gehen,

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)