Herr Gauland, ich möchte Sie gern fragen: Was nützt Ihnen der sanierte Saal eines sehr schönen alten Schlosses, wenn dort niemand mehr tanzt, singt, musiziert oder etwas vorliest?
Die UNESCO-Kulturkonvention spricht nicht umsonst von der Förderung und dem Schutz des Erbes - das ist richtig; das ist das, was Sie meinen -, der zeitgenössischen Ausdrucksfor men - die neue Kunst, die gerade entsteht - und der fremden Kulturen im eigenen Land. Das ist für mich Kulturförderung.
Beispielhaft ist hierfür der Studiengang Pflegewissenschaft an der BTU Cottbus. Ist das wirklich der richtige Weg - Ausbil dungsberufe akademisieren? Wohl kaum. Am Ende profitieren davon nur die Unternehmen, die aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entlassen werden und die Ausbildungskosten auf die Allgemeinheit umlegen. Das ist sonst normalerweise nicht Ihre Politik.
Das ist aber fast noch harmlos gegenüber den Problemen bei der Lehrerbildung, in der es seit einigen Jahren scheinbar nur noch um die sogenannte Inklusionspädagogik geht. Es ist hin reichend bekannt, dass wir dieses Konzept kritisch sehen. Lie-be Frau von Halem, nach Ihrem Einwand im Bildungs ausschuss - ich war nicht dabei und bin auch nicht Mitglied des Bildungsausschusses - habe ich versucht, herauszube kommen, warum wir da keinen Änderungsantrag gestellt ha ben. Das konnte ich nicht mehr, und der Kollege ist nicht mehr da.
(Frau Dannenberg und Domres [DIE LINKE]: Klar, da sitzt er doch! - Frau Lieske [SPD]: Sie sind doch Frak- tionsvorsitzender! Sie geben doch den Ton an!)
Daher werde ich Ihnen eine Antwort darauf geben, warum wir uns da in der Tat nicht so eindeutig verhalten haben, wie wir es im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur getan haben: Die Forderung, behinderten Kindern Teilhabe am Bil dungssystem zu garantieren, ist mit unserem hervorragenden Sonderschulwesen bereits umfassend und erfolgreich erfüllt.
Selbst die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Natio nen, die Sie immer wieder anführen, stellt das nicht infrage. Wir wollen an dem bewährten System festhalten
und sehen deshalb keine Veranlassung für einen Studiengang „Inklusionspädagogik“ - um diesen sowie um die Erhöhung der Mittel ging es im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur -, schon gar nicht, wenn die fachliche Begründung vollständig durch eine ideologische ersetzt wird.
Aber das ist nun einmal so, liebe Frau von Halem; wir haben unterschiedliche Auffassungen. Dafür ist die Demokratie da. Sie stellen sich den Wählern, und wir tun das auch. Ich glaube, wir haben mehr Recht als Sie, aber das können Sie völlig an ders sehen.
Zu guter Letzt lassen Sie mich - Sie werden es nicht vermuten - das Thema Flüchtlinge und Islam ansprechen.
Es hätte doch etwas gefehlt, wenn ich das heute nicht mindes tens erwähnt hätte. Ihnen hätte etwas gefehlt!
Was Sie über die Studierenden unter den Geflüchteten gesagt haben, muss man überhaupt nicht kommentieren. Ich lade Sie herzlich ein, wenn diese Gruppen wieder in den Landtag kom men, diese jungen Menschen zu erleben.
Sie haben schon in ihrem Heimatland studiert, sind mit großem Engagement dabei und sprechen inzwischen hervorragend Deutsch.
Frau Liedtke, das ist halt so im Parlament. Sie stellen eine rein rhetorische Frage. Wenn ich deutlich sage, dass Schlösser ver fallen, geht es doch nicht darum, ob in den Sälen getanzt wird. Das klingt gerade so, als ob diese Schlösser nur noch dafür da wären, dass irgendwelche Menschen darin tanzen.
Ich verstehe Ihre Einwendungen nicht, insbesondere weil ich Ihre Arbeit zum Beispiel für die Musikschulen schätze. Wie Sie wissen, haben wir diesem Antrag zugestimmt, wenngleich - noch einmal gesagt - die Landesregierung das alles längst hätte einbauen können. Aber gut, das verstehe ich: Man hat Ihnen die Chance gegeben, etwas mehr draufzulegen.
Herr Gauland, Ihre Fraktion will ja immer die Verfechterin des aus ihrer Sicht sogenannten kleinen Mannes oder der kleinen Frau sein. Das zumindest vermitteln Sie oft von dieser Stelle aus. Ich meine nicht nur Sie persönlich, sondern alle Ihre Frak tionsmitglieder bekunden, dass sie die Probleme der Menschen
im Land Brandenburg ernst nehmen wollen. Bei Ihrem Rede beitrag ist mir der kleine Mann zu kurz gekommen. Die Musik schul- und die Kulturförderung, die der Breite der Bürger des Landes Brandenburg dient, haben Sie als Gegenpart zu den 150 Schlössern - ich addiere eine Zahl hinzu, denn vielleicht wissen wir von dem einen oder anderen Herrenhaus in Bran denburg nicht, dass es verfällt - dargestellt und gemeint, es wä re besser, die Schlösser zu fördern, als das Geld in die Grund förderung der Bereiche Kultur und Musik für Schülerinnen und Schüler zu investieren. Ich frage Sie: Wie erklären Sie dies im direkten Gespräch mit dem kleinen Mann? Führen Sie Gesprä che mit dem kleinen Mann in Brandenburg?
Frau Lieske, Sie versuchen wieder, einen Gegensatz aufzubau en. Die AfD-Fraktion hat den Anträgen auf Erhöhung der För derung der Musikschulen zugestimmt. Was Sie Arbeit für den kleinen Mann nennen: Ich bezweifle, dass das wirklich die Ar beit für den kleinen Mann ist. Es gibt überhaupt keinen Gegen satz. Den können Sie uns hier auch nicht aufnötigen.
Ich habe eine Erfahrung gemacht, nicht nur hier in Brandenburg, sondern auch während meiner früheren Tätigkeit in Hessen:
Gerade die kleinen Leute sind sehr interessiert an dem kulturel len Erbe eines Landes. Gerade sie gehen gern in restaurierte Schlösser und haben sehr viel übrig für das, was für uns wahr scheinlich fast schon Allgemeingut ist. Ich weiß, dass viele Fa milien sich sonntags ein Ausflugsziel suchen, um etwas zu ler nen. Der kleine Mann ist in dieser Frage ganz anders, als Sie ihn einschätzen. Ich habe Achtung vor diesem kleinen Mann. Und Ihre Frage zeigt keine.
Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gauland, ich habe mich gefragt, ob es sinnvoll ist, auf die vielen unglaublichen Behauptungen, die Sie hier aufstellen, einzugehen. Ich möchte uns allen den Abend nicht unnötig ver längern. Ich habe Sie - auch in Ihrer früheren Funktion - immer als jemanden wahrgenommen, der auf dem Boden des Grund gesetzes steht. Diesen Boden verlassen Sie offensichtlich.
Ihnen ist Artikel 4 des Grundgesetzes offensichtlich nicht be kannt. Darin ist das Grundrecht auf Religionsfreiheit bzw. auf Ausübung der Religion fixiert. Es gehört zu den 20 besonders wichtigen Grundrechten, und das haben Sie den muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Grunde gerade abgespro chen.