Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

(Beifall DIE LINKE)

Ich will Ihnen ins Stammbuch schreiben, Herr Kalbitz - ich weiß nicht, wer von Ihnen sonst noch versucht, etwas vom ÖPNV zu verstehen -, dass nachfrageorientierter ÖPNV statt gefunden hat. Wenn ich Leistungen - Bahnverkehr zum Bei spiel - abbestelle, sie also nicht mehr anbiete, wird die Nach frage natürlich geringer, also bestelle ich weiter ab. Wir wollen angebotsorientierte Mobilität schaffen, damit der Umweltver bund von Auto, Bussen, Bahnen, Fußgängern und Radverkehr gestärkt wird. Das wollen wir in der Koalition mit der Mobili tätsstrategie gemeinsam umsetzen. Ich finde, wir sind da schon auf einem guten Weg.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Wir sind daran interessiert, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass Ihre Vorschläge und Ideen da einfließen.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete, auch für Ihren Hinweis. Ich werde das im Protokoll nachlesen; man kann das auch im Nachhinein werten. Der Gesamtzusammenhang ist dabei ent scheidend.

(Frau Tack [DIE LINKE]: Machen Sie das bitte!)

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrüße ich Gäste. Mich irritiert, dass hier „Soldatinnen und Soldaten des Logis tikbataillons 172“ steht und Sie Marineuniformen tragen. Ist es richtig, dass Sie aus Beelitz sind?

(Zuruf von der Besuchertribüne: Jawohl!)

Fühlen Sie sich herzlich willkommen hier im Landtag Bran denburg! Wir bedauern, dass unsere schöne Fregatte „Branden burg“ auf Grund gelaufen ist.

(Allgemeiner Beifall)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Ab geordnete Jungclaus.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeord nete! Liebe Gäste! Ich habe mich bei der Rede von Frau Tack auch ein wenig gewundert. Das ist zwar alles richtig gewesen, aber wenn Sie das alles so machen würden, wie Sie es be schrieben haben, würden wir, glaube ich, nicht hier stehen.

Zum Antrag der AfD-Fraktion: 26 Fußnoten in einem Antrag unterzubringen - das muss man erst einmal schaffen. Der An trag liest sich dementsprechend auch eher wie eine Hausarbeit. Ich habe ein bisschen ein schlechtes Gewissen, weil wir in letz ter Zeit die fachliche Qualität Ihrer Anträge kritisiert haben; vielleicht ist das jetzt die Retourkutsche: dass wir wissen schaftliche Abhandlungen kriegen.

Anstatt so viel Arbeit in die Begründung zu investieren, hätten Sie sich vielleicht mehr Zeit für Ihre Forderungen nehmen sol len. Wer den Antrag liest, dem drängt sich nämlich der Ver dacht auf, dass es sich hierbei lediglich um einen weiteren Ver such der AfD-Fraktion handelt, sich als Retter des ländlichen Raums darzustellen.

Vermutlich teilen wir alle hier das Ziel Ihres Antrags: Sie wol len damit die Erreichbarkeit im ländlichen Raum durch den ÖPNV sicherstellen. Und auch Ihre Problemanalyse ist in die sem Fall ja nicht falsch. Aber es fehlen - wie meistens bei Ih nen - konkrete Lösungen. Einen Mindeststandard für ein Grundangebot festzulegen ist ja genau das, was die Landesre gierung bereits macht, etwa im Landesnahverkehrsplan oder wenn sie Verkehrsverträge ausschreibt. Dass das nicht unbe dingt in der Form erfolgt, wie wir uns das vorstellen, steht auf einem anderen Blatt.

Aber auch als Opposition hätten Sie durchaus die Möglichkeit, konkrete Vorschläge zur Verbesserung zu unterbreiten - anstatt hier umständlich das ÖPNV-Gesetz zu zitieren -, wie wir es beispielsweise mit landesbedeutsamen Buslinien gemacht ha ben oder die CDU mit ihrem SPNV-Gutachten gemacht hat. In dem Entschließungsantrag der CDU-Fraktion tauchen auch konkrete Lösungen auf, deshalb werden wir diesem Antrag zu stimmen. Für Ihren Antrag haben wir eine Überweisung bean tragt; ansonsten werden wir ihn ablehnen.

Mobilität im ländlichen Raum spielt - nicht zuletzt auch durch die Enquetekommission - immer stärker in dieser Legislaturpe riode eine besondere Rolle. Konkrete Vorschläge, wie Mobili tät dazu beitragen kann, Dörfer vor dem Aussterben zu retten,

diskutieren wir dort und im Fachausschuss ja auch regelmäßig. Wie können wir innovativ auf Schrumpfungsprozesse reagie ren? Wie können wir Anreize für alternative Bedienformen wie Carsharing oder Rufbusse setzen? Wie können wir Mindestan gebote im ÖPNV sicherstellen - denn das Entscheidende ist, dass man sie nicht nur formuliert, sondern auch sicherstellt - usw.?

Auch die Frage, welche Forderungen das Land Brandenburg an den Deutsche Bahn Konzern richten sollte, gehört dazu, denn es ist doch so: In den Investitionsplänen der DB sind zwar mehr als 40 Bauvorhaben aufgelistet, aber ein Großteil des Geldes wird für die drei Megaprojekte Stuttgart 21, die Strecke Wendlingen-Ulm und die Strecke Berlin-München aufge wandt. In die Gleise ländlicher Regionen fließen die Millionen leider schon längst nicht mehr. In diesem Zusammenhang, wie ein Grundangebot tatsächlich beschaffen sein bzw. umgesetzt werden müsste, können wir dann auch gern über Ihren Antrag diskutieren. Deshalb haben wir beantragt, den Antrag an den Verkehrsausschuss zu überweisen.

Rot-Rot hat mit seiner heutigen Aktuellen Stunde ein Signal gesetzt: Sie wollen die Rückkehr ehemaliger Brandenburgerin nen und Brandenburger fördern. Es ist aber nicht nur der Job oder die Ausbildung, es ist auch der dürftige öffentliche Nah verkehr, der die Menschen verstärkt in die Städte treibt - oder es zumindest unattraktiv macht, aufs Dorf zu ziehen.

Es ist eine banale Forderung, aber der ÖPNV muss flexibler werden. Er darf nicht an den Bedürfnissen der ländlichen Be völkerung vorbei geplant, sondern es müssen Lösungen gefun den werden, die sich an der tatsächlichen Nachfrage orientie ren und dazu beitragen, eine zusätzliche Nachfrage zu we cken - nicht zuletzt, weil nirgend sonst die Treibhausgasemissi onen so stark steigen wie im Verkehr. Ohne einen funktionie renden ÖPNV sind alle Anstrengungen für Energiewende und Klimaschutz nur die Hälfte wert. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Als Nächste spricht Ministerin Schneider für die Landesregie rung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Region Berlin-Brandenburg entwickelt sich dynamisch. Durch die unterschiedliche Struktur, die wir in unserer Region haben, ist natürlich auch eine unterschiedliche Dynamik in der Entwicklung vorhanden. Aber wir haben Konzepte, um auf diese unterschiedliche Dynamik zu reagieren - die spielten bei meinen Vorrednerinnen und -rednern auch schon eine Rolle -: den Landesentwicklungsplan für die Hauptstadtregion, die Mobilitätsstrategie 2030 und letztendlich auch die Strategie „Stadtentwicklung und Wohnen“, die gegenwärtig in der Erar beitung ist. Wir sind also mitten in der Diskussion dieser The matik.

Natürlich spielt der öffentliche Personennahverkehr dabei eine herausragende Rolle - das ist ganz klar. Wir haben uns auch vorgenommen, den Anteil des Umweltverbundes weiter zu er höhen. Wir sind schon dabei, die Mobilitätsstrategie umzuset

zen, und zwar mit dem Landesnahverkehrsplan, den wir jetzt fortschreiben bzw. für 2018 bis 2022 neu aufstellen. Dort wer den wir unsere Angebote für den Schienenpersonennahverkehr definieren.

Wir sind erfolgreich im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg. Auf der Bundesebene ist der öffentliche Schienenpersonennah verkehr von 2014 bis 2015 um 0,2 Prozent gewachsen; der Re gionalverkehr bei uns ist um 2,7 % - das ist schon eine große Nummer - und der Pendlerverkehr um 3,3 % gewachsen - das spielte schon oft eine Rolle. Das heißt natürlich, wir müssen auf diese zusätzlichen Bedarfe mit entsprechenden Angeboten reagieren.

Um aktuelle Maßnahmen zu nennen, die sich vor allen Dingen auf den ländlichen Raum beziehen - es sieht ja immer so aus, als ob wir uns nur um das stark wachsende Berliner Umland kümmern würden, was nicht so ist -: Wir investieren in die Bahnstrecke Eberswalde-Frankfurt (Oder), die in diesem Jahr fertig wird. Herr Jungclaus hat es gesagt: Die Bahn investiert dort nicht so gern, also mussten wir als Land einige Millionen Euro in die Hand nehmen, um diese Investition voranzubrin gen. Aber wir haben auch die Prignitz-Strecke - PE 73/74 - ausgeschrieben. Bisher sind wir dort mit einem Jahr, zwei Jah ren Verlängerung klargekommen, jetzt haben wir das auf eine ordentliche Basis gestellt und schreiben diese Strecke für einen längeren Zeitraum aus.

Mit dem Kommunalen Infrastrukturprogramm sind wir vor al lem im Bereich kleinerer Bahnhöfe unterwegs. Ein Beispiel, wo mit diesen Mitteln zurzeit gebaut wird, ist der Bahnhof Ruhland.

Wir haben eine klare Zuständigkeit und Verantwortung: Das Land ist für den Schienenpersonennahverkehr, die kommunale Familie für den übrigen ÖPNV zuständig, und die Aufgaben träger definieren ihre Angebote in den Nahverkehrsplänen. Wir unterstützen das jährlich. Wir sind da überhaupt nicht in der Eigenwirtschaftlichkeitsdebatte, denn im VBB kommen unge fähr 50 % aus Einnahmen, 50 % aus Zuschüssen. Der öffentli che Personennahverkehr ist ein Zuschussgeschäft, und das wird er bleiben, das ist klar.

Wir sind mit 90 Millionen Euro im ÖPNV-Gesetz dabei und werden die Mittel für alternative Bedienformen aufstocken. Gegenwärtig sind es 270 000 Euro. Es sollen 550 000 werden. Das Verfahren steht kurz vor dem Abschluss. Wir steigen in die Landesfinanzierung mit den schon erwähnten 12 Millionen Eu ro ein und werden demnächst eine Änderung des ÖPNV-Geset zes vorschlagen. Auch dort wird sich natürlich die Debatte um das gesamte ÖPNV-System drehen.

Wir - Land und kommunale Familie - müssen uns den Heraus forderungen der Zukunft gemeinsam stellen. Deswegen bleibt es dabei: Ja zum aufgabenträgerübergreifenden Handeln, aber nein zur Veränderung der Aufgabenteilung. Deswegen empfeh le ich Ihnen, die Anträge abzulehnen.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank. - Wir sind am Ende der Aussprache und kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über den Antrag der

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab, den Antrag der AfD-Fraktion „Daseinsvorsorge ausgestalten - ein Grundange bot für den ÖPNV definieren“ auf Drucksache 6/6528 an den Ausschuss für Infrastruktur und Landesplanung zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist diesem Überweisungsantrag mehrheitlich nicht gefolgt wor den.

Wir kommen zur direkten Abstimmung über den Antrag der AfD-Fraktion „Daseinsvorsorge ausgestalten - ein Grundange bot für den ÖPNV definieren“ auf Drucksache 6/6528. Wer diesem Antrag der AfD-Fraktion folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zur nächsten Abstimmung. Es geht um den Ent schließungsantrag der CDU-Fraktion auf Drucksache 6/6619. Wer diesem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthal tungen? - Damit ist diesem Entschließungsantrag mehrheitlich nicht gefolgt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungs punkt 9 auf:

Unternehmensgründungen sowie kleine und mittlere Unternehmen stärken - Rahmenbedingungen zur Un terstützung der Wirtschaft verbessern

Antrag der Fraktion der AfD

Drucksache 6/6482

in Verbindung damit:

GründerTURBO für Brandenburg

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 6/6569

Wir beginnen die Aussprache. Zu uns spricht die Abgeordnete Schade für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Gäste! Im April letzten Jahres haben wir hier einen Antrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Existenzgründun gen und -nachfolgen diskutiert. Im letzten Plenum hatten wir die Nachfolgestrategie der Landesregierung auf dem Tisch. Die Ergebnisse dieser beiden Diskussionen haben uns keines falls befriedigt.

Meine Damen und Herren, mich lässt das Gefühl nicht los, dass hier niemandem wirklich klar ist, dass unsere Unterneh men in Brandenburg das Rückgrat der Brandenburger Wirt schaft sind und damit ein Garant für sprudelnde Steuereinnah men, über die wir uns gestern - Herr Görke ist nicht da - schon einmal freuen durften. Deshalb fordern wir nun mit unserem Antrag die Landesregierung auf, ein detailliertes Konzept zu

erstellen, welches den Namen Konzept tatsächlich verdient: ein Konzept, das die Unternehmensnachfolge genauso berück sichtigt wie Wachstum und Expansion; ein Konzept, das weg weisend für eine Unterstützung und Förderung ist, die im Er gebnis der Umsetzung tatsächlich zu mehr Unternehmensgrün dungen und vor allem langfristig zu gesunden, starken Unter nehmen führt, die in der Lage sind, dieses Steueraufkommen langfristig zu sichern. So viel zunächst zur Intention unseres Antrags.

Herr Gerber, wie es um unsere Wirtschaft tatsächlich steht, ha ben Sie auf dem Stahldialog in Berlin erfahren können. Schau en wir uns nun aber den Unternehmensstandort Brandenburg etwas genauer an. Ich will mit einem Zitat beginnen: