„Ziel der Familienförderung muss es sein, dass die Frau en bzw. Ehepartner wieder ermutigt werden, mehr Kinder zu bekommen.“
Der Ehepartner, also in Ihrem klassischen Familienbild der Mann, soll jetzt das Kinderkriegen übernehmen oder animiert werden, mit anderen Frauen Kinder zu kriegen. Das würde aber die Einhaltung nicht mehr gewährleisten. - Ich weiß wirk lich nicht, wo Sie da hinwollen.
Am allerbesten gefällt mir der vorletzte Absatz in der Begrün dung. Das ist schon einmal angesprochen worden, aber ich glau be, man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen:
„Aus dem vorgelegten Maßnahmenkatalog ergibt sich die geforderte Ergänzung im Grundgesetz, um die Bedeutung der Familie als unverzichtbarer Humus einer intakten Ge sellschaft hervorzuheben.“
Als „unverzichtbarer Humus“! Ich weiß nicht, ob Sie das ein mal im Duden nachgeschlagen haben. Ich habe es getan. Nach Dudendefinition ist Humus:
„Bestandteil des Bodens von dunkelbrauner Färbung, der durch mikrobiologische und biochemische Zersetzung abgestorbener tierischer und pflanzlicher Substanz in ei nem ständigen Prozess entsteht“.
Ich glaube, wer den Antrag durchliest, weiß, wo die AfD mit ihrer Familienpolitik steht. Für mich ist der Antrag auch ein Düngemittel. Ich will es aus politischer Korrektheit jetzt nicht nennen und zitiere aus dem Duden:
(Anhaltender Beifall bei CDU, SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE - Heiterkeit bei der Abgeordneten Nonne macher [B90/GRÜNE])
(Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Das sorgt zu mindest für Erheiterung! - Zuruf: Das ist auch etwas wert!)
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! In dem Antrag der AfD wird besonders die mittelgroße, normale Familie betont, die aus schließlich gefördert und unterstützt werden soll. Ich frage auch: Was ist denn die normale, mittelgroße Familie? Die Frau nicht kleiner als 1,60 m, der Mann nicht größer als 1,80 m,
Sohn, Tochter, Hund? Laut Frauke Petry ist es wünschenswert, dass eine normale deutsche Familie drei Kinder hat.
Aber was ist mit Alleinerziehenden, mit einer Regenbogenfa milie, einer Stief- oder Patchworkfamilie oder mit Kindern, die bei den Großeltern aufwachsen? Ist Ihnen eigentlich klar, dass eine Familie alle Formen des privaten Zusammenlebens mit Kindern sowie mit Eltern,
Großeltern, Geschwistern umfasst? In einer Familie wird die Verantwortung bei der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen oder auch die Pflege und Betreuung von Angehörigen im Familienumfeld ganz großgeschrieben. Da ist es völlig egal, in welcher familiären Lebensform gelebt wird, denn Familie hat sich gewandelt.
Nichteheliches Zusammenleben, gleichgeschlechtliche Part nerschaften und Scheidungen sind nicht länger verpönt. Nein, sie sind Normalität.
Ich muss gestehen, als ich Ihren Antrag las, fühlte ich mich teilweise ins Mittelalter zurückkatapultiert, denn er offenbart ein rückwärtsgerichtetes Familien- und Frauenbild der AfD, ein Sittengemälde aus dem 18. Jahrhundert.
Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Ihr Antrag mit dem wirkli chen Leben überhaupt nichts mehr zu tun hat? Selbst Ihre Par teivorsitzende Petry hat vier Kinder, hat sich von ihrem Mann getrennt und erneut geheiratet. Ihre Spitzenkandidatin zur Bun destagswahl hat einen Zweitwohnsitz in der Schweiz, lebt dort mit ihrer Lebenspartnerin und ihren Kindern zusammen. Das ist völlig egal, denn jeder kann leben, wie er möchte.
Die jahrelang mühsam errungenen Elemente der Gleichberech tigung von Mann und Frau will die AfD zurückdrängen.
Frauen sollen mehr Kinder bekommen, und im gleichen Atem zug soll die Gleichstellungspolitik beendet werden.
Noch klarer wird der Begriff Familie in Ihrem Grundsatzpro gramm und im Wahlprogramm der AfD zur Bundestagswahl, denn dort werden Aktionen wie der Equal Pay Day oder die Quotenregelung für Frauen abgeschafft.
Familienpolitik von Bund und Ländern soll sich explizit an Fa milien orientieren, die aus Vater, Mutter, Kindern bestehen. Ich möchte daran erinnern, dass die AfD in der Beratung des Lan deshaushaltes 2017/2018 keine Anträge zur Familienförderung stellte. Was soll das Ganze also? Was soll dieser Antrag? Das widerspricht sich.
Unsere Position wird sich nicht ändern. Die Gleichstellung von Frauen und Männern bleibt ein wichtiges Ziel über alle Politik felder hinweg. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss unab hängig vom Geschlecht eine Selbstverständlichkeit werden.
Denn noch immer verdienen Frauen im Schnitt rund 20 % we niger als Männer für die gleiche Tätigkeit. Im Gegenzug wen den Frauen aber erheblich mehr Zeit für Kindererziehung und Haushalt auf als Männer.
Die Koalition wird entsprechende politische und gesetzliche Initiativen ergreifen bzw. unterstützen. Wir haben die Weiter entwicklung des Familien- und Kinderpolitischen Programms sowie die Fortschreibung des Gleichstellungspolitischen Rah menprogramms beschlossen. Das Gleiche gilt für den Akti onsplan für Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, für Selbstbestimmung und gegen Homo- und Trans phobie in Brandenburg. Und daran halten wir auch weiterhin fest, denn wir haben ein anderes Frauen- und Familienbild als die AfD.
Ein Zurückfallen in ein früheres Jahrhundert werden wir nicht zulassen. Die Linke steht für ein inklusives und diverses Fami lienbild. Deshalb lehnen wir den Antrag ab.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete Nonnemacher für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Mit dieser völkisch-nationalistischen Gespensterge schichte zur Förderung von Familien überschreiten Sie von der AfD-Fraktion Brandenburg endgültig letzte Schamgrenzen.
Dieser Antrag ist ein deutliches Bekenntnis zu Rechtsaußenpo sitionen, voller Abwertung gegenüber allem, was Ihnen in der AfD als anders oder fremd erscheint. Da sehen Sie sich offen bar nicht in der Tradition deutscher humanistischer Bildung. Ihr Antrag ist in sich voller Widersprüche sowie juristischer und logischer Fehler. Über die Sprache möchte ich gar nicht reden. Die wollten Sie ja mal in der Verfassung schützen las sen.
Das Ziel - so im Antrag - muss eine kinderfreundliche Gesell schaft sein. Kinderfreundlich wird diese Gesellschaft der Lo gik Ihres Antrages folgend aber nur für Kinder mit deutscher Staatsbürgerschaft, deren Eltern die deutsche Staatsbürger schaft haben und aus Mann und Frau bestehen. Alle anderen Kinder sollen offen benachteiligt werden. So soll es zum Bei spiel für ihre Familien kein Familiendarlehen geben.
Hier ist schon einer Ihrer vielen logischen Fehler. Was Sie hier nämlich fordern, ist nicht kinderfreundlich, das ist freundlich für traditionell eingestellte Eltern. Das ist freundlich für alle, die der christlich-fundamentalistischen Überzeugung folgen, die Ehe zwischen Mann und Frau sei die einzige normale Fa milienform.