Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

Dazu zählen die Ressortchefs vor allem Fragen zum Umgang mit Problemwölfen, des Managements sowie der Schadensre gulierung.

(Bommert [CDU]: Sehr gut!)

Wir werden den Antrag also überweisen. Frau Schier, liebe Roswitha, ich gebe aber auch zu, dass wir uns die Entscheidung dazu in unserer Fraktion nicht leicht gemacht haben, da die im Antrag prominent genannte Schutzjagd auf Problemwölfe erst nach intensiver und juristischer Prüfung des europäischen und auch deutschen Rechts einen eventuellen Eingang in eine zu künftige Wolfsverordnung finden kann. Rechtswidrige Dinge können aus unserer Sicht nicht in eine Verordnung aufgenom men werden. Eine sogenannte Schutzjagd durchzuführen, um die Population des Wolfsbestandes zu regulieren, ist nach unse rem Kenntnisstand nach europäischem und deutschem Recht unzulässig. Die Europäische Kommission hat gegen Schweden wegen dieser Rechtswidrigkeit aktuell gleich zwei Vertragsver fahren eingeleitet. Das müssen wir, glaube ich, auch noch ein mal aufarbeiten. Dazu werden wir uns auch im Ausschuss Zeit nehmen.

Ich komme zum Schluss. Der ALUL, also unser zuständiger Ausschuss, wird sich am 14. Juni 2017 und in seiner Sitzung nach der Sommerpause weiter mit dem Thema Wolf befassen. Das hatten wir sowieso in der Planung. Und die Wolfsverord nung wird sicherlich intensiv zu diskutieren sein. Bitte lassen Sie uns diese Gespräche in einer konstruktiven, fruchtbaren und fachlich-sachlichen Atmosphäre führen. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE und CDU)

Wir danken Ihnen und setzen die Aussprache mit dem Abge ordneten Schröder fort. Er spricht für die AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Hochverehrte Gäste! Ich will uns mal wieder aus der Landtagskuschelecke herausmanövrieren und einen anderen Ton anstimmen. Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, ich frage mich, wozu Sie diesen Antrag heute hier eingebracht haben. Diskutiert ha ben wir das hier bereits, nämlich im Januar, und da ging es um einen Antrag der AfD. Dieser Antrag wurde von Ihnen allen hier im Hohen Hause abgelehnt. Das war schade; denn ich will daran erinnern: Wir haben im Grunde das Gleiche gefordert wie Sie jetzt, nur haben wir Obergrenzen gefordert,

(Domres [DIE LINKE]: Das ist das Problem!)

und das auf Basis von Wissenschaft und Forschung. Wir woll ten das nicht einfach so ins Blaue hinein tun. Nun kommen Sie

und schlagen feste Entnahmequoten vor, die an den jeweiligen Wolfsbestand angepasst werden sollen.

(Jungclaus [B90/GRÜNE]: Da hat er Recht!)

Ich frage mich, wo der Unterschied liegt, außer, dass die Sache von Ihnen von der Entnahmeseite her betrachtet wird und nicht von der Bestandsgröße her. Was Sie mit Schutzjagd umschrei ben, kommt unserer Forderung nach einer Aufnahme des Wol fes in das Jagdrecht auch sehr nahe.

Im vorliegenden Antrag habe ich leider auch vergeblich nach den Jägern bzw. im Grunde nach dem Jagdrecht gesucht. Und das, obwohl die Jäger die wichtigsten Partner der Bauern und Grundstückseigentümer sind, wenn es um das Management der Wildbestände geht. Die Jäger sind auch die Fachleute für die Erfassung der tatsächlichen Wolfsbestände und für die Identifi zierung sogenannter Problemwölfe, sofern sie als solche über haupt identifiziert werden können. Ohne eine enge und ver trauensvolle Zusammenarbeit mit der Jägerschaft kann und wird es nicht gelingen - und ich zitiere Herrn Funke, den Ge schäftsführer des Kreisbauernverbandes Havelland -, „den De ckel auf die Wolfsentwicklung zu bekommen“.

Ich hätte mir hier etwas mehr Mut gewünscht anstatt lauwar mer Umschreibungen. Vielleicht hätte sich der vorliegende An trag der Union auch stärker an den Forderungen der CDU in Sachsen-Anhalt orientieren sollen oder an den Umsetzungen des Landwirtschaftsministeriums in Sachsen, wo der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen wurde.

(Domres [DIE LINKE]: Und eine ganzjährige Schonzeit hat!)

- Ja, das ist richtig, das muss auch so sein. Aber die Jäger sind jetzt in die Situation versetzt, ein fachlich korrektes Wolfsmo nitoring durchzuführen. Und genau das ist der Sinn der Sache, das wurde mir vom sächsischen Agrarminister auf der agra 2017 in Leipzig bestätigt, ich bin erst kürzlich dort gewesen.

Ja, so kommt es vermutlich auch, dass Sie Schutzjagden auf Problemwölfe als mögliche Lösungen des Problems erkennen und betrachten. Aber zur Erkennung dieser Problemwölfe sol len konkrete Tatbestände definiert werden, die im Grunde je den Wolf betreffen, der seinem natürlichen Beutetrieb nachgeht und sich an unserem brandenburgischen Weidevieh gütlich tut. Wie man auf besagter Schutzjagd den einzelnen Problemwolf in Wald und Flur dann tatsächlich erkennen soll, bleibt Ihr Ge heimnis.

(Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Der Jäger wird ihn ansprechen!)

Warum benennen Sie den Wolf nicht ganz ehrlich als das, was er ist, ein Problem, das wir hier in Brandenburg haben? Es ist noch nicht sehr schlimm, aber wachsend und zu einem echten Problem werdend. Das scheinen Sie im Grunde auch erkannt zu haben, sonst würden Sie keine Prävention im Sinne der Maßnahmen, die Sie ergreifen wollen, vorschlagen.

Sie wollen eine Überführung des Wolfvorkommens aus den Anhängen II und IV in den Anhang V der FFH-Richtlinie. Das ist richtig, dann sollte man aber auch so konsequent sein und den Weg für den Wolf in das Jagdrecht schon vorher frei ma

chen; denn nichts anderes resultiert aus dieser Forderung, das ist dann die logische Konsequenz.

Die ersten Wolfswachen in Brandenburg haben die Sorgen der Bauern und Hobbyhalter von Weidetieren auch öffentlich ge macht. Erstmals war in diesem Zusammenhang in der Tages presse auch ein Verständnis für die Probleme der Landbevölke rung mit dem Wolf zu erkennen, was auch schon positiv ist. Es muss aber noch viel deutlicher gesagt werden, dass der Natur schutz als gesamtgesellschaftliches Anliegen nicht auf Kosten der Bauern und der ländlichen Räume umgesetzt werden kann. Die großen Leistungen unserer Landwirte für den Naturschutz müssen in der Gesellschaft endlich Anerkennung finden. Die Bauern sind eine Minderheit im Lande, die für die wirtschaftli chen Auswirkungen der Naturschutzpolitik volle Entschädigung verdienen. Die Kosten werden immer noch schneller steigen, denn der Wolf ist erwartungsgemäß uneinsichtig und vermehrt sich weiter mit einem Bestandszuwachs von derzeit über 30 % pro Jahr. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn die Landesre gierung auf dem ebenso bemerkenswerten wie ergebnisneutralen 4. Wolfsplenum am 26. April in Potsdam die Karten zum Wolfs managementplan und zur Wolfsverordnung schon einmal offen auf den Tisch gelegt hätte. Das hätte vielleicht auch geholfen. Die Fachleute aus den Verbänden, die dort waren, haben das je denfalls vermisst. Die Landesregierung wollte ihre vorgefertig ten Folien, die vorgeführt wurden, zur Bestätigung ihrer Vorstel lungen zum Wolfsmanagement mit relativ unlauteren Methoden durchsetzen. Das jedoch ist Gott sei Dank gescheitert.

Wir bleiben deshalb bei unseren Forderungen, die wir in unse rem Antrag „Einführung effektiver Regulierungsmaßnahmen für die Wolfspopulation in Brandenburg“ zum Ausdruck ge bracht haben, und enthalten uns deshalb zum Antrag der CDUFraktion.

Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Ja, sofort. - Wenn der Antrag allerdings an den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft überwie sen werden soll, stimmen wir dem selbstverständlich gerne zu. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Bevor wir die Aussprache fortsetzen, begrüße ich Gäste, Kursteilnehmer eines Berufsbildungskurses aus Ei senhüttenstadt. Herzlich willkommen bei uns im Brandenbur ger Plenarsaal!

(Allgemeiner Beifall)

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Domres für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2012 wurde unter Federführung des damali

gen Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucher schutz der Wolfsmanagementplan 2013 bis 2017 erarbeitet. Ei ne große Zahl von Vereinen, Verbänden, Bürgerinitiativen, Ver tretern des Berufsstandes, Tierhaltern, Behörden und Wissen schaftlern kam zusammen, um über den Umgang mit dem Wolf zu beraten. Trotz sehr unterschiedlich gelagerter Interessen und Erfahrungen ist es damals gelungen, konstruktiv und ergebnis orientiert zu arbeiten, Ergebnisse im gegebenen Rechtsrahmen zu erzielen, aber auch weitergehende Forderungen aufzustellen.

Nachdem der Wolfsmanagementplan mit nur einer Gegenstim me im Wolfsplenum verabschiedet wurde, gab es eine allge mein akzeptierte Handlungsgrundlage. Inzwischen hat sich die Situation verändert. Der Wolfsbestand hat sich seit 2012 etwas mehr als verdoppelt, 2016 ist die Zahl der Nutztierrisse gegen über den Vorjahren sehr deutlich angestiegen, es ist auch ver mehrt zu Rissen von Kälbern gekommen, und es ist erstmals auch ein verhaltensauffälliger Wolf aufgetreten. Ja, liebe Kol leginnen und Kollegen, gerade die Weidehaltung sieht große Probleme. Das muss ernst genommen werden. Deshalb ist es doch nur folgerichtig, dass wir aufgrund der veränderten Situa tion reagieren.

Es ist auch festzustellen: Die Umsetzung des Wolfsmanage mentplanes hat nicht in jeder Beziehung so gut geklappt wie erhofft. Die Förderung von Herdenschutzhunden war durch die notwendige EU-Zertifizierung ein langwieriger Prozess. Prä ventionsförderung war durch übermäßige bürokratische För dervorgaben und den Start der neuen EU-Förderperiode stark erschwert. Die damals beschlossene Einrichtung einer Wolfsin formations- und einer Herdenschutzstelle hat auf sich warten lassen. Hier hätte ich mir auch eine gemeinsame Initiative mit dem Bund vorstellen können. Aber es wurde leider seitens des Bundes anders entschieden.

Diese Defizite ist das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft mit seinem im November 2016 vorgestellten Sieben-Punkte-Plan angegangen. Die Maßnah men sind aber noch nicht alle wirksam geworden. Leider hat sich gezeigt, dass der frühere Geist des konstruktiven Umgangs bei der fälligen und verabredeten Überarbeitung des Manage mentplanes nicht mehr bei allen Beteiligten trägt.

Dazu trägt sicherlich auch die große Betroffenheit von Tierhal tern bei. Man kann sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass das große öffentliche Interesse am Wolf einige Verbands vertreter auch dazu verleitet, sich mit Maximalforderungen in Positionen zu bringen, von denen sie selbst wissen, dass sie bei der bestehenden Rechtslage unerfüllbar sind.

(Beifall B90/GRÜNE und vereinzelt DIE LINKE)

Manche Pressemitteilung und mancher Debattenbeitrag sind nicht lösungsorientiert, und man könnte den Eindruck gewin nen, dass die Zunahme der Wolfspopulation und die damit ver bundenen Handlungsnotwendigkeiten willkommene Argumen te sind, um ganz andere Schlachten zu schlagen.

(Beifall B90/GRÜNE sowie der Abgeordneten Bader [DIE LINKE])

Ich werbe an dieser Stelle ausdrücklich für Sachlichkeit. Be griffe wie „Öko-Pegida“ erschweren eine sachliche Debatte,

und ich appelliere an alle, Kompromiss- und Problemlösungs bereitschaft an den Tag zu legen.

Vor diesem Hintergrund empfinde ich den von der CDU vorge legten Antrag als wohltuend sachlichen Diskussionsbeitrag. Neu ist der darin enthaltene Vorschlag aber nicht. Schon der jetzige Managementplan sieht die Notwendigkeit vor, unter be stimmten Bedingungen Wölfe zu entnehmen, die wiederholt geschützte Weidetiere gerissen haben. Dem haben übrigens auch Naturschutzverbände zugestimmt. Ohne Zweifel muss bei der Überarbeitung des Managementplans geprüft werden, ob die Kriterien und die Verfahrensweise praktikabel sind. Die CDU schlägt vor, mithilfe einer wissenschaftlichen Analyse zu ermitteln, in welchem Rahmen solche Einzelentnahmen erfol gen können, ohne den Erhaltungszustand des Wolfes zu ver schlechtern.

(Frau Schier [CDU]: Richtig!)

Es geht also darum, einzelne problematische und verhaltensauffällige Wölfe zu entnehmen, solange dies der EU-Schutz verpflichtung nicht entgegensteht.

(Frau Schier [CDU]: Genau so ist es!)

Das dürfte in der Tat, wenn es gut gemacht ist, EU-rechtskon form sein, ganz im Gegensatz zur Forderung nach einer allge meinen Bejagung, nach Bestandsobergrenzen oder nach Be schränkung des Wolfes auf bestimmte Gebiete. Allerdings scheint es mir fraglich zu sein, ob eine derartige Analyse tat sächlich auf der Ebene eines Landes vorgenommen werden kann; schließlich kennen Wölfe keine Landesgrenze.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sollten die Erfah rungen gerade aus Skandinavien nutzen und bewerten; Frau Schier sprach davon. Ob der Begriff Schutzjagd aber der richti ge ist, sei dahin gestellt. In Ihrer Rede, Frau Schier, sind Dinge angesprochen worden, die in Ihrem Antrag so nicht zu finden sind, zum Beispiel zu Quoten und Obergrenzen. Das ist eine schwierige Diskussion. Deswegen ist es, glaube ich, gut, dass wir darüber noch einmal im Ausschuss reden; denn wir können vieles machen, aber es muss rechtskonform sein.

Aus Sicht der Linken lohnt es sich also, sich weiter damit zu befassen. Auf Antrag meiner Fraktion ist es ohnehin verabre det, ein weiteres Fachgespräch im Ausschuss zu führen. Dazu wollen wir einen Vertreter des Bundesamtes für Naturschutz einladen. Das ist die zuständige Behörde, wenn es um die Defi nition des Erhaltungszustandes und um die fachliche Grundla ge des Managements geht. Im Übrigen hat sich auch die letzte Umweltministerkonferenz damit beschäftigt und entsprechen de Festlegungen getroffen. Deshalb werden wir Ihren Antrag überweisen und in die Diskussion einbeziehen. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD sowie der Abgeordneten Schier [CDU])

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Jungclaus für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordne te! Verehrte Gäste! Ich glaube, kaum ein Thema - neben der Kreisreform - wurde hier in letzter Zeit so emotional diskutiert wie der Umgang mit dem Wolf. Nicht nur mit Lagerfeuerchen bei sogenannten Wolfswachen machen die Landnutzer auf sich aufmerksam und signalisieren uns, dass das Land mehr im Umgang mit dem Wolf tun muss als bisher.

Wie dann auch das letzte vom Umweltministerium organisierte Wolfsplenum am 26. April gezeigt hat, bestimmen momentan leider vor allem gegenseitige Anschuldigungen zwischen Landnutzern und Naturschützern die Diskussion. Die bereits erfolgte Bewertung von Maßnahmenvorschlägen durch das Ministerium hat die Situation fast eskalieren lassen. Das hätte in der Tat anders laufen können. Aber auch inflationäre Land tagsanträge oder die unverschämten Äußerungen des Landrats von Märkisch-Oderland und Präsidenten des sogenannten Fo rums Natur, der Naturschützer wiederholt als „Öko-Pegida“ beschimpft hat, sind bei dem Thema sicherlich nicht förderlich.