- Diesen Streit brauchen wir hier nicht weiter zu führen. - Wenn wir unserer Verantwortung für eine gute Entwicklung in Bran denburg nachkommen wollen - und das gilt insbesondere für den Verfassungsauftrag der Sicherung gleichwertiger Lebensbedin gungen im ganzen Land -, dann dürfen wir das Mittel gesetzli cher Zusammenschlüsse nicht aus der Hand geben. Zur Klarstel lung: Das heißt im Gegenzug überhaupt nicht, dass ausschließ lich auf diese Eingriffsmöglichkeit zugegriffen werden soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die waghalsige unseriöse Ar gumentation von Herrn Petke im Haushaltsausschuss und nachfolgend im Innenausschuss zeigt, dass es nur um eine Schwarzmalerei zur Verhinderung der Reform geht. Dafür ist jedes Mittel recht.
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ich empfeh le Ihnen, langsam einmal darüber nachzudenken, wie Sie aus der Ecke wieder herauskommen, in die sie sich manövriert ha ben.
Sie können immer wieder versuchen - ich komme gleich zum Schluss -, durch Ihren grenzenlosen Populismus …
… und Ihre dogmatische Reformverweigerung Punkte zu sam meln. Aber irgendwann bekommen Sie die Rechnung dafür.
Herr Abgeordneter, Sie missbrauchen gerade die Geschäftsord nung. Sie sind weit über eine Minute hinaus. Ich habe Sie extra lange reden lassen. Sie hätten eine andere Redezeit beantragen müssen.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen! Sehr geehrte Vertreter der Bürgeriniti ative! In der Sitzung der letzten Enquetekommission am ver gangenen Freitag wurde mir schlagartig klar, warum wir im mer noch über diese komplett misslungene Reform reden müssen oder welche Beweggründe Rot-Rot hat, trotz der 130 000 Unterschriften immer noch daran festzuhalten.
Sie ziehen als Hauptbeweggrund von Anbeginn mit den Bevöl kerungsprognosen zu Felde. Ich zitiere hier einmal Herrn Frees vom Amt für Statistik Berlin/Brandenburg:
Meine Damen und Herren, mit anderen Worten: Der Anlass dieser ganzen Maßnahmen - der angebliche Bevölkerungsrück gang - ist eine von verantwortungslosen Politikern des Landes inszenierte Chimäre. Die AfD-Fraktion steht deshalb voll und ganz hinter der überparteilichen Volksinitiative „Bürgernähe erhalten - Kreisreform stoppen!“
Bei dieser rot-roten Verwaltungsstrukturreform handelt es sich um eine von Anfang an misslungene Neustrukturierung der Landkreise und kreisfreien Städte, die keine Vorteile für die Brandenburger mit sich bringt. Irgendwann waren alle Argu mente, die für die Erforderlichkeit einer Neugliederung spre chen sollten, erschöpft oder konterkariert.
Deshalb muss ich das hier jetzt gebetsmühlenartig wiederho len. Zum Ersten: Die Basis Ihrer Reformbegründung, wie so eben erneut dargelegt - die Bevölkerungsprognose für das Jahr 2030 -, ist schlichtweg nicht zutreffend, und zwar weder in den Randbereichen noch in einigen kreisfreien Städten.
Zum Zweiten: Die Funktionalreformen sind verdampft wie Schnee in der Sonne. Eine Forstreform einzusprengseln, ist alles, was von Ihren angekündigten großen Heldentaten, Brandenburg einmal zukunftsfähig machen zu wollen, übrig geblieben ist.
Zum Dritten: Die Finanzierungsvorteile und Synergieeffekte bleiben - das bestreiten Sie nicht einmal - weitgehend unbewie sen.
Zum Vierten: Natürlich gibt es jetzt eine Gemeindegebietsre form durch die Hintertür, indem jetzt fusionierende Gemeinden wenigstens noch Kohle vom Land abgreifen können. Denn Ihr Leitbild zeigt deutlich, dass es in der nächsten Legislaturperio de unter Ihrer Regierung, wovor Gott - und die Wähler - uns Brandenburger bewahre, eine Gemeindegebietsreform geben wird, und dann ohne finanzielles Zuckerbrot, sondern mit der rot-roten Peitsche.
Zum Fünften: Der Versuch, durch Ihren Entschließungsantrag Entgegenkommen zu zeigen, ist unglaubwürdig. Sie haben uns ja die ganze Zeit behumst! Sie ziehen das gnadenlos durch, denn genau dafür wurde gestern hier das Gesetz zur Verlänge rung der Amtszeiten von Landräten beschlossen. Ich erinnere nochmals an das Schreiben aus dem Innenministerium vom 23. Januar 2017 an die Kreise und kreisfreien Städte, in dem es frecherweise heißt:
„Selbstverständlich steht es Ihnen frei, auch weitere Ge sichtspunkte vorzutragen, die für oder gegen die Festle gung eines bestimmten Kreissitzes sprechen.“
Das Innenministerium hetzt also die Landkreise im Rattenren nen um die zukünftigen Kreissitze gegeneinander. Das kann nicht sein, meine Damen und Herren.
Und selbst an Ihre eigenen Vorgaben halten Sie sich nicht. Oder wie muss ich die Abweichung vom eigenen Leitbild in terpretieren, zum Beispiel beim Sektoralkreisprinzip?
Es wird aber einen Erfolg geben: Die finanzielle Unterversor gung von kreisfreien Städten verschwindet - Herr Petke, jetzt habe ich eigentlich Ihren Einsatz erwartet - in der Statistik. Denn bisher konnte man das Versagen der rot-roten Finanzpo litik immer schön an den knallroten - weil unterfinanzierten - kreisfreien Städten ausmachen. Die verschwinden jetzt, und im schlimmsten Fall färbt sich der aufnehmende Kreis von Hell grün in Gelb.
Was spricht eigentlich dagegen, die kreisfreien Städte als Ge gengewichte zu Berlin und zum Speckgürtel aufzuwerten und noch weiter auszubauen? Die Volksinitiative bestätigt nur das, was die Brandenburger schon bei den öffentlichen Dialogen geäußert haben, und zwar, dass sie keine Zwangsfusionen - und das Ganze von oben verordnet - wollen.
Auch die Anhörungen der Landräte und einer großen Zahl von Bürgermeistern sowie Amtsdirektoren kommen zu dem glei chen Ergebnis, nämlich: keine Verwaltungsstrukturreform. Ich bin mir sicher, dass das demnächst eingeleitete Bürgerbegeh ren Erfolg haben wird. Und wenn die Landesregierung auch dieses politische Signal ignoriert, werden wir sehr wahrschein lich den ersten erfolgreichen Volksentscheid in der Geschichte Brandenburgs haben.
Übrigens muss ich, zurückkehrend zur Enquetekommission der letzten Woche, hier noch einmal die Kollegin Schwarzen berg zitieren:
Frau Kollegin, das ist für mich ein entlarvender Satz. Das heißt nichts weiter, als dass die gesamte Nomenklatura dieses Hau ses nur reagiert.
Wir wollen einen Volksentscheid zu dieser Kreisgebietsreform und - noch besser - wir wollen, dass Rot-Rot und auch die ge fühlten Regierungskoalitionäre der Grünen den Ausgang des zu erwartenden Volksentscheids als verbindlich akzeptieren. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Nonnemacher. Bitte schön.
Herr Präsident! Verehrte Vertreter der Volksinitiative! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 130 000 gesammelte Unterschrif ten sind ein bemerkenswerter Erfolg der Volksinitiative „Bür gernähe erhalten - Kreisreform stoppen“ und ein Zeichen, dass das Thema viele Menschen bewegt und sie sich einmischen wollen. Als eine Partei, die in der direkten Demokratie eine wertvolle Ergänzung zu unserer parlamentarischen Demokra tie sieht, finden wir dies durchaus erfreulich.