Zu den Anträgen der Grünen-Fraktion: Es ist ein berechtigtes Anliegen, jegliche Hindernisse im Schulgesetz zu beseitigen, denn erst dann wird Inklusion in der Bildung wirklich gelebt. Andererseits hat der gemeinsame Unterricht im Schulgesetz schon Priorität. Wir wollen Inklusion nicht von oben verord nen, sondern Inklusion soll von unten wachsen. Auf diesem Weg wollen wir alle Beteiligten in der Schule mitnehmen. Mit diesem Konzept werden wir bis 2024 gemeinsames Lernen in Brandenburg schrittweise ausbauen. Das ist aus unserer Sicht der bessere Weg und sorgt auch für eine größere Akzeptanz in der Praxis.
Drittens: Wir schaffen mehr Gerechtigkeit für Schulträger, in dem wir die Berechnung der Sachkosten erweitern und finanzi elle Gerechtigkeit schaffen, insbesondere für Schulträger, die besonders viele Jugendliche und Kinder aus anderen Landkrei sen aufnehmen.
Viertens: Wir ergreifen Maßnahmen für besseren Unterricht. Wir verankern Schulzentren im Schulgesetz, damit sie eine größere Rechtssicherheit haben. Wir wollen in den Klassen 1 und 2 auf Noten verzichten und die Option offenhalten, dies auch in den Klassen 3 und 4 zu tun. Ich kann jede Grundschule nur dazu aufrufen, dies zu tun. Der Grundschulverband hat in seiner Stellungnahme ganz klar gesagt: Wir brauchen eine päd agogische Leistungskultur statt Noten. - Sehr geehrte Damen und Herren, es geht um die Kleinsten der Kleinen in unserem
Schulbetrieb. Sie brauchen eine Bewertung, die ihnen zuge wandt ist. Wir brauchen Lernentwicklungsgespräche mit den Kindern und den Eltern. Das ermöglicht klare Rückmeldungen. Das sollten sie uns wert sein.
Herr Hoffmann, Sie haben vom Landesschülerrat die Note Drei plus bekommen, anfangs die Drei minus, dann die Drei plus. Was sagt diese Note letztendlich über Ihr Bildungskonzept aus? Nichts! Diese Note sagt nichts darüber, wo die Stärken bzw. die Schwächen in Ihrem Bildungskonzept liegen. Ich empfehle Ihnen: Führen Sie einmal ein Lernentwicklungsge spräch mit dem Landesschülerrat! Dann werden Sie klare Rückmeldungen bekommen.
(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE und SPD - Genilke [CDU]: Vielleicht führen Sie mal ein Lernentwicklungs gespräch mit betroffenen Eltern!)
Fünftens ergreifen wir Maßnahmen bezüglich der freien Schu len. Wir berücksichtigen die Steigerung der Besoldung von Sek-I-Lehrern auch für die freien Schulen, und ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es uns alle freuen würde, wenn die freien Schulen verbindliche Tarifverträge für ihre angestellten Lehrkräfte schließen würden. Das wäre ein Schritt in die richti ge Richtung.
Zu den Änderungsanträgen der CDU-Fraktion, zum Thema Klassengrößen: Herr Hoffmann, Sie bekämpfen hier einen Scheinriesen. Zwei Drittel unserer Klassen liegen unterhalb des Richtwerts von 25 Schülerinnen und Schülern pro Klasse.
Im Moment nicht; später gern. - Laut aktueller Abfrage an den Schulen lagen von allen Grundschulklassen gerade einmal 1,2 % über dem Wert von 28; bei den Oberschulen sieht es ähn lich aus. Ja, es gibt große Klassen. Das ist zu kritisieren. Aber dieses Problem können wir nur flexibel und schulscharf lösen, indem wir zusätzliche Lehrerstunden zuweisen! Diese Schulen müssen ihre starre Unterrichtsorganisation aufbrechen und kleinere Lerngruppen bilden. Dann können wir hier auch Ab hilfe schaffen.
Okay, meine Redezeit ist abgelaufen. - Insgesamt verbessern wir mit diesem Schulgesetz das Schulsystem in Brandenburg.
Sehr geehrte Frau Kollegin, Sie haben die Benotung durch den Landesschülerrat als Beispiel dafür angeführt, dass Noten nicht viel aussagen. Offenbar sagen sie aber doch einiges aus, sonst hätten Sie dieses Beispiel nicht vorgebracht. Die Kollegen kön nen sich etwas darunter vorstellen. Sie freuen sich über Ihre Zwei plus. Ich habe mich über meine Drei plus sehr geärgert und mir vorgenommen, mich zu verbessern. Ich möchte mich also anstrengen. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Ziffernnoten offenbar doch eine gewisse Berechtigung ha ben? Sonst hätten Sie dieses Beispiel nicht gebracht.
Diese Drei plus motiviert Sie im Höchstfall vielleicht, etwas zu ändern. Aber Sie wissen trotzdem nicht genau, was Sie falsch gemacht haben. Also brauchen Sie das Gespräch mit dem Lan desschülerrat.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen! Liebe zuschauende Lehrer und Schüler an den Fernsehgeräten!
Ich finde es witzig, dass Sie auf die Benotung abheben. Ich ha be mich auch verbessert: von Fünf auf Fünf plus.
Ich empfand den Auftritt des Kollegen Gordon Hoffmann als den allerbesten; er hätte sich eigentlich verbessern müssen, ist
aber bei der Note Drei geblieben. Noch einmal an Sie der Hin weis, dass Schulbenotung eigentlich durchzuhalten wäre, weil Sie selbst stolz auf Ihre Zwei plus waren.
Nun, meine Damen und Herren, wir haben Lehrermangel - der Kollege Hoffmann hat es angesprochen -, Ausfallstunden und Probleme mit dem Mathe-Abitur. Kurz gesagt: Unser Bil dungssystem ist kurz vorm Scheitern. Und womit beschäftigen Sie sich? Damit, dass jetzt Schülersprecher im Alter von sechs bis neun Jahren gewählt werden können. Sie wollen die Noten in den Klassen 1 und 2 abschaffen, am besten gleich in allen zehn Klassenstufen, in den Klassen 3 und 4 soll dies fakultativ sein. Ihrem Lieblingsthema, der Inklusion, widmen Sie sich in diesem Gesetz auch.
Meine Damen und Herren! Ich werde Ihnen einmal ein paar Zitate um die Ohren hauen. Vielleicht wird Ihnen dann be wusst, was Sie damit anrichten:
„Ich konnte das nicht mehr aushalten.“ - „Ich wurde oft da zu missbraucht, die Förderschüler ruhig zu halten.“ - „Aber leider sind die Bedingungen, unter denen sie jetzt lernen, so miserabel, dass die Kinder in der Regel völlig überfordert sind: mit dem Stoff, dem Tempo und der Unruhe.“
So, sehr geehrte Kollegen, genau so sieht die Realität aus. Das sind Erfahrungsberichte von Lehrern aus anderen Bundeslän dern, in denen die inklusive Schule bereits Realität ist. Jetzt frage ich Sie: Was machen Sie in Brandenburg anders? Ich kann Ihnen die Antwort liefern: Nichts! Sie tappen in genau die gleichen Fallen und machen genau die gleichen Fehler. Erst einmal die Inklusionskinder auf die reguläre Schule schicken, natürlich ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwen den, ob die Lehrer den Bedürfnissen der Kinder ohne Inklusi onsbedarf nun noch gerecht werden können, und dann werden in den nächsten Jahren scheibchenweise immer kleinere Geld beträge zur Verfügung gestellt. Das ist Ihre Inklusion, getrie ben von zarten Fantasien, die mit der Realität - wie so häufig bei Ihnen - gar nichts zu tun haben.
Ich gebe Ihnen noch ein Beispiel aus der Brandenburger Reali tät: Ein verzweifeltes Elternpaar aus der Prignitz hat sich an uns gewandt. Der Sohn geht in die 2. Klasse einer Grundschule mit Integrationskonzept. In dieselbe Klasse geht ein Inklusi onsschüler, der stark verhaltensauffällig ist - übrigens der ein zige in dieser Schule. Regelmäßig wird der Sohn der erwähn ten Eltern von diesem Kind verprügelt - immer dann, wenn es gerade Lust dazu verspürt, und die Übergriffe werden immer heftiger. Sogar Anzeigen hat es schon gegeben. Das Ersuchen der Eltern, das verhaltensauffällige Kind dieser Schule zu ver weisen, wurde abgeschmettert. Jugendamt und Schulamt ken nen diesen Fall und halten dennoch an der Inklusion dieses Schülers fest - wie gesagt, des einzigen an dieser Schule. Man stellt sich hier unweigerlich die Frage: Wem nützt Inklusion und wem schadet sie?
In den vielen Debatten, die wir hier in diesem Hause geführt haben, habe ich nicht einmal erlebt, dass Sie betroffene Lehrer oder Eltern in den Ausschüssen angehört haben oder dass Sie über die Erfahrungen - damit meine ich auch die Negativerfah rungen anderer Bundesländer - debattiert haben.
Nein, jetzt nicht. - Wichtige Erfahrungen aufseiten der Lehrer habe ich Ihnen eben schon zuteilwerden lassen. Und was sagen nun die Wissenschaftler zur Inklusion, die dem Ganzen kritisch gegenüberstehen? Bernd Ahrbeck, Professor für Verhaltensge störtenpädagogik der Berliner Humboldt-Universität, sagte kürzlich im „Spiegel“, Inklusion könnte das deutsche Bil dungssystem langfristig ruinieren, wenn die Grenzen des Mög lichen und Sinnvollen nicht gesehen werden. Dazu gehört nun einmal auch die breite Akzeptanz in der Lehrerschaft. Genau diese sehe ich persönlich nicht, und genau diese ist auch in den Gesprächsrunden nicht zu erkennen gewesen. Nur von Ihnen. Weiter - Zitat -: Das gegliederte Schulsystem und eine totale Inklusion vertragen sich nicht.
Nun richte ich meine Frage wieder an Sie, sehr geehrte Koaliti onskollegen, inklusive der Grünen: Wie soll dieses Problem gelöst werden? Oder sehen Sie etwa immer noch keins? Ich meine, das ist Ihnen ja durchaus zuzutrauen.
Aber ich möchte auch nicht zu negativ wirken und auch einmal ein positives Beispiel aus Nordrhein-Westfalen bringen: An ei ner Schule sind sowohl Lehrer als auch Eltern begeistert. War um? Weil die Ausstattung dieser Schule der einer Förderschule gleichkommt.
Damit haben wir das Kernproblem flächendeckender Inklusi on: Sie ist finanziell nicht darstellbar. Keiner von Ihnen hat sich jemals die Mühe gemacht und evaluiert …
Nein. - … was eine tatsächlich flächendeckende Inklusion für das Schulsystem Brandenburgs wirklich bedeutet - nicht mate riell, nicht personell und nicht sächlich. Aber versuchen Sie es nur. Die Förderschule ist für uns der Dreh- und Angelpunkt für individuelle Fördermaßnahmen, erfolgreiches Lernen und die soziale und berufliche Integration, die gerade Kinder, die mit Beeinträchtigungen zu kämpfen haben, so dringend brauchen.
Deswegen sagen wir als AfD-Fraktion Ja zur Förderschule und lehnen Ihren Gesetzentwurf ab. Auf die Nummer mit der Ab schaffung der Benotung möchte ich gar nicht erst eingehen. Für dieses Gesetz gibt es jedenfalls die Note Sechs.