Das Erkrankungsrisiko von Diabetes mellitus Typ 2 zu verrin gern, Erkrankungen früh zu erkennen und zu behandeln, gehört zu den nationalen Gesundheitszielen. Ein wichtiger Schritt zur Umsetzung dieses Zieles sind belastbare Daten auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene. Nur auf dieser Grundlage ge sicherter und verlässlicher Daten kann Politik handeln. Des halb unser Antrag.
Für die Fraktion DIE LINKE ist eine bestmögliche gesundheit liche Versorgung und Behandlung für alle Menschen ein Grund- und Menschenrecht und die Messlatte für ein soziales Gesundheitswesen. Solidarität und Parität müssen Leitgedan ken des Gesundheitssystems sein - nicht Wettbewerb, Privati sierung und die Interessen der Pharmalobby.
Deshalb sind wir auch gegen einen Diabetesbeirat mit der Pharmaindustrie am Tisch. Während es durchaus Parallelen in unseren Anträgen gibt, unterscheidet genau das unseren Antrag von dem der CDU-Fraktion.
Für eine optimale Diabetes-Versorgung ist eine sektorenüber greifende Bedarfsplanung wichtig. Wir freuen uns deshalb über den Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz, mit dem alle Bundesländer das Bundesgesundheitsministerium auffordern, in der nächsten Legislaturperiode eine Bund-Län der-Reformkommission mit dem Titel „Sektorenübergreifende Versorgung“ einzurichten.
Gerade für chronisch Kranke, also Menschen mit Diabetes, ist eine enge Verzahnung von ambulanter, fachärztlicher und stati onärer Versorgung einschließlich rehabilitativer und pflegeri scher Angebote wichtig. In der alltäglichen Versorgungspraxis sehen wir Verbesserungsbedarf. Menschen mit Diabetes brau chen regionale, kompetente Ansprechpartner überall in Bran denburg. Letztlich muss es darum gehen, Lebensbedingungen so zu verändern, dass sozial bedingter Ungleichheit bei der Ge sundheit entgegengewirkt werden kann. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäs te! Chronische Erkrankungen wie Diabetes Typ 2, Herz-Kreis lauf-Erkrankungen und Adipositas werden ganz überwiegend durch modifizierbare Faktoren des Lebensstils verursacht. Die se lebensstilbedingten Erkrankungen, auch Wohlstandserkran kungen oder nicht übertragbare Krankheiten genannt, nehmen in Deutschland und weltweit dramatisch zu. Die Diabetesprä valenz wurde in der Bundesrepublik erstmals 1960 systema tisch erfasst und lag damals bei 0,6 % der Bevölkerung. Sie stieg bis 1990 auf 4,5 %, und 2015 wird die Häufigkeit der dia gnostizierten Zuckererkrankungen auf 7 bis 8 % der Bevölke rung beziffert, in Brandenburg nach Zahlen der AOK Nordost gar auf 13 %. Hinzu kommt eine beträchtliche Dunkelziffer an noch nicht erkannten Erkrankungen. Der sogenannte Typ-2-Di abetes stellt etwa 95 % der Fälle dar, er tritt meist in höherem Lebensalter auf und ist mit Übergewicht und Bewegungsman gel assoziiert.
Die Zuckerkrankheit war bei den Ureinwohnern von Australien und Neuguinea komplett unbekannt. Die Juden aus dem Je men, die 1949 nach Israel kamen, hatten keinen Diabetes - 20 Jahre später waren 13 % von ihnen zuckerkrank. Die Diabe teshäufigkeit steigt in Ländern, die schnell an Wohlstand ge wonnen haben, am rasantesten an. Die arabischen Ölstaaten sind mit 15 % weltweit führend. Das menschliche Genom ist seit Zehntausenden von Jahren im Wesentlichen unverändert, die drastischen Änderungen in unserer Lebensweise bemessen sich nach Jahrzehnten und sind die Ursache der beschriebenen Entwicklung.
Eine weitere Erkenntnis aus großen bundesweiten Studien ist, dass der Typ-2-Diabetes signifikant häufiger bei Menschen mit niedrigem Sozialstatus auftritt. Dieser Unterschied ist beson ders bei Frauen deutlich ausgeprägt. Die Bewohner sozial schwacher Regionen in Deutschland sind besonders betroffen von den Volkskrankheiten Adipositas und Diabetes. Im bran denburgischen Bad Belzig ist die Diabeteshäufigkeit dreimal
so hoch wie rund um die Hamburger Elbchaussee. Oder noch deutlicher ausgedrückt: Die Lebenszeitprävalenz für Diabetes liegt bei Frauen in der gesetzlichen Krankenversicherung bei 7,8 %, bei privat versicherten bei 1,2 %. Soziale Ungleichheit fördert ungesunde Ernährung und Übergewicht. Der Verzehr von weniger Obst, Fisch und Wasser sowie deutlich mehr Li monade ist belegt. Der tägliche Konsum von mindestens einem süßen Softdrink erhöht das Risiko von Typ-2-Diabetes bereits um 20 %.
Absolut besorgniserregend ist auch der Blick auf die Jüngsten: Der Anteil von Kindern mit Übergewicht und Adipositas hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt, die Typ-2-DiabetesNeuerkrankungsrate bei Jugendlichen hat sich verfünffacht.
Vor dem Hintergrund dieser bedrückenden Zahlen und parallel zur Nationalen Diabetes-Surveillance fordern jetzt die beiden sehr ähnlichen Anträge von CDU und den Koalitionsfraktio nen, 2019 einen Diabetes-Bericht für Brandenburg vorzulegen und Strategien für Prävention und Früherkennung voranzutrei ben, ein Anliegen, welches auch von uns Bündnisgrünen aus drücklich unterstützt wird. Wir werden den beiden Anträgen auch zustimmen. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, dass wir bereits seit dem Jahr 2003 durch große Studien wis sen, dass die Prävention des Typ-2-Diabetes machbar ist. Wis senschaftler beziffern unter dem Motto „Lebensstil als Medi zin“ das Potenzial für die Prävention von chronischen Erkran kungen auf 50 % bei Schlaganfällen, auf 80 % bei Herz-Kreis lauf-Erkrankungen und auf 90 % bei Typ-2-Diabetes. Bis zu 90 % aller Fälle dieser Krankheit mit all ihren Folgekrankhei ten wie Herzinfarkt, Erblindung, Amputation und Nierenversa gen wären bei einer konsequent gesunden Lebensweise ver meidbar! Dabei geht es nicht um Askese und nicht darum, Ext reme zu praktizieren.
Wir wissen heute sehr viel über Diabetesprävention, aber wir sind bei der praktischen Umsetzung kaum weitergekommen. Daran, meine Damen und Herren, müssen wir arbeiten. Und wir haben als Gesetzgeber eine Verpflichtung. Süßigkeitenautomaten haben in Schulen nichts verloren.
Schokoriegel machen Kinder nicht froh, sondern dick, und Eis tee ist kein Tee, sondern konzentrierte Zuckerlösung. Wer den täglichen Grillteller zur deutschen Leitkultur erhebt und geziel te Gesundheitsförderung als Verbotskultur verteufelt, der wird weiter hilflos zusehen, wie sich die Volkskrankheit Diabetes immer weiter ausbreitet. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, über die Prävalenz und die Auswirkun
gen von Diabetes Typ 2 muss ich jetzt nicht mehr viel sagen, dazu ist von mehreren Rednerinnen und Rednern der Debatte ausgeführt worden. Auch zu den Folgeerkrankungen, die damit im Zusammenhang stehen, und dazu, welches Leid sie persön lich auslösen, welche Kosten sie aber auch für die Allgemein heit mit sich bringen, ist schon einiges gesagt worden.
Wir haben in Brandenburg gute Voraussetzungen, meine Da men und Herren, beim Thema Diabetes mehr zu erreichen, als es bisher der Fall war. Wir haben starke Partner im Gesund heitswesen, die sich schon seit Jahren für eine gute Versorgung bei Diabetes engagieren. Wir haben mit dem Gesundheitscam pus Brandenburg zudem einen Anknüpfungspunkt für mögli che Forschung, insbesondere mit seinem Schwerpunkt Medi zin und Gesundheit des Alterns. Hier können wir sicherlich auch brandenburgspezifische Informationen und Daten erhal ten.
Der Diabetes, meine Damen und Herren, ist nach wie vor eine stille Volkskrankheit. Viele Betroffene wissen nichts von ihrer Erkrankung, weil sie häufig ohne Symptome beginnt. Und oft wird auch dann, wenn die Diagnose gestellt ist, nicht schnell genug das Richtige getan. Deshalb soll und muss die Datenlage über Erkrankungsrisiken und die Häufigkeit der Erkrankung besser werden. Sie ist derzeit noch nicht so, dass eindeutige regionale Aussagen möglich sind. Wir wollen hier mehr Klar heit erreichen. Dafür brauchen wir auch die Zusammenarbeit mit wichtigen Akteuren auf der Bundesebene. Die Prävalenz daten zum Beispiel, die hier genannt worden sind - 11,8 % in Brandenburg -, haben wir von der Kassenärztlichen Bundes vereinigung. Hier brauchen wir die Unterstützung. Wir setzen uns deshalb aktiv - das wird auch in dem Antrag der Koaliti onsfraktionen gefordert - dafür ein, dass die entsprechenden Erhebungen verbessert werden. Wir wollen uns an der Diabe tes-Surveillance des Bundes beteiligen und treten für eine ver besserte Versorgungsforschung in Deutschland ein.
Wenn sich die Politik auf der Landesebene einer einzelnen Krankheit annimmt, sollte dies im Vergleich zu anderen eben falls weit verbreiteten Krankheiten oder Gesundheitsproble men begründet sein. Die Frage ist also: Was ist so herausra gend an Diabetes mellitus? Das Problem ist - das ist auch schon angesprochen worden -, soziale Faktoren beeinflussen die Häufigkeit und die Neuerkrankungsrate in hohem Maße. Das individuelle Diabetesrisiko ist umso größer, je niedriger der Einkommensstatus, je niedriger der Bildungsstatus oder die berufliche Position. Dies hängt mit wichtigen Diabetesrisiko faktoren zusammen, die auch heute schon genannt worden sind, zum Beispiel starkes Übergewicht und zu wenig Bewe gung. Zum anderen gibt es Studien, die belegen, dass auch die soziale Lage innerhalb einer Region an sich einen Einfluss auf das Diabetesrisiko hat, etwa durch regionale Verhaltensmuster oder die Qualifizierung von Ärztinnen und Ärzten.
Die Wissenschaft ist sich einig: Mehr Bewegung und eine ge sündere Ernährung wären ein großer Fortschritt bei der Präven tion von Diabetes Typ 2. Dabei sind individuelle Verhaltensän derungen ebenso gefragt wie Maßnahmen der Verhältnisprä vention, also gesundheitsförderliche Initiativen und Maßnah men in sogenannten Settings, also den Lebenswelten, dort, wo die Menschen aufwachsen, wohnen, leben und arbeiten. Es fällt eben leichter, sich gesund zu ernähren, wenn das beim Ki ta- oder Schulessen selbstverständlich ist. Es fällt leichter, den inneren Schweinehund zu überwinden und sich zu bewegen,
wenn wir dies in unseren Alltag integrieren und die Fahrstühle auch hier im Landtag den bewegungseingeschränkten Perso nen überlassen und selbst die Treppe benutzen. Ich bin heute bei, na ja, auch erst sechs Etagen, muss ich zu meiner Schande gestehen.
Rauchen, meine Damen und Herren, ist besonders gefährlich. Es erhöht das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, um rund 50 %, und auch das Risiko für Folge- und Begleiterkrankungen steigt drastisch. Das Risiko steigt weiterhin mit der Konsum menge. In der Prävention sollten wir deshalb den Risikofakto ren Bewegungsarmut, ungesunde Ernährung, Adipositas und Rauchen insgesamt besondere Aufmerksamkeit widmen.
Die Förderung eines gesunden Ernährungs- und Bewegungs verhaltens muss - das ist völlig richtig - schon bei Kindern und Jugendlichen beginnen. Das Land Brandenburg hat sich hierzu mit seinen Gesundheitszieleprozessen wie dem Bündnis „Ge sund aufwachsen“, dem Bündnis „Gesund älter werden“, der Landessuchtkonferenz und verschiedenen Netzwerken, zum Beispiel „Gesunde Kinder“, gut aufgestellt. Im Übrigen sind dies nicht nur ehrenamtliche Netzwerke. Die Bündnisse sind Zusammenkünfte, an denen zum Beispiel auch die Kranken kassen, die Landeskrankenhausgesellschaft, Ärztinnen und Ärzte, die Verbraucherzentrale, Hochschulen und viele andere mehr beteiligt sind - also Hauptamtliche, die sich in einem or ganisierten und konzentrierten Prozess zusammentun, um ef fektiv zusammenzuarbeiten. Dies sollten wir nutzen, um auch bei der Prävention von Diabetes noch besser zu werden.
Vielleicht ein Ausblick an dieser Stelle: Die Initiative „Starke Familien - Starke Kinder“ hat sich bereits 2015 im Steuerungs kreis dazu verständigt, im kommenden Jahr den Schwerpunkt auf den Zusammenhang von Gesundheit und Armut bei Kin dern zu legen. Wir werden auch hier auf die Expertise dieser Bündnisse zurückgreifen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerk samkeit.
Ich möchte mich zunächst für diese sehr sachliche Debatte, die diesem Thema sicherlich angemessen ist, bedanken und vor al lem auf eines noch eingehen: Wir haben unsere unterschiedli chen Positionen zum Zusammenhang zwischen Lebensstil und Wohlstand jetzt noch einmal ausführlich ausgetauscht. Ich glaube, wichtig ist eines: Wir müssen am Ende dafür sorgen, dass jedem Menschen bewusst ist, dass er - egal ob arm, ob reich - eine Verantwortung für seinen Körper hat.
Diese Botschaft muss einfach rüberkommen, denn eines ist auch klar - nehmen wir das Beispiel Softdrinks: Selbst der bil ligste Softdrink im Superangebot ist immer noch teurer als der Liter Leitungswasser. Und es ist von niemandem zu viel ver langt, seinen Kindern ungesüßten Tee zu kochen und auf den Tisch zu stellen. Das sind Dinge, die elementar, die wichtig
sind, und die müssen wir rüberbringen. Das hat eher etwas mit dem Faktor Bildung und Weiterbildung in der Bevölkerung zu tun und weniger mit dem Thema Wohlstand. Es ist mir wichtig, dass wir nicht in eine solche Falle laufen. - Vielen Dank.
Wir stimmen zunächst über den Antrag der CDU-Fraktion „Früherkennung und Prävention von Diabetes mellitus weiter vorantreiben“, Drucksache 6/6687, ab. Wer diesem Antrag der CDU-Fraktion folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ge genstimmen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dem mehrheitlich nicht gefolgt worden.
Wir kommen zur zweiten Abstimmung, und zwar über den An trag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE „Dia betes mellitus/Typ-2 in Brandenburg: Volkskrankheit Diabetes entgegenwirken“, Drucksache 6/6815. Wer diesem Antrag der Fraktionen von SPD und DIE LINKE seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthal tungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dem mehrheitlich ge folgt worden.
Forst- und Personalwirtschaft auf einen grünen Zweig rücken - Personalentwicklungskonzept für den Lan desbetrieb Forst erarbeiten
Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich freue mich sehr, dass wir heute auch Herrn Jörg Müller als Gewerkschaftsvertreter von der IG Bau und Azubis von der Waldarbeitsschule in Kunsterspring begrüßen dürfen. Herzlich willkommen!
Nicht nur bei der Polizei, der Justiz und den Lehrern herrscht große Unzufriedenheit mit der Personalpolitik dieser rot-roten Landesregierung. Frust gibt es auch bei den Angestellten und Beamten im Landesforstbetrieb.
Ich habe noch einmal in Ihren Koalitionsvertrag geschaut, der mit den Worten überschrieben ist: „Sicher, selbstbewusst und solidarisch“. Diese Schlagworte stimmen zum Teil - jedoch nicht in der von Ihnen beabsichtigten Weise. Sicher und selbst bewusst betreiben Sie, meine Damen und Herren von der Koa
lition, mittlerweile eine Politik, die an den Brandenburgerinnen und Brandenburgern völlig vorbeigeht. Nicht nur, dass Sie mit Ihrer unnötigen Kreisgebietsreform die Mehrheit der Branden burger nicht an Ihrer Seite haben, nein, auch mit Ihrer Funktio nalreform, die im Grunde genommen nur noch eine Forstre form ist, regieren Sie über die Köpfe der Menschen in Bran denburg hinweg.
Solidarisch ist diese Politik schon lange nicht mehr, weder hin sichtlich der angemessenen Beamtenbesoldung der Lehrer oder Polizisten noch in der Personalpolitik im Landesforstbetrieb. Völlig unverständlich ist hierbei für mich, wie das Kabinett der Zerschlagung der Einheitsforstverwaltung zustimmen konnte, anstatt seine Stimme für einen starken Landesbetrieb Forst zu erheben. Ziel sollte stattdessen ein Landesbetrieb Forst auf so lider Grundlage sein, ein zukunftsfähiger Betrieb, der Men schen eine berufliche Perspektive im Waldland Brandenburg bietet. Was aber wird gemacht? Ohne Not wird der Forstbetrieb durch Ihre Pläne kaputt gemacht. Sie agieren wie die sprich wörtliche Axt im Walde.