Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Ein sehr großes Streitthema waren die 3 ha Wald, die in mehre ren Gesprächen thematisiert und zudem zugesagt wurden, zu mindest überwiegend. Die Kommune hat hierfür Flächen zur Verfügung gestellt. Und dann wird von außerhalb die Festle gung getroffen, dass nicht einmal im Elbe-Elster-Kreis die Aus gleichsmaßnahmen durchgeführt werden.

Das haben wir im Laufe vieler Stunden an dem besagten Abend besprochen. Ich habe diese Hinweise aufgenommen. Bislang habe ich kein einziges Mal gehört, wie man mit den Hinweisen der Bürger aus Mühlberg umgehen will. An diesem Abend ist bestimmt zwanzigmal darauf hingewiesen worden, dass alles Mögliche gegen die Bürger unternommen wird. Aus diesem Grund ist diese Anfrage entstanden.

Ich habe nicht gehört, ob und wie man zumindest die Hinweise der Bürger ernst nehmen will, die dahin gehen, die Ausgleichs flächen und die Waldwiederherstellung in Mühlberg zu sichern, wenn man dort den Wald wegnimmt.

Herr Minister, Sie haben eine letzte Antwortmöglichkeit.

Nach allem, was ich bislang von den Arbeitsgruppensitzungen gehört habe, wird dort sehr konstruktiv und nach vorne gerich tet gearbeitet und über alles diskutiert. Was den Betriebsleiter

der Elbekies betrifft, so bitte ich um Verständnis: Ich habe vor hin die Position der Landesregierung vorgetragen. Es ist nicht meine Aufgabe, das Verhalten oder die inhaltlichen Aussagen des Betriebsleiters der Elbekies zu kommentieren.

Klar ist, dass wir neben den Arbeitsgruppensitzungen in einem formalisierten Verfahren sind, wo wir uns an alle Auflagen und Regularien halten werden. Mehr kann ich Ihnen im Zusammen hang mit dem Betriebsleiter nicht sagen.

Wir sind am Ende der Fragestunde. Ich schließe den Tagesord nungspunkt 2 und entlasse Sie in die Mittagspause. Wir setzen die Sitzung um 13.15 Uhr hier im Plenarsaal fort. Guten Appetit!

(Unterbrechung der Sitzung: 12.39 Uhr) (Fortsetzung der Sitzung: 13.16 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die Sitzung fort. Auf der Besuchertribüne begrüßen wir Schülerinnen und Schü ler des Oberstufenzentrums Prignitz-Wittenberge. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Stärkung und Förderung der Literaturschaffenden in Brandenburg

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Die Aussprache wird von der SPD-Fraktion eröffnet. Frau Kol legin Prof. Dr. Liedtke, bitte schön.

Verehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kollegen Abgeordneten! Liebe Gäste! Wann haben Sie oder hat Ihr Kind das letzte Buch gelesen?

(Senftleben [CDU]: Jetzt gerade! - Frau Richstein [CDU]: Gestern!)

- Falsche Frage. - Es könnte auch ein Audioguide sein, ein Drehbuch oder ein Hörbuch.

Literatur ist nicht nur an sich, sondern auch in ihren Gattungen verschiedener geworden. Vielleicht müssen Sie auch zweimal lesen, hören, anschauen, um unerwartete Wendungen zu verste hen, wie sie das Leben halt so bereithält - Literatur als Spiegel und mehr als das. Vielleicht bekommen Sie andere Antworten als erwartet, etwas, wonach Sie gar nicht gefragt haben. Litera rische Gedanken spazieren in viele Richtungen, springen in Sichtachsen heute oder aus der Zeit heraus.

Dabei sind Worte genauer als Bilder und Musik. Worte können wehtun. Wie wäre es, gegenüber von diesem Pult ein weiteres Rednerpult spiegelartig aufzustellen, an dem wechselweise Schriftstellerinnen und Schriftsteller unsere Arbeit reflektier ten? Nicht im Talk, nicht in der Zeitung, nicht in flimmernden Magazinen, sondern aktuell, mitten im Landtag - freie Themen wahl? - Ich möchte wissen, wie Autorinnen und Autoren über Politik denken und in welche Zusammenhänge sie uns stellen und welche Fragen sie haben.

Fragen werden kommen. Wir reden eine Stunde lang über „To tes Land“. Meine Damen und Herren, das ist ein Roman von Mario H. Steinmetz. Bei ihm ist ein Endzeitrollenspiel vor dem Hintergrund einer Seuche beschrieben. Kein Schreiber hätte ei nen Antrag auf eine Aktuelle Stunde so gestellt wie die AfD, so negativ und sprachlich so falsch: Das Land soll nicht mehr exis tent und zugleich unbekannt fern sein.

(Schröder [AfD]: Das war eine Frage!)

Das geht ja gar nicht.

Fragen werden auch kommen wegen unserer unzeitgemäßen Ausübung von Demokratie. Worin etwa liegt der Sinn, einen guten Antrag abzulehnen, nur weil er von den Anderen kommt?

Wie kann es sein, dass Marktstrategen zwischen harten und weichen Faktoren entscheiden und das, was das Wichtigste für Menschen überhaupt ist, nämlich Bildung, als weich bezeich nen - und eine ganze Gesellschaft, wozu auch wir gehören, folgt den Überlegungen von Verkäufern?

Warum werden in unseren Anträgen Prüfaufträge an die Lan desregierung vergeben, wo wir doch genau wissen, was Schrift stellerinnen und Schriftsteller brauchen? - Autorenlesefonds, Stipendien, Preise, Druckkostenzuschüsse, die Stärkung eines landesweiten Literaturverbandes, Literaturfeste, Literaturzeit schriften, Literaturwerkstätten, Fortbildungs- und Recherche reisen, literarische Experimente in Verbindung mit anderen Künsten. Alles das ist gut denkbar. Einfach nur arbeiten kön nen, freie Themenwahl.

Vielleicht ist es aber auch einmal gut, eine gemeinsame Werk statt mit Handyprogrammierern, Werbetextern oder Abkür zungserfindern zu machen, also Wortspiele gegen T9.

Wir fangen nicht bei null an. Literaturmuseen und Gedenkstät ten entwickeln sich zu lokalen Ankerpunkten rund um Kleist, Fontane, Tucholsky, Hauptmann, Huchel oder Brecht. Auch an Christian Morgenstern aus Werder, Friedrich Wolf aus Lehnitz, Benno Pludra aus Nedlitz, Heiner Müller aus Hohen Neuendorf bzw. Lehnitz, Egon Günther aus Groß Glienicke und bestimmt noch andere denken wir.

Heute geht es um freie Autoren, die in Brandenburg leben, ei nen großen Schreibtisch mit Blick aus dem Fenster in die Welt haben. Bei ihnen entstehen Bilder aus Worten, Situationen fan gen an zu leben, Figuren vernetzen sich, an der Wand die lan gen Leisten mit daran hängenden Zettelchen voller Gedanken, angepinnt im richtigen Kapitel oder im Computerschubfach, wissend, was am Ende herauskommen soll.

Die Themen liegen auf der Hand. Das Internet hat die Welt ver ändert. Lügen sind fast nicht mehr möglich. Ideologie ist fast

nicht mehr möglich. Orientierung ist nötig bei Verfügbarkeit noch nie dagewesener Informationsdichte, denn Geldmachen ohne Arbeit geht doch nicht und Berühmtwerden ohne Ausbil dung auch nicht. Womit wir wieder bei Literatur und Bildung wären - aber eben nicht nur.

Klimawandel, Hirnforschung, Genmanipulation sind aktuelle Themen. Ein Präsident, der aus weiter Ferne, sprich aus Intole ranz und Dummheit, eine Hauptstadt verlegen will. Das Leid des Opfers eines Attentäters, der einen unbegreiflichen Mord an Unbekannt begangen hat. Die Macht von zu viel Öl, die taub, stumm und blind macht. Wie würde sich Europa entwickeln, wenn es in Deutschland keine Armee mehr gäbe, Glyphosat verboten wäre, Lehrer im Biorhythmus begeistert unterrichten würden? - Ich frage ja nur mal.

(Heiterkeit der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Welche Gründe haben unsere polnischen Nachbarn, die andert halb Millionen Ukrainer aufnahmen, jetzt keine Flüchtlinge aufzunehmen?

Überhaupt: Wann haben Sie zuletzt einen Text einer polnischen Autorin oder eines polnischen Autors gelesen? Oder von den anderen Nachbarn? Worüber denken sie nach in Frankreich, Österreich, in der Schweiz, in Holland oder Dänemark? Zuge geben nur geografisch gedacht - und nicht einmal vollständig. Aber da fängt doch das Nachdenken über Europa und gemein same Wurzeln und Kultur an, über die Reform Europas, über ein starkes Europa als Voraussetzung für ein soziales Europa mit Grundsicherung und auskömmlichen Mindestlöhnen in al len EU-Mitgliedsstaaten.

Literatur aus Brandenburg kann Wege aufzeigen. Doch zurück zu uns, zu unseren literarisch verarbeiteten Themen und unse ren Werten: Welche Bereicherung bringen Menschen ein, die verschiedene gesellschaftliche Systeme erlebt haben? Spiegelt sich das in der Politik für Ostdeutschland wider? Welche Berei cherung bringen Flüchtlingskinder ein, die über mehrere Län der gekommen sind und drei, vier oder gar fünf Sprachen spre chen? Spiegelt sich das in unserer Integrationspolitik wider? Welche Bereicherung bringen die Alten ein, die noch Briefe formulieren, Vogelhäuschen bauen und Blechkuchen backen können? Spiegelt sich das in unserer Seniorenpolitik wider? Spätestens jetzt kommt die Frage: Meinen Sie wirklich, dass Literatur die Welt verändern kann? - Gegenfrage: Verändert Sie ein Buch, ein Film, ein Audioguide? - Na also.

(Heiterkeit und Beifall der Abgeordneten Lehmann und Bischoff [SPD])

Stellen Sie sich bitte vor, jeder Betrieb über tausend Beschäftig te hätte fünf Künstler im Stellenplan - Wechsel aller fünf Jahre, im Organigramm direkt beim Chef angesiedelt, mit direktem Zugang zum Chefbüro. Manches wäre anders, Sichtweisen könnten wechseln.

Die Landesverwaltung ist auch solch ein Betrieb. Keine Sorge - Ideologie funktioniert ja nicht mehr. Aber unsere Ausdrucks weise würde exakter, die Sitzungen würden kürzer, es gäbe weniger Kompromisse, weniger „demokratischen Weichspü ler“. Dagegensein ist einfach, Dafürsein schwieriger.

Schreiben für soziale Gerechtigkeit, für gleiche Lebensverhält nisse in Ost und West, für den Reiz des Landlebens, für gleiche

Wertschätzung von Mann und Frau, für die Kinder nichthetero sexueller Paare, für gesunde Lebensweise, für allabendliche Parteiversammlungen.

Juli Zeh, die Juristin, Journalistin und Schriftstellerin aus Bar newitz, trat im Frühjahr in die SPD ein, um sie zu modernisie ren.

(Frau Richstein [CDU]: Hat sie aber nicht geschafft!)

Ich hoffe sehr, dass sie aushält und bleibt.

(Heiterkeit der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Günter de Bruyn aus Görsdorf/Blabber gab unter dem Titel „Märkischer Dichtergarten“ gemeinsam mit Gerhard Wolf in der Mark entstandene Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts heraus und setzte sich kritisch mit der DDR-Regierung ausein ander. Wurzeln und Erinnerungen prägen. „Kruso“ - der Roman des Lyrikers Lutz Seiler aus Wilhelmshorst spielt auf Hidden see 1989, zwischen Staatsuntergang und Fluchtmöglichkeit. Seiler erhielt den Deutschen Buchpreis 2015. Eugen Ruge, der Tschechow-Übersetzer, Dokumentarfilmer, Theaterautor, er hielt den Deutschen Buchpreis 2011 für die über vier Generati onen geführte DDR-Familiengeschichte „In Zeiten des abneh menden Lichts“. Carmen Winter, die Lyrikerin aus Frankfurt (Oder) , schrieb das zauberhafte Märchen für Erwachsene über die Liebe vom König und der Gärtnerin. Der Musikschriftstel ler Till Sailer aus Bad Saarow hat gerade einen Roman über den Kirchenlieddichter Paul Gerhardt, zuletzt Lübben, unter dem Titel „So groß die Last“ fertiggestellt.

Brandenburg ist reich an Literatur. Wir brauchen sie, diese Schriftstellerinnen und Schriftsteller und ihre Texte. Ohne ihre Impulse würde alles irgendwie einfach nur weitergehen - eben ohne Impulse. Sie schreiben, was überhört wird, weil wir so laut leben. Bitte unterstützen Sie den vorliegenden Antrag von SPD und Linken.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Wichmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ganz klar, dass die Förderung von Literaturschaffenden in Brandenburg für unser Land wichtig ist. Brandenburg hat eine große Geschichte und wichtige Literaten hervorgebracht. Ich will nur an Theodor Fontane, Gerhart Hauptmann, Bertolt Brecht und Heinrich von Kleist erinnern. Aber auch in der Neu zeit leben, wirken und schaffen Literaten von Weltrang wie Günter de Bruyn, Lutz Seiler, Eugen Ruge und Jurij Koch so wie viele andere in unserem Land. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns auch hier im Landtag mit der Frage beschäftigen, wie wir die Literaturschaffenden in unserem Land noch besser un terstützen und fördern können.

Ich will kurz einmal festhalten: Wir haben in Brandenburg über 2 000 Autoren, 55 Buchverlage und 135 Buchhandlungen -