Im Rahmen dieser Arbeit - die von der Landtagspräsidentin vorbildlich unterstützt wird, wofür ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken möchte - erleben wir das dort stetig: Das Präsentieren der unterschiedlichen Kulturen, der Dialog vor Ort führen zum Abbau von Ressentiments, sodass extremis tische Gesinnungen bei Deutschen, aber auch bei Migranten zurückgedrängt werden. Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Beitrag zum Kampf gegen Extremismus jedweder Couleur.
Deswegen erneuere ich an dieser Stelle auch meine Forderun gen und Vorschläge, die ich hier mehrfach formuliert habe: Es braucht aktive Migrantenvertretungsorganisationen im ganzen Land durch direkt gewählte Beiräte in allen Landkreisen, die auf Akzeptanz stoßen und so aktiviert werden, dass sie für Inte gration und Inklusion arbeiten können. Und wir brauchen eine schnellere berufliche Integration - durch mehr Sprachförderung und leichtere Anerkennung ausländischer Abschlüsse - und eine bessere Förderung von Selbsthilfeorganisationen. Schließlich brauchen wir ein Miteinander aller gesellschaftlichen Akteure, auf dass, was der Große Kurfürst im Potsdamer Toleranzedikt auslobte, auch wirklich allen zuteil wird. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Ministerpräsident für die Landesregierung. Herr Dr. Woid ke, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitar beiterinnen und Mitarbeiter des Beratungsnetzwerks! Zu An fang möchte ich zu dem, was Herr Kalbitz vorhin hier gesagt hat, einen Satz sagen, denn ich denke, das darf nicht unwider sprochen bleiben: Herr Kalbitz, Sie haben die Stasiopfer ver höhnt.
Diese Gleichsetzung ist für viele ein Schlag ins Gesicht, und ich erwarte, dass Sie sich dafür entschuldigen.
Vielleicht sollten Sie sich einmal mit Menschen unterhalten, die die DDR live miterlebt haben, die die Stasi und ihre Methoden erlebt haben.
Das geht zu weit! „Sie sind ein Heuchler“ ist eine persönliche Attacke gegen den Ministerpräsidenten und geht so nicht. Darauf weise ich Sie ganz deutlich hin. Da haben Sie eine Grenze überschritten.
Mich ärgert nicht, dass Sie sich aufregen - überhaupt nicht. Sie sehen mich sehr ruhig. Vielleicht sollten wir das in Zukunft noch öfter tun: Diskussionen in diesem Parlament auf die Spit ze treiben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rassismus, Frem denfeindlichkeit und rechte Gewalt - und ich bin den Spreche rinnen und Sprechern, von einer Ausnahme abgesehen, sehr dankbar, dass Sie das hier noch einmal deutlich gemacht ha ben - sind Gift. Sie sind Gift für jede Gesellschaft. Wir Bran denburgerinnen und Brandenburger wissen das aus eigener Er fahrung. Es ist das Gift, das sich schleichend ausbreitet und sich leider nicht von selbst wieder auflöst. Im Gegenteil, es ist harte Arbeit, gegen dieses Gift anzukämpfen. Am Ende kann diese harte Arbeit nur gelingen, wenn wir ein demokratisches und menschenwürdiges Miteinander finden, das Schutz vor dieser Bedrohung bietet. Das ist die Kernbotschaft, die uns 20 Jahre
Wir haben in den vergangenen 20 Jahren im Kampf gegen Rechtsextremismus und beim Werben für eine wehrhafte De mokratie in unserem Land viel erreicht. Spät, aber sicher nicht zu spät hat unser Gründungsministerpräsident, Manfred Stolpe, 1998 die Weichen gestellt. Er hat genau gewusst: Wir brauchen, um dieser Aufgabe gerecht zu werden, den engen Schulter schluss von Staat und Zivilgesellschaft. Damals wie heute gilt: Wir müssen die demokratischen Kräfte und die Aktivitäten - und das sind viele in unserem Land - bündeln, und wir müssen die Akteure, die da unterwegs sind, nicht nur nach Kräften un terstützen, sondern auch schützen.
Das heißt, eine starke Zivilgesellschaft gibt es nur, wenn die Aktiven wissen, dass sie für ihre Arbeit die Unterstützung und den Schutz des Staates haben.
Wenn wir Brandenburgerinnen und Brandenburger ermutigen wollen, gegen Hass und Gewalt aufzustehen, ist das nach wie vor eine wichtige Aufgabe. Dieses Bündnis, diese Gemein schaft, dieses starke Netzwerk, das durch die Arbeit von vielen Aktiven im „Toleranten Brandenburg“, aber auch von Men schen, die sich weit darüber hinaus engagiert haben, entstanden ist, ist es, was die Scharfmacher, die Hetzer und Rechtspopulis ten am meisten ärgert. Das durften wir hier heute auch erleben.
Wenn sich dieses starke Bündnis immer dann entgegenstellt, wenn das braune Gift an die Oberfläche tritt,
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn wir mo mentan vor großen Herausforderungen stehen: Wir können stolz sein auf das, was wir in Brandenburg in den letzten 20 Jahren an den unterschiedlichsten Stellen erreicht haben; ich denke an Neu ruppin, an Halbe, aber auch an Cottbus. Dieses sollte uns auch Mut machen, die Auseinandersetzung in den kommenden Jahren und Jahrzehnten so zu gestalten, dass die Demokratie gewinnt.
Da geht es nicht nur um die Diskussion in der Öffentlichkeit, es geht nicht nur um Diskussionen hier im Parlament, sondern es geht auch darum, über dieses starke Netzwerk in die Zivilge sellschaft hineinzuwirken - in Fußballvereine, in Jugendklubs, in die Betriebe - und den Menschen immer wieder deutlich zu machen, welchen Wert Demokratie für unser Land hat und wie schwer es war, die Demokratie für unser Land zu erkämpfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Schulterschluss von Staat und Zivilgesellschaft hat sich auch dank des „Tole
ranten Brandenburg“ in den letzten 20 Jahren deutlich verfes tigt. Klare politische Signale, achtsame Prävention und wir kungsvolle Projekte haben - das ist es, was ich bei Ihnen nach wie vor vermisse - die rechte Gewalt, die hier bei uns in Bran denburg mindestens 14 Menschen das Leben gekostet hat, zu rückgedrängt.
um zu verhindern, dass rechte Hetze, die sich bislang vielleicht in Worten erschöpfte, am Ende wieder zu Todesopfern führt - übrigens unabhängig von der Nationalität, der Hautfarbe und der Religion.
Es kann jeden treffen, der nicht in das Weltbild passt. Das soll ten wir den Menschen immer wieder deutlich sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, danken möchte ich den vielen, die daran mitgewirkt haben: dem Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, den Mobilen Beratungsteams, deren Mitarbeiter im ganzen Land vor Ort unterwegs sind und zum Teil auch kommunale Vertreter in schwierigen Situationen sehr gut und sehr intensiv unterstützen. Ich danke auch den Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule sowie der Opferper spektive, der Brandenburger Sportjugend, dem Landesfeuer wehrverband und vielen anderen Vereinen und Verbänden. Sie alle und viele mehr bilden heute ein starkes Beratungsnetzwerk, das nicht nur in Brandenburg, sondern bundesweit anerkannt ist. Mittendrin ist dabei stets die Koordinierungsstelle des „To leranten Brandenburg“. Dem gilt noch einmal unser besonderer Dank, liebe Angelika Thiel-Vigh.
Mit großem Aufwand, Kreativität und Energie werden kommu nale Kräfte konkret im Alltag unterstützt. Das wesentliche Ziel ist dabei immer vor Augen: Rechte Gewalt darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Nur so ist ein weltoffenes und de mokratisches Zusammenleben möglich.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es sein müssen - die De mokraten in diesem Land, die starke Zivilgesellschaft -, die sich darum kümmern und den Menschen sagen: Wir sind diejenigen, die eure Probleme glaubhaft lösen wollen, die eure Sorgen ernst nehmen und die dafür auf demokratischen Wegen Lösungen finden. Das ist harte Arbeit - Ingo Senftleben hat davon berich tet -, und wir alle sind in dieser Frage gefordert. Wir alle sind dafür viel unterwegs, aber ich glaube, das ist es wert.