Protokoll der Sitzung vom 14.06.2019

Wenn Sie sagen, nur die Kohle sei schuld, ist das Ihr alter Sing sang. Ich staune nur, was nach dem Kohleausstieg passieren wird. Ich kann es mir schon ungefähr vorstellen: Dann sind es die Gaskraftwerke, und dann kommt irgendetwas anderes, weil Sie offensichtlich immer einen Feind brauchen.

(Beifall AfD sowie des Abgeordneten Barthel [SPD])

Tatsache ist, dass wir in Brandenburg auf einem sehr guten Weg sind. Tatsache ist auch, dass kein Bundesland so viel Strom aus erneuerbaren Energien pro Fläche produziert wie wir. Tatsache ist zudem, dass das eine gute Basis auch für den Klimaschutz und die Zukunft ist.

Noch ein Satz zu Ihrer Fraktion: Wenn es darum geht, die Re gionen zu unterstützen, indem beispielsweise Landesbehörden und Landesverwaltungen verlegt werden,

(Lachen des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

wenn es darum geht, dass auch andere vielleicht etwas davon merken sollen, dass in Zukunft zigtausend Menschen auch auf grund der Strukturentwicklung ein völlig neues Umfeld vorfin den werden, dann sind Sie merkwürdigerweise dagegen. Auch das ist sehr bedauerlich. - Danke schön.

(Beifall SPD - Widerspruch B90/GRÜNE)

Wir fangen jetzt noch einmal von vorn an. Herr Raschke, Sie möchten sicherlich Ihre neue Redezeit nutzen. Dann haben Sie jetzt die Gelegenheit. - Danach frage ich alle weiteren Fraktio nen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Ministerpräsident, ich kann an die Ausführungen meines Fraktionsvorsitzenden an schließen. Sie sagten, wir kritisieren und untergraben den Koh lekompromiss. Das war überhaupt nicht der Punkt. Der zentra le Punkt war: Die Landesregierung von NRW hat es geschafft, ihren Kohleregionen Sicherheit zu geben. Sie wissen jetzt, wo ran sie sind und dass sie sich nicht mehr fürchten müssen. Die Menschen in Proschim hingegen müssen immer noch zittern und wissen nicht, ob ihr Dorf abgebaggert wird oder nicht.

Sie haben gesagt, wir müssen Bilanz ziehen; Ihr Umweltminis ter Vogelsänger hat das auch getan. Die Beispiele hätte ich nicht besser heraussuchen können: Wohnungsbaustrategie - na türlich gibt es eine Wohnungsbaustrategie. Sie erinnern sich - Michael Jungclaus hat es herausgearbeitet; ich habe die Zahl nicht genau im Kopf -: Wir haben einen Flächenverbrauch von ca. 3,8 Hektar pro Tag; Michael Jungclaus nickt. Das ist die Realität in Brandenburg. Da reicht Ihre Wohnungsbaustrategie nicht aus.

Herr Minister Vogelsänger hat gesagt, dass er die Eichenpro zessionsspinner, die sich hier nun wohler fühlen, vergiftet und dass er wegen der Hochwassergefahr höhere Dämme bauen lässt. Das mag gut sein; das hat aber nichts mit dem Pariser Klimaabkommen zu tun.

(Beifall B90/GRÜNE)

Wir müssen mehr tun, um den Temperaturanstieg auf unserer Erde auf unter 1,5 °C zu begrenzen.

(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Natürlich müssen wir uns an den Klimawandel anpassen, da hat Frau Schade völlig recht. Das allein reicht aber nicht; wir müssen mehr tun.

Da sind wir beim zentralen Punkt: bei der Energiepolitik, Herr Ministerpräsident Dr. Woidke. Jeder von uns im Plenarsaal und auf der Tribüne hat einen riesigen CO2-Fußabdruck: 24 Tonnen pro Jahr schleppt jeder von uns in Brandenburg mit sich her

um. In Deutschland sind es im Schnitt 9,6 Tonnen. Das ist die letzte Zahl, die ich im Kopf habe. Die Ursache dafür ist die Braunkohle in Brandenburg: Jänschwalde und Schwarze Pum pe.

Auf der Welt müsste jeder Mensch zwei Tonnen erreichen, um einen gleichermaßen fairen Anteil aller Menschen auf der Welt zu bekommen. Wir hier schleppen 24 Tonnen pro Jahr mit uns herum. Das ist der zentrale Punkt.

(Beifall B90/GRÜNE)

Deswegen geht es um Energiepolitik. Wenn Sie sagen, Sie hät ten es verstanden, auch die SPD in Gänze sei dabei und sage, wir müssten mehr tun, …

(Ministerpräsident Dr. Woidke: Sie haben es nicht ver standen!)

- Wenn Sie der Meinung sind, ich hätte es nicht verstanden, dann treten Sie gerne noch einmal an das Rednerpult und erklä ren mir und allen anderen, wie der Ministerpräsident des Lan des Brandenburg versuchen möchte, die CO2-Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten.

Ihr zentraler Punkt war die Aussage, Sie hätten die Ziele der Energiestrategie 2020 erreicht. Das liegt doch nur daran, dass Sie die Ziele so niedrig gesetzt haben, dass Sie locker drüber hüpfen können. Die zentrale Messlatte ist 2030; Axel Vogel hat es gesagt. 60 Tonnen müssen wir schaffen, 25 Tonnen haben wir gerade erreicht. Wir müssen das, was wir seit der Wende geschafft haben, jetzt in zehn Jahren noch einmal erreichen. Wie wollen Sie das schaffen?

Die Aufgabe eines Ministerpräsidenten, wenn Sie sich schon hier hinstellen, wäre es gewesen, alle mitzunehmen. Wenn die AfD klatscht, haben Sie etwas falsch gemacht.

(Zuruf von der Fraktion B90/GRÜNE: Genau! - Heiter keit des Abgeordneten Genilke [CDU])

Wir müssen und wir möchten nach vorn. Ich möchte Sie alle gern mitnehmen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Ich frage jetzt die weiteren Fraktionen. Herr Abgeordneter Roick, möchten Sie Ihre verbliebene Redezeit nutzen?

(Roick [SPD]: Nein!)

- Nein. - Herr Dombrowski?

(Dombrowski [CDU]: Ja!)

- Dann bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Feuerwehr mann a. D. habe ich eines gelernt: Wenn es im Einsatz brenzlig

wird, gilt in der Kommandoleitung als oberstes Prinzip: Ruhe bewahren, koordiniert, effektiv und rational handeln.

Wir haben in der Klimadebatte einen Alarmismus. Wir wissen, dass es erhebliche Probleme gibt. Es ist aber nicht so, dass morgen die Fluten über uns zusammenschlagen werden.

(Zurufe von der Fraktion B90/GRÜNE: Heute schon! Gestern!)

- Warten Sie doch erst einmal ab, worauf ich hinaus möchte. - Wir hatten bis zu dem Moment, als der Ministerpräsident in die Debatte eingegriffen hat, eine sachliche Diskussion.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Ja! - Widerspruch der Abgeordne ten Lieske [SPD])

So empfand ich es jedenfalls. Die Dazwischenbrüllerei von der SPD-Fraktion ist an dieser Stelle nicht angemessen.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Denn anders als bei anderen Themen sind wir alle in diesem Punkt einer Meinung. Einander jetzt nur beweisen zu wollen, wer das meiste gemacht oder unterlassen hat, bringt uns hier nicht weiter. Mir geht der Vergleich mit anderen Bundeslän dern auf die Nerven, denn das ist völlig egal.

(Frau Lehmann [SPD]: Nein! - Frau Lieske [SPD]: Daran werden wir Sie noch einmal erinnern!)

Es ist völlig egal, ob es Bayern oder Baden-Württemberg be trifft. Vielleicht akzeptieren wir oder auch Sie, Herr Minister präsident, einmal, dass unsere Bundesländer alle unterschiedli che Voraussetzungen haben. Tun Sie doch nicht so, als ob wir besser wären, weil andere Ihrer Meinung nach schlechter sind.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Wir haben doch hier in Brandenburg unsere Aufgaben zu lö sen.

Zu diesen Vergleichen bezüglich irgendwelcher Umfrage- oder Studienergebnisse - nehmen wir einmal PISA -: Wenn bei PISA andere Bundesländer wie Baden-Württemberg, Bayern, Sach sen, Thüringen vorne sind, heißt es: „Das können wir gar nicht vergleichen, weil bei uns alles anders ist.“ Ich könnte zehn an dere Beispiele nennen. Auch das ist mir völlig wurscht, weil es darum nicht geht.

Akzeptieren wir die Vielfalt, die unterschiedlichen Vorausset zungen in unseren Bundesländern, die übrigens unabhängig davon existieren, wer gerade regiert.

(Frau Lieske [SPD]: Das sehen wir ganz anders!)

Das ändert sich ja zwischendurch auch mal. Immer so zu tun, als wären wir hier die Besten und es ginge gar nicht besser - das ist eine Selbstzufriedenheit, die dem Thema wirklich nicht angemessen ist. Ich kann an der Stelle nur zu mehr Sachlich keit aufrufen. Es bringt uns allen keine Punkte, wenn wir über einander herfallen.

Ich verstehe, Herr Ministerpräsident und Landesvorsitzender

der SPD, dass Sie nervös sind. Wir und andere sind es auch. Wir alle stehen in diesen Tagen unter Stress, nicht weil es so schön warm ist, sondern aufgrund bevorstehender politischer Ereignisse. Aber das darf uns doch nicht zur Unsachlichkeit verleiten.