Protokoll der Sitzung vom 14.06.2019

Frau Dr. Ludwig, ich hatte im Februar, als wir die Anträge dis kutiert haben, erläutert, dass die ILB als Förderbank eine Insti tution in Brandenburg ist, die wie kaum eine andere Überprü fungen und Prüfungen unterworfen ist. Die BaFin kontrolliert regelmäßig nach dem Kreditwesengesetz. Jedes Jahr prüfen und testieren die Wirtschaftsprüfer, unter anderem auch die in ternen Kontrollsysteme und Betrugsbekämpfungssysteme. Nicht zuletzt überprüft die Prüfbehörde des Finanzministeri ums die ILB als Geschäftsbesorger.

Über diese regelmäßigen Prüfungen hinaus sind in den vergan genen zwei Jahren die von mir beschriebenen umfassenden Prüfungen sowohl durch interne Gremien der ILB - des Com pliance-Office - als auch durch die dafür zuständige Innenrevi sion und Dritte vorgenommen worden.

Sie hatten Akteneinsicht. Sie sind auch Mitglied des Verwal tungsrates. Ich sage es einmal so: Nach Ihrer Akteneinsicht ha be ich hier jedenfalls keine neuen Fakten gehört, die die Ver dächtigungen unterstützen könnten, sondern nur, wie Sie es ausgedrückt haben: Glaskugel. Es ist eben nicht die Prüfung der Prüfung vorgenommen worden; in den letzten eineinhalb Jahren sind drei Punkte geprüft worden: die Förderfälle an sich, das Handeln des Verwaltungsrates und des Vorstandes seit 2017, aber auch das interne Kontrollsystem und das System der Betrugsbekämpfung, und zwar durch die internen Stellen und durch drei externe Institutionen.

Herausgekommen ist das, was im Bericht der Landesregierung steht: zunächst keine Anhaltspunkte. Diese internen Betrugsbe

kämpfungssysteme und internen Kontrollsysteme müssen einer ständigen Überprüfung unterworfen werden. Dafür sind Wirt schaftsprüfer, Verwaltungsrat, aber auch eine Fachaufsicht da.

Nach dem, was bei der Einsichtnahme in die Akten auch für die Abgeordneten ersichtlich wurde, gibt es, jedenfalls was strafrechtliche Handlungsweisen, Korruption oder systemische Probleme anbelangt - Sie haben recht, Herr Vogel, dass man sie vermeiden muss -, aktuell keine Handlungspunkte.

Die Transparenz ist, und zwar mehrfach, im Wirtschaftsaus schuss durch die Berichte des Vorstandsvorsitzenden und Be fragungen durch Abgeordnete zu genau diesem Thema herge stellt worden. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Ich schließe die Aussprache. Damit ist der Be richt der Landesregierung zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 27 und rufe Tagesordnungs punkt 28 auf:

Ausbildungsduldung integrations- und wirtschafts freundlich ausgestalten

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 6/10670

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Kommunales

Drucksache 6/11575

Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 6/11580, vor.

Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion der SPD und die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Johlige. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich bin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN außerordentlich dankbar für die Initiative „Ausbildungsduldung integrations- und wirtschaftsfreundlich ausgestalten“.

Auch wenn eine Beschlussempfehlung vorliegt, die die Ableh nung des ursprünglichen Antrags empfiehlt, haben die Koaliti onsfraktionen gleichzeitig einen Entschließungsantrag einge bracht, der einen guten Teil der ursprünglichen Intentionen aufgreift und um Erkenntnisse aus der im Innenausschuss durchgeführten Anhörung ergänzt.

Der Deutsche Bundestag hat am vergangenen Freitag das Ge setz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung verab schiedet. Daran hat DIE LINKE einiges zu kritisieren. Denn das Ziel, mit den Neuregelungen Rechtssicherheit für die Be troffenen und die Unternehmen zu erreichen, wird nicht nur

verfehlt, sondern durch neu eingeführte Restriktionen sowie den Aufbau kaum zu nehmender Hürden konterkariert. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass dieses Gesetz in Branden burg ausgestaltet werden muss und der heutige Beschluss inso fern zur rechten Zeit kommt, um die Intentionen des Landtags in die Ausgestaltung einfließen zu lassen.

In der Anhörung im Ausschuss ist deutlich geworden, dass es sich bei den Entscheidungen der kommunalen Ausländerbehör den zur Gewährung einer Ausbildungsduldung um aufwendige einzelfallbezogene Prozesse handelt, die teils sehr lange dau ern und in der Regel diverse Ermessensentscheidungen bein halten. Das führt zu sehr langen Verfahrensdauern - wir hörten in der Anhörung von Verfahren zur Duldungserteilung mit ei ner Dauer von bis zu zwei Jahren.

Was das für die ausbildungswilligen jungen Menschen, aber auch für die Betriebe bedeutet, kann sich jeder selbst ausmalen. Solche langen Verfahrensdauern führen nicht nur zu Frust auf allen Seiten, sondern vor allem dazu, dass Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können und die Betriebe ihren Bedarf an Auszubildenden und damit künftigen Fachkräften nicht decken können. Es wurde auch deutlich, dass es innerhalb des Landes eine unterschiedliche Rechtsanwendung gibt. An Einzelfällen wurden uns eindrücklich die Problemlagen aufgezeigt, die in diesen Fällen eine Rolle spielen.

Da ist zunächst das Problem der Identitätsklärung. Haben Be troffene alle erforderlichen und zumutbaren Handlungen unter nommen, um ihre Identität zu klären, muss ihnen eine Ausbil dungsduldung erteilt werden - das ist die aktuelle Rechtslage. In der Anhörung wurden uns dennoch mehrere Beispiele ge schildert, in denen trotz nachweislichem intensivem Bemühen des Geflüchteten um die Beschaffung von Ausweisdokumen ten eine Identitätsklärung nicht möglich war und die jeweilige kommunale Ausländerbehörde die Erteilung der Ausbildungs duldung daran scheitern ließ.

Es wurde deutlich, dass dies anscheinend der wichtigste Grund für die Nichterteilung von Ausbildungsduldungen ist, obwohl manchmal eine Beschaffung von Ausweisdokumenten objektiv nicht möglich ist. Gerade wenn die Geflüchteten als Minder jährige nach Deutschland eingereist sind, erweist sich eine Identitätsklärung in Form eines Ausweises mit Lichtbild oft als sehr schwierig bis unmöglich. Hier braucht es dringend eine Klarstellung seitens des Landes, welche Mitwirkung bei der Identitätsklärung von den Geflüchteten erwartet werden kann und welche Mitwirkungsbemühungen nachgewiesen werden müssen, um eine Ausbildungsduldung erhalten zu können.

In einem uns geschilderten Fall hatte der junge Mensch sogar einen Auszug aus dem Geburtsregister seines Herkunftslandes besorgt, was der kommunalen Ausländerbehörde jedoch nicht ausreichte. In einem anderen Fall verweigerte die Botschaft des Herkunftslandes die Ausstellung von Ausweisdokumenten, weshalb die Ausbildungsduldung versagt wurde.

An den Problemen rund um den Identitätsnachweis scheitert die Erteilung der Duldung am häufigsten, obwohl die Geflüch teten nachweislich alles Menschenmögliche tun, um ihre Iden tität nachzuweisen. Im Entschließungsantrag fordern wir die Landesregierung auf, hier Regelungen zu schaffen, die klar stellen, welche Mitwirkung erwartet werden kann und wie die se in die Entscheidung über die Erteilung einer Ausbildungs duldung einbezogen werden soll. Gleichzeitig wollen wir errei

chen, dass die geleisteten Mitwirkungsbemühungen schwerer wiegen, wenn sie von Dritten bezeugt werden können. Auch eine mögliche Stellungnahme des jeweiligen Ausbildungsbe triebes soll hierbei positiv für die jungen Menschen einbezogen werden können.

Ein zweites Problem, das von mehreren Anzuhörenden vorge tragen wurde, ist die Unklarheit bei der Anwendung der bun desgesetzlichen Regelung, dass eine Ausbildungsduldung zu versagen ist, wenn bereits aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet wurden. Vor allem die bereits eingesetzte, teils seit Monaten nicht fortgeschrittene und oftmals vorhersehbar nicht von Erfolg gekrönte Passbeschaffung erweist sich hier als Hemmnis. Dieses Problem, meine Damen und Herren, dürfte durch das vom Bundestag verabschiedete Duldungsgesetz im Übrigen noch verschärft werden.

Einige kommunale Ausländerbehörden werten eine solche ein geleitete Passbeschaffung, selbst wenn diese seit Monaten nicht fortschreitet, als aufenthaltsbeendende Maßnahme, die einer Ausbildungsduldung entgegensteht. Andere Bundeslän der handhaben dies in Auslegung des bundesgesetzlichen Spielraums anders und werten es nicht als einer Duldungsertei lung entgegenstehende Maßnahme.

Deshalb fordern wir mit unserem Entschließungsantrag die Landesregierung auf, klarzustellen, dass eine Ausbildungsdul dung auch dann erteilt werden kann, wenn Maßnahmen der Passersatzbeschaffung bereits ergriffen wurden, es jedoch bis her zu keinen weiteren Maßnahmen zur Durchsetzung der Aus reisepflicht gekommen ist.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Das dritte in der Anhörung angesprochene Problem betrifft die bereits im Gestattungsstatus, also vor Abschluss des Asylver fahrens, begonnenen Ausbildungen, Helferausbildungen und Einstiegsqualifizierungen. Hier fordern wir eine Klarstellung, dass weitergehende Integrationsleistungen bei der Entschei dung über die Ermessensduldung in diesen Fällen positiv be rücksichtigt werden können.

Ein viertes Problem wurde thematisiert: Bei unbegleiteten min derjährigen Flüchtlingen wird zum Teil seitens der Jugendäm ter verabsäumt, die Identitätsklärung der Jugendlichen voran zutreiben, was später bei der Aufnahme einer Ausbildung zu Problemen führen kann. Die Landesregierung ist deshalb auf gefordert, darauf hinzuwirken, dass die Jugendämter in Zusam menarbeit mit den Ausländerbehörden die Identitätsklärung vorantreiben und den Jugendlichen die entsprechende Unter stützung bei den notwendigen Bemühungen gewähren.

Meine Damen und Herren! Die Anhörung hat deutlich ge macht, dass es bei der Frage, ob junge Menschen die Chance haben, eine Berufsausbildung zu absolvieren und eine Ausbil dungsduldung zu erhalten, noch einige Spielräume gibt, die das Land ausfüllen kann. Da das Ausbildungsjahr im August be ginnt, erwarten wir von der Landesregierung, dass sie die all gemeine Weisung an die Kommunalen Ausländerbehörden noch vor Beginn des Ausbildungsjahres um die im Entschlie ßungsantrag genannten Punkte ergänzt.

Gestatten Sie mir zum Abschluss noch einen Dank. Ich möchte all jenen danken, die sich darum bemühen, jungen Geflüchte ten die Chance zu geben, sich hier ein eigenständiges Leben

aufzubauen. Ich danke den Betrieben und Kammern, Gewerk schaften, Vereinen und Verbänden, die sich um die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt bemühen.

Wir wissen, das sind nicht immer ganz einfache Prozesse, und es klappt nicht immer von Anfang an reibungslos. Dennoch ist es der richtige Weg. Wir haben in verschiedenen Bereichen ei nen sich verschärfenden Fachkräftemangel. Um diesem zu be gegnen, bedarf es großer Anstrengungen. Ein Baustein kann und muss die Qualifizierung der Geflüchteten sein, die bereits bei uns leben. Die Möglichkeit der Aufnahme einer Berufsaus bildung auch für gut integrierte Geflüchtete, die ansonsten kei ne Bleibeberechtigung hätten, gehört aus meiner Sicht unbe dingt dazu.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Die Maßnahmen unseres Entschließungsantrags tragen dazu bei. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Richstein.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den letzten Jahren wurde in Deutschland eine große Anzahl von Asylanträgen gestellt, die aufgrund organisatorischer und personeller Verbesserungen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mittlerweile, in der Regel zumindest, nach kurzer Verfahrungsdauer auch beschieden werden. Daran anknüpfend hat sich auch die Zahl der rechtskräftig abgelehnten Asylanträ ge erhöht, deren Antragsteller ausreisepflichtig sind, aber aus tatsächlichen, rechtlichen, dringenden, humanitären oder per sönlichen Gründen eine Duldung erhalten.

Mit Stand Februar 2019 gibt es laut Ausländerzentralregister 184 013 Personen mit einem Duldungsstatus. Mit zunehmender Duldungsdauer geht nicht selten eine zunehmende Integration einher. Die CDU-Fraktion hat durchaus Verständnis für das An liegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir weisen in diesem Zusammenhang allerdings unter anderem auf die Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes hin, dessen Position wir an dieser Stelle teilen. Darin heißt es sinngemäß: Die Ausländerbehörden haben entsprechend der Gesetze und der einschlägigen Rechtsprechung zu handeln. Wenn Vorausset zungen im Einzelfall gegeben sind, ist eine Duldung zu erteilen.

Im Übrigen hat das Bundesinnenministerium zur bundesein heitlichen Anwendung Verfahrensvorschriften und Anwen dungshinweise erlassen. Diese würden wir konterkarieren, wenn wir dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN zustimmten.

Zudem, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat die Gro ße Koalition - es wurde schon erwähnt - ein umfängliches Ge setzespaket zum Thema Asyl und Migration auf den Weg ge bracht. Bestandteil ist das Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung - das ist seit Dezember 2018 bekannt -, das

vor einer Woche im Bundestag beschlossen wurde. An Frau Johlige, die für die Koalitionsfraktionen gesprochen hat, nur zur Klarstellung: Die SPD im Bund hat diesem Gesetz natür lich auch zugestimmt.

Der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, zielt darauf ab, besondere Fallgruppen der Duldungen aus dem allgemeinen Duldungstatbestand von § 60a Aufenthaltsgesetz in eigene Vorschriften zu überführen und neu zu strukturieren, um die diesbezügliche Rechtsanwendung zu vereinfachen. Betroffen sind langfristige Duldungen aus persönlichen Gründen nach § 60a Abs. 2 Satz 3 Aufenthaltsgesetz, die Ausländerinnen und Ausländern, die eine qualifizierte Berufsausbildung aufneh men oder mit einer nachhaltigen Beschäftigung ihren Lebens unterhalt selbst sichern, einen rechtssicheren Aufenthalt er möglichen und eine Bleibeperspektive aufzeigen. Zudem wer den Vorgaben des Koalitionsvertrags zur Ausweitung der Aus bildungsduldung auf Helferausbildungen und zu ihrer bundes weit einheitlichen Anwendung umgesetzt.

Dafür wird die bisherige Regelung der Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. Aufenthaltsgesetz als Unterfall der Duldung aus persönlichen Gründen in eine eigene Norm über führt. Gleichzeitig werden wesentliche Voraussetzungen der Ausbildungsduldung gesetzlich konkretisiert, um eine bundes einheitliche Praxis zu erreichen. Genau diese Kann-Regelung hatte nämlich zu einer flächendeckend unterschiedlichen Handhabung geführt.

Zudem werden in dem Gesetz klare Kriterien für einen verläss lichen Status Geduldeter definiert, die durch ihre Erwerbstätig keit ihren Lebensunterhalt sichern und gut integriert sind, und mit der Beschäftigungsduldung eine weitere langfristige Dul dung als Unterfall der Duldung aus persönlichen Gründen nach § 60a Abs. 2 Satz 3 Aufenthaltsgesetz geschaffen. Mit der Be schäftigungsduldung erhalten die Arbeitgeber sowie die Gedul deten und ihre Familien Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und mit der anschließenden Möglichkeit des Übergangs in eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Aufenthaltsgesetz oder nach § 18a Aufenthaltsgesetz eine Bleibeperspektive.

Wir halten diese Regelungen für ausreichend. Aus den genann ten Gründen folgen wir der Beschlussempfehlung des Innen ausschusses. Den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktio nen lehnen wir ab. - Vielen Dank.