Protokoll der Sitzung vom 14.06.2019

Wir halten diese Regelungen für ausreichend. Aus den genann ten Gründen folgen wir der Beschlussempfehlung des Innen ausschusses. Den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktio nen lehnen wir ab. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion spricht die Abgeordnete Bessin.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Kollegen! Lie be Gäste! Nachdem viele Anzuhörende in der Ausschusssit zung der Ansicht waren, dass der von den Grünen vorgeschla gene Antrag, die von den Grünen vorgeschlagene Regelung bezüglich der Ausbildungsduldung in Brandenburg zum einen nicht erforderlich ist und zum anderen zum Zeitpunkt der An hörung keinen Sinn machte, hätte man vielleicht denken kön nen, dass die Grünen ihren Antrag zurückziehen und von der Tagesordnung nehmen.

Wie wir aber alle von den Grünen wissen: Sie wollen immer noch mehr für sogenannte Flüchtlinge. Sie scheinen sich nie zu fragen, wie diese Menschen, die jetzt eine Ausbildungsduldung beantragen sollen, überhaupt nach Deutschland gekommen sind, wenn sie keine oder nur ungültige Ausweispapiere haben. Ein solcher Grenzübertritt ohne gültige Papiere verstößt gegen unsere Gesetze - das wissen auch die Grünen. Jetzt sollen diese Menschen auch noch belohnt und privilegiert werden, indem man ihnen deutsche Ersatzpapiere ausstellt.

Wir wissen alle, dass man bereits während des laufenden Asyl verfahrens auf freiwilliger Basis an Integrations- und Sprach kursen teilnehmen kann. Bereits am Dienstag habe ich Ihnen die Zahlen zu den freiwilligen Sprachkursen vorgetragen. Für diejenigen, die die Zahlen vielleicht schon vergessen haben, wiederhole ich sie gerne:

(Domres [DIE LINKE]: Ist nicht nötig, steht im Proto koll!)

Bei den 4 352 Migranten, die an einem Deutschkurs auf frei williger Basis im Rahmen des Landesprogramms teilgenom men haben, gab es 3 807 Austritte.

(Lachen des Abgeordneten Jung [AfD])

Wenn diese Menschen bereits die Sprach- und Integrationskur se abbrechen, ist es doch eher unglaubwürdig, dass sie eine Ausbildung absolvieren möchten.

Seien wir ehrlich: Die Möglichkeit der Ausbildungsduldung ist für die meisten abgelehnten Asylbewerber doch nur eine Hin tertür,

(Domres [DIE LINKE]: Stimmt doch gar nicht!)

um um jeden Preis in diesem Land bleiben zu können. Daraus ergibt sich leider die Konsequenz - auch für uns -, dass Miss brauch kaum noch ausgeschlossen werden kann.

(Domres [DIE LINKE]: Keine Ahnung!)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Darauf haben übrigens auch die Anzuhörenden im Aus schuss hingewiesen.

Die Frage, die sich stellt, ist doch: Welche Ersatzpapiere sollen ausgestellt werden, und auf welcher rechtlichen Grundlage sol len sie ausgestellt werden? Solche Dokumente können wohl kaum auf Grundlage eines Erlasses erteilt werden. Immerhin geht es um die Identifikation einer Person.

Wie überhaupt soll die Identität einer Person, die sagt, sie sei XYZ und brauche mal Papiere, festgestellt werden? Fragen über Fragen, die bis einschließlich heute alle nicht geklärt wur den.

(Zuruf des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Sie, die Grünen und die Linken, beharren trotzdem weiterhin darauf, dass Identitätsnachweise erstellt werden sollen - ganz so, wie man es von den Grünen gewohnt ist, von den Grünen als den Kümmerern der sogenannten Flüchtlinge, deren Inte resse an jungen Menschen, die sich schon hier befinden, einen Ausbildungsplatz suchen, aber leider keinen finden, in dieser Legislaturperiode gegen null ging. Und Ihr Interesse an jungen Erwachsenen, die nach ihrer Ausbildung einen Arbeitsplatz su chen? Ebenfalls Fehlanzeige.

Das Gleiche gilt hinsichtlich Ihres Interesses an Langzeitar beitslosen, die wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert wer den sollen. Auch dazu haben wir von Ihnen keinen Antrag ge sehen.

(Jungclaus [B90/GRÜNE]: Und was haben Sie dazu be antragt?)

Das ist traurig, aber das ist nun einmal grüne Politik.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Ab geordnete Nonnemacher. Bitte.

Danke schön. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Im September 2018, nach Beginn des letzten Ausbil dungsjahres, waren fast 1 900 Ausbildungsstellen im Land Brandenburg nicht besetzt. Demgegenüber war die Zahl der jungen Menschen ohne Ausbildungsplatz mit rund 1 190 deut lich geringer. Rein mathematisch gesehen gab es also einen Überhang von Ausbildungsplätzen, ergo einen Bedarf an Aus zubildenden. - So viel auch zu der Sozialneid-Debatte.

Ebenfalls im letzten Sommer gab es mehrere junge Menschen, die nach längeren Praktika im gleichen Betrieb gerne eine Aus bildung begonnen hätten. Auch die Betriebe hätten sie gern als Auszubildende begrüßt und hatten ihnen bereits Verträge aus gestellt. Doch die Bereitschaft der Betriebe, die persönliche und fachliche Eignung der potenziellen Auszubildenden, das Missverhältnis zwischen der Zahl offener Ausbildungsplätze und der von Bewerberinnen und Bewerbern - das war alles ir relevant. Denn diese jungen Männer haben einen Fluchthinter grund. Deshalb können sie - ebenso wenig wie die interessier ten Betriebe - nicht frei entscheiden, ob sie den angepeilten Beruf erlernen dürfen.

Ausreisepflichtige Jugendliche und junge Erwachsene müssen zunächst eine sogenannte Ausbildungsduldung beantragen. Warum ist das so? Im August 2016 trat auf Bundesebene das Integrationsgesetz in Kraft. Mit ihm sollte auch integrations willigen jungen Geflüchteten über die Ausbildungsduldung ex plizit eine aufenthaltsrechtliche Perspektive geschaffen wer den. Diese sogenannte 3+2-Regelung ist eigentlich sehr zu be grüßen. Denn nicht nur junge Geflüchtete profitieren, auch die Betriebe im Land Brandenburg erhalten damit Perspektiven zur Gewinnung motivierter Beschäftigter.

Leider hat die Bundesregierung den Ländern aber erhebliche Interpretationsspielräume bei der Auslegung der 3+2-Regelung

gelassen. Eine landesweit sehr uneinheitliche Auslegungspra xis haben die Vertreterinnen und Vertreter der Kammern und des Flüchtlingsrats in der Anhörung zu unserem Antrag bestä tigt und stark kritisiert.

In einigen Landkreisen oder kreisfreien Städten wird die Dul dung völlig unkompliziert in einem transparenten Verfahren erteilt. In anderen hingegen fordern die kommunalen Auslän derbehörden die jungen Menschen im Zuge der Identitätsfest stellung zu Maßnahmen auf, die eine unverhältnismäßig hohe finanzielle oder persönliche Belastung der Betroffenen darstel len.

So wurde beispielsweise ein junger Mann, der mit 14 Jahren sein afrikanisches Herkunftsland verlassen hatte und dement sprechend über keinen Pass verfügt, aufgefordert, in sein Her kunftsland zurückzureisen, um sich dort einen Pass zu beschaf fen. Dann könne er ja versuchen, wieder nach Deutschland einzureisen, und die Ausbildung beginnen - das übrigens in dem Betrieb, in dem er bereits seit zwei Jahren als Praktikant tätig ist und der ihm bereits zwei Verträge angeboten hatte.

Solche Hürden sind de facto unüberwindbar. Für eine Ausbil dungsduldung nach der 3+2-Regelung reicht der Nachweis, sich ernsthaft um die Erlangung von Identitätspapieren bemüht zu haben. Oberstes Handlungsziel unseres Antrags war daher, die kommunalen Ausländerbehörden landesseitig dementspre chend anzuweisen und so im gesamten Land Brandenburg Pla nungssicherheit sowohl für die potenziellen Auszubildenden als auch für die Betriebe zu erreichen.

Wir sind erfreut über den guten Entschließungsantrag der Koa litionsfraktionen. Er bildet die Intention unseres Antrags gut ab und greift aktuelle bundesrechtliche Entwicklungen auf - ähn lich wie die vor zwei Wochen gefasste wohlwollende Be schlussempfehlung des Sozialausschusses. Wir stimmen dem Entschließungsantrag gern zu.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht Herr Minister Schröter.

Vielen Dank, verehrter Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Sie noch durchgehalten haben! Verehrte Gäste! Verehrte Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mit Ihrem Antrag verfolgen Sie das Ziel, unbesetzte Ausbildungsstellen durch eine wohlwol lende Erteilungspraxis bei Ausbildungsduldungen besetzen zu lassen.

Die Erteilung einer solchen Duldung scheitert derzeit aller dings oft daran, dass die Antragsteller ihren Pflichten zur Iden titätsklärung und Passbeschaffung nicht hinreichend nachkom men.

Bei der Regelung der Ausbildungsduldung und deren Versa gungsgründen handelt es sich allerdings nicht um eine Ermes senentscheidung. Im Gegenteil: Den Ausländerbehörden steht

hier keineswegs ein weiter Ermessensspielraum zu. Das müs sen Sie bei Ihren Überlegungen und auch angesichts Ihres An trages bitte immer im Hinterkopf behalten.

Zurzeit befindet sich bekanntlich eine bundesgesetzliche Rege lung zur Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung im Gesetz gebungsverfahren - darauf wurde mehrfach hingewiesen. Auch hier hält der Bund grundsätzlich an dem Erfordernis der ge klärten Identität fest. Das Bundesgesetz wurde am vergange nen Freitag in der 2. und 3. Lesung als Teil eines Gesetzespa kets im Bundestag behandelt, angenommen und an den Bun desrat weitergeleitet.

Ich halte es deshalb für falsch und wenig zweckmäßig, jetzt Brandenburger Regelungen zu schaffen, die im Widerspruch zur derzeitigen, aber auch zur zukünftigen Fassung des Aufent haltsgesetzes stehen könnten. Das weckt bei den Betroffenen letztlich falsche Hoffnungen und sorgt nicht für Rechtssicher heit.

Meine Damen und Herren, wir haben in Brandenburg bereits im Januar 2019 unsere allgemeine Weisung zu genau dieser Thematik angepasst. Hierin findet sich übrigens bereits eine Regelung zu den Einstiegsqualifizierungen. Diese allgemeine Weisung ist für jedermann einsehbar und auch im Internet ab rufbar. Insoweit, verehrte Frau Nonnemacher, haben wir eine Ihrer Forderungen bereits erfüllt.

Ich sehe aber auch, dass die Thematik sehr komplex und viel schichtig ist. Die Ausländerbehörden müssen sich bei jedem Einzelfall mit neuen rechtlichen Fragestellungen auseinander setzen. Die Mitwirkung an der Identitätsklärung und Passbe schaffung ist Voraussetzung für eine Ausbildungsduldung.

Der nun vorliegende Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und DIE LINKE setzt richtigerweise genau hier an. So kann ein Ausländer beispielsweise durch das Zeugnis eines Dritten gegenüber der Ausländerbehörde bekräftigen, dass er seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist. Auch sollen Integrationsleistungen des Betroffenen bei Duldungen für Ein stiegsqualifizierungen und Helferausbildungen stärker berück sichtigt werden. Wir nehmen auch die Jugendämter in die Pflicht. Sie müssen Ihrer Verantwortung bei der Identitätsklä rung unbegleiteter Minderjähriger besser nachkommen.

Der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen trägt somit zur Rechtssicherheit für die Betroffenen, aber auch für die kommunalen Ausländerbehörden bei. Er ist darüber hinaus auch fachlich umsetzbar und steht im Einklang mit der beab sichtigten bundesgesetzlichen Regelung. Ich empfehle Ihnen daher die Zustimmung zum Entschließungsantrag von SPD und Linken.

Meine Damen und Herren, planmäßig ist dies meine letzte Re de in dieser Legislaturperiode. Aber Sie wissen: Wer den lieben Gott zum Lachen bringen will, macht Pläne. - Vielleicht sehen wir uns in dieser Legislaturperiode noch wieder;

(Heiterkeit bei der Fraktion B90/GRÜNE)

ich halte es nicht für ausgeschlossen, denn es gab schon viele Dinge, die uns hier sehr bewegt haben. - Ich danke für die Auf merksamkeit.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, Herr Präsident. Ich habe gerade mein Schlusswort ge sprochen.