Protokoll der Sitzung vom 14.06.2019

Ich habe mir einmal das Agieren Bayerns auf der Verbraucher schutzministerkonferenz angeschaut. Bayern ist das Bundes land, das diese Regelung nicht möchte. Ich kann Ihnen, Herr Vida, nur empfehlen: Reden Sie bitte auch mit Ihren Kollegen in Bayern; denn soweit ich weiß, sind die Freien Wähler jetzt dort mit in der Regierungsverantwortung. Wenn auch Bayern mitmacht, ich glaube, dann können wir vielleicht irgendwann darüber reden, im Bundesrat mit entsprechender Mehrheit et was auf den Weg zu bringen. Aber ich bin froh darüber, dass die Verbraucherschutzministerkonferenz ohne Unterstützung Bayerns und der dortigen Freien Wähler ein klares Votum auf den Weg gebracht hat.

(Beifall DIE LINKE sowie der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Drittens - das will ich auch noch sagen - dürfen wir nicht nur darüber reden, wie es uns gelingt, die Lebensmittelverschwen dung zu vermeiden, sondern wir müssen auch darüber reden, wie es uns gelingt, ein Bewusstsein für Lebensmittel zu we cken. Genau das war und ist mein Ansatz im Rahmen der Qua litätsoffensive Schulverpflegung. Ich bin sehr froh und dankbar …

Herr Abgeordneter …

… dass wir im Land Brandenburg unter anderem das EVeLaBProgramm mit Pädagogen entwickelt haben, um die Verbrau cher- und Ernährungsbildung an den Schulen zu stärken und ein anderes Bewusstsein für Lebensmittel zu erreichen. - Vie len Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Wiese für die AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher! Herr Büchel, Sie haben mit Ihren Ausführungen vollkommen recht. Trotzdem finde ich es gut, dass man das wieder aufs Tapet bringt; denn steter Tropfen höhlt den Stein. Es dauert sonst wieder alles zu lange.

(Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

Zuallererst möchte ich sagen, dass wir diesem Antrag zustim men. Für jeden Menschen, der schon einmal in seinem Leben Hunger gelitten hat, ist es selbstverständlich, sorgsam mit Le bensmitteln umzugehen und diese vollständig zu verwerten.

Dass dennoch so viele noch genießbare Lebensmittel vernich tet werden, hat verschiedene Ursachen. Die grundlegendste Ur sache ist das Missverständnis des Mindesthaltbarkeitsdatums. Viele unserer Lebensmittel sind bei sachgerechter Lagerung noch weit über diesen Richtwert hinaus genießbar. Das muss sich in den Köpfen der Menschen manifestieren. Andererseits muss man auch erst einmal verstehen, warum zum Beispiel das berühmte Himalaya-Salz überhaupt ein Mindesthaltbarkeitsda tum hat.

Im Groß- und Einzelhandel fallen besonders große Mengen Lebensmittelabfälle an. Auch hier sind die Ursachen vielfältig. Das Überschreiten der Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsda ten durch nicht bedarfsgerechtes Vorratsmanagement, Beschä digung von Verpackungen, aber auch zu hohe Ansprüche an Qualität und Frische sind Gründe für das Aussortieren von Le bensmitteln.

An dieser Stelle ist nun die Politik gefragt, die Hürden und Barrieren bei der Weitergabe von Lebensmitteln abzubauen und einen länderübergreifenden, gemeinsamen Vollzug und Umgang mit gemeinnützigen Organisationen anzustreben. Deshalb ist dieser Antrag unterstützenswert.

Menschen, die von diesen Lebensmitteln leben, tun das aus verschiedenen Gründen - einige aus Gründen der Wertschät zung der Lebensmittel, andere dagegen, weil sie einfach keine Wahl haben. Auch der Konkurrenzkampf bei den Tafeln lässt viele Menschen zu Straftätern durch Containern werden. Das darf nicht sein, genauso wenig, wie es sein darf, dass Menschen trotz Einkommens auf Lebensmittelspenden angewiesen sind.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Frage zu?

Nee, jetzt nicht. - Die Brandenburger Tafel geht davon aus, dass derzeit im Land Brandenburg 13 500 Menschen hilfebe dürftig sind - Dunkelziffer unbekannt, Tendenz steigend. Das entspricht zwar weniger als einem Prozent der Brandenburger Bevölkerung, aber jedes Leben zählt, und die Armut wird sich potenzieren.

In Frankreich gibt es schon seit Februar 2016 ein Gesetz, das Supermärkte mit einer Ladenfläche von mehr als 400 m² ver pflichtet, unverkaufte Lebensmittel an örtliche Tafeln oder an

dere gemeinnützige Organisationen zu spenden. Deutschland hinkt dem hinterher. Sie alle, gewählt als Volksvertreter und damit auch Vertreter der 13 500 Menschen, die auf Lebensmit telspenden und auf das Containern angewiesen sind, haben nun die Möglichkeit, mit der Annahme des vorliegenden Antrags einen Beitrag zu deren Wohlergehen zu leisten. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Jungclaus für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen Abgeordnete! Verehrte Gäste! Der Vorsitzende der Tafel Deutschland hat kürzlich an die Politik appelliert - ich zitiere -: Bevor ihr ein neues Gesetz wie in Frankreich beschließt, wo Supermärkte dazu verpflichtet sind, unverkäufliche Lebens mittel an wohltätige Organisationen abzugeben, sprecht erst einmal mit uns! Fragt uns, wie ihr uns dabei unterstützen könnt, Bedürftige mit Lebensmitteln zu versorgen. - Ende des Zitats.

Im schlechtesten Fall wird nämlich ein Gesetz auf den Weg ge bracht, das den Bedürftigen gar nicht hilft - meine Vorredner haben dazu schon einiges gesagt. Deshalb halten wir diesen Antrag nicht unbedingt für zielführend und notwendig.

Politisch ist da ja gerade einiges im Gange. Der Vorstoß zur Legalisierung des Containerns scheiterte zwar kürzlich auf der Justizministerkonferenz. Brandenburg beteiligte sich aber bei der letzten Verbraucherschutzministerkonferenz an einer Pro tokollerklärung, mit der die Einführung gesetzlicher Regelun gen zum Thema Lebensmittelverschwendung gefordert wird. Doch so etwas kann wie gesagt nur im Dialog mit den betroffe nen Organisationen geschehen.

(Beifall B90/GRÜNE und DIE LINKE sowie der Abge ordneten Fischer [SPD])

Im Handel entstehen ca. 5 % des gesamten Lebensmittelverlus tes in Deutschland. Zur Wahrheit gehört auch, dass es dort in erster Linie deshalb viele unverkäufliche Lebensmittel gibt, die dann in Müllcontainern landen, weil wir alle unbedingt noch kurz vor 22 Uhr aus dem vollen Angebot an Brot, Obst und Gemüse auswählen wollen. Auch wenn ich sage, dass es da im Einzelhandel ein Problem gibt: Das Problem besteht vor allem in den privaten Haushalten, und es gibt sehr viele Formen von Lebensmittelverschwendung. Zum Beispiel würde auch ein besseres Verständnis im Umgang mit dem Mindesthaltbarkeits datum helfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist klar: Es wird hier nie die eine durchschlagende Maßnahme geben; wir müssen das Problem von vielen Seiten angehen. Ansonsten wird es un möglich, das durch UN- und EU-Recht vorgegebene Ziel, bis 2030 50 % weniger Lebensmittelabfälle zu produzieren, zu er reichen.

Nun ist das auch für mich die letzte Rede hier. Für mich waren diese zehn Jahre eine tolle Zeit. Es war nie langweilig. Ich habe hier unheimlich viel gelernt; das ist zum Teil auch der Tatsache zu verdanken, dass wir eine kleine Fraktion sind, in der man viele Themen abdecken muss. Vor allen Dingen fand ich es gut, dass man dank der kollegialen Zusammenarbeit über Frakti onsgrenzen hinweg auch aus der Opposition durchaus das eine oder andere mitgestalten konnte. Dafür allen meinen herzli chen Dank!

(Beifall B90/GRÜNE, SPD, CDU, DIE LINKE und ver einzelt AfD sowie der fraktionslosen Abgeordneten Hein und Königer)

Ich möchte mich natürlich auch bei den Fraktionsmitarbeiterin nen und -mitarbeitern sowie bei der Landtagsverwaltung be danken. Liebe Britta, bei dir bedanke ich mich für die große Kondition bei der Leitung der nicht immer einfachen Land tagssitzungen. Last, but not least danke ich auch der Presse - vor allem denen, die es neuerdings tickernd sogar bis freitag nachmittags bei uns aushalten.

Ich würde mich sehr freuen, den einen oder die andere von Ih nen bzw. euch irgendwann einmal wiederzusehen. In diesem Sinne: Danke, tschüss und ahoi!

(Beifall B90/GRÜNE, SPD, CDU und DIE LINKE sowie der Abgeordneten Galau [AfD], Hein und Königer [frak tionslos])

Auch Ihnen alles Gute! Vielen Dank und immer eine steife Bri se!

(Zuruf: Eine Handbreit Wasser unterm Kiel!)

- Ja, das auch! - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht Minister Ludwig für die Landesregierung.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehr ter Herr Abgeordneter, das Thema Lebensmittelverschwen dung ist zurzeit zu Recht im öffentlich Raum breit vertreten. Das ist sicherlich auch eine Ursache dafür, dass Sie heute die sen Antrag einbringen.

Deutschland hat sich bereits 2015 dem Kampf gegen Lebens mittelverschwendung verschrieben, indem es die Nachhaltig keitsziele der Vereinten Nationen mit beschlossen hat. Das Ziel 12.3 verpflichtet uns nämlich, bis 2030 das Lebensmittelabfall aufkommen sowohl im Handel als auch in Privathaushalten zu halbieren.

Mit dem schon angesprochenen Beschluss vom November 2015 hat die Landesregierung von diesem Hause den Auftrag erhalten, sich hier zu engagieren, und hat dann durch mein Haus einiges auf den Weg gebracht - Abgeordneter Büchel hat schon Beispiele dafür genannt.

Am 20. Februar 2019 hat das Bundeskabinett wiederum eine nationale Strategie zu diesem Thema verabschiedet. In der

Strategie sind Strukturen vorgesehen, die sich dem Thema auf breiter Front widmen sollen. Am 23. Mai dieses Jahres hat sich die Verbraucherschutzministerkonferenz der Länder deshalb auch unterstützend zu den Maßnahmen des Bundesministeri ums für Ernährung und Landwirtschaft geäußert.

Das von Ihnen angestrebte Ziel ist damit quasi schon umge setzt; denn wir haben uns nicht nur gefreut, sondern daraufhin in diesem Tagesordnungspunkt die Bundesregierung gebeten, zu prüfen - leider war nur die Prüfbitte mehrheitsfähig -, wie Lebensmittelverluste sowohl in Groß- und Einzelhandel als auch in der Gastronomie und in der sogenannten Außer-HausVersorgung - ein wachsender Markt - vermieden werden kön nen. Da spielten einige der Fragen, die von Vorrednern schon angesprochen wurden, natürlich eine Rolle: Müssen wir bis 22 Uhr das gesamte Sortiment zur Verfügung haben, wenn jedem klar ist, dass die Kundenfrequenz nach 18 Uhr ohnehin sinkt? Oder: Wie kann man tatsächlich gewährleisten, dass die Kühl kette bei bestimmten Waren nicht unterbrochen wird, wenn sie an Tafeln abgegeben werden? Wir haben das intensiv geprüft. Brandenburg hat sich übrigens der JuMiKo-Initiative Ham burgs angeschlossen.

(Beifall des Abgeordneten Büchel [DIE LINKE])

Es war allerdings mit der Mehrheit der CDU-geführten Lan desregierungen nicht möglich, das Containern zu entkriminali sieren,

(Zuruf des Abgeordneten Büchel [DIE LINKE])

sodass es bei der aus meiner Sicht absurden Situation in der heutigen Zeit bleibt. Da ist das geltende Recht nicht auf der Höhe der Zeit.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Wir haben die Bundesregierung gebeten zu prüfen, ob für ei nen solchen Zweck auch rechtliche Regelungen zu erlassen sind - natürlich mit dem Blick ins europäische Ausland, Herr Abgeordneter. Wir haben aber auch diskutiert, welche unter schiedlichen Erfahrungen gemacht wurden, und haben ebenso die gerade zitierten Hinweise der Tafeln zur Kenntnis genom men. So wollen wir das in Brandenburg auch halten.

Wir als Land Brandenburg haben uns dann einer weitergehen den Protokollerklärung einiger Bundesländer angeschlossen, die die Prüfbitte in einen konkreten Handlungsauftrag umwan delt. Wir gehen davon aus, dass die Bundesregierung schon zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsstrategie gehalten ist, hier zu rechtliche Regelungen zu erlassen. Das muss ja nicht die gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe von Lebensmitteln an Tafeln sein. Rechtliche Regelungen können zum Beispiel auch falscher Bevorratung oder falschen Verkaufspraktiken einen Riegel vorschieben und so Lebensmittelverschwendung ver meiden helfen.

Fazit: Wir sind bereits tätig geworden, ganz in dem Sinne, wie Sie das erwarten - wenn ich das richtig einordne. Wir werden an dem Thema dranbleiben, aber auch die vielen anderen Pro jekte wie Mensa-AGs, Schülerküchen, EVeLaB usw. fortset zen. Wir wollen dazu beitragen, die UN-Nachhaltigkeitsziele umzusetzen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD sowie B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Das Wort erhält noch einmal der Antragsteller. Herr Vida, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Eine kleine Erwiderung an Herrn Büchel: Sie hatten es ja für nötig befunden, zu sagen, ich sei nicht da gewesen - vielleicht waren Sie gerade nicht im Raum, als ich am 28. April 2015 den Ände rungsantrag eingereicht und am 18. November 2015 das Son derrederecht im Verbraucherschutzausschuss beantragt habe, um Änderungsanträge und Gegenvorschläge zum Maßnah menpaket einzubringen. Insofern würdige ich die Aktivität, die im Jahr 2015 erfolgt ist, weise aber darauf hin, dass ich mich damals intensiv eingebracht habe, gerade was den Bereich pri vater Lebensmittelverschwendung betraf.