Protokoll der Sitzung vom 14.06.2019

Auch beim Thema Mikroplastik ist viel passiert. In Großbritan nien, in den USA, in Kanada und Neuseeland ist Mikroplastik in bestimmten Produkten völlig zu Recht verboten. In Bezug auf Brandenburg sage ich: Es ist höchste Zeit, dass wir noch engagierter werden, Plastikmüll zu vermeiden und zu bekämp fen, und dass wir auf allen Ebenen Initiativen zur Vermeidung von Kunststoffen und Verpackungsabfällen unterstützen. Wir müssen uns überlegen: Wie können wir Kunststoffverpackun gen ökologisch sinnvoll ersetzen? Was können wir in der For schung tun? Wir müssen gemeinsam mit anderen Bundeslän dern überlegen, die Pfandsysteme neu einzuführen und - das war ein Punkt im Entschließungsantrag der Grünen, den auch wir betont haben - bei Veranstaltungen zu gucken: Wie kom men wir auf Mehrweg-, auf Pfandsysteme, sodass nicht jeder mit diesen Plastikbechern durch die Gegend läuft, sie nachher nicht zurückgibt und sie dann irgendwo in der Natur landen?

Insofern, werte Kollegen: Es liegt an uns. Ich sage zum Stich wort Bequemlichkeit: Ja, ich glaube, wir sind alle manchmal zu bequem. Deswegen: Raus aus der Komfortzone, mitma

chen! Stimmen Sie in diesem Sinne unserem Antrag zu! - Vie len Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Nun spricht der Kollege Dom browski von der CDU-Fraktion.

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Reduzierung von Plastikmüll gehört unter anderem zu den zentralen umweltpolitischen Aufgaben unserer Zeit. Die Kolle gin Fischer fragt, was man tun kann. Frau Kollegin Fischer, ein kleiner Hinweis: Sie haben eine Plastikflasche vor sich auf dem Tisch stehen!

(Heiterkeit - Frau Fischer [SPD]: Die hatte ich hier schon rumstehen!)

Die Kollegin Geywitz macht das vorbildlich, Roswitha Schier, wie ich weiß, ebenfalls. Herr Baaske meldet sich auch.

(Heiterkeit und allgemeiner Beifall)

Es ist für jeden von uns möglich, etwas zu tun. Obwohl wir in Deutschland intensiv Abfälle trennen und im internationalen und europäischen Vergleich über ein einzigartiges Pfandsystem verfügen, steigt das Abfallaufkommen seit Jahren kontinuier lich an.

Ich will die Probleme an drei Zahlen des Umweltbundesam tes deutlich machen. Der Verpackungsverbrauch hat in Deutschland zwischen den Jahren 2000 und 2016 um 19 % zugenommen. Währenddessen ist der Verbrauch von Kunst stoffverpackungen in Deutschland im gleichen Zeitraum um 74 % gestiegen. Nur knapp die Hälfte der Kunststoffabfälle, lediglich 49,7 %, wird in Deutschland recycelt. Wir zeigen mit diesen Zahlen, dass wir mit dem zunehmenden Verpa ckungsabfall nicht nur ein umweltpolitisches Problem zu lö sen haben, sondern auch sinnlos Ressourcen verschwenden, wenn es uns nicht gelingt, die Verwertungsquote weiter zu erhöhen, um wertvolle Materialien durch ein konsequentes Recycling immer wieder zu nutzen oder Abfälle gänzlich zu vermeiden.

Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als der Strohhalm sozusagen in Mode kam und aus dem Material bestand, das ihm seinen Namen verlieh.

(Zurufe: Ja!)

Der eine oder andere wird sich erinnern: In frühen DDR-Zeiten gab es tatsächlich einmal Strohhalme aus Stroh.

(Zuruf der Abgeordneten Richstein [CDU])

Vielleicht müsste jetzt jemand den Strohhalm neu entdecken; denn das hatten wir schon einmal. Fragt man heute nach einem Strohhalm, bekommt man einen Trinkhalm aus Plastik.

Vieles von dem, was heutzutage in Kunststoff verpackt ist oder

aus Kunststoff besteht, ist einfach unnötig. Dazu gehört der Plastiktrinkhalm genauso wie eine in Plastik eingeschweißte Salatgurke. Insofern ist es richtig, dass wir wieder zu Kunst stoffalternativen zurückkehren oder Kunststoffverpackungen gänzlich vermeiden. Das Verbot bestimmter Einwegplastikpro dukte ab 2021 durch die EU ist hierbei nur ein erster Schritt; denn für Einweggeschirr, -besteck und Trinkhalme gibt es längst ökologische und bessere Alternativen.

Was mich darüber hinaus seit Jahren beschäftigt, ist der rück läufige Trend bei Mehrweg- und ökologisch vorteilhaften Ein weggetränkeverpackungen. Die 2003 eingeführte Pfandpflicht für Einweggetränkeverpackungen hat zwar dafür gesorgt, dass Getränkedosen nicht mehr am Straßenrand herumliegen. Zu ei ner Steigerung der Mehrwegquote führte sie jedoch leider nicht - auch weil viele dachten, dass, wenn man Pfand für die PETFlasche, Mineralwasserflasche, zahlt, es sich hierbei um eine Mehrwegflasche handele.

Insofern unterstütze ich die Forderungen im Antrag der Koali tionsfraktionen zur Nachbesserung des Verpackungsgesetzes, welches zu Jahresbeginn die Verpackungsverordnung ablösen soll. Hier brauchen wir einen deutlichen Schritt nach vorn, um den Mehrweganteil zu steigern.

Es gibt aber auch erste positive Beispiele, Einwegkunststoff verpackungen umweltfreundlicher zu gestalten. Dazu brauchen wir nur in die Uckermark, in eine bekannte Molkerei in der Nähe von Angermünde zu schauen.

(Beifall CDU sowie des Abgeordneten Christoffers [DIE LINKE])

Die regional erzeugte Milch wird in einem umweltfreundlichen Milchbeutel verpackt, der zu 40 % aus Kreide besteht, wo durch der Kunststoffanteil drastisch reduziert wird. Das sind erste gute Ansätze, von denen wir in Zukunft wieder mehr be nötigen.

Als CDU-Fraktion werden wir dem Antrag der Koalitionsfrak tionen zustimmen. Den Entschließungsantrag der Grünen leh nen wir ab, auch wenn viel Richtiges darin steht.

(Raschke [B90/GRÜNE]: Weil?)

Aber die Diskussion zum Spargelanbau unter Folie und seiner Notwendigkeit

(Heiterkeit der Abgeordneten Lehmann [SPD])

haben wir in dieser Wahlperiode mehrfach geführt. Da werden wir uns - wie es aussieht - sobald nicht einig werden. Wenn die Folien mehrere Jahre wiederverwendet und anschließend sach gerecht entsorgt werden, sehe ich zumindest darin kein Prob lem. Alles andere ist eine Sache der Kontrolle. Bereits in den damaligen Debatten habe ich darauf hingewiesen, dass die Fo lien in der Landwirtschaft zwar nicht ästhetisch sind und die Vogelwelt in einem bestimmten Umfang auch abschrecken. Genauso wenig ästhetisch aber sind Windkraftanlagen, und ge nauso wenig vogelfreundlich sind Solarparks.

Meine Damen und Herren, ich habe es gesagt: Dem Antrag der Koalitionsfraktionen werden wir zustimmen. Den Antrag der Grünen lehnen wir einstweilen ab. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Herzlichen Dank, Kollege Dombrowski. Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun der Abgeordnete Preuß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Werte Gäste! Spätestens seit den Bildern von riesigen Plastikstrudeln im Meer und den mit Plastik gefüllten Mägen von Walen und Seevögeln - Kollegin Fischer hatte es uns schon anschaulich dargestellt - ist das Thema Plastikmüll zu Recht ins öffentliche Bewusstsein gerückt. 2050 wird, wenn wir so weitermachen, mehr Plastikmüll im Meer schwimmen, als es Fische im Meer gibt.

Doch Plastik betrifft nicht nur entlegene Meeresregionen. Mi kroplastik ist im arktischen Eis ebenso wie in den entlegenen Gebieten des Festlands nachweisbar. Wir wissen, dass sich Plastik auch bei uns zunehmend ansammelt. Mikroplastik ge langt in den Boden und ins Wasser, gelangt in Nahrungskreis läufe und stellt die Abwasserreinigung vor neue Herausforde rungen. Wie groß das Problem wirklich ist, wissen wir leider noch gar nicht richtig. Ein Ziel des Antrags ist es daher, die Datenlage zu verbessern.

Für den Umgang mit dem Problem Plastikmüll gibt es zwei grundsätzliche Herangehensweisen. Erstens: vermeiden, ver meiden, vermeiden. Zweitens: die Verbesserung der Abfallent sorgung. Hier muss die Wiederverwendung vor der stofflichen und diese vor der energetischen Verwertung stehen.

Bei der Abfallentsorgung gibt es seit Jahren eine Reihe von In itiativen: getrennte Abfallsammlung, Pfandsysteme, Zielvorga ben für Recyclingquoten. Aber die Menge des Plastikmülls - wir haben es gehört - sinkt nicht. Sie liegt in Deutschland bei 25 Kilogramm je Einwohner - und wir wissen alle, wie leicht Plastikabfälle sind.

Gemäß dem jüngst erschienenen Plastikatlas werden nur 15,6 % der Kunststoffabfälle in Deutschland stofflich wieder verwertet. Der größte Teil des Plastikmülls wird in Deutsch land in Müllverbrennungsanlagen entsorgt. Leider exportieren wir Plastikmüll auch in fremde Länder, vor allem nach Südost asien, wo er dann vermutlich im Meer landet und zu den Plas tikstrudeln beiträgt. Jede Minute fluten ca. 15 000 Kilogramm Plastikmüll in die Ozeane. Deshalb wird der Vermeidung von Plastikabfällen zukünftig eine wesentlich größere Bedeutung zukommen müssen.

Es geht aber nicht darum, Kunststoffe gänzlich abzuschaffen. Für viele Lebensbereiche sind sie unentbehrlich. Ein großer Teil der Kunststoffe wird jedoch als Verpackung nur einmal be nutzt und dann in den Müll geworfen. Hier muss die Reduzie rung erstes Gebot sein.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE)

In den letzten Jahren gab es auf verschiedenen Ebenen Bemü hungen zur Vermeidung von Plastikmüll und zur Verbesserung seiner Verwertung. Auch in einigen Kommunen - Kollege Dombrowski hat eine genannt - gibt es Initiativen, die auf

Müllvermeidung abzielen: Pfandpflicht auf Trinkbecher bei Stadtfesten oder Coffee-to-go-Mehrwegbecher. Ziel unseres Antrags ist, dass Kommunen bei solchen Initiativen unterstützt werden.

Das sind alles gute und wichtige Ansätze, aber sie reichen noch nicht, um das Problem wirklich in den Griff zu bekommen. Grundsätzliche Regelungsoptionen liegen bei dieser Frage beim Bund und bei der EU. Der Handlungsspielraum des Lan des ist begrenzt, aber es gibt Handlungsmöglichkeiten, und mit dem Antrag wollen wir erreichen, dass diese stärker genutzt werden. Der Antrag ist auch als Zeichen zu verstehen, dass der Landtag und die Landesregierung sich des Themas bewusst sind und Handlungsbedarf sehen. Wir wollen mit dem Antrag erreichen, dass auf Bundesebene ehrgeizige Vorhaben unter stützt und verstärkt werden: Das geht von der Vermeidung über eine bessere Recyclingfähigkeit und eine bessere Kennzeich nung bis hin zum Verbot von Mikroplastik in Kosmetikproduk ten und Reinigungsmitteln.

Im Land können wir konzeptionell zum Beispiel beim Abfall wirtschaftsplan des Landes, der gerade aktualisiert wird, aktiv werden. Mit dem Antrag fordern wir die Landesregierung zu dem auf, bei eigenen Veranstaltungen Mehrwegsysteme einzu setzen. Das betrifft im Übrigen auch die Grüne Woche, wie es die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Entschlie ßungsantrag gefordert hat.

Ein Thema spielt in Brandenburg nach wie vor eine Rolle - Kollege Dombrowski sprach es schon an -: die Folien beim Spargelanbau. Unser Antrag enthält die Aufforderung, negative Umweltauswirkungen durch möglichst häufige Wiederverwen dung zu minimieren. Denn es macht schon einen Unterschied, ob ich die Folien zwei oder sieben Jahre lang verwende. Ziel ist, dass möglichst wenig Folie im Abfall landet und auf keinen Fall Folienreste in den Boden gelangen. Ich hätte mir auch ge wünscht, dass wir Wege finden, Folien zumindest auf Teilflä chen zu vermeiden. Darauf, das anzugehen, konnten wir uns in der Koalition leider nicht verständigen.

Natürlich gibt es auch beim Thema Plastikmüll noch viele wei tere Bereiche, die wir in Zukunft angehen müssen, zum Bei spiel Kunstrasenplätze, deren Einstreugranulat leider immer noch Kunststoffanteile hat. Mit unserem Antrag legen wir ei nen Katalog von mehr als einem Dutzend Maßnahmen vor, womit wir signalisieren: Es besteht Handlungsbedarf im Bund und im Land, und wir greifen erste konkrete Maßnahmen auf, um Plastikmüll zu vermeiden. Deswegen bitte ich um Zustim mung zu diesem Antrag.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Wiese.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kolle gen! Liebe Brandenburger! Liebe Gäste! Der Verbrauch von Plastikverpackungen ist weltweit erschreckend. Plastik, einst eingesetzt, um Baumwolle, Glas und Pappe als Material für Konsumgüter zu verdrängen, ist nun zum Problem der Mensch

heit geworden. Bilder von riesigen Müllstrudeln im Meer oder verendeten Meeresbewohnern mit Plastiktüten im Bauch sehen wir fast täglich in den Medien.

Was wir aber nicht zu sehen bekommen, sind die Unmengen an Spargel- und sonstigen Gemüsefolien am Rande der giganti schen Felder in Brandenburg. Folieneinsatz lässt sich insbeson dere bei der Spargelproduktion vermutlich nicht zu 100 % ver meiden, da sonst die Anwohner der Felder den Eindruck be kommen, dass sie in der Sahara leben. Aber die fachgerechte und schnelle Entsorgung dieser Folien unterliegt Regeln. Diese müssen eingehalten und die Einhaltung muss kontrolliert wer den. Aber getreu dem Motto „Mit gutem Beispiel voran!“ er fasst diese unsere Landesregierung den Verbleib von Folienres ten in Brandenburg nicht. Es wird auch nicht statistisch fest er fasst, wie viele dieser Folien verwendet werden. Und Untersu chungen zu den Umweltauswirkungen des Einsatzes der Folien sind der Landesregierung erst gar nicht bekannt. Sie fordern jetzt die von Ihnen aufgestellte Landesregierung auf, negative Umweltfolgen des Anbaus von Gemüse unter Folien durch Wiederverwendung von Folien zu minimieren. Na, das ist schon zynisch.

Ein weiteres Beispiel ist der Ockerschlamm, der stellenweise ausgebaggert wurde und in „Plastic bags“ am Rande der Ge wässer lagert. Sonne, Regen und Wind machen das Plastik po rös und verteilen Kleinstpartikel in der Umwelt. Eine Umwelt sünde wird durch eine andere ersetzt.

Sie schreiben in Ihrem Antrag weiter, dass Sie die Kommunen beim Aufbau von Mehrwegsystemen unterstützen wollen. Ja, wäre es dann nicht sinnvoller, damit anzufangen, die Kommu nen bei der Vereinheitlichung des Entsorgungssystems der Gel ben Säcke zu unterstützen? Denn die Vermüllung unserer Hei mat durch aufgerissene Gelbe Säcke ist dramatisch. Es besteht akuter Handlungsbedarf, aber in Ihrem Antrag finde ich dazu nichts.