Protokoll der Sitzung vom 14.06.2019

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Verehrte Zuschauer! Das Kabinett hat bekanntermaßen im Juni 2018 das vom MIK federführend er arbeitete Konzept zur Steigerung der Attraktivität des öffentli chen Dienstes im Land Brandenburg beschlossen und dem Landtag zugeleitet.

Bereits bei der Vorstellung des Konzeptes im Landtag habe ich betont, wie wichtig eine leistungsstarke und effiziente öffentli che Verwaltung nicht nur für die Menschen im Land, sondern auch für unsere Wirtschaft ist. Eine leistungsstarke und effizi ente Verwaltung kann nur von gesunden, motivierten und zu friedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sichergestellt werden.

Ein wichtiger Baustein zur Erhaltung und Förderung der Ge sundheit der Kolleginnen und Kollegen ist ein betriebliches Gesundheitsmanagement. Es steigert die Arbeitszufriedenheit,

die Motivation und die Leistungsbereitschaft der Beschäftig ten. Gleichzeitig verbessert sich das Betriebsklima, und der Krankenstand sinkt.

In unserem Konzept wird dargestellt, dass die Landesregierung in der Vergangenheit auf dem Weg dahin bereits einiges getan hat, um die Arbeitsbedingungen insgesamt zu verbessern. Dazu zählen zum Beispiel Angebote zur Vermeidung oder Reduzie rung von körperlichen oder psychischen Belastungen.

Für die Finanzierung stehen seit diesem Jahr zunächst für die Dauer von fünf Jahren zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von jährlich rund 3 Millionen Euro zur Verfügung. Das Kabinett hat zugleich die Einführung eines einheitlichen betrieblichen Gesundheitsmanagements für die gesamte Landesverwaltung beschlossen und die Einrichtung einer zentralen Servicestelle für das Gesundheitsmanagement festgelegt.

Damit bekräftigt die Landesregierung, dass Erhaltung, Wieder herstellung und Stärkung der Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen von zentraler Bedeutung sind. Die Aufgabe der zent ralen Servicestelle für Gesundheitsmanagement wird nach der Zuweisung durch den Ministerpräsidenten jetzt vom MIK wahrgenommen. Die zentrale Servicestelle soll die verschiede nen Projekte und Schritte zum Gesundheitsmanagement in der gesamten Landesverwaltung koordinieren und das Konzept ei nes verpflichtenden betrieblichen Gesundheitsmanagements mit einheitlichen Eckwerten in enger Abstimmung mit Ge werkschaften und Personalvertretungen erarbeiten. Des Weite ren wird sie die Dienststellen bei der Umsetzung der erforderli chen Prozesse beraten und unterstützen sowie Empfehlungen zur gesundheitsfördernden Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitsumfeld geben.

Zu den Aufgaben der Zentralen Stelle sollen ferner Evaluie rung und Vernetzung vorhandener Kompetenzen sowie Prü fung und Entscheidung übergeordneter Rechtsfragen zum Ge sundheitsmanagement gehören. Damit die Zentrale Stelle ihre Aufgaben effektiv verfolgen kann, wurden dem MIK drei zu sätzliche Stellen zugewiesen; mein Haus bereitet gegenwärtig die Stellenbesetzung vor.

Meine Damen und Herren! An dieser Stelle möchte ich mich bei den Gewerkschaften, den Berufsverbänden und den Perso nalräten herzlich bedanken. Ich denke, dass wir in den zurück liegenden Jahren in vertrauensvollen Gesprächen sehr viel für die Beschäftigten unserer Landesverwaltung getan haben. Das Land Brandenburg ist ein moderner und attraktiver Arbeitge ber. Wir werden alles tun, um noch besser zu werden. Wir wer den dabei weiterhin auf das Vertrauen und die Expertise der Gewerkschaften und Berufsverbände sowie der Personalräte setzen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank. - Frau Abgeordnete Dannenberg, wünschen Sie noch einmal das Wort? - Das ist nicht der Fall. Damit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/11489 mit dem Titel „Umsetzung von gesundheitsfördernden Arbeits

bedingungen im Land Brandenburg forcieren!“ Wer stimmt dem Antrag zu? - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Stimmenthal tungen? - Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungs punkt 5 auf:

Besondere Wirtschaftsgebiete im Land Brandenburg - Ländlichen Raum nicht abhängen

Antrag der Fraktion der AfD

Drucksache 6/11492

Die Aussprache wird von der Abgeordneten Schade, AfDFraktion, eröffnet.

Herr Präsident! Kollegen! Liebe Gäste! Ihnen liegt heute ein Antrag vor, der sich zwangsläufig aus unseren bisherigen An trägen im Bereich Wirtschaft ableitet. Wie Sie sich erinnern, haben wir mit dem Antrag auf effizientere Wirtschaftsförde rung eine Verbesserung der Unterstützung von Unternehmen gefordert. Der dann folgende Antrag zur Unternehmensgrün dung und Unternehmensnachfolge machte auf das drängende Thema der über 40 000 fehlenden Unternehmensnachfolger in den nächsten fünf bis zehn Jahren aufmerksam. Die Forderung nach einer Landesinitiative zur Auslastung der vielen nicht ausgelasteten Gewerbegebiete im Land legte den Finger in die Wunde von nicht genutzten Steuermittelinvestitionen, gerade im ländlichen Raum. Unser Antrag zur Fachkräftesicherung forderte eine unbedingte Qualitätsverbesserung bei der Berufs vorbereitung und damit einen besseren Übergang von der Schule in den Beruf. Die Anträge wurden von uns sorgfältig recherchiert und in der Praxis - mit den Betroffenen aus der Wirtschaft - diskutiert.

Alle Anträge wurden von Ihnen unter Missachtung der nicht wegzuwischenden Fakten abgelehnt. Selbst einer Diskussion im Ausschuss verweigerten Sie sich.

Wie aber steht Brandenburg heute wirtschaftlich da? Die Koa lition sagt: „Bestens!“ - Bei der Opposition reicht das Spekt rum von „ganz passabel“ bis „unzureichend“. Aber was sagen die Fakten? Das seit knapp 30 Jahren durchweg SPD-geführte Brandenburg kann trotz üppigem Aufbau-Ost-Programm seine Ausgaben noch immer nicht aus eigenem Steueraufkommen decken. Angesichts der abflauenden Konjunktur wurde von Herrn Görke bereits ein Rückgang der Steuereinnahmen prog nostiziert. Trotz eines dichten Netzes an Wirtschaftsförder strukturen hat das Land es nicht geschafft, größere Industrie unternehmen ins Land zu holen, geschweige denn die für Brandenburg so typischen Klein- und Kleinstunternehmen von Bürokratie und hohen Abgaben zu entlasten. Trotz mehre rer Landesstrategien stehen heute über 40 000 Unternehmen vor dem Problem der ungeklärten Nachfolge. Trotz des seit Langem bekannten demografischen Wandels und der unzähli gen Initiativen, die seit über 20 Jahren dem Problem der Fach kräftesicherung begegnen sollen, steht Brandenburg heute nicht besser da als alle anderen Bundesländer. Trotz der vielen sinnvollen Investitionen in den Aufbau von Gewerbegebieten

konnten diese gerade im ländlichen Raum nicht zur Blüte ge bracht werden. Einem boomenden Speckgürtel rund um Ber lin stehen weiterhin strukturschwache Regionen im Land ge genüber - trotz des Versuchs, mit Regionalen Wachstumsker nen gegenzusteuern. - Meine Damen und Herren, das sind die Fakten!

Warum heute ein weiterer Antrag in der Reihe „Wirtschaft“ von uns? Im Jahr 2021 beginnt eine neue Förderperiode der EU. Mit der Modernisierung der europäischen Kohäsionspoli tik werden weit weniger Mittel aus den EU-Förderprogrammen nach Brandenburg fließen. Auch vom Bund werden die Zu schüsse nicht mehr in der bisherigen Größenordnung fließen. Das erfordert ein grundsätzliches Umdenken in der Förderpoli tik des Landes, weg von dem gescheiterten Ansatz „Stärken stärken!“ hin zu dem Ansatz „Ländliche Regionen nicht abhän gen!“

Mit dem Instrument der Besonderen Wirtschaftsgebiete soll es gelingen, für immer noch unzureichend entwickelte Regionen trotz rückläufiger Förderung weiterhin eine gezielte Unterstüt zung der Entwicklung zu ermöglichen. Ausstrahlungseffekte der einzelnen BWGs - ähnlich wie zwischen Berlin und dem Speckgürtel Brandenburgs - müssen durch die vorhandenen in frastrukturellen Entwicklungskonzepte übergreifend organi siert werden.

All das sind Aufgaben der Landesregierung bei der Erarbeitung des von uns geforderten Konzeptes. Doch nun bin ich zunächst auf Ihre Lösungsvorschläge auf der Grundlage Ihrer jahrelan gen Erfahrungen bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung in Brandenburg gespannt.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der SPD und die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Barthel.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kol legen! Sehr geehrte Gäste! Ehe ich zu Ihrem Antrag komme, Frau Schade, einige Anmerkungen zu Ihrer Einschätzung der Wirtschaftslage: Meinen Sie, dass Rolls-Royce, Mercedes und BASF - ich könnte die Liste fortsetzen - keine großen und er folgreichen Unternehmen im Land Brandenburg sind? Ich sehe das etwas anders.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE - Frau Schade [AfD]: Zitat aus Berlin!)

Der Landesregierung ist es gelungen - gerade am Beispiel Rolls-Royce können wir das nachweisen -, ein Unternehmen auf der grünen Wiese anzusiedeln, das Weltmarktführer in der Turbinenherstellung ist. Ich könnte auch die anderen Behaup tungen, die Sie hier formuliert haben, widerlegen. Offensicht lich haben Sie eine völlig falsche Wahrnehmung der Branden burger Realität.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Um sicherzugehen, wovon wir reden, will ich die Definition

der Sonderwirtschaftszone - Sie nennen es „Besonderes Wirt schaftsgebiet“ - an den Anfang stellen:

„Eine Sonderwirtschaftszone ist ein meist räumlich abge grenztes geographisches Gebiet innerhalb eines Staates, für das rechtliche und administrative Erleichterungen für Investoren bestehen. Diese betreffen in der Regel das Zoll- und Steuerrecht, mitunter aber auch andere Rechts gebiete wie Umwelt-, Arbeits- oder Sozialrecht.“

Schaut man sich den AfD-Antrag an, stellt man fest: Die Be sonderen Wirtschaftsgebiete, die Sie benennen, sind nichts an deres. Es geht also um territoriale Wirtschaftsförderung. Das ist beileibe kein neuer wirtschaftspolitischer Ansatz in Bran denburg. Brandenburg verfolgt seit 2005 mit dem Konzept der Regionalen Wachstumskerne genau diesen Weg. Worin sich dieser Ansatz allerdings grundlegend von dem Konzept der Sonderwirtschaftszonen - wie in Polen - unterscheidet, ist, dass es keine steuerlichen Erleichterungen gibt, auch keine Absen kung der Gewerbesteuerhebesätze, wie von der AfD gefordert; denn dies schwächt nur die betroffene Kommune, stärkt sie je denfalls nicht.

Was die Regierungskoalition generell ablehnt, sind niedrigere Standards im Umwelt-, Arbeits- oder Sozialrecht.

(Beifall SPD und des Abgeordneten Raschke [B90/GRÜ NE])

Wir in Brandenburg setzen auf Förderung, nicht auf den Abbau von Standards.

Die Regionalen Wachstumskerne haben Vorrang bei verschie denen Förderrichtlinien. Außerdem sind verschiedene Förder instrumente ausschließlich den RWKs vorbehalten. Das Kabi nett hat seit 2005 167 Maßnahmen für die RWKs beschlossen. Bis 2017 wurden 108 Maßnahmen vollständig umgesetzt. Im Ergebnis der Abstimmungsrunde 2018 werden weitere sechs Maßnahmen als abgeschlossen gewertet.

Die Landesregierung - zuständig ist das MWE - hat das Kon zept der RWKs extern evaluieren lassen. Fazit: Die Evaluie rung belegt, dass die Konzentration auf die Förderung von Wachstumskernen die Wirtschaft Brandenburgs deutlich vor angebracht hat. Gleichwohl gibt es gute Gründe, über Verände rungen im RWK-Prozess nachzudenken. Das betrifft insbeson dere den räumlichen Zuschnitt der Wachstumskerne, aber auch das Thema „Struktur, Abläufe und Inhalte“.

Dass wir im räumlichen Zuschnitt neue Wege gehen müssen, zeigt auch der Bericht der Enquetekommission zur Entwick lung des ländlichen Raums. Wir brauchen aus meiner Sicht zwei Denkrichtungen:

Erstens. Die Regionalen Wachstumskerne sind mehr als eine Stadt. Mit den sogenannten Mehrlingen haben wir schon ein größeres Territorium im Blick, aber wirtschaftliche Entwick lungen und Verflechtungen sind größer bzw. dichter.

Ich halte den Ansatz, den wir in der Flughafenregion gefunden haben, für einen gangbaren Weg. Der Aufbau eines Regional managements ist aus unserer Sicht ein Instrument, das solche Entwicklungen unterstützt.

Zweite Denkrichtung: Wir brauchen eine noch engere Ver flechtung der RWKs mit dem ländlichen Raum. Der Stadt-Um land-Wettbewerb war da ein richtiger Ansatz. Er muss fortge setzt und vertieft werden.

Noch einige Anmerkungen zu den im AfD-Antrag definierten Besonderen Wirtschaftsgebieten:

Autobahndreieck Dosse: Hier gibt es aus meiner Sicht sehr gu te regionale Entwicklungen, in die in Zukunft auch die Regio nalen Wachstumskerne bis Wittenberge einbezogen werden müssen. Wir haben mit dem Landtagsbeschluss im Jahr 2017 die Möglichkeit eröffnet, dass Regionen mit guten Konzepten auf die gleiche Förderkulisse zurückgreifen können wie die RWKs. Das passiert auch in diesem Wirtschaftsbereich.

Uckermark-Stettin: Auch hier haben wir schon heute eine be sondere Wirtschaftszone, die sich insbesondere aus den erhöh ten Fördersätzen für Grenzregionen ergibt. Wir haben den RWK Schwedt, der sich hervorragend entwickelt, und wir ha ben die Möglichkeit der INTERREG-Programme. Leitmotiv des Kooperationsprogramms mit Polen ist, dass das gemeinsa me Programmgebiet grenzübergreifend zu einer integrierten, infrastrukturell gut vernetzten und nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsregion mit großer Attraktivität entwickelt wird. Das ist also genau der Ansatz, den wir brauchen. Kritisch muss man an der Stelle natürlich anmerken, dass es fast zwei Jahre ge dauert hat, ehe wir auf das INTERREG-Programm zugreifen konnten. Aber das ist eine administrative Frage.

Lausitz: Hier entsteht gerade eine Sonderwirtschaftszone. An ders sind die geplanten Strukturstärkungsmaßnahmen für die Braunkohlereviere nicht zu interpretieren. Brandenburg und Sachsen nutzen die GRW-Experimentierklausel, um einen kreis- und länderübergreifenden Wirtschaftsraum zu schaffen. Wichtig ist dabei, dass administrative Hürden für Direktinves titionen in marktfähige Produkte und Prozesse, Wirtschaftsan siedlungen und Wissenstransfer abgebaut werden. Da gibt es noch viel zu tun. Das betrifft insbesondere sowohl den bau- und zulassungsrechtlichen Rahmen als auch die Verfahrens dauer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, es bleibt ständige Aufga be für Parlament und Regierung, bestehende Wirtschaftsför derinstrumente zu evaluieren und neu zu justieren. Dabei sollte auch die politische Bewertung von Sonderwirtschaftszonen - von Besonderen Wirtschaftsgebieten, wie die AfD sie nennt - erfolgen. Den AfD-Antrag sehe ich als Diskussionsbeitrag da zu.

Aus fachlicher Sicht müssen wir ihn aber ablehnen. Es fehlt beispielsweise Transparenz hinsichtlich der Auswahlkriterien, es gibt keinen Partizipationsprozess der Beteiligten, und der Eingriff ins Steuerrecht - nicht nur in das Kommunalrecht - ist völlig abzulehnen. Daher bitten wir, den Antrag abzulehnen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)