Danke, dass ich die Zwischenfrage stellen darf. Würden Sie mir Recht geben, dass all die Dinge, die Sie jetzt hier, in dieser Aktuellen Stunde, geschildert haben, auf das Verhalten der Landesregierung zurückzuführen sind, die zum Beispiel das Votum der Einwohnerbefragung in Grünheide ignorierte, in der zwei Drittel gegen eine Erweiterung des Tesla-Geländes gestimmt haben? Würden Sie mir auch Recht geben, dass Sie seit 2019 jegliche Einwendungen, die wir als AfD-Fraktion in diesem Parlament vorgebracht haben, um unsere Heimat dort zu schützen, ignoriert haben?
Ich will an der Stelle deutlich sagen, dass Demonstrationen nicht nur grundgesetzlich verbrieft sind, sondern dazugehören.
Es gehört dazu, dass wir unterschiedliche politische Meinungen haben und hier diskutieren. Es ist auch mehr als akzeptabel, dass die Bürgerinnen und Bürger vor Ort verschiedene Möglichkeiten wählen, sich zu äußern.
Aber, weil Sie es gerade ansprechen, Frau Muxel, vielleicht muss man ein bisschen differenzieren und fragen: Wer sitzt denn da im Wald und demonstriert? Lassen Sie uns einige Auszüge von der Internetseite der Protestler betrachten. Dort steht - ich zitiere -:
„Wenn ihr auf dem Weg in den Wald angehalten werdet, sagt am besten immer, dass ihr auf dem Weg zur Mahnwache […] seid. Die Mahnwache ist eine angemeldete Versammlung, daher dürft ihr theoretisch auf dem Weg nicht kontrolliert werden. Bullen halten sich aber nicht immer an ihre eigenen Regeln.“
„Bullen sind aber Arschlöcher und versuchen gerne, Menschen auch noch weitere Straftaten anzuhängen.“
Frau Muxel, diejenigen, die in Grünheide demonstrieren, die in Grünheide vor Ort sind und sich um die Industrieansiedlung Gedanken machen, haben mit diesen Demonstranten nichts, aber auch gar nichts zu tun. Das sollten wir hier sehr deutlich sagen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier kommen wir aber auch zur politischen Verantwortung. Herr Vogel, ich verstehe nicht, warum Sie so lange zugesehen haben, wie im landeseigenen Wald ohne Genehmigung Baumhäuser errichtet oder offene Feuer gemacht worden sind.
Ja, ich sage ganz deutlich: Ich teile die Kritik von Anita Kirsten, der Vorsitzenden der GdP, die hierzu deutliche Worte gefunden hat.
Ich finde es auch - und das sage ich deutlich, wenn auch mit viel Respekt - problematisch, wie sich der eine oder andere der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - auch in der Pressekonferenz - geäußert hat. Meine Damen und Herren, wenn Sie von „Parlamentarischen Beobachtern“ sprechen, lassen Sie sich an der Stelle schon ein bisschen zu willfährigen Helfern instrumentalisieren
- ja, das sage ich ganz deutlich -, weil Sie mit der Art und Weise, Herr Raschke, in einer Pressekonferenz einen Generalverdacht gegenüber unseren Polizistinnen Polizisten aussprechen.
- Dann reden Sie doch einmal mit den Kolleginnen und Kollegen darüber, wie sie Ihre Pressekonferenz erlebt haben. Reden Sie doch mit den Polizistinnen und Polizisten - die auf der genannten Internetseite als „Bullen“ und „Arschlöcher“ bezeichnet werden, um hier noch einmal zu zitieren - darüber, wie Sie Ihre Äußerungen finden.
Herr Raschke, zur Erinnerung: Sie führen eine Regierungsfraktion und tragen hier auch für die Landesbeamtinnen und -beamten Verantwortung. Deswegen ficht es mich an, wenn Sie mit solchen Äußerungen die Polizei unter irgendeinen Generalverdacht stellen.
Meine Damen und Herren, die Erwartung, die ich heute an Ihren Redebeitrag habe, ist, dass Sie sich von der Radikalisierung der Proteste distanzieren. Meine Erwartung ist ganz klar, dass Sie sich hinter die Polizeibeamtinnen und -beamten stellen, die unser Recht und unsere Ordnung durchsetzen. Das ist meine Erwartung, und ich hoffe, dass Sie das in Ihrer Rede heute auch deutlich machen.
Vielen Dank, Kollege Keller, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Meine erste Frage ist: Haben Sie die fragliche Pressekonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verfolgt? Sind Sie wie ich
der Meinung, dass Abgeordnete dieses Landtages das Recht haben, im ganzen Land zu beobachten - also auch am Rande einer Demonstration und möglicher polizeilicher Maßnahmen -, was dort vor sich geht? Haben Sie wahrgenommen, dass es in der fraglichen Pressekonferenz - ich war derjenige, der sich dazu geäußert hat - die ganz klare Aussage gab, die auch in der Presse wiedergegeben worden ist, dass wir uns die Inhalte dieser Demonstrationen nicht zu eigen machen, sondern dass es allein darum geht, dort das Demonstrationsrecht umzusetzen? - Vielen Dank.
Vielen Dank für die Zwischenfrage. Ja, ich habe sie verfolgt. Aber wenn man mit diesem Thema quasi einsteigt und der erste Gedanke in der Pressekonferenz ist, dass man parlamentarische Beobachter dorthin schicken möchte, muss ich sagen, ist das ein Misstrauen gegenüber den Polizeibeamtinnen und -beamten.
- Aber ganz sicher! - Meine Damen und Herren, Herr Klemp, auch Herr Raschke, Sie haben nachher die Gelegenheit und können sich gern von der Art und Weise, wie dort demonstriert und es auf der Internetseite dargestellt wird, distanzieren. Das ist meine Erwartung an Ihre Rede. Das können Sie nachher gerne hier deutlich machen; in der Pressekonferenz ist es nicht deutlich geworden - das sage ich ganz deutlich.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich fortfahren: Um die Sicherheit und Stabilität unserer Wirtschaftsentwicklung zu erhalten und zu stärken, brauchen wir zweitens ein klares Bekenntnis zum Industriestandort Brandenburg. Dazu gehört, dass wir Zusammenhänge deutlich machen, nämlich dass erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung und Unternehmensansiedlungen eben kein Selbstzweck sind; sie sind eine entscheidende Voraussetzung für gut bezahlte Arbeitsplätze und Steuereinnahmen des Staates und der Kommunen. Diese Steuereinnahmen - das sage ich hier ganz klar - sind letztendlich auch notwendig, um den Sozialstaat zu finanzieren; ich finde, darüber sollten wir öfter reden.
Diese Zusammenhänge lassen sich auch anhand der Wirtschaftsdaten belegen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten steigt seit Jahren. Brandenburgs Wirtschaft wuchs 2023 stärker als die aller anderen Bundesländer. Allein 2023 investierten Unternehmen in Brandenburg 2,5 Milliarden Euro. Allein in den Jahren 2022 und 2023 entstanden in Brandenburg über 15 000 neue Arbeitsplätze. Meine Damen und Herren, diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Brandenburg boomt! Diese Entwicklung aber ist kein Geschenk, sondern sie war harte Arbeit und ist dementsprechend auch verdienter Lohn und vor allem das Resultat harter Arbeit der vielen Brandenburgerinnen und Brandenburger. Darauf, meine Damen und Herren, können wir alle gemeinsam stolz sein.
Nein, ich würde gern fortsetzen. - Lassen Sie mich sagen, warum mich der Punkt besonders bewegt; das könnte auch die eine oder andere Frage hier klären. Wissen Sie, ich bin in den 90erJahren groß geworden. Da gab es Menschen, die haben einen Job gelernt, die haben einen zweiten Job gelernt und einen dritten. Da sind Menschen vor Fabriken, vor Industrieanlagen, die geschlossen wurden, auf die Straße gegangen, um für Arbeitsplätze zu demonstrieren. Sie haben sich für etwas eingesetzt. Denn sie mussten es erleben und waren zeitweise auf Arbeitslosengeld und andere Sachen angewiesen. Meine Damen und Herren, das sind ostdeutsche Biografien. Diese Menschen haben im Hinterkopf, wie es ist, wenn es keine Industriearbeitsplätze gibt und die Arbeitslosigkeit bei 20 % liegt. Dass diese Menschen, mit denen ich mich treffe, die mich auch anrufen, nur sehr wenig Verständnis dafür haben, dass da irgendwelche Personen aus Westdeutschland anreisen, die nichts mit Grünheide zu tun haben und hier in den Wäldern sitzen, um weitere Industrieansiedlungen zu verhindern, ist klar - und ich muss sagen, ich persönlich habe dafür auch kein Verständnis.
Dementsprechend brauchen wir ein Bekenntnis zum Industriestandort Brandenburg, weil ohne diese Entwicklung viele Brandenburgerinnen und Brandenburger auf Arbeitslosengeld oder Ähnliches angewiesen wären - ich bin immer ein bisschen erstaunt, wie schnell der eine oder andere so etwas vergisst -, weil ohne diese Entwicklung viele Brandenburgerinnen und Brandenburger nur Mindestlohn verdienen würden und weil ohne diese Entwicklung, ohne diese Einnahmen viele sozialpolitische Maßnahmen - wir reden in diesem Plenum noch über Beitragsfreiheit und Ähnliches - nicht möglich wären.
Meine Damen und Herren, ich bin auch ein bisschen verwundert. Ich dachte in den letzten Jahren eigentlich immer, dass es mit der Fraktion bzw. der Partei Die Linke zumindest bei dem Thema Industriepolitik einen gewissen Konsens gab, nämlich dass wir hier gemeinsam versuchen, Industriearbeitsplätze, gut bezahlte Arbeitsplätze in unserem Land zu schaffen. Da bin ich schon ein bisschen verwundert - auch über Sie, Herr Walter -, wie leichtfertig in der Vergangenheit bei Ihnen über Probleme von Industrieansiedlungen gesprochen wurde: Anstatt darüber zu reden, wie man die Probleme lösen kann, liegt Ihr Schwerpunkt, muss ich sagen, sehr deutlich darauf, alles schlechtzumachen und zu kritisieren. Das finde ich in der Art und Weise sehr herausfordernd.
Lassen Sie mich noch ein zweites Beispiel bringen: Wenn ich sehe, dass Ihre Europa-Spitzenkandidatin, Carola Rackete, nach Grünheide reist
- Carola Rackete, Ihre Spitzenkandidatin -, wäre doch eigentlich zu erwarten - wahrscheinlich auch von Ihren Wählerinnen und Wähler, zumindest aber wäre das meine Erwartung gewesen -, dass sie mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Tesla redet, mit dem Betriebsrat, vielleicht auch mit Unternehmerinnen und Unternehmern. Aber was macht Ihre Spitzenkandidatin? Sie redet nicht mit den 12 500 Mitarbeitern, die sich von dem, was da gerade passiert, auch bedroht fühlen, sondern sie reist ins Protestcamp, schaut sich das an, gibt dort Allgemeinplätze von sich und, so muss ich sagen, solidarisiert sich mit den Protestlern.
Das ist Ihre neue Ausrichtung als Linksfraktion - eben nicht mehr für Industriearbeitsplätze, eben nicht mehr mit den Arbeitnehmern zu sprechen. Ich muss sagen, da bin ich enttäuscht - das mache ich hier ganz deutlich.
Das Bekenntnis zum Industriestandort umfasst aber nicht nur das Werben um Akzeptanz, es geht auch ums Handeln. Dementsprechend will ich hier auch sagen, dass wir Planungssicherheit und schnellere Genehmigungsverfahren brauchen. Ich mache es anhand eines Beispiels deutlich: Wenn ein Unternehmen wie der Folienhersteller ORAFOL Millionen von Euro in Brandenburg investieren will - ein Familienunternehmen, das hier schon seit über 30 Jahren verankert ist -, dann muss das auch funktionieren. Ein Genehmigungsverfahren, das bald drei Jahre dauert - das sage ich hier auch -, ist zu lang. In diesem Punkt müssen wir deutlich besser und auch schneller werden.
Eine der Hauptaufgaben dabei bleibt der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien. Sie sind entscheidend für den klimaneutralen Umbau unserer Industrie, und zwar sowohl für die Stromversorgung als auch für die Wasserstoffproduktion. Klar ist, dass auch das Thema erneuerbare Energie nur mit Akzeptanz umgesetzt werden kann.
Dementsprechend, glaube ich, war es wichtig, dass wir als Koalition gemeinsam den Windeuro und auch den Solareuro auf den Weg gebracht haben. Deswegen ist es weiter wichtig, dass wir uns als Land konkret dafür einsetzen, dass die Netzentgelte sinken. Das kann am Ende, wenn sich der Vorschlag durchsetzt, zu großen Ersparnissen für die Brandenburgerinnen und Brandenburger führen. Denn es ist ja nicht nachvollziehbar, dass die Brandenburgerinnen und Brandenburger dort, wo viele Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien stehen, quasi auch noch mit hohen Strompreisen bestraft werden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch noch zu folgendem Punkt kommen: Sicherheit und Stabilität sind für die wirtschaftliche Entwicklung notwendig, aber auch eine Kultur der Offenheit - und das in zweierlei Hinsicht: Die Unternehmen müssen Interesse daran haben, sich auf Akzeptanz in der Bevölkerung stützen zu können. Hier ist sowohl die Rolle als guter Arbeitgeber wichtig als auch eine transparente Kommunikation gegenüber der Gesellschaft - und ja, in diesem Zusammenhang, glaube ich, hat auch Tesla noch Nachholbedarf.