Protokoll der Sitzung vom 18.06.2024

Ich nenne Ihnen ein Bespiel: das E-Rezept. Es sollte eigentlich Entlastung bringen. Aber das E-Rezept führt zu noch mehr Umständen. Deswegen fordern wir von der Alternative für Deutschland: Jede Neuerung im System muss zuerst darauf hin untersucht werden, ob sie tatsächlich Entlastung bringt.

(Keller [SPD]: Noch mehr Bürokratie!)

Erst wenn das bejaht werden kann, soll die Neuerung in Kraft treten. Aber aktuell schaut das ganz anders aus, denn Flexibilität kennt Links-Rot-Grün nicht. Nein, dort muss alles nach sozialistischen Maßstäben reguliert werden. Und dann wundern sich alle, wenn in diesem Land nichts mehr funktioniert.

(Vereinzelt Beifall AfD - Zurufe von der SPD)

Kommen wir zum Projekt „Pflege vor Ort“: Nur etwa 7 Millionen von knapp 12 Millionen Euro wurden von den Kommunen abgerufen. Das ist nicht viel. Ich habe mal nachgefragt, denn offensichtlich wissen die Kommunen nicht, was sie mit dem Geld anfangen sollen.

(Zurufe von der SPD)

Mit dem Geld wurden Ausflüge finanziert.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Ich will jetzt nicht von Kaffeefahrten sprechen, denn eine Heizdecke konnten sie nicht erwerben. Aber ich frage Sie: Was soll das? Ist in der Landesregierung niemand in der Lage, das Projekt tatsächlich kritisch auszuwerten?

(Beifall AfD - Keller [SPD]: Ja, noch mehr Bürokratie!)

Ich sage Ihnen: Mehr Realitätssinn täte den Ministerien gut. Der täte auch unserer grünen Gesundheitsministerin gut, vor allen Dingen bei der Finanzierung von Pflegeeinrichtungen. Dort macht sie sich nämlich einen schlanken Fuß

(Zuruf des Abgeordneten Raschke [B90/GRÜNE])

nach dem Prinzip Hoffnung: Möglichst viele sollen so lange wie möglich zu Hause bleiben; das ist kostengünstig und gut. Das wünscht sich wahrscheinlich auch jeder von uns. Nur, es wird nicht für jeden funktionieren. Die Versorgung zu Hause und jene im Heim müssen zusammengedacht werden. Alles andere ist unseriös. Wer heute noch zu Hause gepflegt wird, kann morgen schon auf einen Platz in einer Pflegeeinrichtung angewiesen sein. Und wer sein ganzes Leben lang hart gearbeitet hat, hat das Recht, angemessen gepflegt zu werden.

(Beifall AfD)

Darum ist eine Reform des Systems dringend notwendig. Doch hierzu fehlen dem Bund und dem Land der politische Wille. Der Bundesgesundheitsminister doktert an den Problemen herum: 5 % mehr Geld für Pflegeleistungen. Was sagen Sie, bitte schön, dazu? Das ist ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, denn das deckt noch nicht einmal die Inflation der letzten Jahre ab.

(Beifall AfD)

Angehörige pflegen sich kaputt, müssen im Job ihre Stunden reduzieren, zahlen sogar obendrauf. Da sagen wir: Das muss endlich aufhören. Die Pflegearbeit von Angehörigen muss besser vergütet werden.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die Pflege zur nationalen Aufgabe machen. Was kann das Land Brandenburg direkt beitragen? Das Land muss die Zuschüsse zu den Investitionskosten für Pflegeeinrichtungen endlich erhöhen, um Menschen in Pflegeheimen finanziell zu entlasten.

(Beifall AfD)

Wir brauchen auch kreative Lösungen, ja, wie das Modell in Baden-Württemberg. Dort können Angehörige im Heim bei der Pflegearbeit unterstützen und so die Eigenanteile senken. Wir sollten auch neue arbeitnehmerfreundliche Modelle für Pflegeteams ausprobieren. Die Niederlande haben da sehr gut laufende Projekte. Dafür werbe ich heute bei Ihnen, denn das Wohl der Brandenburger, der Menschen in unserem Land, liegt meiner Partei, der Alternative für Deutschland, am Herzen.

(Beifall AfD)

Danke schön. - Der Abgeordnete Lüttmann hat das Wort für die Fraktion der SPD. Bitte schön.

(Beifall SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist selten der Fall, dass man im Land mit einem politischen Thema unterwegs ist und einhellig auf Begeisterung stößt. Aber beim Pakt für Pflege ist das definitiv der Fall.

(Beifall SPD)

Gerade erst war ich bei der Jubiläumsveranstaltung zum 15. Geburtstag des Vereins Gesundheit Berlin-Brandenburg in Potsdam. Zu diesem Verein gehört auch die Fachstelle Pflege im Quartier, FAPIQ. Auch dort wurde wieder einmal hervorgehoben, dass es noch nie ein Landesprogramm gegeben hat, das so schnell in so vielen Städten und Gemeinden angekommen ist und umgesetzt wurde.

Keine Frage: Wir haben in den Koalitionsverhandlungen zu Beginn dieser Legislatur etwas richtig Gutes auf den Weg gebracht.

(Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE)

Ich erinnere mich noch gut, wie Anne Baaske mit dem Plan für den Pakt für Pflege in die Verhandlungen kam und dies sowohl bei Ursula Nonnemacher wie auch bei Roswitha Schier sofort auf fruchtbaren Boden fiel. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, um die Frage aus dem Titel der Aktuellen Stunde zu beantworten: Der Pakt für Pflege ist ein Erfolg und hat ganz klar das Potenzial, zum Exportschlager für andere Bundesländer zu werden.

(Beifall SPD und CDU)

In einigen Bundesländern, Mecklenburg-Vorpommern etwa, wird darüber schon sehr konkret nachgedacht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 2019 ist diese Koalition mit dem Ziel angetreten, würdevolles Altern der Brandenburgerinnen und Brandenburger in allen Landesteilen zu unterstützen. In einem Flächenland wie Brandenburg bedeutet dies große Herausforderungen, da städtische und ländliche Räume sehr unterschiedlich sind.

Das zeigt sich auch beim Blick auf die Bevölkerungsdichte. Während zum Beispiel in Potsdam auf einen Quadratkilometer rund 990 Einwohnerinnen und Einwohner kommen, sind es in der Prignitz nur rund 35. Zwischen den Regionen gibt es auch deutliche Unterschiede, was die Art, Anzahl, Größe der vor Ort tätigen Träger und Pflegeeinrichtungen angeht. Und weil sich die Gegebenheiten im Land so unterscheiden, kann es nicht die eine Lösung für pflegerische Versorgungsstrukturen geben.

Nicht nur die Weite unseres Landes ist eine Herausforderung, sondern im Besonderen die demografische Entwicklung. Das gilt natürlich für alle gesellschaftlichen Bereiche, wie wir jeden Tag feststellen, besonders aber für die Pflege. Man spricht von mindestens 10 000 fehlenden Pflegekräften bis 2030 allein hier in unserem Land Brandenburg. Sie werden vor allem in der ambulanten Pflege fehlen. Denn in Brandenburg werden bereits heute - es wurde schon erwähnt - rund 87 % der rund 185 000 pflegebedürftigen Menschen zu Hause ambulant oder von Angehörigen gepflegt.

Dank höherer Lebenserwartung und medizinischem Fortschritt wird der Anteil älterer Menschen und damit der Pflegebedürftigen weiter steigen. Das ist gut - dass die Leute älter werden -, wird uns aber eine große Kreativität bei der Bereitstellung von Pflegeangeboten abverlangen.

Als Koalition haben wir uns deshalb das Ziel gesetzt, eine bedarfsgerechte Pflegestruktur in den Kommunen zu fördern. Diesem Ziel sind wir mit dem Pakt für Pflege in den letzten Jahren einen großen Schritt näher gekommen. Die vier Säulen des Paktes für Pflege sind dabei das Förderprogramm Pflege vor Ort, der Ausbau der Pflegeberatung, der Ausbau von Tages- und Kurzzeitpflege sowie die Fachkräftesicherung.

Herzstück des Paktes und der Bereich, um den uns wahrscheinlich die meisten Bundesländer beneiden, ist das Förderprogramm Pflege vor Ort. Das Besondere ist, die Kommune, die die Bedürfnisse vor Ort zweifellos am besten kennt, entscheidet, wohin das Fördergeld geht. Dazu zählen beispielsweise Angebote wie regionale Vernetzungsstrukturen, der Aufbau von Helferkreisen, regelmäßige Nachbarschaftstreffs oder Beteiligungsformate wie gemeinsame Mittagstische oder Erzähltheater. Die Folge: Unsere Kommunen sind beim Thema Pflege richtig in Bewegung gekommen.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Ich mache es einmal ganz praktisch. In Oranienburg konnte ich live miterleben, wie die Pflege vor Ort Stück für Stück mit Leben erfüllt wurde. Es hat mich wirklich überzeugt. „Treffpunkt Mensch, Mitmensch“ heißt das Projekt in Oranienburg, das seit dem Jahr 2022 gefördert und vom Märkischen Sozialverein betrieben wird. Um Vernetzungen aufzubauen und das Projekt zum Erfolg zu führen, sind die Verantwortlichen im wahrsten Sinne des Wortes von Tür zu Tür gelaufen. Sie haben sich von Anfang an mit kreativen Ideen eingebracht, keine Wochenend- oder Abendarbeit gescheut. Heute bietet Pflege vor Ort unter anderem Beratung zu Alltagshilfen oder zur Verhinderung von Pflege-

bedürftigkeit. Ein Netzwerk ist entstanden. Es etablierten sich neue Treffpunkte und Veranstaltungen im Stadtgebiet. Mehr als 1 000 Oranienburgerinnen und Oranienburger haben im letzten Jahr an den Veranstaltungen und Treffen teilgenommen. Ich finde, das ist eine beeindruckende Zahl.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Natürlich stehen und fallen diese Projekte mit den beteiligten Menschen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle stellvertretend für so viele Engagierte im Pakt für Pflege den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Märkischen Sozialvereins danken. So, wie es in Oranienburg funktioniert, ist es mir auch aus vielen anderen Orten berichtet worden.

Im Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz hat Ministerin Nonnemacher seit dem Start des Paktes für Pflege regelmäßig über den aktuellen Sachstand berichtet. Es wurde deutlich, dass die Zahl der Kommunen, die beim Programm Pflege vor Ort mitmachen wollen, kontinuierlich gestiegen ist.

Auch das Gutachten des Instituts für Qualität und Patientensicherheit, welches jetzt im Ausschuss vorgestellt wurde, belegt den Erfolg des Paktes für Pflege eindrucksvoll. Die Fachleute bestätigen, mehr als 85 % unserer Kommunen profitieren vom Pakt für Pflege, Tendenz steigend. 664 Projekte wurden im Rahmen der Richtlinie bereits gestartet und rund 90 % der befragten Kommunen bewerten die Teilnahme am Pakt als eine konkrete Verbesserung der Situation pflegebedürftiger Menschen vor Ort. Dieses Zeugnis spricht doch für sich, möchte ich meinen.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war und ist Anspruch der SPD, ja der gesamten Koalition, das Leben der Menschen im Land besser zu machen. Das Fazit der Evaluation ist eindeutig: Der Pakt für Pflege schafft genau das. Er macht das Leben von Pflegebedürftigen und Angehörigen besser. Darauf können wir stolz sein.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Für uns als SPD steht deshalb fest, dass wir dieses Erfolgsmodell, mit dem wir bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen, in der nächsten Legislaturperiode fortsetzen und verstetigen wollen.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Dass der Pakt für Pflege insgesamt nur ein Baustein für gute Pflege sein kann, ist dabei klar. Es bedarf weiterer Maßnahmen, für die jedoch in erster Linie der Bund zuständig ist. Damit meine ich zum Beispiel die weiterhin notwendige Reform der Pflegeversicherung.