Protokoll der Sitzung vom 18.06.2024

Ich eröffne die Aussprache. Zuerst spricht der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Haushaltskontrolle, Herr Abgeordneter von Gizycki.

Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Haushaltskontrolle von Gizycki:

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger!

„Zum Golde drängt, am Golde hängt doch alles.“

Das wusste schon Goethe zu berichten.

(Günther [AfD]: Ist doch schon mal ein guter Einstieg!)

Wie sieht es also mit dem Golde im Land aus? Dieser Frage hat sich der Haushaltskontrollausschuss auch diesmal anhand des Jahresberichtes mit der gewohnten Gründlichkeit gewidmet. Das Jahr 2022 war von zahlreichen Einflüssen bestimmt, die das Regierungshandeln und die Finanzen des Landes deutlich beanspruchten. Coronapandemie und Afrikanische Schweinepest waren noch nicht zu Ende, der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar kam hinzu. Während also 2022 immer noch eine Notsituation aufgrund der Coronapandemie und ihrer unmittelbaren Folgen galt, stellte der Landtag am 15. Dezember 2022 erneut das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Landesverfassung fest. Auch für Finanzpolitiker war das also ein sehr ereignisreiches Jahr.

Der Rechnungshof kommt in seinem Ausblick zu dem Schluss, dass es trotz dieser Krisen in finanzpolitischer Hinsicht eigentlich ganz gut läuft. Dem stimme ich ausdrücklich zu. Natürlich spart der Hof dennoch nicht mit Kritik, wenn er zum Beispiel anmerkt, dass die gute Lage auch den massiven Kreditaufnahmen der letzten Jahre geschuldet ist. Insbesondere das Brandenburg-Paket wirft aus Sicht des Rechnungshofes verfassungsrechtliche Fragen auf.

Dennoch läuft es ganz gut für Brandenburg. Erstmals seit dem Jahr 2018 konnte im Jahr 2022 ein Überschuss erzielt werden. Er betrug 343 Millionen Euro und wurde in voller Höhe der allgemeinen Rücklage zugeführt. Auf die eigentlich geplante Entnahme aus dieser Rücklage in Höhe von 648 Millionen Euro konnte also vollständig verzichtet werden. Die Steuereinnahmen stiegen gegenüber dem Vorjahr - gut, das war Corona, aber immerhin - um 11,4 %. Die Investitionsquote stieg auf über 12 %.

Ja, ein Teil der Mehreinnahmen ist der gestiegenen Inflation geschuldet und führt natürlich auch zu steigenden Ausgaben der öffentlichen Haushalte in den kommenden Jahren.

Vermeintlich bestehende finanzielle Spielräume können sich so schnell wieder in Luft auflösen. Auch andere Risiken wachsen bedrohlich und bedrohen mittelfristig die Haushaltslage. Zu nennen wären hier zum Beispiel die demografische Entwicklung hin zu immer weniger jungen und immer mehr alten Menschen im Land oder die Klimakatastrophe. Diesen Bedrohungen entsprechend zu begegnen und dafür auch Kredite aufzunehmen, halte ich für den richtigen Weg. Das mag verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen, die natürlich geklärt werden müssen, aber es ist die richtige Politik für die Zukunft dieses Landes.

Der Ausschuss hat sich in seinen Beratungen nicht nur mit der Haushaltslage, sondern auch mit der Haushaltsrechnung, und zwar mit der des Jahres 2021, beschäftigt. Hier gab es keine größeren Beanstandungen, wenn man von der unterschiedlichen Rechtsauffassung in Sachen der Zuordnung coronabedingter Ausgaben absieht.

Ich empfehle daher die Entlastung des Verfassungsgerichtspräsidenten, die Entlastung der Landtagspräsidentin und die Entlastung des Landesrechnungshofs für das Rechnungsjahr 2021. Ich empfehle außerdem die Zustimmung zu den vom Ausschuss für Haushaltskontrolle festgestellten Sachverhalten, Beschlüssen und Terminen sowie die Entlastung der Landesregierung für die Haushaltsrechnung.

Zum Schluss möchte ich mich für die konstruktive und erfolgreiche Arbeit im Ausschuss für Haushaltskontrolle, bei der Verwaltung und bei dem Landesrechnungshof bedanken. Ich denke, auch in diesem Jahr haben wir gemeinsam wieder wichtige Themen behandelt und konnten gute Beschlüsse fassen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und CDU sowie vereinzelt Die Linke)

Zu uns spricht nun der Präsident des Landesrechnungshofs, Herr Weiser.

(Vereinzelt Beifall AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Anfang Juni 2013, also vor elf Jahren, wurde der Jahresbericht 2012 beraten, den noch mein Vorgänger Ende 2012 vorgestellt hatte. Bei der Debatte im Landtag hat der heutige Minister Axel Vogel, damaliger finanzpolitischer Sprecher und Fraktionsvorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sinngemäß gesagt, es erstaune ihn, dass seitens eines Präsidenten des Landesrechnungshofs noch nie im Plenum das Wort zu einem Jahresbericht ergriffen worden sei, obwohl ein solches Rederecht im Landtag in der Geschäftsordnung verankert sei. Er bedauere es daher sehr, dass ich nicht zum Abschluss der Beratungen zum Jahresbericht 2012 spreche. Daran erinnere ich mich noch genau, Herr Vogel.

Ich wusste damals aber nicht, dass ich ein solches Rederecht besitze. Danach wusste ich es aber und mir war klar, dass ich dieses Rederecht künftig in Anspruch nehmen würde. Somit ist das heute meine elfte, aber auch letzte Rede vor diesem Parlament. Ich bedanke mich bei Ihnen allen, dass Sie in der Geschäftsordnung ein solches Rederecht ermöglichen.

Neben den jährlichen Berichten zur Haushaltsrechnung und zur Haushaltslage - Herr von Gizycki hat es gerade gesagt - stellen wir im Jahresbericht 2023 neun Beiträge aus sechs Ressorts vor. Das meistbeachtete Thema war und ist unsere Prüfung zum Sportschießen bei der Polizei und der dabei festgestellte nicht nachvollziehbare Verbleib von mehreren tausend Schuss Munition. Wir begrüßen es, dass das Innenministerium unter unserer Beteiligung ein Expertengremium eingesetzt hat, um zukünftig sicherzustellen, dass Munition sicher aufbewahrt und ihr Verbrauch nachvollziehbar dokumentiert wird.

Im Bereich des Sportministeriums mussten wir leider feststellen, dass der Landessportbund mit öffentlichen Geldern nicht ordnungsgemäß umgeht. Schade ist auch, dass die Verantwortlichen des LSB versucht haben, uns gerichtlich zu untersagen, bestimmte Äußerungen im Jahresbericht zu treffen, und dafür erneut Anwaltskosten entstanden sind. Ich bin Minister Freiberg

aber dankbar, dass er im Ausschuss zugesagt hat, seinen Einfluss auf den Landessportbund zukünftig im Sinne eines kooperativeren Verhaltens einbringen zu wollen.

Unsere Presseinformation zum Jahresbericht 2023 hatten wir mit „Quo vadis Schuldenbremse?“ überschrieben. Herr von Gizycki hat es eben auch schon angedeutet. Es gibt mittlerweile unterschiedliche Meinungen zu der Frage, ob die Schuldenbremse eine sinnvolle Regelung ist. Als Rechnungshöfe des Bundes und der Länder haben wir uns dazu nicht geäußert, aber wir haben schon während der Coronazeit, der ersten Bewährungsprobe der Schuldenbremse, auf die verfassungsrechtlichen Grenzen dieser eng auszulegenden Ausnahmeregelung hingewiesen. Nur insoweit haben wir einige der vor dem Verfassungsgericht des Landes jetzt angegriffenen Regelungen in Brandenburg kritisch begleitet. Wir sind - wie Sie - sehr gespannt auf Freitag, wenn das Urteil fallen wird.

Doch egal, wie dieses Urteil ausfallen wird, die finanzpolitischen Herausforderungen werden in den nächsten Jahren nicht geringer werden, und ich wünsche der neuen Leitung des Finanzministeriums in der kommenden Legislaturperiode viel Erfolg bei der Bewältigung dieser Aufgabe. Der heutigen Finanzministerin danke ich für die gute Zusammenarbeit des Ministeriums mit dem Landesrechnungshof, und den Mitgliedern des Haushaltskontrollausschusses danke ich für die langjährige, konstruktive Gesprächskultur, die wir miteinander gepflegt haben. Wir wissen es im Landesrechnungshof zudem zu schätzen, dass wir anders als in vielen anderen Bundesländern hier sogar einen eigenen Ausschuss haben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Das Schicksal der letzten Rede werden Sie heute und die nächsten Tage mit einigen Abgeordneten teilen. Auch wir bedanken uns für die konstruktive Zusammenarbeit. Ihnen alles Gute!

(Allgemeiner Beifall)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Noack.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Haushaltsrechnung und wie gesagt der Jahresbericht 2023 des Landesrechnungshofs sind Thema. Der Landesrechnungshof, Herr Weiser, ist nicht nur der kritische Begleiter der Landesregierung, sondern vor allen Dingen der zuverlässige Berater und Frühindikator der Finanzpolitik für den Landtag selbst. Jetzt steht im Landesrechnungshof ein Generationenwechsel an. Ich möchte mich bei Präsident Christoph Weiser, Vizepräsidentin Dr. Sieglinde Reinhardt, Direktor Thomas Kersting sowie ihren Kolleginnen und Kollegen bedanken. Ich hoffe, Sie richten das aus.

(Vereinzelt Beifall B90/GRÜNE)

Meinem Leitspruch „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ ist Ihr Haus in exzellenter Weise nachgekommen. Genießen Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen Ihren bald beginnenden „Unruhestand“. Das neue Gesicht des Landesrechnungshofs steht mit

Direktor Harald Kümmel am Startblock. Er wird Ihre Arbeit sicher erfolgreich fortsetzen.

2023 stand für den Landesrechnungshof im Zeichen der Prüfung des Rundfunks Berlin-Brandenburg. Man kann heute feststellen, dass sich mehr als 90 % der Empfehlungen der beiden Landesrechnungshöfe von Berlin und Brandenburg im neuen RBB-Staatsvertrag wiederfinden. Das ist gut so. Der Kontrollausschuss hat sich in gewohnter fachlich fundierter Weise mit den neun Einzelberichten befasst.

Wenn auch der Verbleib von Tausenden Patronen im Bereich des Sportschießens bei der Polizei nicht mehr aufzuklären sein wird, so werden die Prüfungen auch zukünftig dafür sorgen, dass das Verwaltungshandeln verbessert wird und Landesmittel effizienter und nachvollziehbarer eingesetzt werden. Die Fachministerien haben die Prüfberichte nicht nur ernst genommen, sondern darüber hinaus auf Augenhöhe mit dem Landesrechnungshof an der Beseitigung von Defiziten und Missständen gearbeitet - und dies, bevor die Prüfberichte veröffentlicht wurden.

Gestatten Sie mir noch einige grundsätzliche Hinweise. Erstens: Das strukturelle Defizit wurde zwar 2022 auf 325 Millionen halbiert, das darf aber nicht als Signal für eine Entwarnung hinsichtlich der Haushaltslage verstanden werden. Bei Ausgabendisziplin ist auch diese Situation beherrschbar. Der wichtigste Player auf dem Spielfeld, um beim Fußball zu bleiben, ist allerdings der Landtag selbst, der seine Ausgabenwünsche unter Kontrolle halten muss.

Zweitens: Die Zuweisungen an unsere Kommunen sind auskömmlich, auch die Investitionen sind höher als noch 2019. An der Verstetigung der Verbundquote auf 22,43 % sollte festgehalten werden. Die Kommunen haben sich in den letzten Jahren entschuldet, das Land hat sich krisenbedingt verschuldet. Im Symmetriegutachten wurde übrigens eine Absenkung der Verbundquote auf 21,24 % vorgeschlagen.

Drittens: Der Landtag sollte sich bei der Konsolidierung wieder verstärkt dem Thema der Pensionsverpflichtungen widmen. Der Versorgungsfonds ist zwar mit knapp einer Milliarde Euro gefüllt, es ist aber kein abgeschlossenes und kein geschlossenes System.

Mein zweiter Grundsatz „Spare in der Zeit, so hast du in der Not“ sollte mehr Berücksichtigung finden. Falls - der Landesrechnungshof ist so wichtig - die Präsidentin mir noch eine Sekunde gestattet, noch zwei Sätze.

Die Sekunde ist vorbei.

Wir sind besser durch die Krise gekommen, als manche Pessimisten - auch in diesem Plenum vertreten; man schaue nur nach rechts oder links - vermutet hätten.

(Zuruf von der Fraktion Die Linke: Na, na, na!)

Mein dritter Grundsatz: Nicht Pessimisten gestalten die Zukunft, sondern Optimisten. - Wozu Sie sich zählen können, können Sie in den Reden der letzten viereinhalb Jahre nachlesen. Wir haben

jedenfalls unsere Kommunen nicht im Regen stehen lassen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Herr Abgeordneter Noack, Ihre Redezeit ist längst abgelaufen. Lassen Sie noch eine Zwischenfrage zu?

Ja.

Herr Abgeordneter Dr. Zeschmann, bitte.

Vielen Dank Herr Noack, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben eben gesagt: In guten Zeiten sparen, um für die Zukunft vorzusorgen. - Sie haben es minimal anders formuliert.

Dann muss ich doch einmal nachfragen, warum Sie das, als Sie hier regiert haben - mit Ihrer Koalition - in den letzten Jahreshaushalten denn nie umgesetzt, keine Prioritäten gesetzt, nichts eingespart und nicht für die Zukunft vorgesorgt, sondern - im Gegenteil - immer weitere Kredite angehäuft haben, sodass es jetzt das größte Kreditvolumen ist, das wir jemals in Brandenburg hatten.

Die Frage ist angekommen. - Herr Abgeordneter Noack, bitte.

Dr. Zeschmann, mit dem Landesrechnungshof pflegen wir einen intensiven fachlichen Austausch. Ich schätze den Landesrechnungshof sehr, und ich bedauere es sehr, dass Herr Weiser ausscheidet.