Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich zur 32. Sitzung des Landtages Brandenburg. Ich begrüße die Abgeordneten, unsere Regierung und natürlich auch alle Zuschauerinnen und Zuschauer außerhalb des Saals, die die Plenarsitzung mitverfolgen.
Es ist immer schön, wenn man eine Sitzung mit der Bekanntgabe eines angenehmen Ereignisses eröffnen darf. Heute hat wieder jemand von Ihnen Geburtstag: Ich gratuliere Frau Hiekel ganz herzlich zu ihrem Geburtstag!
Meine Damen und Herren, die heutige Sondersitzung des Landtages Brandenburg findet gemäß Artikel 64 Abs. 1 der Landesverfassung und § 17 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Verlangen der Landesregierung statt, und zwar zu dem Beratungsgegenstand „Information der Landesregierung zu den Ergebnissen der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit der Bundeskanzlerin vom 19. Januar 2021 zur weiteren Bekämpfung der Corona-Pandemie“.
Gibt es Ihrerseits Bemerkungen zum Entwurf der Tagesordnung? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über die Tagesordnung abstimmen. Wer ihr zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist die Tagesordnung einstimmig beschlossen.
Für den heutigen Sitzungstag wurde die Abwesenheit der Damen und Herren Abgeordneten Baier, Freiherr von Lützow, Kalbitz, Lux, Möller, Nicklisch, Nothing, Vogelsänger und Dr. Zeschmann angezeigt.
Gibt es vor Eintritt in die Tagesordnung Ihrerseits Bemerkungen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 1 auf.
TOP 1: Information der Landesregierung zu den Ergebnissen der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit der Bundeskanzlerin vom 19. Januar 2021 zur weiteren Bekämpfung der Corona-Pandemie
Meine Damen und Herren, für die Landesregierung spricht Herr Ministerpräsident Dr. Woidke. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte mich ganz herzlich bedanken, dass wir heute zu dieser Sondersitzung zusammenkommen und die Landtagspräsidentin damit meiner Anregung gefolgt ist. Zugleich wünsche ich mir - und ich glaube, das
ist für viele von Ihnen nachvollziehbar -, dass wir diese Art von Sondersitzungen im Laufe der nächsten Monate deutlich seltener haben werden - deutlich weniger, weil es uns gelingen wird, die Pandemie zurückzudrängen, deutlich weniger aber auch, weil ich hier im Hohen Haus gern wieder öfter zu anderen Themen sprechen möchte: zur Industriepolitik, zu Wirtschaftsansiedlungen, zu erneuerbaren Energien, zur Zukunft unseres Landes, zu Brandenburg als Gewinnerregion der 20er-Jahre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin sicher, das wird bald wiederkommen, und es geht mir so wie Ihnen: Ich freue mich jetzt schon darauf.
Gestern haben die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder gemeinsam mit der Bundesregierung vereinbart, die bestehenden Einschränkungen bis zum 14. Februar zu verlängern, und wir haben gleichzeitig gemeinsam notwendige Konkretisierungen vorgenommen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, geschah auch in dem Wissen um neue, hochgefährliche Virusvarianten. Mir ist es wichtig, Sie darüber zu informieren und mit Ihnen in einen konstruktiven Austausch zu treten, bevor wir - die Landesregierung Brandenburg - die Vereinbarung morgen im Kabinett in eine Verordnung umsetzen werden.
Ich spreche bewusst von Konkretisierungen, denn ich habe mich ganz klar gegen komplette Betriebsschließungen, gegen radikale Einschränkungen bei den privaten Kontakten oder auch gegen eine komplette Schließung von Kitas und Schulen ausgesprochen.
Ich weiß, der Kampf gegen das Coronavirus ist eine Daueranstrengung, die uns alle unglaublich viel Kraft kostet. Ich weiß, dass die Einschränkungen, die Entbehrungen, die Doppel- und Dreifachbelastungen nerven, schlauchen und viele Menschen auch mürbemachen. Viele Menschen sind in diesem zweiten Lockdown am Rande Ihrer Kräfte angelangt.
Aber es gibt auch etwas Gutes: Es besteht Hoffnung. Es besteht berechtigte Hoffnung, und der Impfstoff und die begonnenen Impfungen geben uns allen Anlass dazu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit den Impfungen stehen wir vor der größten logistischen Herausforderung, die unser Land Brandenburg jemals zu bewältigen hatte. Deshalb ist es schon fast normal, dass nicht alles von Anfang an an jeder einzelnen Stelle reibungslos läuft. Ja, auch ich habe mir den Impfstart vor etwas mehr als drei Wochen anders vorgestellt. Aber Brandenburg hat mittlerweile deutlich aufgeholt, und wir sind jetzt, auch was die Impfungen betrifft, im guten bundesdeutschen Durchschnitt.
Ich möchte den vielen Menschen danken, die es möglich gemacht haben, dass wir in wenigen Wochen schon mehr als 40 000 Menschen impfen konnten. Dafür mein Dank an die Ärztinnen und Ärzte, an die Pflegerinnen und Pfleger, Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, Ehrenamtliche unserer Hilfsorganisationen und natürlich auch an das Team von Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher.
Ja, wir hätten gern deutlich mehr Impfstoff, um einfach schneller voranzukommen. Und ja, wir sind aufgrund des Mangels an Impfstoff weiter gezwungen, Prioritäten zu setzen, weil die Impfstoffmengen auch in den kommenden Wochen noch deutlich zu gering sein werden.
Klare Priorität haben für uns diejenigen, die am verletzlichsten sind: Die rund 25 000 Bewohnerinnen und Bewohner in den Pflege- und Alteneinrichtungen. Sie alle werden bis Mitte Februar ein Impfangebot erhalten, und sie erhalten auch die zweite notwendige Dosis. Dafür hat Brandenburg vorsorglich Impfstoff reserviert.
Wir waren uns in der gestrigen Ministerpräsidentenkonferenz gemeinsam mit der Bundeskanzlerin einig, dass allen Impfwilligen in Deutschland bis Ende des Sommers ein Impfangebot gemacht werden soll.
Wir waren uns gestern auch einig, dass wir jetzt alle Kräfte bündeln müssen, damit dieser Lockdown keine unendliche Geschichte wird, damit wir bald wieder zurückkönnen in unser normales Leben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Grundregel ist einfach: so wenig Kontakte zu anderen Menschen wie möglich und so viele Kontakte wie wirklich nur unbedingt nötig. Das ist der wichtigste Beitrag, das ist der Beitrag, den jeder einzelne von uns leisten kann und leisten muss, und es ist die Grundphilosophie hinter allen Regeln und Maßnahmen, die wir gemeinsam mit der Bundesregierung verfolgen.
Erstens die Verlängerung der bestehenden Einschränkungen bis 14. Februar. Wir werden rechtzeitig erneut zusammenkommen, um dann angesichts der aktuellen Zahlen neu zu beraten. Ich hoffe sehr, dass dies dann auch mit ersten Szenarien für Lockerungen verbunden sein wird. Februar und März sollen die Monate der Hoffnung und der Zuversicht werden. Das gelingt umso besser, wenn sich jetzt alle gemeinsam an die Regeln halten, die bestehen.
Zweitens: Wir wollen weiterhin alles dafür tun, private Kontakte zu vermeiden. Es wird in Brandenburg wie auch in den anderen Bundesländern bei der Ein-Haushalt-plus-eine-Person-Regel bleiben. Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr - ich glaube, auch das ist nachvollziehbar - sind von dieser Regel weiterhin ausgenommen.
Viertens: Im öffentlichen Personennahverkehr und in Geschäften wird eine Pflicht zum Tragen medizinischer Masken eingeführt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts der Lage ist auch die weitere Reduzierung von Kontakten im Beruf erforderlich. Dazu wird der Bund zeitnah eine Verordnung erlassen, wonach Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber überall dort, wo es möglich ist, den Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice ermöglichen müssen, sofern die Tätigkeiten dies zulassen. Für den großen Bereich, in dem Homeoffice nicht möglich ist, muss die Raumbelegung reduziert werden und/ oder es sind medizinische Masken einzusetzen.
Auch für Alten- und Pflegeheime müssen weitere besondere Schutzmaßnahmen getroffen werden: So wird den Beschäftigten
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind unbestritten harte Maßnahmen, aber es ist nichts, was uns an den Rand der Verzweiflung führen muss. Es wird uns aber helfen, schneller unser Ziel zu erreichen, nämlich einen Inzidenzwert von deutlich unter 50.
Diese Einschränkungen müssen natürlich weiter von ganz konkreter Unterstützung begleitet werden: So werden wir als Land Brandenburg die Beiträge der Eltern übernehmen, deren Kinder nicht die Kita besuchen müssen. Wenn die Betreuung von Kita-Kindern zu Hause erfolgen kann, trägt das Land diese Kitabeiträge.
Bundestag und Bundesrat haben beschlossen, dass der Zeitraum des Bezugs von Kinderkrankengeld verdoppelt wird. Ich freue mich, dass die Vereinbarung vom 5. Januar mittlerweile umgesetzt wurde - auch das ist von großer Bedeutung für die Akzeptanz unserer Beschlüsse.
Das Tempo bei der Auszahlung der Hilfen für Soloselbstständige und Unternehmen hat viel Kritik - zu Recht - hervorgerufen. Noch schneller wäre mir durchaus recht gewesen. Aber mittlerweile können wir konstatieren, dass auch hier das Tempo deutlich zugelegt hat. Und das ist der Weg, auf dem wir weiter intensiv arbeiten müssen.
Weiterhin ist vom Bund zugesichert, dass die Überbrückungshilfe III deutlich ausgebaut wird und die Förderhöchstbeträge für Unternehmen und Soloselbstständige angehoben werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vernunft, Geduld, Solidarität und Zuversicht - das sind unsere wichtigsten Mittel in dieser Pandemie.
Dort, wo diese Mittel zur Neige gehen, sollten wir uns gegenseitig Mut machen und die Bestände durch Mitmenschlichkeit und Solidarität auffüllen.
Mut machen kann ganz einfach sein: beispielsweise den Lieferdienst geschlossener Geschäfte nutzen, Kolleginnen und Kollegen, die Kinder betreuen oder Angehörige pflegen, den Rücken freihalten, Angestellte ins Homeoffice schicken oder den Nachbarn, der vielleicht nicht mehr so mobil ist, zur Impfung fahren. Ich weiß, dass das viele Brandenburgerinnen und Brandenburger machen, ob jung oder alt - und auch dafür meinen ganz, ganz herzlichen Dank!
Meinen Dank auch den vielen, die mir schreiben und ganz konkrete, hilfreiche Vorschläge machen, um die Pandemie zu besiegen. Vieles davon machen wir, und dazu gehört ganz klar auch unser Fokus auf unsere Kinder in Kita und Schule.
Viele fordern in Schreiben an die Landesregierung: Bleiben Sie bitte beharrlich! - Ja, das bleiben wir, und das müssen wir auch bleiben. Ich bin ganz sicher: Dann werden wir bald schon mehr sehen als nur ein Licht am Ende des Tunnels, dann werden wir alle miteinander den langen Corona-Tunnel endlich hinter uns lassen. Dieses Ziel zu erreichen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dafür lohnt jede Mühe.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Es folgt jetzt Frau Ministerin Nonnemacher für die Landesregierung. Bitte schön.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erinnern uns: Auf ihrer Konferenz am 5. Januar hatten die Ministerpräsidenten und -präsidentinnen vereinbart, am 25. Januar zur nächsten Beratung zusammenzukommen - in Anbetracht der eingeschränkten Datenerfassung während der Feiertage Ende Dezember und den vielen Nachmeldungen zu Beginn des Januars eine weise Entscheidung, da erst ab Mitte des Monats eine verlässliche Datengrundlage zu unterstellen war.
Sehr beunruhigende Nachrichten über die Ausbreitung von Virusmutanten mit höherer Infektiosität haben aber dazu geführt, dass die MPK auf den 19.01. vorgezogen wurde: Seit dem 19.12.2020 berichten britische Behörden von einer neuen SARSCoV-2-Virusvariante B.1.1.7, die sich vermutlich bereits seit dem Herbst in Großbritannien sehr schnell ausbreitet und wesentlich leichter von Mensch zu Mensch übertragbar ist als bisher zirkulierende Varianten. Der sogenannte R-Wert ist bei der Mutante um 0,4 bis 0,7 erhöht. Die Inzidenzen sind zum Beispiel in Irland innerhalb von vier Wochen von weniger als 100 auf mehr als 800 pro 100 000 Einwohner gestiegen, mit maximaler Belastung - ja Überlastung - des dortigen Gesundheitssystems.
Bisher gibt es - bei der begrenzten Datenlage - noch keine Hinweise auf schwerere Krankheitsverläufe oder eine verringerte Wirksamkeit der Impfstoffe. Es ist noch nicht abschließend geklärt, wie sich die neue Variante auf das Infektionsgeschehen in Deutschland auswirkt.
Isolate dieser Linien sind weltweit in zahlreichen Ländern identifiziert worden. Aus Tschechien und Österreich wird bereits ein Anteil von 10 % gemeldet. In Deutschland wurden dem RKI vereinzelt Fälle dieser Mutanten übermittelt. Heute früh wurden in Berlin drei weitere Fälle bestätigt, beunruhigenderweise ohne eine Reiseanamnese.
Die WHO berichtet außerdem von einer weiteren neuen Virusmutante in Südafrika, die möglicherweise ebenfalls mit einer höheren Übertragbarkeit einhergeht. Auch davon sind einzelne Fälle in Deutschland berichtet. Bisher wird die Wirksamkeit des Impfstoffes von BioNTech/Pfizer für beide Mutanten bestätigt.