Protokoll der Sitzung vom 20.01.2021

Die WHO berichtet außerdem von einer weiteren neuen Virusmutante in Südafrika, die möglicherweise ebenfalls mit einer höheren Übertragbarkeit einhergeht. Auch davon sind einzelne Fälle in Deutschland berichtet. Bisher wird die Wirksamkeit des Impfstoffes von BioNTech/Pfizer für beide Mutanten bestätigt.

Im Januar 2021 ist in Manaus in Brasilien eine weitere neue Virusvariante aufgetreten, die zu Reinfektionen bei Personen mit bereits durchgestandener Covid-Infektion geführt haben soll. Eine Umgehung des Immunsystems versus erworbener Immunität gegenüber Covid-19 wird diskutiert und die Wirksamkeit der aktuellen Impfungen hinterfragt. Das ist natürlich besonders bedrohlich.

Zudem wurden möglicherweise neue Varianten in einem Krankenhaus in Garmisch-Partenkirchen sowie in Flensburg identifiziert, die im Nationalen Referenzlabor in der Charité typisiert werden. Die Bedeutung dieser Typen ist bislang unklar. Es liegen nur begrenzte Erkenntnisse zur epidemiologischen Ausbreitung dieser Varianten in Deutschland vor, da nur in wenigen, meist universitären medizinischen Fachlaboratorien eine entsprechende Spezialanalytik möglich ist.

Zur Einschätzung der weiteren epidemiologischen Lage, der Wirksamkeit der Impfstoffe und spezieller Maßnahmen im Rahmen von Ausbrüchen und Hotspot-Strategien sind routinemäßige stichprobenartige Untersuchungen auch in Deutschland dringend notwendig. Die Verordnung zur Durchführung und Abrechnung der sogenannten Sequenzierungen und Meldungen an das Robert Koch-Institut für eine kontinuierliche Surveillance der Covid-Mutanten in Deutschland ist gestern in Kraft getreten. 5 % der positiven PCR-Tests sollen sequenziert werden. Die Kostenerstattung durch den Bund beträgt 220 Euro pro Sequenzierung.

Bei uns in Brandenburg wird die Sequenzierung am CTK in Cottbus aufgebaut. Ein Antrag auf Förderung eines medizinischen Diagnostiklabors in Kooperation mit der TH Wildau ist in Arbeit. Auch das Ernst-von-Bergmann-Klinikum in Potsdam hat eine Kooperation zur Genomsequenzierung auf den Weg gebracht.

Trotz der sich jetzt erstmals abzeichnenden Stabilisierung der Infektionswerte in Brandenburg auf immer noch sehr hohem Niveau - heute haben wir 826 Neuerkrankungsfälle und eine 7-Tage-Inzidenz von 224,6 - und einer sich abzeichnenden Rückläufigkeit des Infektionsgeschehens in der Bundesrepublik insgesamt sind die geschilderten Entwicklungen in höchstem Maße besorgniserregend. Allein die Variante B.1.1.7. weist eine sechs- bis achtmal höhere Wachstumsgeschwindigkeit pro Monat auf und könnte erste Erfolge in der Eindämmung schnell konterkarieren. Ohne diese neuen Entwicklungen hätte es das gestrige, sehr ausgedehnte Treffen nicht gegeben.

Trotz der erkennbaren Pandemiemüdigkeit dürfen wir jetzt nicht nachlassen - denn für die Mutationen gilt umso mehr das, was auch für die vorherrschende Variante gilt: Wir müssen ihr mit strikten Eindämmungsmaßnahmen begegnen und das Infektionsgeschehen endlich weit unter die Grenze von 50 pro 100 000 Einwohner drücken. Die anlaufenden Impfungen allein können uns nicht retten. Der weltweit bestehende immense Bedarf an Impfstoffen bedeutet, dass noch viele Monate vergehen werden, bis genügend Menschen geimpft sind, um weitere Infektionswellen zu verhindern. Es bleibt dabei: Wir müssen gemeinsam weiter an der Eindämmung arbeiten! - Ich danke Ihnen.

Es folgt eine Kurzintervention von Frau Dannenberg. Bitte schön.

Frau Ministerin Nonnemacher und Herr Dr. Dietmar Woidke haben uns heute sehr deutlich gemacht, wie schwierig die Situation ist. Gerade Frau Nonnemacher hat noch einmal erklärt, wie hoch infektiös die Mutation B.1.1.7 ist und dass - so habe ich auch die Kanzlerin gestern verstanden - insbesondere Kinder und Jugendliche betroffen sein werden.

Weder der Ministerpräsident noch Ministerin Nonnemacher haben sich jetzt zum Thema Schule geäußert. Wie soll es weitergehen? Wir haben heute auch gehört, dass die Bundesländer anscheinend wieder ganz unterschiedliche Entscheidungen treffen werden; Sachsen schert bereits aus und will die Grundschulen öffnen.

Ich möchte von der Landesregierung wissen: Inwiefern halten Sie an der Eindämmungsverordnung und der Regelung fest, dass unsere Abschlussklassen nach wie vor zum Präsenzunterricht an den Schulen zusammenkommen - trotz der Lage, die Sie

gerade eindrucksvoll geschildert haben? Geht es uns hier im Landtag um den Gesundheitsschutz von Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften, oder geht es hier ausschließlich um Prüfungen? - Vielen Dank.

Das war eine Frage an Frau Ministerin Nonnemacher, auch wenn das nicht ihr Gebiet ist. - Möchten Sie darauf antworten?

Das Kabinett hat dazu erste Verständigungen aufgenommen. Wir diskutieren ja noch weiter. Die Verordnung steht auf der Tagesordnung der morgigen Kabinettssitzung um 13 Uhr. Bisher ist das Meinungsbild so, dass wir die Aussetzung des Präsenzunterrichts an den Schulen so fortsetzen werden und dass es bei der Beschlusslage von Mitte Dezember bleibt.

Wir fahren mit dem Redebeitrag des Abgeordneten Dr. Berndt für die AfD-Fraktion fort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal freuen wir uns, dass unsere wiederholten Anträge auf Sondersitzungen immerhin den Effekt hatten, dass dieses Mal erstmalig die Landesregierung von sich aus eine Landtagssitzung einberuft.

(Zurufe: Das ist das zweite Mal!)

- Dann ist es das zweite Mal. Wir freuen uns dennoch, dass unsere Initiativen immerhin diesen Effekt hatten.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir erinnern uns:

„Der Landtag stellt fest:

1. Trotz bereits seit dem Jahr 2012 bestehender Prognosen, welche die jetzige Situation vergleichsweise präzise voraussagten, wurden sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene massive Versäumnisse im Bereich pandemiebedingter Vorbereitungsmaßnahmen und dem eigentlich gebotenen Vorhalt erforderlicher Schutzausrüstungen begangen.

2. Es fehlen immer noch wichtige wissenschaftliche Daten zu SARS-CoV-2 bzw. COVID-19. Eine korrekte, dunkelzifferbereinigte Infektions-, Letalitäts- und Immunisierungsstatistik durch entsprechende Studienergebnisse ist für eine vollständige Einschätzung der Lage und ein angemessenes weiteres Vorgehen unabdingbar.

3. Die bestehenden Corona-bedingten Ausgangsbeschränkungen und die Schließung von Geschäften, Schulen und anderen Einrichtungen sind für die heimische Wirtschaft und Bevölkerung derart gravierend, dass sie schnellstmöglich schrittweise und im Einklang mit trotzdem bestehenden Maßnahmen zum Infektionsschutz heruntergefahren und

schließlich ganz beendet werden müssen. Die Schäden an Leib, Leben, Wohlstand und Glück der Bevölkerung durch den sog. Shutdown übersteigen ansonsten zwangsläufig die Schäden durch die Pandemie.

[…]

Aufgrund eines vermuteten Maximalschadensszenarios wird das Gesellschaftsleben stillgelegt und in Kauf genommen, dass unsere Wirtschaft kollabiert.“

Das, sehr geehrter Herr Ministerpräsident und sehr geehrte Damen und Herren, haben wir im Antrag auf Drucksache 7/1042 vom 15. April 2020 geschrieben. Es mag sprachlich Wünsche offenlassen, trifft aber inhaltlich ins Schwarze - und das auch heute noch, ein Dreivierteljahr danach.

Und das, sehr geehrter Herr Ministerpräsident und sehr geehrte Damen und Herren links von der AfD-Fraktion, ist nicht unser Verdienst - es ist Ihre Schande, denn es beweist, wie verrannt und wie verstockt die Landesregierung, Ihre Koalition und auch die eingebettete Opposition der Linken in dieser Corona-Politik sind.

Sie haben sich schon lange verrannt. Aber die aberwitzigen Beschlüsse des jüngsten Seuchenkabinetts und Ihre „Konkretisierungen“ markieren eine neue Qualität von Ignoranz und Arroganz der Macht. Es erweckt den Eindruck, als befände sich dieses Kabinett in einem geistigen Lockdown. Es reagiert auf Corona wie Honeckers Politbüro auf Gorbatschow. „Fakten ohne Fakten schaffen“, titelte das Blog „Achgut“ gestern über einem Kommentar zur angekündigten Lockdown-Verschärfung - „Konkretisierung“ heißt es nun.

Aber es ist ja noch schlimmer: Sie, nämlich die Bundes- und die Landesregierung, schaffen Fakten gegen Fakten. Denn obwohl die Bettenbelegung mit Covid-19-Patienten seit Tagen einen Rückgang des Epidemiegeschehens anzeigt, verfügen Sie weitere „Konkretisierungen“ Ihres Corona-Regimes; andere nennen es Corona-Diktatur. Wie borniert muss man eigentlich sein, um in dieser Situation und nach monatelanger Gängelung der Bevölkerung so etwas zu beschließen? Wie kaltherzig muss man sein, um nunmehr beispielsweise das Tragen medizinischer Masken zu verordnen, nachdem vorher über acht Monate lang jeder Lappen für den Infektionsschutz und die Befolgung der AHA-Regeln ausreichend war? Wie unverfroren muss eine Regierung sein, um die Bürger über Monate an der Nase und am Mund herumzuführen?

Vor allem aber: Wie ignorant und kaltherzig müssen eine Regierung und die sie tragenden Parteien sein, um eine Politik durchzusetzen, die im Namen von Risikogruppen, die nachweislich weiterhin nicht ausreichend geschützt werden und deren Schutz ausgerechnet die Gesundheitsministerin hier im Landtag als Sozialdarwinismus diffamierte, ungezählte medizinische, wirtschaftliche, soziale und politische Opfer in Kauf nimmt?

Diese Fragen, sehr geehrte Damen und Herren, stellen sich immer mehr Menschen im Land, und das zu Recht.

(Zuruf: Immer weniger!)

„Die Stimmung kippt“, schreibt die IHK Ostbrandenburg in einem Positionspapier am 18. Januar 2021, also vorgestern.

Ich zitiere:

„Der Ton vieler Betroffener wird erheblich schärfer. In den letzten Tagen erreichten uns Telefonanrufe, die Proteste, Streiks oder zivilen Ungehorsam fordern. Ebenso erreichen uns Anrufe verzweifelter, ja sogar weinender Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihre Existenzen zugrunde gehen sehen. Das darf uns nicht egal sein“,

appelliert der Präsident der IHK an die Brandenburger Bundestags- und Landtagsabgeordneten. Offensichtlich hat auch er das Empfinden, dass der Regierung und ihren parlamentarischen Paladinen die Nöte der unter dem Corona-Regime Leidenden egal sind.

Ja, die Beschlüsse der jüngsten Konferenz markieren eine neue Qualität von Ignoranz und Arroganz.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich werde keine Zwischenfragen gestatten, solange die AfD in dieser Art und Weise diskriminiert wird.

Herr Abgeordneter, Sie wiederholen Ihren, ich wiederhole meinen Kommentar nicht, aber Sie kennen ihn. Bitte schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - In unserem eingangs zitierten Antrag vom 15. April 2020 haben wir festgehalten - ich zitiere -:

„Die AfD-Fraktion sieht das SARS-CoV-2 Virus als gesundheitliche Bedrohung. Maßnahmen zur Eindämmung sind wichtig und können kurzfristig“

- kurzfristig! -

„auch an einem Maximalschadensszenario ausgerichtet sein. Es muss aber Wille der Regierung sein, diesen Weg so schnell wie möglich zu verlassen und ein realistisches Lagebild zu schaffen, um die Wirtschaft und die Demokratie nicht irreparabel zu schädigen.“

Und nun, neun Monate später, haben Sie nichts, aber auch gar nichts getan, um ein realistisches Lagebild der Coronaepidemie zu zeichnen, und das markiert ein unglaubliches und „unverzeihliches“ Regierungsversagen.

Von dieser schiefen Basis aus treiben Sie Zehntausende Unternehmen in die Insolvenz, droht eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen verloren zu gehen und verletzen Sie 14 von 17 Grundrechten.

Zitat:

„Wir haben weiterhin keine Richtschnur, keinen Kompass definiert und hangeln uns daher weiterhin von Lockdown zu Lockdown.“

Das sagte der Bonner Virologe Hendrik Streeck vor einer Woche in der „Rheinischen Post“.

Gestern ergänzte er in der „Fuldaer Zeitung“ - ich zitiere ihn -: