Protokoll der Sitzung vom 14.12.2022

Fünftens, GRW: Die vollständige Kofinanzierung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ - GRW - wird im Doppelhaushalt mit 135 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. Hinzu kommen GRW-Mittel für die ostdeutschen Raffineriestandorte. Schwedt wird in den nächsten Jahren Investitionsmittel in Höhe von jeweils 25 Millionen Euro per annum erhalten, welche hälftig von Land und Bund finanziert werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt des MWAE ist in Zahlen gegossene Wirtschaftspolitik. Er setzt auf Innovation, Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit, also den Brandenburger Weg. Ich bitte um Zustimmung zum Haushaltsentwurf der Regierung und zu den Änderungsanträgen der Regierungskoalition. - Danke.

(Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Das Wort geht an Herrn Abgeordneten Walter für die Fraktion DIE LINKE. Bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Bretz, alles Gute zum Nichtgeburtstag heute!

(Vereinzelt Heiterkeit)

Auch in dieser Debatte sowie im Redebeitrag der AfD hat sich widergespiegelt, welches Niveau die AfD-Fraktion mittlerweile hier erreicht hat. Im Wirtschaftsausschuss haben Sie Ihre wirtschaftspolitische Kompetenz sehr gut nachgewiesen, unter anderem mit einem ganz besonderen Antrag, den Sie dann noch ganz schnell umformuliert haben, weil Ihnen doch aufgefallen ist, dass das nicht so richtig klappt.

Sehr geehrte Damen und Herren, die AfD-Fraktion hat in der Debatte zum Haushalt im Wirtschaftsausschuss beantragt, die Reindustrialisierung des Landes voranzutreiben. Ich sage Ihnen, mit welchem Vorschlag sie das tat: zwölf historische Produktionsstandorte wiederzubeleben.

(Dr. Berndt [AfD]: Ja, und?)

Wörtlich „wiederzubeleben“. Sie konnten uns keine Antwort darauf geben, als ich gefragt habe: Was heißt denn das jetzt ganz praktisch, Produktionsstandorte wiederzubeleben?

(Frau Kotré [AfD]: In Betrieb nehmen!)

Die Frage, ob die AfD-Fraktion jetzt die Dampfmaschine aus Schottland wiedereinführen oder eine alte Webemaschine aus Schlesien in die Lausitz zurückholen will, konnte mir nicht beantwortet werden.

(Frau Kotré [AfD]: Was wäre daran so schlimm?)

Die Frage konnten Sie nicht beantworten. Ich meine, Sie können sich hier hinstellen und groß herumtröten, aber Ihre wirtschaftspolitische Kompetenz geht tatsächlich noch unter null. Halten Sie sich deshalb in diesen Debatten einfach zurück.

(Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜNE)

Deswegen will ich Ihnen an der Stelle auch sagen: Ja, die Koalition spricht immer wieder von der Gewinnerregion. Gerade mit Blick auf die Wirtschaftspolitik sprechen Sie immer davon, dass wir, alle Brandenburgerinnen und Brandenburger, in einer Gewinnerregion leben. - Ich will Ihnen sagen, was es für eine Gewinnerregion aus unserer Sicht, aus linker Sicht gerade in der Wirtschaftspolitik tatsächlich bräuchte. Denn Ansiedelungen allein - so gut sie sind - werden nicht ausreichen. Wir müssen uns zuallererst darauf verständigen, dass wir eine Wirtschaftspolitik brauchen, die nicht auf dem Rücken von Menschen, Umwelt und Natur Profite macht, sondern dass wir eine am Gemeinwohl orientierte Ökonomie brauchen, die nicht nur an Wachstum und am Bruttoinlandsprodukt interessiert ist, sondern sich auch alle anderen Bereiche anschaut, sodass wir auch in 50 Jahren noch ein ordentliches Land Brandenburg mit einer ordentlichen Wirtschaft haben.

(Beifall DIE LINKE)

Eine am Gemeinwohl orientierte Ökonomie bedeutet nämlich auch, dass wir die Transformation zu stärkeren erneuerbaren Energien tatsächlich brauchen. Das, was Sie in Ihrem Haushalt gemacht haben, ist aber eine Kürzung beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist auch ganz praktisch. Wenn die Transformation gelingen soll, die erneuerbaren Energien tatsächlich genutzt werden sollen, dann verstehe ich nicht, warum die Landesregierung und die Koalition wieder einmal, trotz besseren Wissens, unseren Antrag zum Kleinspeicherförderprogramm abgelehnt hat. So wird die Transformation nicht gelingen.

(Beifall DIE LINKE)

Dritter Punkt: Eine gute, am Gemeinwohl orientierte Ökonomiewirtschaft wird es nur geben, wenn tatsächlich alle - alle - von ihrer Arbeit leben können. Deshalb müssen wir die Bekämpfung des Niedriglohns angehen - und das deutlich stärker, als wir es jetzt tun. Deshalb fordere ich Sie noch einmal auf: Lassen Sie

uns zwei Dinge als Allererstes tun: Ein Vergabemindestlohn von 13 Euro, der irgendwo steht, allein reicht nicht aus. Er muss kontrolliert werden. Das wird er in Brandenburg nicht. Hier müssen wir Mechanismen finden. Auch wenn Sie es schon einmal abgelehnt haben, kommen Sie da vielleicht noch zu einer anderen Position.

(Beifall DIE LINKE)

Das Zweite ist, dass wir eine stärkere Tarifbindung brauchen. Wir brauchen endlich die Tariftreueklausel in Brandenburg. Andere Länder gehen einen Schritt weiter, wenn es darum geht. Kollege Bommert, Sie erzählen, es gehe um die Anerkennung und die Wertschätzung von Arbeit. Wieso schaffen wir es dann nicht, deutlich zu sagen, dass ein Unternehmen nur dann öffentliche Fördergelder bekommt, wenn es nach Tarif bezahlt? Das wäre das Mindeste.

(Beifall DIE LINKE)

Drittens: Wenn Sie über Fachkräftesicherung - gerade im Handwerk - sprechen, will ich Ihnen schon sagen: Die Koalition hatte da auch einmal eine kleine Fehlstelle in der Wirtschaftsausschusssitzung. So richtig konnten Sie Ihre eigenen Anträge ja nicht begründen und erklären. Das wundert auch nicht, weil Sie in dieser Haushaltsberatung nun gar keinen Plan hatten, was Sie eigentlich wollen. Wahrscheinlich können wir es überhaupt nur Herrn Bommert verdanken, dass wir einen Antrag zum Handwerk hatten. Aber auf einmal saßen Sie da und sprachen von 80 000 Euro - meine Frage, wofür das Geld gedacht sei, konnten Sie mir bis heute noch nicht so richtig beantworten. Sie, Herr Bommert, sagten, dass es für eine Imagekampagne gedacht sei - das kann aber nicht sein, denn es ist eine ganz andere Titelgruppe im Haushalt und das Geld kann dort eigentlich gar nicht für eine Imagekampagne verwendet werden. Daher bin ich sehr gespannt.

Ich sage Ihnen, was das Handwerk braucht: wirkliche Anerkennung. Das bedeutet, dass wir endlich eine kostenfreie Meisterausbildung brauchen. Und da könnte Brandenburg bundesweit Vorbild sein. Das kostet nicht besonders viel Geld. Wir könnten aber ein klares Signal senden: Für gerade einmal 2 Millionen Euro die Meisterprüfungsgebühren endgültig abschaffen, um deutlich zu machen: Egal ob Bachelor, Master oder Meister - Bildung ist in Brandenburg kostenfrei. Wir brauchen hier diese Lösung, um das Handwerk tatsächlich zu stärken. Auch das haben Sie leider abgelehnt.

(Beifall DIE LINKE)

Bei allen guten Entwicklungen am Arbeitsmarkt brauchen wir eine Förderung der Integration von Langzeitarbeitslosen in diesem Land. Auch hier hat die Koalition weiterhin gekürzt. Ich frage mich, wie ernst gemeint eigentlich Ihre wiederkehrenden Beteuerungen sind, dass Sie gerade Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit bringen wollen. Sie haben hier um mehrere Hunderttausend Euro gekürzt. Das halten wir für falsch; wir wollen, dass hier mehr investiert wird. Wir brauchen einen sozialen Arbeitsmarkt in Brandenburg.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Herr Abgeordneter John, bitte.

Vielen Dank, Herr Kollege Walter, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. - Da Sie ja die Kompetenz der AfD im Ausschuss kritisieren, habe ich eine Bitte: Stellen Sie doch einmal Ihre Kompetenz dar. Sind Sie denn qualifiziert? Haben Sie einmal Unternehmen geführt? Hatten Sie Mitarbeiterverantwortung?

(Domres [DIE LINKE]: Was ist denn das für eine Frage? Mann, Mann, Mann!)

Vielleicht können Sie einmal Ihre eigene Kompetenz darstellen, bevor Sie bei anderen die Kompetenz infrage stellen. - Vielen Dank.

Sie stellen hier Anträge zu Dampfmaschinen aus dem 19. Jahrhundert oder anderen Dingen aus Jahrhunderten, in denen Sie historisch hängen geblieben sind. An der Stelle muss ich sagen, dass ich meine Kompetenz nicht nachweisen muss. Man muss dafür auch kein Unternehmen geführt haben.

(Zuruf des Abgeordneten John [AfD])

Unsere wirtschaftspolitische Kompetenz sehen Sie in unseren Anträgen. Es ist auch gut, wenn nicht nur Unternehmerinnen und Unternehmer Wirtschaftspolitik machen, weil gerade Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Grundlage für eine gute Wirtschaftspolitik sind. Aber dafür interessieren Sie sich eben nicht.

Ich bitte Sie um eins: Stimmen Sie unseren Anträgen zu, dann haben wir tatsächlich einen Plan hin zu einer Transformation der Wirtschaft. Wir schlagen Ihnen kleine Schritte vor und noch nicht einmal den großen Wurf - kleine Schritte, die wichtig wären, um klare Signale zu senden und Ihrem Bild einer Gewinnerregion auch ein bisschen Realität einhauchen zu können. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN teilen sich die Abgeordneten Klemp und Rostock die Redezeit. Der Abgeordnete Klemp beginnt. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Liebe Gäste! „jwd“ - Frank Bommert hat den Marketingclaim vorhin ja schon genannt. Was Wirtschaftsunternehmen angeht, stimmt es ja derzeit für Brandenburg: „jwd - Jeder will dahin“. Insofern trifft das

Gerede über den möglichen Wegzug von Unternehmen zumindest derzeit auf Brandenburg nicht zu.

Neulich habe ich mich mit einem Geschäftsführer eines Baustoffwerks in Oberhavel unterhalten. Er führt neben dem Betrieb in Oranienburg auch ein Unternehmen in Polen. Die Energiepreise dort unterscheiden sich nicht von unseren. Natürlich stöhnte er über die hohen Energiepreise, aber - und das hören wir ja von allen Betrieben - die Planbarkeit der Kosten ist das Wichtigste, was unsere Wirtschaft braucht. Und die ist ja jetzt bis ins Frühjahr 2024 mit der Strom- und Gaspreisbremse hergestellt. Härtefallregelungen kommen hinzu, über Liquiditätsengpässe helfen Bund und Land mit einem bis auf 2 Millionen Euro ausgeweiteten Bürgschaftsprogramm hinweg.

Auch auf dem Arbeitsmarkt sieht es nach wie vor ganz gut aus. Die jüngste leichte Zunahme der Arbeitslosenzahlen ist neben saisonalen Einflüssen der Aufnahme der ukrainischen Geflüchteten in die Statistik geschuldet - das wissen wir sicherlich alle. Auch der Ausbildungsmarkt zeigt sich weitgehend krisenresistent. Erst vorgestern hat mir die Handwerkskammer Potsdam wieder bestätigt, dass die Lage deutlich besser als hier und dort die Stimmung ist.

Wir haben nach wie vor kein Arbeitslosenproblem, sondern ein Fachkräfteproblem, wenn nicht gar ein generelles Arbeitskräfteproblem. Wenn wir die anstehenden Aufgaben - unter anderem der Energiewende; vielen Dank, Frank Bommert, für den Hinweis - bewältigen wollen, brauchen wir eine verstärkte Aufmerksamkeit auf die Aus- und Weiterbildung, aber auch auf die Unterstützung von Umschulungen in die Mangelberufe. Dafür werden wir Bundesmittel aus dem SGB III und über die Weiterbildungsrichtlinie des Landes auch „ESF+“-Mittel einsetzen.

Wir wollen auch die Ausbildungskampagne „Brandenburg will Dich! Hier hat Ausbildung Zukunft.“ nutzen, um junge Menschen insbesondere für MINT-Berufe mit spezifischem Fokus auf klima- und energierelevante Berufe zu gewinnen. Denn wir müssen den gesellschaftlichen Mehrwert einer solchen Berufswahl herausstellen. Es sollte cool sein, beispielsweise an der Energiewende mitzuarbeiten. Außerdem verspricht es sichere Jobs.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD)

Über europäische Mittel aus EFRE und ESF fördern wir insbesondere die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Brandenburger Unternehmen. Wir unterstützen sie im Bereich Energiewende, Klimawandel und Ressourceneffizienz. Mittel aus dem „Just Transition Fund“ werden in der Lausitz und in der Uckermark eingesetzt, um die Transformation der Unternehmen weg von fossilen Energien zu fördern, was ja über das deutsche Strukturstärkungsgesetz nicht möglich ist.

Wichtig sind mir auch Unternehmensnachfolgen und -gründungen. Das beginnt mit dem Projekt der „Koordinationsstelle Schule mit Unternehmergeist“, deren Finanzierung wir auch abseits europäischer Mittel abgesichert haben. Auch haben wir die Ansätze für die Meistergründungsprämie angehoben, um dem prognostizierten Bedarf gerecht zu werden.

Meine Damen und Herren! Durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und den dadurch verschärften Anstieg der Energiepreise stehen die Unternehmen vor der Herausforderung, sich schnellstmöglich von fossilen Energieträgern zu lösen, denn diese sind teuer und abhängig von den geopolitischen Entwicklungen. Daher wollen wir aus dem Brandenburg-Paket auch