Protokoll der Sitzung vom 14.12.2022

(Zuruf)

Sie haben keinen Härtefallfonds für Menschen in existenzieller Not eingerichtet; andere haben das längst getan. Sie haben hier einfach nur eine Wundertüte aufgemacht, die Kenia-Wundertüte, gemeinsam mit dem Poltergeist von Herrn Redmann, der da im Haushalt herumgeistert. Sie geben mit Ihrem Haushalt, mit Ihrem Brandenburg-Paket den Menschen in diesem Land keine konkrete Antwort! Das ist so.

Sie stellen schöne Summen in die Schaufenster! Das tun Sie, und das kommt in der Öffentlichkeit auch gut an, aber das ist eben nicht, worauf es ankommt. Es kommt auf das an, was konkret bei den Menschen ankommt, und das wird nicht viel sein.

Das betrifft selbst den normalen Haushalt. Auch in der Haushaltsdebatte, die wir mit Ihnen zu führen versucht haben - was in einigen Ausschüssen gar nicht möglich war, weil Sie Ihre eigenen Haushaltsanträge nicht einmal begründen konnten -, schaffen Sie es mit Ihrer Finanzpolitik tatsächlich, Überschriften zu produzieren, in denen Sie behaupten, Sie würden mehr investieren - in die Schuldnerberatung und viele weitere Bereiche. Ja, die Zahlen stimmen - aber worüber finanzieren wir das? Über globale Minderausgaben! Das heißt, wir packen nicht mehr Geld in den Haushalt, sondern kürzen es woanders weg. So viel Ehrlichkeit sollten Sie alle walten lassen! Hätten wir als Opposition Anträge mit einer solchen Finanzierung vorgelegt, lieber Herr Kollege Bretz, hätten Sie uns aber ordentlich was erzählt, nämlich dass das keine seriöse Finanzpolitik ist. Bitte achten Sie auch bei Ihren Anträgen darauf!

Nun errichten Sie ein Sondervermögen. Das ist alles richtig, aber dass auch das bedeutet …

(Zuruf: Fake News!)

- Sie machen kein Sondervermögen - entschuldigen Sie bitte -, sondern Sie sehen eine Kreditermächtigung in Höhe von 2 Milliarden Euro vor und packen das trotzdem in einen großen Topf. Dazu komme ich gleich noch.

Das bedeutet aber auch: Sie haben es nicht geschafft, dem Landtag hier konkret darzulegen, wofür die Mittel verwendet werden sollen. Das haben Sie nicht getan. Ich sehe keinen Antrag. Sie haben Pressemitteilungen veröffentlicht, aber bei den Menschen kommt nichts Konkretes an. Am Ende wird Frau Lange entweder Ja oder Njet sagen. Das kennen wir alles aus der Coronazeit. Das ist keine seriöse und belastbare Finanzpolitik, meine Damen und Herren.

Es ginge auch anders, und das würde gar nicht viel Geld kosten. Dazu will ich zwei ganz konkrete Beispiele nennen - im Sinne einer konstruktiven Opposition.

Gestern kam die Meldung, dass im Vergleich aller Bundesländer in Brandenburg die Mieten im vergangenen Jahr am zweitschnellsten gestiegen sind. Das kommt für die Menschen ja noch obendrauf - zusätzlich zu Ausgaben für Strom, Heizung, Tanken, Lebensmittel etc.

Aber anstatt ein Mietmoratorium zu erlassen, wie es viele Sozialverbände seit vielen Monaten fordern, stellt sich der Ministerpräsident hin und bittet die Wohnungsunternehmen, doch bitte bei den Mietsteigerungen nicht ganz so sehr zu übertreiben. Herr Woidke, es tut mir leid: Sie sind nicht dazu da, zu warnen und zu mahnen, auch wenn Sie das gerne tun und immer gut können. Sie sind gewählt, um zu handeln. Deswegen schlage ich Ihnen etwas vor: Wir können ein Mietmoratorium in diesem Land sehr schnell umsetzen. Nehmen Sie doch die Mittel, die Sie den Kommunen und den kommunalen Wohnungsbauunternehmen versprochen haben, und sagen Sie: Ihr bekommt diese Mittel nur, wenn ihr gleichzeitig unterschreibt, dass es im Jahr 2023 keine Mietsteigerungen geben wird. - Das wäre ein konkreter Beschluss, der nicht einmal viel Geld kostet, aber zeigt: Dieser Staat, diese Landesregierung ist handlungsfähig. Bisher sind es nur Warnungen und Mahnungen, die Sie aussprechen.

Das Gleiche gilt für Grundversorger für Strom und Gas. Auch hier erreichen uns Nachrichten zu perversen Verdrei- und Vervierfachungen der Preise - trotz Strom- und Gaspreisbremse. Es wird nicht reichen, lieb „Bitte, bitte!“ zu sagen. Diese Unternehmen werden nicht freiwillig verzichten.

(Zuruf: Mietmoratorium! - Gegenruf: Was soll denn das?)

Es braucht die Politik, die ihnen Schranken setzt.

Herr Ministerpräsident, liebe Landesregierung, Sie haben im Übrigen ein Instrument an der Hand: Das ist die Landeskartellbehörde. Warum haben Sie nicht schon längst eine Sektorbeobachtung durch die Kartellbehörde angeordnet? Das würde den Grundversorgern zumindest zeigen: Liebe Grundversorger, wir haben euch im Blick - übertreibt es nicht! Nutzt die Krise nicht aus! Wir wollen, dass die Menschen Sicherheit haben.

Was Sie aber tun, ist, uns zu erklären, dass das alles nicht gehe. Am Ende beschäftigen Sie sich immer eher damit, wer in Ihrem Koalitionspoker am besten aussieht, wer am häufigsten in den Zeitungen oder bei „Brandenburg aktuell“ zitiert wird. Darum geht es doch bei Ihnen.

(Zuruf - Gelächter)

- Wenn Sie Zwischenfragen stellen wollen: Gerne!

(Unruhe)

- Genau. - Ja, nicht so viel Neid! Am Ende ist es doch so: Auch Medien sind in der Lage, die Menschen zu Wort kommen zu lassen, die etwas zu sagen haben und nicht nur reden.

(Unmut)

Unsere Fraktion ist bei den Inhalten ja wohl meilenweit voraus. Das hat auch die Haushaltsdebatte gezeigt. Ich komme gleich dazu, bleiben Sie ganz entspannt!

Ich will Ihnen ein weiteres konkretes Beispiel nennen. In dem betreffenden Bundesland regieren übrigens Linke, Grüne und SPD gemeinsam. - Nur noch einmal zur Erinnerung: Auch wir hätten hier diese Mehrheit. - Es geht um Berlin. In Berlin wird im kommenden Jahr - ganz konkret - eine vierköpfige Familie um 400 Euro entlastet; das sind 400 Euro mehr, als es hier in Brandenburg der Fall sein wird. Ich will Ihnen das erklären und auch nachweisen.

Erstens: In Berlin gibt es ein Mietmoratorium; das entlastet die Menschen ganz konkret.

Zweitens: In Berlin gibt es schon lange kostenloses Schulessen. In Brandenburg wollen Sie nicht einmal eine Preisdeckelung, obwohl wir beispielsweise in Potsdam mittlerweile bei ungefähr 200 Euro für das Schulessen für zwei Kinder sind.

Drittens: In Berlin ist das Schülerticket kostenfrei. In Brandenburg müssen Eltern zweier Kinder mindestens 52 Euro dafür zahlen.

Viertens: In Berlin gibt es ein 29-Euro-Ticket. In Brandenburg gibt es das nicht - warum? Weil die Koalition sich nicht einigen konnte, oder weil Sie immer noch bockig sind, weil Frau Giffey - Ihre Parteikollegin, Herr Keller - das einfach mal gemacht hat, ohne mit Ihnen zu reden. Das ist ein weiterer Unterschied.

Fünftens: Berlin hat einen Energiekostenzuschuss angekündigt. Auch das gibt es in Brandenburg nicht.

Bei all diesen Maßnahmen ist noch nicht der Härtefallfonds berücksichtigt, nicht das Wärmenetzwerk, das es in Berlin gibt, und nicht die Kulturkarte für junge Menschen, die ganz konkret entlasten würden. Das ist eben der Unterschied: Es gibt einerseits Sie, die groß ankündigen, einen großen Sack Gold hinstellen und sagen: „Das werden wir verteilen. Wir sagen euch aber noch nicht, wann und wie.“ Und es gibt andererseits die Landesregierungen, die ganz konkret handeln - wie im Land Berlin. In Berlin werden die Menschen entlastet - konkret um 400 Euro -, in Brandenburg nicht.

Ich sage Ihnen auch: Wenn Sie doch einmal handeln, wird die Hälfte im Koalitionspingpong - zum Teil ist das auch Schauspiel - zerschreddert. Denn am Ende ist Ihnen wichtiger, dass jeder Koalitionspartner hier irgendetwas vorzuweisen hat. Beispiel Kitabeiträge: Ja, es ist gut, dass Sie einen weiteren Schritt zur Entlastung gehen - ohne Frage. Ich frage Sie aber: Warum haben Sie nach der Anhörung, die wir gegen Ihren Willen durchsetzen mussten, nach der Kritik vieler Verbände - übrigens auch vom Landeskitaelternbeirat, Herr Keller, zur Erinnerung - nicht den Mut zum großen Wurf, um endlich das zu schaffen, was es in vielen anderen Ländern gibt und was einfach gerecht wäre? Das wäre die volle Beitragsfreiheit - von der Krippe bis zum Hort! So könnten wir Bildungsgerechtigkeit hier endlich Realität werden lassen.

Warum haben Sie diesen Mut nicht? Warum schaffen Sie stattdessen neue Bürokratie? Warum machen Sie nur diesen halben Schritt? Gehen Sie doch mit uns gemeinsam den ganzen Schritt! Der politische Wille fehlt Ihnen; das Geld sei nicht da. Wir sind dazu bereit.

(Zuruf des Abgeordneten Keller [SPD])

- Ja, richtig, und die Beitragsfreiheit haben wir als Linke erkämpft. Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern, Herr Keller! Damals waren Sie noch nicht in den Runden dabei.

(Zuruf des Abgeordneten Keller [SPD])

- Alles gut.

Was ich wirklich peinlich finde, ist: Die finanziellen Mittel sind ja vorhanden. Herr Redmann ist inzwischen auch für die Beitragsfreiheit - aber erst in der neuen Legislaturperiode. Herr Redmann, gehen Sie mit uns gemeinsam den Schritt! Dieses Thema eignet sich nicht für den Wahlkampf, sondern wir müssen jetzt Gerechtigkeit schaffen und die Menschen entlasten. Das sind wir den Kindern und Eltern in diesem Land schuldig - und zwar in der Form, wie Sie es vorgeschlagen haben: nämlich in Form einer vollständigen Beitragsfreiheit. Darum geht es.

Ich will noch ein Beispiel für das bringen, was unser Problem ist: dass Ihr Haushalt und Ihr Brandenburg-Paket keine Planbarkeit und auch keine Gerechtigkeit schaffen, sondern das ist eine Politik der leeren Ankündigungen. Ich frage Sie: Warum können Sie sich auf 2 Millionen Euro für einen Drohnenschutzschirm am BER einigen

(Zuruf: Das ist notwendig!)

- Sie sagen gerade: weil das notwendig sei -, aber nicht einmal auf eine Million Euro für die Tafeln und die soziale Infrastruktur in diesem Land? Warum können Sie sich darauf nicht verständigen? Das ist doch viel notwendiger als ein BER-Drohnenschutzschirm!

Das sind doch Signale, die Sie damit aussenden, die nicht nur bei uns, sondern auch bei den Menschen im Land ankommen. Während die nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen, während - übrigens auch in diesem Hause tätige - Menschen jetzt einen zweiten Job annehmen müssen, weil sich die Betriebskostenabrechnung so massiv erhöht hat, dass sie von einem Job nicht mehr leben können, fangen Sie auch noch an, sich die Diäten zu erhöhen! Welches fatale Signal wollen Sie denn noch aussenden? Ich weiß nicht, wo der Unterschied zu den letzten zwei Jahren ist.

(Zurufe: Populist!)

- „Populist“ sagen Sie? Richtig, da frage ich einmal: Was sind Sie denn dann? Dann waren Sie in den letzten zwei Jahren die größten Populisten! Sie haben doch in der letzten Krise freiwillig mit uns gemeinsam auf die Erhöhung verzichtet. Was hat sich jetzt geändert? Unser Antrag ist auch kein Schaufensterantrag; der Bericht lag am Freitag vor. Wir handeln!

Senden Sie das richtige Signal. Kein Mensch versteht, warum wir als Landtagsabgeordnete im nächsten Jahr 300 Euro mehr bekommen sollen, während Sie bis heute nicht sagen können, wie Sie die soziale Infrastruktur in diesem Land konkret sichern.

Da können Sie winken, wie Sie wollen. Das wird aber bei den Menschen ankommen. Das ist unser Problem: Das schafft kein Vertrauen in die Demokratie.

(Zuruf)

Ja, es ist so, wir sind in einer historischen Situation. Wir mobilisieren maximale Kräfte und viele Mittel. Und ja, deshalb geht es uns darum, wie das Land Brandenburg im Jahr 2030 aussehen soll. Wir schlagen Ihnen mit unseren Änderungsanträgen Folgendes vor: Erstens. Wir wollen, dass im Jahr 2030 niemand in Brandenburg Angst haben muss, seine Rechnungen nicht mehr bezahlen zu können.

(Zuruf)

Es geht darum, das soziale Brandenburg zu stärken und dafür die soziale Infrastruktur endlich in die Lage zu versetzen, ordentlich zu arbeiten. Hier müssen wir handeln, jetzt und sofort. Wir wollen, dass der ÖPNV überall gut ausgebaut wird und kostengünstig ist, und eben nicht Reaktivierungsprojekte wie die RB 63 - wie Sie das hier gerade tun, übrigens das einzige, was es im Land gab - einstellen. Die Krokodilstränen der Grünen helfen an dieser Stelle auch nicht. Sie sind noch Teil dieser Landesregierung, wenn ich mich recht erinnere. Setzen Sie sich endlich einmal durch und hören Sie auf, vor Ort Krokodilstränen zu vergießen.

Wir wollen, dass Familien gerne nach Brandenburg ziehen. Wir brauchen dafür neue Kitas und neue Schulen. Herr Keller, die 5 Millionen Euro im kommunalen Investitionsprogramm werden dafür nicht reichen. Ich weiß gar nicht, wie viele Schulen Sie davon bauen wollen - eine Viertelschule oder eine halbe Schule? Keine Ahnung - aber das wird nicht ausreichen. Da brauchen wir deutlich mehr Unterstützung für die Kommunen.

Wir brauchen auch ein Land, in dem tatsächlich jeder von seiner Arbeit leben kann. Herr Redmann, wenn Sie sagen: „Arbeit muss sich lohnen“, dann schlage ich Ihnen etwas vor: Stimmen Sie endlich der Tariftreueregelung in diesem Land zu, damit klar wird: Es gibt nur noch öffentliche Mittel für diejenigen Unternehmen, die nach Tarif bezahlen und gute Arbeitsbedingungen bieten. Das ist unser Vorschlag. Dem verweigern Sie sich. Das wäre aber geeignet.

Wir wollen die sozial-ökologische Transformation dieses Landes. Ja, wir wollen eine am Gemeinwohl orientierte Wirtschaft haben. Es geht nämlich nicht nur um Wachstum und das Bruttoinlandsprodukt, sondern es geht um deutlich mehr. Es geht darum, dass nicht mehr auf dem Rücken der Menschen, von Umwelt und Natur ständig Profite gemacht werden, sondern wir brauchen eine Wirtschaft, die allen dient. Da müssen wir hinkommen. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass nicht der Markt entscheidet, wo es ein Krankenhaus gibt oder Wohnungen gebaut werden, dass sich nicht ein Hasso Plattner hinstellen und gönnerhaft sagen kann, er werde jetzt Studentenwohnheime bauen. Das ist eine staatliche Aufgabe. Dafür müssen wir sorgen, müssen den Staat für die Schaffung einer gerechten Gesellschaft stärken.